Islam richtig kennenlernen (152 - Imam Sadiq (F))
In diesem Teil möchten wir einen Blick auf das Imamat von Imam Sadiq (F) werfen.
Imam Sadiq (F) und sein Vater Imam Baqir (F) haben insgesamt circa 53 Jahre lang des Imamat innegehabt. Wie gesagt haben sie sich angesichts der Bedingungen in der Islamischen Welt, der Lehre und Verbreitung des wahren Islamischen Wissens und der Bewahrung und dem Schutz der Religion gewidmet. Imam Baqir (F) fand den Märtyrertod und daraufhin übernahm Imam Sadiq (F) die Führung der Islamischen Großgemeinde. Imam Sadiq (F) gründete eine große Lehrstätte, nachdem sein Vater das wissenschaftliche und kulturelle Fundament der Islamischen Lehre dazu gelegt hatte.
Politisch gesehen war die Epoche Imam Sadiqs (F) eine der stürmischsten Abschnitte der Islamischen Geschichte. In dieser Epoche verübten verschiedene Gruppen Aufstände, so auch diejenigen, die nach Vergeltung für den Mord an Imam Husain (F) suchten. Diese Aufstände führten schließlich zum Übergang der Macht von den Umayyaden an die Abbasiden.
Das Imamat Imam Sadiqs (F) lässt sich in zwei größere Abschnitte aufteilen: Der erste ist die Zeit vom Beginn seines Imamats im Jahre 114 nach der Hidschra (732 nach Christus) bis zu der Übernahme der Macht durch den zweiten Abbasidenkalifen Mansur (754 n. Chr.). Der zweite Abschnitt fiel mit der Herrschaft von Mansur zusammen.
Im Vergleich zum zweiten Abschnitt hatte Imam Sadiq (F) es im ersten wesentlich leichter. Die Dynastie der Umayyaden ging auf ihren Untergang zu, während die Abbasiden aufstiegen. Die Abbasiden waren Opportunisten. Nur augenscheinlich verteidigten sie das Recht der unterdrückten Nachkommen des Propheten und Märtyrer von Karbala. Unter derartigen Vorwänden bekämpften sie die Umayyaden und gelangten schließlich an die Macht. Wie auch immer: Die Umayyaden und Abbasiden waren zu sehr mit ihrem Kampf um die Macht beschäftigt, dass sie hart gegen Imam Sadiq (F) hätten vorgehen können. So fand Imam Sadiq (F) die kostbare Gelegenheit, seine wissenschaftlichen und kulturellen Pläne zu verfolgen.
Imam Sadiq (F) hat in einer Epoche gelebt, in der die Islamische Welt durch den Kontakt nach außen neue Denkweisen und Lehren und philosophische Ansichten kennenlernte. Die Nicht-Muslime warfen im Gespräch mit den Muslimen Zweifelsfragen hinsichtlich der religiösen Glaubensgrundsätze auf wie den über den Ursprung allen Daseins und das Jenseits. Es erforderte fachmännische Kenntnisse um diese Fragen zu beantworten. Unter den wissenschaftlichen und literarischen Werke anderer, die ins Arabische übertragen und in der Islamischen Welt verbreitet wurden, waren zudem auch Werke, die anti-religiöse und atheistische Ansichten verbreiteten.
Die Passivität von muslimischen Denkern gegenüber diesen Entwicklungen schwächte den Glauben der Allgemeinheit an die islamischen Lehren. Imam Sadiq (F) aber ging unter Einsatz für die Sache Gottes erfolgreich auf geistiger Ebene gegen die anti-islamischen Strömungen vor. Während sein Vater Imam Baqir (F) die wissenschaftliche Bewegung der Muslime bereits in die Wege geleitet hatte, führte Imam Sadiq sie bis zu ihrer Entfaltung fort.
Imam Sadiq (F) gelang es einen bedeutenden Lehrsitz einzurichten, der als etwas Einmaliges in der Geschichte der Imame gilt. An dieser großen Lehrzentrale hat er insgesamt fast 4000 Studenten ausgebildet.
