Lotsen zum göttlichen Hafen (und ihre Politik) (53)
Wir berichten weiter über Leben und Wirken des siebten Imams aus dem Hause des Propheten
Der siebte Imam, Imam Kadhim (Friede sei mit ihm) sah sich ebenso wie sein Vater dem Problem gegenüber, dass die Abbasiden die entfernte Verwandschaft zu dem Onkel des Propheten ausnutzten um auf das Kalifat Anspruch zu erheben. Unterdessen ist das Amt des Statthalters Gottes und Seines Propheten nicht vererbbar, sondern seine Zuordnung war bereits durch göttliche Anweisung erfolgt . Das Kalifat gebührt nur den rechtschaffenen Imamen. Diese sind an dem historischen Tag von Ghadir Chum auf Anweisung des Allmächtigen durch Seinen Propheten ernannt worden. Sie verkörpern die höchsten moralischen Werte und besitzen Makellosigkeit und das ist das Geheimnis dafür, dass diejenigen die nach Wahrheit und Recht suchten, alle Imame aus dem Hause des Propheten darunter auch Imam Kadhim liebten. Natürlich bereitete dies den Abbasiden großes Missbehagen. So auch Harun. Als er den siebten Imam bei der Kaaba sah, sagte er: „Bist du es , mit dem die Leute heimlich verborgen von den Blicken unserer Beamten ein Bündnis schließen und den sie für das Imamat und die Führung wählen?“
Imam antwortete: „Das liegt daran, dass wir über die Herzen der Menschen regieren, während ihr über ihre Körper herrscht und keinen Platz im Herzen des Volkes habt.“
Harun fühlte sich von den klaren Stellungnahmen des siebten Imams besiegt. Um sich vor der Öffentlichtkeit zu rechtfertigen instrumentalisierte er seine entfernte Verwandtschaft mit der Familie des Propheten. Er erschien in Medina und machte sich in Begleitung einer großen Zahl von Mitgliedern verschiedener Stämme, darunter der Quraisch, auf den Weg zu der Heiligen Grabmoschee des Propheten. Dort sagte er vor dem Grab: „Friede sei dir, o du Prophet Gottes. Friede sei dir , o Vetter!“ Da rief der siebte Imam (F), der sich unter den Menschen befand, laut und ohne Harun zu fürchten, zum Himmel hinauf: „Friede sei dir, o Prophet Gottes, Friede sei dir, o Vater!“ Harun war nicht darauf vorbereitet und protestierte wütend: „Wie könnt ihr behaupten der Sohn des Propheten zu sein , obwohl ihr in Wahrheit die Nachkommen Alis seid, denn jeder wird doch dem Vorfahren seines Vaters zugeordnet und nicht dem Vorfahren mütterlicherseits!“ Sofort reagierte Imam Kadhim mit den Versen 84 und 85 der Sure 6, Sure Anam, wo es gekürzt heißt:
„und wir schenkten Abraham aus seiner Nachkommenschaft David, Salomo und Hiob, Josef, Moses und Aaron ... und Zacharias, Johannes, Jesus und ... : jeder (von ihnen) gehört zu den Rechtschaffenen“.
Dann fügte er hinzu: “In diesem Vers wird Jesus zu den Nachkommen großer Propheten gerechnet, obwohl er keinen Vater hatte. Er wird über seine Mutter Maria den Prophetennachkommen zugerechnet. Gemäß diesem Vers zählen also weibliche Nachkommen auch zur Nachkommenschaft und sind wir über unsere Mutter (und Vorfahrin) Fatima (gegrüßet sei sie) Nachkommen des Propheten.“
Harun schwieg. Ein anderes Mal fragte er den siebten Imam erneut: „Warum nennt ihr euch die Nachkommen des Propheten Gottes (S)?“ Imam Kadhim (F) stellte eine Gegenfrage:
„Wenn der Prophet ins Leben zurückkehren würde und um die Hand deiner Tochter anhielt, würdest du deine Tochter mit ihm vermählen?“ Harun, der dachte es sei eine gute Gelegenheit gekommen um seine Ansprüche zu verteidigen, antwortete: „Ich würde nicht nur das tun, sondern mich bei allen Arabern und Nicht-Arabern mit dieser Vermählung rühmen.“ Der Imam aber sagte: „Weder würde mich der Prophet um die Hand meiner Tochter bitten, noch würde ich meine Tochter mit ihm vermählen.“ Harun fragte verblüfft: „Warum nicht?“ Imam Kadhim antwortete: „Weil ich zur Generation des Propheten gehöre und diese Heirat (deshalb) verboten ist. Und du bist nicht aus der Generation des Propheten?“ Harun bestätigte verwirrt und notgedrungen, was der Imam sagte. Aber er kochte innerlich und sann auf Rache.
Harun versuchte seine aufeinanderfolgenden Niederlagen wieder wettzumachen, in dem er sich von angeheuerten Dichtern huldigen ließ. Diese Vasallen wetteiferten um die Gunst des Abbasidenkalifen und lobten ihn in den höchsten Töne, als sei er einer der besten Gottesfreunde oder besäße Eigenschaften der Propheten. Ein Poet nannte ihn sogar einen neuen Propheten , was Harun sehr schmeichelte. Er belohnte ihn reichlich dafür.
