Oct 04, 2018 04:08 CET
  • Islam richtig kennenlernen (150 - Imam Sadschad (F)

Im Zusammenhang mit dem Imamat besprechen wir heute Leben und Wirken des Imam Sadschad (F).

Imam Sadschad (F) ist der Sohn Imam Husains (F). Eigentlich heißt er Ali aber er wurde unter seinem Beinamen Sadschad besonders bekannt. Sadschad ist der Titel für jemanden, der sich oft vor Gott niederwirft. Imam Sadschad (Friede sei mit ihm) ist im Jahre 38 nach der Hidschra und dem Mondkalender (658  n. Christus) in Medina auf die Welt gekommen. Ein wichtiger Abschnitt in seinem Leben ist die Zeit in der er das Imamat – die Lenkung der Gemeinde - übernahm. Das hohe Amt trat er an, nachdem sein Vater Imam Husain (Friede sei ihm) in Karbala zum Märtyrer geworden war.  Am Aschura-Tag, dem zehnten des Monats Muharram im Jahre 61 nach der Hidschra – 680 nach Christus war Imam Sadschad Zeuge geworden, wie sein  Vater Imam Husain und seine Unterstützer  gegen das große Heer der Feinde kämpften. Er hatte nicht an dem Kampf teilnehmen können, so gerne er das auch getan hätte, denn er war zu der Zeit schwer erkrankt.

 

Gott hatte es in Seiner Weisheit so bestimmt, dass Imam Sadschad in Karbala am Leben bleibt, damit er nach dieser Tragödie die wichtige Aufgabe des Imamats und der Anführung der Gemeinde der Muslime übernimmt.  Imam Sadschad hat 34 Jahre lang das Imamat innegehabt. Ein wichtiger Teil seiner Aufgaben bestand darin, die Botschaft der Bewegung Imam Husains an alle Welt weiterzugeben.

Natürlich war es wegen der schweren  Meinungsunterdrückung nach der Tragödie von Aschura und dem Märtyrertod Imam Husains (f) durch den umayyadischen Herrscher nicht einfach, der Aufgabe des Imamat nachzukommen.

 

Die Bestrebungen Imam Sadschads (F) um die Übermittlung der Botschaft der Bewegung seines Vaters Imam Husains (F) begannen gleich in den ersten Tagen nach der Tragödie von Karbala. Der Kummer um den Verlust Imam Husains und seiner treuen Helfer bereitete Imam Sadschad großen Schmerz,  aber er blieb bei all dem Kummer dennoch fest entschlossen und er klärte, wo es nur möglich war, über die Tugenden der Nachkommen des Propheten auf. Er  tat dies auf eine Weise, dass unter seiner Anführung eine neue Phase der Bewegung von Karbala eröffnet und die Botschaft dieses Aufstandes weitergegeben wurde.

 

 

 

Nach dem Märtyrertod von Imam Husain und seiner Mitkämpfer war die Familie Imam Husains (F), darunter auch Imam Sadschad und die Schwester seines Vaters Hadhrate Zainab (gegrüßet sei sie) in einem Gefangenenzug erst nach Kufa und dann nach Schaam – dem Herrschersitz des Yazid abgeführt worden. Imam Sadschad hat während der  Gefangenschaft furchtlos über die Wahrheit gesprochen. Am Sitz des Yazid in Schaam – dem alten Syrien, hat er den Umayyaden mit seiner klaren Enthüllungen einen Schrecken eingejagt.  

