Lotsen zum göttlichen Hafen (22)
An der Biografie Alis (F) ist deutlich zu sehen, welchen besonderen Platz dieser bei Gott und beim Propheten einnimmt. Wir möchten nun auf ein besonders wichtiges Ereignis für die Geschichte des Islams aufmerksam machen.
Der Prophet (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) hat sich im 10. Jahr nach der Hidschra auf die Hadschreise begeben. Scharenweise machten sich die Muslime auf den Weg nach Mekka, um gemeinsam mit dem Propheten Gottes (S) die prächtige Zeremonie durchzuführen und von ihm die Hadsch-Riten zu erlernen. Auf der Rückkehr vom Hadsch erreichten die Pilgerscharen am 17. des Dhul- Hidscha eine Gegend namens Ghadir-i Chum. Es war ein sehr heißer Tag. Dem Prophet (S) war offenbart worden, dass dies sein letzter Hadsch ist und sein Tod herannaht. Ihn beschäftigte die Sorge um die Zukunft der Gemeinde der Muslime. Denn er wusste, dass er der Letzte Gesandte Gottes und der Koran das letzte Himmelsbuch ist. Es bedurfte eines sicheren Halts, um die kostbaren Errungenschaften seiner Sendung zu bewahren. Da erschien ihm plötzlich der Offenbarungsengel und überbrachte ihm den Vers (67 der Sure 5 (Maida)
"O du Gesandter, übermittele (den Menschen), was zu dir (als Offenbarung) von deinem Herrn herabgesandt worden ist! Wenn du es nicht tust, so hast du Seine Botschaft nicht übermittelt. Allah wird dich vor den Menschen schützen Gewiss, Allah leitet das ungläubige Volk nicht recht.“
Nach Erhalt dieser göttlichen Botschaft ordnete der Prophet an, dass sich alle Muslime versammeln sollen.
Nach Erhalt dieser göttlichen Botschaft ordnete der Prophet an, dass sich alle Muslime versammeln sollen. Alle fragten sich, was denn geschehen sei. Warum wollte der Prophet Gottes (S) dass alle in dieser heißen Gegend Halt machen und die, die schon voraus geritten, waren nach Ghadir zurückkehren?
Die Menschenmenge sah wie der Prophet Gottes einen provisorischen Rednerstuhl bestieg. Er begann eine Ansprache: „Preis und Lob gebührt nur Gott. Ich bitte Ihn um Beistand und ich glaube an Ihn und vertraue in Ihn und bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Ihn. Ihr Menschen, die Zeit naht heran, dass ich dem Ruf Gottes folge und euch verlasse. Ich bin vor Gott verantwortlich und auch ihr tragt eine Verantwortung. Wie denkt ihr über mich?“ Da riefen alle: Wir bezeugen, dass du deine Sendung vollständig und auf beste Weise erfüllt hast, Gott möge dich reichlich belohnen.“ Da sagte der Prophet: „Bezeugt ihr, dass der Gott der Welt nur Einer ist und dass Mohammad der Diener Gottes und sein Gesandter ist und dass das Paradies und die Hölle und das Ewige Leben in einer anderen Welt wahr sind?“ Alle riefen: „Wir bezeugen ist.“ Da sage der Prophet: Ich hinterlasse zwei gewichtige Kostbarkeiten unter euch.“
Jemand stand auf und fragte mit lauter Stimme: „Was meint Ihr mit diesen beiden Kostbarkeiten?“
