Jul 26, 2018 04:37 CET
  • Iranisches Kunsthandwerk (55 - Ledersorten) 

Beim letzten Mal haben wir allgemein über die manuelle Lederverarbeitung im Iran und ihre Geschichte berichtet. In diesem Teil geht es mehr um Lederarten und die Ledergewinnung im Iran.

 

 

Zur Zeit der Qadscharendynastie hat der bekannte Wezir des Nasreddin-Schah, Amir Kabir im Jahre 1850 Tierhäute und Leder aus Iran zu einer Ausstellung in London geschickt und regte allgemein zum Export dieser Güter aus den verschiedenen Städten Irans an. Daraufhin begann die Ausfuhr von Leder- und Tierhäuten nach Russland, Indien und in das Ottomanische Reich.  Die eigentliche Geschichte der modernen Lederherstellung beginnt jedoch in Hamadan in Westiran, aber auch die Städte Täbris im Nordwesten des Landes und das zentralgelegene Isfahan  blicken auf eine längere Vergangenheit auf dem Gebiet der Ledergewinnung zurück und haben eine wichtige Rolle bei der Lederausfuhr gespielt.

 

 Die erste Lederfabrik entstand 1929 in Täbris und danach wurden auch in Hamadan, Teheran und Isfahan Lederwerke errichtet.   Die erste moderne mechanische Lederfabrik  Irans wurde 1932 in Hamadan eröffnet.  Danach fand die moderne Lederindustrie zusehends Verbreitung im Lande.  Seit 1983 hat   in Umgebung von Städten wie Teheran, Täbris und dem nordostiranischen Maschhad die Lederproduktion  in den Industriesiedlungen zugenommen und eine deutliche  Qualitätsverbesserung erfahren.  Heute werden allein in Täbris jährlich circa 2 Millionen 500 Tausend   Lederhüllen  hergestellt. 

                               

 

Leder wird nach verschiedenen Gesichtspunkten unterschieden. Nach der Beschaffenheit des Leders in Abhängigkeit von den verarbeiteten Häuten spricht man von leichtem, mittelschwerem und schwerem Leder.

 

Leichtes Leder wird aus Tierhäuten wie die vom Schaf, der Ziege, dem Zicklein oder dem Lamm gewonnen und ist sehr fein und dünn.  Daher wird es für hochqualitative Kleidung, Lederjacken und Handschuhe verwendet,  oder dient als  Futter für Schuhe oder Kleidung.

Mittelschweres Leder wird durch die Bearbeitung der Haut des Krokodils und des Straußenvogels gewonnen. Weil es selten ist und teuer, verwendet man es mehr für Dekorationszwecke und Luxusgegenstände.

Schweres Leder stammt von Tieren wie Kuh und Kalb, Büffel oder Kamel. Dieses Leder eignet sich  am besten für Alltagszwecke. Es ist am widerstandfähigsten und sieht zudem auch gut  aus.  Diese Art von Leder wird wegen seiner Widerstandsfähigkeit und Festigkeit als Ober- und Unterleder für Schuhe und für Handtaschen und Aktentaschen verwendet. Es dient aber auch als Keilriemen bei Fabrikmaschinen und ähnlichen Zwecken.

                                    

Ein weiteres Unterscheidungskriterium für Leder richtet sich nach dem Gerbungsvorgang und im Persischen Sprachgebrauch unterscheidet man nach Tscharm-e Giahi, Marakeschi (Marrakesch-Leder) Pferdeleder (Tscharm-e Asb) und russisches Leder sowie Eshpalt-Leder.

In der Vergangenheit wurden aus dem  Tscharm-e Giahi („Pflanzenleder“) sogar  Kampfschilder hergestellt.  Auch heute benutzt man bei der Gerbung dieses Leders nach Möglichkeit keinerlei chemischen Mittel und Farben, sondern nur pflanzliche Farbstoffe und tierische Öle und Stoffe.  Dieses Leder verträgt sich am besten mit der Umwelt und hat keine Nebenwirkungen auf die menschliche Haut.  Das pflanzlich bearbeitete Leder ist biegsam. Es ist braun, wobei die Farbintensität von der chemischen Verbindung und der Farbe des Hautmaterials abhängt.

Das  Marrakesch-Leder wurde früher für die Buchbinderei verwendet. Dieses Leder kann sich mit den solidesten Ledersorten messen, ist aber zugleich weich und biegsam.  Es wird heute für feine Ledersachen wie Damentaschen,  Aktentaschen  und Herren-Brieftaschen verwendet.

Tscharm-e Asb (Pferdeleder)  ist in Wahrheit eine Abwandlung von Marrakesch-Leder. Es wird heute von qualitativ guten Pferdehäuten  durch pflanzliche Gerbung gewonnen. Das Marrakesch-Leder ist sehr fest und wasserdicht. Man fertigt damit gute Männerschuhe an.