In Schaam sah er Yazid, den siegestrunkenen Sohn des Muawiyah, vor sich.  Dieser dachte, dass sich das Blatt zu seinen Gunsten gewendet hätte. Doch Imam Sadschad (F) verkündete unerschrocken vor der versammelten Menschenmenge:

„Ihr Leute, Gott hat uns, der Familie des Propheten, Vorzüge beschert wie Wissen, Standhaftigkeit, Großzügigkeit und Großmut, Sprachfertigkeit und Tapferkeit und er hat die Liebe zu uns in die Herzen der Gläubigen gelegt! Ihr Menschen! Ich stelle mich denen vor, die mich nicht kennen.“

Dann sagte er, dass er ein Nachkommen des Propheten des Islams ist und beschrieb daraufhin den Rang seines Vaters, Imam Husain und sagte: „Ich bin der Sohn dessen, der durstig war, als er starb. Sie haben zu Unrecht sein Blut vergossen, und sein Leib fiel in Karbala zu Boden.  Sie haben seinen Turban und seinen Übermantel gestohlen, während die Engel im Himmel (um ihn) weinten. Ich bin der Sohn desjenigen, dessen Haupt sie auf die Lanze aufgespießt und dessen Familie sie als Gefangene von Irak nach Schaam gebracht haben.“

Die beeindruckenden Worte des Imams lösten unter der versammelten Menschenmenge Weinen aus. Yazid sah sich gezwungen, den Imam vom Weiterreden abzuhalten.  Denn er fürchtete dass der Imam mit seiner Rede die Bevölkerung gegen sein Regime bringt. Yazid wollte auch nicht, dass die Leute von Schaam näher mit Imam Sadschad und den anderen Gefangenen in Kontakt  kommen. Daher sah er den einzigen Ausweg darin, dass er so schnell wie möglich die Karawane der Gefangenen von Schaam fortbringen lässt   und sie nach Medina schickt.

In Medina aber nahm Imam Sadschad einen weiteren Teil seiner Aufklärungspläne in Angriff. Zweifelsohne hatten seine klaren und niederschmetternden Worte eine große Wirkung auf die Gesellschaft. Ein Sturm der Gefühle kam unter dem Volke auf und die Wellen der Bewegung Imam Husains erreichten die Städte des Hidschaz im Westen der Arabischen Halbinsel und den Irak und die anderen Gebiete und breiteten sich dort  aus.

 

 

Bei Betrachtung der Gesellschaft zur Zeit der Umayyaden zeichnet sich ab, in welcher Denk- und Glaubenskrise sie sich befand. Die Umayyaden haben nach dem Aufstand von Karbala offen und hemmungslos Tyrannei walten lassen, Unheil verbreitet und die Werte des Islams angegriffen. Sie versuchten die Menschen mit Nebensächlichem zu beschäftigen und von ihrer Inkompetenz abzulenken. Viele Probleme der Muslime in jener Zeit rührten von der moralischen Dekadenz ihrer Herrscher her. Imam Sadschad hat also  über das wahre Gesicht der Umayyaden aufgeklärt und ihre machtgierige Politik bekämpft. Außerdem hat er zur Beseitigung der Missstände in der Gesellschaft eine intensive kulturelle Bewegung in Gang gesetzt.

In einer Gesellschaft, in der Verdorbenheit und Korruption tiefe Wurzeln geschlagen hatten und niemand vor den Aggressionen der umayyadischen Herrscher in Sicherheit war, unternahm Imam Sadschad fruchtbare Initiativen. Er hat mit seiner Vorgehensweise, in Bewusstsein über die herrschenden Bedingungen, in Wahrheit den Islam und die Muslime sicher über diesen Engpass in der Geschichte hinweggeführt.

Zu den herausragenden Werken Imam Sadschads (F) in jener wirren Epoche gehören seine Aktivitäten zur Verbreitung von Wissen. Er veranstaltete Lehrzirkel und Diskussionskreise in der Moschee des Propheten und bildete Schüler aus, von denen einige bekannte Gesichter in der Wissenschaft und dem Religionswissen wurden. Imam Sadschad wurde durch dieses  Wirken und sein Wissen  so bekannt, dass einige  ihn den Gelehrsamsten seiner Zeit genannt haben. Andere Gelehrte aus anderen Gebieten suchten ihn in Medina auf. Sie kamen sogar aus so entfernten Gebieten wie Chorasan im Nordostiran, um aus seinem Wissen zu schöpfen oder sein Schüler zu werden.  Der muslimische Denker Scheich Mufid hat über das große Wissen des Imam Sadschad (F) geschrieben: „Die Rechtsgelehrten der Sunniten haben dermaßen viel an Wissenschaftlichem  und Gotteswissen bei Imam Sadschad (F) gelernt, dass es sich nicht mehr in Zahlen fassen lässt. 