Und der Prophet sprach: „Das eine ist das Buch Gottes und das andere ist meine Familie – meine Ahl-e Bait. Gott hat mich wissen lassen, dass diese beiden Hinterlassenschaften sich nie voneinander trennen werden. Ihr Menschen, eilt dem Koran und der Ahle Bait nicht voraus und versäumt es nicht, nach diesen beiden zu handeln, denn dann werdet ihr vernichtet.“
Alle Blicke waren auf den Propheten Gottes (S) gerichtet. Da ergriff er – wie Gott es von ihm wollte- die Hand Alis und hob sie so hoch, dass es alle sehen konnte. Er hielt eine weitere Ansprache, die sehr wichtig war. und wichtigsten Richtlinien für Glauben und Handeln der Islamischen Welt klar darstellte. Diese Ansprache wurde als die Predigt von Ghadir bekannt. Bevor wir auf Einzelheiten eingehen, sollten wir jedoch daran erinnern, dass das Hadith-i Ghadir eine der zuverlässigsten Überlieferungen ist. Der 1970 verstorbene Gelehrte Allama Amini (Gott habe ihn selig) nennt in seinem Werk Al Ghadir (al-Kitab-Ghadeer fi'l wa's-Sunna wal-Adab") 110 Prophetengefährten und 82 Erzähler, die nach dem Propheten von diesen Gefährten übernommen haben, und 360 bekannte Gelehrte und Gewährsleute genannt, die das Ghadir-Hadith wiedergegeben haben. Außerdem führt er die Namen von berühmten Poeten an, die vom ersten bis zum neunten Jahrhundert nach der Hidschra (15. Jahrhundert nach Christus) lange Gedichte über das großartige Geschehen von Ghadir verfasst und der Nachwelt hinterlassen haben.
Es verbleiben also keine Zweifel mehr darüber, dass die Predigt von Ghadir ein fester Beweis ist, den der Prophet Gottes der muslimischen Gemeinde hinterlassen hat.
Der Prophet eröffnete seine Ansprache in Ghadir Chum wie folgt:
„Ihr Menschen wisset, das Gott Ali (F) zu eurem Wali (Schutzfreund) und Imam (Lenker) bestimmt und für dieses Amt gewählt hat und den Gehorsam gegenüber ihm den Muhadschirin und Ansar (den Muslimen aus Mekka und Medina) und allen, die sich nach ihm richten und für jede Landschaft und jede Stadt, für Nichtaraber und Araber, für die Freien und die Sklaven, für Jung und Alt und für Weiß und Schwarz und für jeden, der nur dem Einen Gott dient, zur Pflicht gemacht hat. Er hat geboten, dass seine Anordnung und sein Wort gelten und durchgeführt werden sollen.“
Wir möchten gleich zu diesem Abschnitt, bevor wir die Fortsetzung der Predigt bringen, auf einige wichtige Punkte aufmerksam machen:
Erstens: Ali (F) ist auf Befehl Gottes und gemäß der Verfahrensweise (Sunna) des Erhabenen Propheten des Islams (S) für dieses Amt bestimmt worden. Der Prophet (S) hat diese Wahl also keineswegs aufgrund persönlicher Motive getroffen.
Zweitens: Die Begriffe Wali und Imam zeugen davon, dass Ali (F) sowohl für die Wilayat – die Schutzfreundschaft und Statthalterschaft- als auch für das Imamat – die Lenkung – ausgewählt wurde, so dass es eine religiöse Pflicht ist, ihm zu gehorchen.