Die Heuchelei ist immer eine Gefahr für die Islamische Welt. insbesondere wenn Heuchler an die Macht gelangen. Heuchler (Munafiqin) geben sich einen religiösen Anschein, aber sie halten sich nicht an die religiösen Grundsätze und die Moral und schließen mit dem Feind der Islamischen Gemeinde Freundschaft. Außerdem scheuen sie kein Verbrechen, um an der Macht zu bleiben. Die Abbasiden waren solche Heuchler und Harun Ar Raschid war einer von ihnen. Harun ließ durch seine Spitzel alle Aktivitäten des siebten Imams und seiner Helfer beobachten und versuchte sich gleichzeitig vor dem Volke als Freund der Familie des Propheten auszugeben. Nach außen hin würdigte er den Imam, aber er war in Wahrheit gegen ihnen und wollte seinem Ansehen schaden.
Die Teilnahme des Harun am Hadsch und sein anschließender Besuch der Prophetenmoschee in Medina war auch nur Heuchelei. Nach Betreten der Heiligen Stätte sagte er: „O Prophet Gottes. Ich bin gekommen um mich für die Festnahme deines Nachkommen Musa ibn Dschafar (Al-Kadhim) bei euch zu entschuldigen. Aber er will die Einheit in der Islamischen Welt in Zwietracht verhandeln, welche zu Blutvergießen führen wird.“
Diese Worte strotzen vor Heuchelei, denn Harun wollte den Befürworter der Einheit, Sicherheit und des Friedens in der Islamischen Welt, nämlich den von Gott bestimmten Imam, der die höchsten Tugenden verkörpert, als Befürworter der Zwietracht, Unsicherheit und des Blutvergießens verleumden.
Nicht ohne Grund hat der Prophet Gottes (S) einmal laut Brief 27 des Nahdsch-Balagheh zu Imam Ali (F) gesagt:
„Ich fürchte für meine Gemeinschaft [umma] weder einen Ungläubigen noch einen Götzendiener, denn den Gläubigen hält Allah durch seinen festen Glauben ab (von Schlechtem), und was den Götzendiener betrifft, den überwältigt Allah wegen seinem Götzendienst. Aber ich fürchte für euch jeden, der in seinem Herzen ein Heuchler und ein Gelehrter mit der Zunge ist. Er sagt, was ihr billigt, aber er tut, was ihr missbilligt.“
Der siebte Imam (F) hatte es einfach wenn er Götzendienern bekämpfte, denn deren Natur war für die Gläubigen offensichtlich. Aber es war schwierig gegen einen heuchlerischen Machtinhaber wie Harun etwas zu unternehmen, denn Harun konnte nicht nur mit seiner Scheinheiligkeit dem Volke etwas vormachen, sondern er hatte auch die Abbasiden als Nachkommenschaft des Prophetenonkels vorgestellt und sich auf diese Weise Ansehen verschafft. Aber der Imam nutzte jede Gelegenheit um das abbasidische Herrschersystem zu bekämpfen und seine wahre Natur zu entlarven.
Imam Kadhim (F) hatte durch einen seiner Getreuen namens Ali Ibn Yaqtin Einfluss im Herrscherapparat des Haruns gewonnen. Er bat diesen Helfer, dafür zu sorgen, dass den Bedürftigen Unterstützung aus der Gemeinwohlkasse der Muslime – dem Bait ul Mal – zukommt und dass sie mit Respekt behandelt werden. Zu Ali ibn Yaqtin sagte er: „ Wisse, jeder der einen Menschen froh macht, hat als erstes Gott zufrieden gestellt, dann dem Propheten Gottes eine Freude bereitet und schließlich uns aus dem Hause des Prophet erfreut.“ Dennoch war Ali ibn Yaqtin beunruhigt, dass er in dem Herrscherapparat von Harun arbeitete und er bat Imam Kadhim, ihn von dieser Mission zu befreien. Doch der Imam sagte, er solle seinen Posten behalten und fügte hinzu: „Gott der Allmächtige hat in den unterdrückerischen Regierungen Vertreter und helfende Hände, über die Er seine Freunde verteidigt. Du bist einer von diesen Vertretern.“
Es gab zu Hofe des Harun auch einen Amtsträger namens Safwan Dschamal. Er war dem siebten Imam zugeneigt. Doch als er seine Dromedare dem Harun für den Hadsch vermietete rief Imam Kadhim (F) Safwan zu sich und kritisierte ihn deswegen. Safwan Dschamal sagte: „O Sohn des Propheten Gottes (S)! Ich habe doch meine Kamele nicht für etwas Verbotenes an Harun vermietet.“ Und der Imam sagte: „Möchtest du, dass Harun nach seiner Rückkehr vom Hadsch dir die Miete für die Kamele bezahlt?“ Safwan Dschamal sagte: „Ja, das möchte ich!“ Da sagte der Imam: „Bis zu dem Zeitpunkt, wo Harun vom Hadsch zurückkehrt, wirst du Anteil haben an jedem Unrecht , welches in dieser Zeit in seinem Herrschaftsgebiet geschieht.“ Daraufhin löste Safwan sofort den Vertrag , den er mit Harun geschlossen hatte, auf.