 

Es sind so viele guten Ratschläge und Bittgebete und hohes Wissen über den Koran und die Gebote und Verbote der Religion von ihm überliefert worden, dass er dafür unter den Gelehrten   bekannt geworden ist.“

Dank seines großen wissenschaftlichen und kulturellen Wirkens hinterließ Imam Sadschads kostbares Wissen für die zukünftigen Menschheitsgenerationen. Ein Beispiel ist seine Abhandlung Risalat al- Huquq (über die Rechte). In diesem schönen Sendschreiben spricht Imam Sadschad über die Rechte und Pflichten des Menschen vor Gott und seine Pflichten gegenüber sich selber und gegenüber anderen, wie Eltern, Ehepartner, Lehrpersonen, Nachbarn, Freunden, Mitmenschen und weitere wichtige Themen. 

Imam Sadschad begründete eine neue Methode, indem er grundlegende Fragen und Anliegen der Gesellschaft in seinen Preis- und Bittgebeten zur Sprache brachte. Diese Gebete wurden in der Sahifa Sadschadiya zusammengestellt.  Die bekannteste Version dieser Gebetssammlung enthält 54 Gebete. In ihr kommt der edle Geist Imam Sadschads zum Ausdruck, dem Weisheit und Wissen entströmen. Sahifa Sadschadiya ist daher kostbarer  spiritueller Proviant für alle Wanderer auf dem Pfade Gottes. Diese Gebete haben einen tiefen Inhalt und enthalten Ansporn und Impulse. Sie sind wie ein kompletter Lehrgang für das hohe Islamische Wissen und schneiden persönliche und gesellschaftliche Themen an. Sie handeln von der Moral ebenso wie von der Sicherheit der Gesellschaft und dem Schutz der Grenzen. Zwischen den Zeilen werden die Menschen zum Kampf gegen Unrecht und zur Bemühung um die Herstellung der Gerechtigkeit und der Vertreibung der verdorbenen Umayyadenherrscher angespornt.

 

Sahifa Sadschadiya

 

 

Imam Sadschad wirkte nicht nur auf geistiger Ebene. Er war auch sozial aktiv.  Er empfand Mitgefühl für die sozial Schwachen. Im Dunkel der Nacht trug er unerkannt Essen vor ihr Haus. Imam Sadschad (F) hat gesagt: „Heimliches Spenden beschwichtigt den Zorn Gottes“. Imam Sadschad war für seine Großzügigkeit und Güte und Liebe zu den Mitmenschen bekannt. Mit seiner Nachsicht und seiner Wohltätigkeit, seiner Bescheidenheit und seinem würdigen Verhalten gewann er viele Herzen. Es heißt, dass er zu verschiedenen Gelegenheiten die Erinnerung an die Märtyrer von Karbala in den Menschen wachrief. Er wurde oft traurig und hat gesagt: „Immer wenn ich an die Tötung der Nachkommen Fatimas (der Tochter des Propheten) denke, schnürt es mir die Kehle zu und fließen mir die Tränen.“

Das große Wissen Imam Sadschads, seine Liebe zur Gerechtigkeit und sein Kampf gegen das Unrecht sowie die große Beliebtheit dieses Urenkels des Propheten Gottes unter der Bevölkerung sorgten natürlich für ständige Besorgnis bei den tyrannischen Umayyadenherrschern. Schließlich erteilte einer von ihnen, nämlich Walid Ibn Abdulmalik  im Jahre 95 nach der Hidschra den Befehl, Imam Sadschad zu vergiften, und er fand den Märtyrertod. Das war 713 nach Christus.

 

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