Drittens: Die Führerschaft und das Imamat Alis (F) ist nicht auf eine bestimmte Zeit, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Volk oder eine bestimmte Ethnie beschränkt. Vielmehr ist er der Anführer und Lenker aller Menschen in der Geschichte, die den Einen Gott anbeten. Daher hat der Prophet Gottes (F) an einer anderen Stelle der Ghadir-Predigt gesagt:
„Und nach Ali wird das Amt des Imamats durch seine Söhne und meine Nachkommen aus seiner Generation fortgesetzt und bis zum Jüngsten Tag bestehen bleiben; der Tag an dem Gott und der Prophet ihm begegnen.“
Daraufhin sagte der Prophet des Islams (S) um jeglicher Ablehnung vorzubeugen: „Weit entfernt von Gottes Barmherzigkeit sei jemand, der meine Worte zurückweist und nicht mit dem Imamat Alis (F) einverstanden ist! Gottes Zorn gelte ihm!“ Um zu zeigen, wie bedeutend die Freundschaft mit Ali (F) und wie schwerwiegend die Feindschaft gegen ihn ist, fuhr er fort: „Wisset! Fürwahr hat Dschibril (Gabriel) mir mitgeteilt, dass Gott der Höchsterhabene gesagt hat: `Wer Ali ein Feind ist und seine (Wilayat) Statthalterschaft nicht anerkennt, über den kommt Mein Fluch und Zorn`.“ Nicht nur über die Feindschaft gegen das Wilayat und Imamat Alis (F) gibt es eine Offenbarung sondern auch über die Freundschaft mit ihm , denn der Prophet hat in der Ghadir-Predigt gesagt: „Die Führerschaft und Freundschaft mit ihm wurde mir von Gott dem Allmächtigen und Herrlichen geoffenbart.“
Eine hoffnungsfrohe, sichere Verheißung Gottes ist die frohe Kunde davon, dass rechtschaffene und gläubige Menschen in das Ewige Paradies Gottes einkehren dürfen. Als beste Beispiele für jene Glücklichen, die ohne Abrechnung über ihre Taten das Paradies betreten werden, gelten diejenigen, die die Ahl-e Bait des Propheten aufrichtig lieben. Diese Liebe zu den Nachkommen des Propheten hat Gott in dem Vers 23 der Sure 42 (Schura) als Lohn des Propheten bezeichnet. Dort heißt es:
قل لااسئلکم علیه اجرا الا الموده فی القربی؛
„Sag: Ich verlange von euch keinen Lohn dafür, es sei denn die Liebe zu den (meinen) Verwandten. ...“
Und es heißt im Vers 47 der Sure 34 (Saba):
„Sag: Was ich an Lohn von euch verlange, ist nur zu euren eigenen Gunsten. (Denn) Mein Lohn obliegt nur Allah. Und Er ist über alles Zeuge.“
Der Prophet hat daher an einer anderen Stelle seiner historischen Ansprache von Ghadir erklärt:
„Wisset, ihre Freunde (die Freunde der Ahl-e Bait), kehren heil und sicher ins Paradies ein und die Engel kommen ergeben (und respektvoll) um sie zu sehen und sagen: `Friede und Gruß sei euch, die ihr rein und geläutert seid, so betretet das ewige Paradies ohne Abrechnung.`“
Um den Weg des Propheten und seine Rechtleitung und Führung fortzusetzen, muss man sich also an die Verwandten des Propheten wenden, die Dhul Qurba: ذوى القربى
Die Liebe zu jemanden hat den Aspekt, dass der Liebende sich veranlasst fühlt, seine Forderungen zu erfüllen.
In dem Vers 31 der Sure 3 (Ale Imran) lesen wir:
قُلْ اِنْ کُنْتُمْ تُحِبُّونَ اللّهَ فَاتَّبِعُونِی؛
„(Prophet) sag, wenn ihr Gott liebt, dann folgt mir. (denn ich verkünde Gottes Befehl) (dann liebt euch Allah und vergibt euch eure Sünden. Allah ist Allvergebend und Barmherzig)“
Wenn einer zu jemandem Freundschaft hegt, so fühlt er sich von ihm angezogen und zur Erfüllung dessen Wünsche aufgefordert. Dieser Effekt wächst mit der Liebe zu ihm insbesondere bei einer Liebe, die von dem Streben nach Vollkommenheit angetrieben wird. Bei dieser Liebe ist der Mensch bestrebt, sich so gut er kann der Quelle und dem Sinnbild der Vollkommenheit und der Erfüllung seiner Wünsche zu nähern. So kommt es, dass die Freunde des Propheten und der Edlen aus seinem Hause heil und sicher ins Paradies eintreten dürfen.