Aus allen Gebieten kamen Gelehrten zu ihm um ihr Wissen über den Islam, die Koranauslegung, Islamische Ethik, die Geschichte der Propheten und Völker, islamische Jurisprudenz und Weisheit zu erweitern und präzise Antworten zu Unklarheiten zu erhalten. Der Imam öffnete seinen grenzenlosen Wissensschatz für alle.
Der angesehene schiitische Gelehrte Scheich Mofid schreibt in seinem Werk „Irschad“: Menschen aus nah und fern kamen zu Imam Sadiq (F) um Wissen zu erwerben. Er wurde allerorts immer berühmter.“
Imam Sadiq (F) befreite die wahre Lehre Mohammads (S) von den abergläubischen und ketzerischen Gedanken, die sich mit der Zeit in die Religion eingeschlichen hatten, und legte die wahren Gebote des Islams und die wahre Bedeutung des Koraninhaltes dar. Er rief das ursprüngliche islamische Religionsrecht wieder ins Leben, nachdem die umayyadischen Kalifen es ein Jahrhundert lang nach ihrem Geschmack manipuliert hatten.
Imam Sadiq (F) hat in Wahrheit eine große wissenschaftliche Bewegung in Gang gesetzt und zahlreiche Tore für die Wissenschaft geöffnet. Seine Epoche gehört zu den Glanzepochen der Wissenschaft in der Islamischen Welt und hat eine entscheidende Rolle für das Schicksal des Islams gespielt. Es kam zu erheblichen Wissenserweiterungen auf dem Gebiet der Islamischen Theologie, Koranauslegung, Überlieferungskunde, der Führung theologischer Streitgespräche sowie der Geschichtswissenschaft und in vielen weiteren Wissensbereichen. Imam Sadiq (F) hat mit seinen wertvollen Anleitungen die Mauer der Unwissenheit und des Aberglaubens zum Einsturz gebracht und die Lehre des Islams wieder von neuem zum Vorschein gebracht, nachdem er sie von dem Staub, in den sie gehüllt worden war, befreit hatte. Imam Dschafar al-Sadiq hat einen so enormen Einfluss auf die Entfaltung des schiitischen Recht gehabt, dass die schiitische Rechtsschule dschafaritische Rechtsschule genannt wird.
Imam Dschafar Al-Sadiq (F ) wusste genau, dass in absehbarer Zeit die Imame aus dem Hause des Propheten durch die Repressalien seitens des Herrscherapparates erneut umfassend eingeschränkt und unterdrückt werden würden. Daher bildete er Gelehrte aus, damit sie an allen Orten des Islamischen Reiches das wahre, unversehrte Wissen des Islams verbreiten.
Imam Sadiq (S) mit seinem umfassenden Wissen lehrte dieses auf eine Weise dass sich die Tore zur Erkenntnis für alle Freunde der Wissenschaften öffneten. Er empfahl seinen Studenten sich alles zu notieren und die Notizen aufzubewahren. So blieben Niederschriften von den Lehren des Imams für immer erhalten.
Angesichts der vielen Zweifelsfragen welche die Anhänger anderer Religionen aufwarfen, bereitete Imam Sadiq (F) seine Schüler auf wissenschaftliche Diskurse mit den Denkern und Predigern der anderen Religionen vor. Sie sollten mit handfesten wissenschaftlichen Beweisen in der Lage sein, die Religion gegenüber falschen Ansichten erfolgreich zu verteidigen. Diese Lösung erwies sich als wirksam bei der Beseitigung von Zweifeln. Imam Sadiq (F) hat selber zu verschiedenen Fragen der Wissenschaft und Philosophie und Anschauungen mit anderen diskutiert, auch mit Leuten die nicht an Gott glaubten.
Zu den berühmtesten unter den Schülern des Imams gehören:
Hischam Ibn Hakam , Dschabir ibn Hayyan und Mufaddal ibn Umar. Ein Teil der Argumente, die Imam Sadiq seinem Schüler Mufaddal ibn Umar für den Gottesbeweis vorstellte, wurde in dem Werk „Tauhid Mufaddal“ zusammengestellt.