 

Tscharmi-russi oder zu Deutsch „russisches Leder“ wurde wie der Name schon sagt, zum ersten Mal in Russland angefertigt.  Für die Gerbung des Hautmaterials wurde die Rinde von Weiden und Birken verwendet.  Dieses Leder war an dem guten Geruch zu erkennen, der durch das  Öl der Birkenrinde entstand.  Heute wird russisches Leder auch in vielen anderen Ländern gewonnen.  Russisches Leder dient der Buchbindung, der Herstellung von kleinen  Brief- und Handtaschen, Koffern und Lederbekleidung.

Nun auch nur kurz einige Informationen über Reptilien- und Fischhäute.

Schlangenhaut ist sehr dünn und zugleich sehr fest. Beim Gerben entstehen keine Risse und diese Haut  schrumpft nicht im Wasser  oder leiert aus. Sie  ist sehr beständig.  Die Haut von Eidechsen ist teurer als Schlangenhaut.   Die Haut von  größeren Reptilien wie das Krokodil  ist an der gröberen Musterung zu erkennen.  Die Haut von Echsen wird mehr als die von Krokodilen verwendet und es werden mit dem gewonnenen Leder die besten Koffer und Damentaschen und Schuhe angefertigt.

Mit Stahlpressen wird übrigens die Musterung von Echsenhaut auf Kuhleder imitiert. 

 

Bei den Fischen liefert der Hai die beste Haut für Ledergewinnung. Dieses Leder wird Chagrin-Leder genannt.

Aber zurück zum Rinderleder:

Das Rinderleder ist sehr widerstandsfähig. In einigen Fällen wie bei Schutzhandschuhen für Arbeiten mit Chemikalien oder für die Profi-Motoradanzüge gilt Rinderleder trotz der Weiterentwicklung in der Kunstfaserherstellung weiterhin als das beste Material. Rinderleder hat eine große Faserdichte woraus sich  die hohe Widerstandsfähigkeit ergibt. Seine Oberfläche ist glatt. Es wird weiches und trockenes Leder in verschiedener Dicke für die verschiedenen Verwendungszwecke angeboten.  Allgemein wird dieses Leder für die Anfertigung von Taschen und Schuhe verwendet und manchmal für Kleidung oder Handschuhe.

Schafsleder ist ein schönes Leder zu einem angemessenen Preis und einer relativ guten Beständigkeit.  Die Faserdichte ist im Vergleich zu anderen Ledersorten geringer.  Die Oberfläche ist glatt wie beim Rindsleder. Dieses Leder ist geschmeidig, wiegt wenig und wird daher vor allen Dingen für die Anfertigung von Kleidung und Handschuhen verwendet und einige Sorten werden für Damentaschen ausgesucht. Die wichtige Besonderheit von Schafsleder besteht darin, dass es sehr weich ist und gerade deswegen eignet es sich für Kleidungsgegenstände. 

 

Die mittlere Größe einer zu Leder verarbeiteten Schafshaut beträgt im Iran ungefähr 2,1 mal 2,2 m  bei einer durchschnittlichen Dicke von 1 mm.

                                

 Manchmal ist es sehr schwierig das teure Naturleder von einem künstlichen billigen Leder zu unterscheiden.  Waren aus Naturleder werden in der Regel mit einer Artikelbeschreibung angeboten. Man kann auch auf die Schnittkanten achten. Echtes Leder fühlt sich an dieser Stelle rau an und franst deutlich aus, während Kunstleder glatte Schnittkanten besitzt, die eher an Plastik erinnern.

Sind mehrere Schichten zu erkennen, ist dies ebenfalls ein Hinweis auf ein Imitat.

 

  • Echtes Leder fühlt sich sehr weich an und gibt nach. Es hat einen angenehmen ganz bestimmten Geruch. Naturleder ist kühler als Kunstleder. Betrachten sie auch die Struktur des Leders!  Wenn die Strukturelemente sich systematisch symmetrisch  widerholen, dann kann es sich nur um Kunstleder handeln. Echtes Leder verfügt über eine charakteristische Oberfläche, die homogen, aber nicht völlig symmetrisch ist. Vor allem die individuellen Einzelmaserungen fallen ins Auge. Auch bei der Betrachtung der Unterseite lässt sich Natur- von Kunstleder unterscheiden.  Viele Kunstlederfabrikate sehen nur auf einer Seite wie echtes Leder aus. Wer Gelegenheit hat, die Unterseite zu begutachten, entdeckt meist eine völlig andere Struktur. Kunstleder hat auf der Unterseite einen Belag, der beim Zurechtschneiden deutlich verletzt wird.

                                     

Leder ist ein Stück Natur. Wenn wir die Natur richtig nutzen, kommen wir in den Genuss ihres Segens. Bei richtiger Pflege von Lederartikeln werden sie uns ein Leben lang dienen.  Leder darf man nicht in die Waschmaschine tun und nicht jedes Leder kann man in die Reinigung geben.  Man darf auf Leder nicht direkt Eau de Cologne oder Parfüm sprühen.  Auch darf man keine schweren Gegenstände in die Taschen einer Lederkleidung stecken. Beim Kauf von Lederkleidung muss man darauf achten, dass sie richtig passt.  Lederwaren wollen gepflegt sein.

 

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