Lotsen zum göttlichen Hafen (und ihre Politik) (36)
Wir berichten weiter aus dem bewegten Leben von Imam Husain (F).
Sie haben erfahren, dass Imam Husain nicht gegenüber dem brutalen Umgang des Umayyadenherrschers Muawiya mit seinen Gegnern und seinen unmenschlichen und islamischfeindlichen Schritten schwieg. Der letzte Verstoß Muawiyas gegen den Friedensschluss mit Imam Hasan, dem Vater Imam Husains, bestand darin, dass er seinen Sohn Yazid zu seinem Nachfolger ernannte. Nicht nur islamisch gesehen sondern auch in jeder anderer Hinsicht war Yazid in keinerlei Hinsicht geeignet, das Oberhaupt der muslimischen Gesellschaft zu werden.
Imam Husain (F) stellte sich offen gegen Yazid. Als der Gouverneur von Medina ihn aufforderte, er solle Yazid die Treue schwören sagte er: „O Emir! Fürwahr stehen wir, die Ahl-i Bait des Propheten (S), im Brennpunkt der Berufung und sind die Stätte, an der die Engel ein und ausgehen und auf die die göttliche Barmherzigkeit herabkommt. Gott hat den Islam in unserer Familie begonnen und der Islam wird bis ans Ende zusammen mit unserer Familie vorwärtsschreiten.“
Imam Husain (F) hat also als logische, auf der Religion basierende Begründung für die Ablehnung des Treueides mit Yazid als erstes den hohen Platz beschrieben, den die Familie des Propheten mit ihren Merkmalen einnimmt. Danach hielt er dem Gouverneur von Medina die negativen Seiten des Yazid vor Augen und sagte: „Aber Yazid, dieser Mann für den du mir den Treueeid abverlangst, ist ein Trinker, an dessen Händen das Blut Unschuldiger klebt. Er ist jemand, der die Hoheitsgrenzen der göttlichen Gebote verletzt hat und offen vor aller Augen sündigt und Gottungehorsam und die schlimmsten Taten begangen hat.“ Nach diesem Vergleich zwischen den edlen Ursprüngen Husain ibn Alis (F) und Yazid mit allen seinen abwegigen Eigenschaften fuhr der Imam fort:“Gebührt es sich dass jemand wie ich (aus dem edlen Geschlecht des Propheten Gottes)einem solchen verdorbenen üblen Mann den Treueid leistet? In dieser Sache müsst ihr und wir die Zukunft ins Auge fassen und ihr werdet sehen, wer von uns beiden für die Lenkung der Muslimgemeinde würdiger ist und wer es verdient, dass die Menschen ihm die Treue schwören!“
Die ewige Botschaft, die diese Stellungnahme des Imam Husain (F) an alle Menschen, insbesondere an die aufrichtigen Anhänger der Prophetenfamilie enthält, lautet, dass Gläubige, die sich den hohen göttlichen und menschlichen Idealen gegenüber verpflichtet fühlen, niemals in die Versöhnung mit Regimes, die keine menschenwürdigen Grundsätze einhalten und bei denen Verdorbenheit und Unrecht zum festen Bestandteil ihres Wesens geworden sind, einwilligen. Sie fürchten nicht deren Drohungen und lassen sich nicht durch ihre Versprechungen anlocken, sondern ziehen ihnen die täuschende Maske vom Gesicht.
Wir alle wissen, dass die meisten Träume in der Welt der Politik mit dem Kampf um Macht und der Wahrung der Interessen von Einzelnen und Gruppen und der Festigung ihrer Position einhergegangen sind und in diesem Zusammenhang keinerlei Skrupel bestanden. Davon zeugt auch die Geschichte. Als Marwan ibn Hakam , der später als vierter Umayyadenkalif herrschte, scheinheilig zu Imam Husain (F) sagte, es sei zu seinem Wohl, dass er Yazid die Treue schwöre, erwiderte Imam Husain ihm mit folgenden Worten, um zu verdeutlichen, dass sein einziges Ziel die Beschützung des Islams ist: „Wir sind alle von Gott und kehren zu ihm zurück! Der Islam wird untergehen, wenn (im Falle dass ich Yazid die Treue schwöre) die Muslime von einem Herrscher wie Yazid heimgesucht werden. Aber wisse, dass ich meinen Großvater, den Gesandten Gottes (S) wie folgt habe sagen hören: `Das Kalifat ist den Nachkommen des Abu Sufyan (wie Muawiya und Yazid) untersagt`...“