Hischam Ibn Hakam gehört zu den nahen Helfern des Imams. Er war ein Meister in der Kalam-Wissenschaft und seine auf dieser Wissenschaft beruhenden Diskurse mit Anhängern verschiedener Glaubensrichtungen wurden berühmt.
Dschabir ibn Hayyan, der aus Tus im nordiranischen Chorassan stammte, ist einer der genialen Gelehrten der islamischen Welt gewesen. Er war auf vielen wissenschaftlichen Gebieten bewandert und hat Werke über Chemie, Medizin und Mathematik sowie Philosophie geschrieben. In allen seinen Abhandlungen schreibt er, dass Dschafar Ibn Mohammad, nämlich Imam Sadiq, ihn dies gelehrt hat. Dschabir ibn Hayyan, hat viele neue Kenntnisse in die Chemie eingebracht und wird daher von zahlreichen Chemikern als der Vater der Chemie betrachtet. In der Renaissance sind circa 300 Abhandlungen von Dschabir ibn Hayyan ins Deutsche übersetzt und gedruckt worden. Sein Name wurde mit „Geber“ verdeutscht.
Eine Zeitlang war auch Abu Hanifa, nach dem eine der vier Rechtsschulen der Sunniten benannt wurde, Schüler Imam Sadiqs (F). Er hat über Imam Dschafar al Sadiq gesagt: „Ich haben niemanden erlebt, der gelehrsamer gewesen wäre als Dschafar Ibn Mohammad. Er ist der größte Gelehrte von allen und weiß mehr als alle über die Meinungsverschiedenheiten unter den Menschen hinsichtlich der religiösen Gutachten (Fitwas) und der religionsrechtlichen Fragen.“
Auch Malik ibn Anas, der Begründer der Rechtsschule der Malikiten hat ebenso den Lehrkreis Imam Sadiqs (F) besucht. Er hat über den Imam gesagt: „Was Wissen und Gott-Dienen und Gottesfürchtigkeit betrifft, hat nie ein Auge jemanden gesehen und nie ein Ohr jemanden gehört und nie ein Geist sich jemanden vorstellen können, der Dschafar ibn Mohammad überlegen gewesen wäre“
Imam Sadiq (F) ist das Sinnbild guter Eigenschaften. Er begegnete den anderen freundlich und verhielt sich sehr höflich und anständig. Imam Sadiq war der wohltätigste von allen. Er sprach mit großer Überzeugungskraft und auf sehr schöne Weise. Großen Wert legte er auf die moralische Weiterentwicklung seiner Anhänger insbesondere seiner Schüler. Von Imam Sadiq (F) wird die Empfehlung überliefert: „Gebt nicht die Gottesfürchtigkeit auf. Ruft nicht mit der Zunge sondern durch Gottesfürchtigkeit, Anstrengung, Ehrlichkeit, Pfandtreue, Güte und freundliches Verhalten zu den Nachbarn die Menschen zu euch herbei und seid eine Ehre für uns und keine Schande…“
"
Wir erwähnten bereits, dass Imam Sadiq (F) es unter dem zweiten Abbasidenkalifen sehr schwer hatte. In diesem zweiten Abschnitt seines Imamats verbreitete er weiter das Islamische Wissen und hat sich zugleich zu verschiedenen Gelegenheiten gegen das Unrecht, welches die Abbasiden begingen, gewendet. Fast 11 Jahre lang erlebte Imam Sadiq (F) noch die Herrschaft des Abbasidenkalifen Mansur. Mansur war über die Popularität des Imams besorgt und versuchte mit verschiedenen Mitteln einen Keil zwischen ihn und dem Volk zu treiben. Auf verschiedenste Weise schikanierte er den Imam. Angesichts seiner Misserfolge bei der Bekämpfung Imam Sadiqs (F), ließ er diesen schließlich im Rahmen einer Verschwörung vergiften. Mit dem Märtyrertod von Imam Sadiq (F) verlor die Menschheit eine große Persönlichkeit. Der Imam hinterließ ihr jedoch ein kostbares Erbe.