Mit seiner Stellungnahme hat Imam Husain (F) gezeigt, dass nicht nur Yazid, sondern auch kein anderer aus dem Geschlecht des Abu Sufyan für das Islamische Kalifat geeignet ist und die Umayyaden diese Position an sich gerissen haben. Er verwies darauf, dass gemäß dem Gesandten Gottes (S) dieser Familie das Kalifat untersagt war. Außerdem hat Imam Husain (F)angesichts der schwarzen Akte des Abu Sufyan und seiner Nachkommen, die nie von der Bekämpfung des Propheten und Islams abgelassen haben, gesagt: „Der Islam wird untergehen, wenn die Muslime von einem Herrscher wie Yazid heimgesucht werden.“ Yazid hatte nämlich nichts anderes im Sinn als die Vernichtung des Islams. Die Geschichte verbrieft, dass Abu Sufyan und sein Sohn Muawiya nach der Eroberung von Mekka sich nur zum Islam bekannten, um ihr Leben zu retten und dass sie, nachdem sie wieder an Macht gelangt waren, alles zur Vernichtung des Islams getan haben. Als Muawiya von einem seiner Leute am Herrscherhof gefragt wurde, warum er die Bani Haschim nicht in Ruhe lasse, obwohl er ihnen das Kalifat verwehrt habe und an alle seine Ziele gelangt sei, schrie er: „Deine Mutter möge dich betrauern! Hörst du denn nicht, dass von der Stelle in den Moscheen, wo zum Gebet gerufen wird, der Name Mohammad erschallt?! Solange ich diesen Namen nicht begraben habe, werde ich nicht zur Ruhe kommen!“ Yazid setzte die Politik Muawiyas fort und er betrachtete sich nach der Tragödie von Aschura als der Sieger. In einem Spruch, den er dichtete, stellte er den Islam von Grund auf in Frage. Er lautete:
لعبت هاشم بالملک فلا خبر جاء و لا وحی نزل:
„Die Haschimiten haben einige Tage mit der Macht gespielt und es gab keine Anzeichen für himmlische Mitteilungen und Offenbarungen“
Nach der schiefen Entwicklung in der muslimischen Gesellschaft im Anschluss an das Verscheiden des Propheten (S) und die Missachtung des bedeutenden Ereignisses von Ghadir Khum, hat die Allgemeinheit allmählich – insbesondere ab dem Kalifat von Uthman und der Machtergreifung von Muawiya und Yazid , die wichtigen Eigenschaften, die eine islamische Führung besitzen muss, vergessen. Daher kam es so weit, dass das Volk der Muslime den Treueeid mit Yazid akzeptierte. Zwischenzeitlich waren sie zwar all die Unterdrückung leid und suchten bei der Familie des Propheten Schutz, aber es währte nicht lange und sie ließen sich wieder einschüchtern oder sogar bestechen, und machten kehrt. Ein Beispiel dafür sind die Einwohner von Kufa gewesen. Nachdem sie nicht mehr die Unterdrückung durch die Umayyaden ertragen konnten, forderten sie Imam Husain in zahllosen Briefen auf, nach Kufa zu kommen. Imam Husain (F) ließ ihre Einladung nicht unbeantwortet. Da er jedoch wusste, dass sie nicht genau wissen, wie ein aufrichtiger Anführer der Religion sein muss und Potentaten wie Muawiya und Yazid geduldet hatten, machte er sie in einem Schreiben erneut auf die grundsätzlichen Merkmale eines richtigen Imamats aufmerksam. In seinem Schreiben hieß es unter anderem: „... Ich schwöre bei meinem Leben: Der wahre Vorsteher und berechtigte Imam ist jemand, der selber nach dem Buch (dem Koran) handelt und den Weg in Richtung Herstellung der Gerechtigkeit geht und in Befolgung des Rechtes und der Wahrheit
sein Leben dem Gebot Gottes widmet und opfert.“
Wie alle Imame musste auch Imam Husain (F) die Abweichungen der Willkürherrscher abwehren und zugleich war er gezwungen, friedfertige Wege zu wählen, damit der Islam nicht völlig zerstört wird und die Einheit der Muslime bewahrt blieb. In einem Schreiben, dass er an die Bevölkerung der irakischen Stadt Basra schickte, verwies er auf diese Vorgehensweise und schrieb: „Gott hat Mohammad (S) unter den Menschen auserwählt und ihm mit seiner Sendung Würde beschert und nach der rechten Erfüllung seiner Berufung und nachdem er den Dienern Gottes den rechten Weg gewiesen hat, ist Mohammad in die höheren Gefilde übergetreten und wir, seine Familie, Nachfolger und Erben waren unter seinem Volke am besten für seine Nachfolgerschaft geeignet. Aber eine Gruppe von Leuten hat uns dieses Recht genommen und - trotzdem wir wussten, dass wir besser und kompetenter sind als sie - haben wir – um Streit und Zwietracht unter den Muslimen und einen Sieg der Feinde in dieser Situation zu verhüten – den Frieden und die Sicherheit der Muslime über unser Recht gestellt....“ Imam Husain beschrieb daraufhin die Abweichungen die in der Gesellschaft der Muslime aufgekommen war und fügte hinzu: „...Ich rufe euch herbei zu dem Buch Gottes und der Vorgehensweise (Sunna) des Propheten, denn wir sind in eine Situation geraten, in der kein Zeichen von der Sunna des Gesandten Gottes (S) existiert und an deren Stelle künstliche und gefälschte Neuerungen getreten sind. Wenn ihr auf meine Worte hört, werde ich euch auf den Weg zu Wohl und Glück im Diesseits und im Jenseits führen und euch wird die Barmherzigkeit und der Segen Gottes beschert werden.“