Oct 28, 2019 10:25 CET
  • Islam richtig kennenlernen (195 - die Befragung im Grab)

Wir setzen das Thema „Barzach“ fort.

  

 

Wir sagten, dass sich die Seele nach dem Absterben des Körpers von diesem trennt und in der auf das Diesseits folgenden Zwischenwelt weiterlebt. Sie haben auch erfahren, dass der Mensch in dieser Zwischenwelt fühlen und wahrnehmen und wünschen kann.

Mit Hinweis auf eine Begebenheit in der Geschichte setzen wir nun das Thema Barzach fort.

Das Heer des Islams hatte in der Badr-Schlacht das feindliche Heer besiegt und einige der Anführer der Götzendiener von Mekka waren getötet werden. Als der Prophet an einer Grube vorbei kam, in dem die Leichen der Götzendiener lagen, sprach er zu ihnen: „Wir haben gesehen, dass das was der Herr uns verheißen hat, stimmt. Habt ihr auch gesehen, dass die Verheißungen eures Herrn zutreffen?“  Einige der Helfer des Propheten fragten verwundert: „O Gesandter Gottes! Das sind doch leblose Körper. Sprecht ihr zu den Toten?!  Können die euch denn hören?!“

Der Prophet sagte: „Sie hören jetzt mehr als ihr!“

An dieser Begebenheit sehen wir, dass der Mensch nach dem Tod etwas wahrnimmt und sogar hört, wenn gesprochen wird.

               

Nach Beendigung des irdischen Lebens zerfällt der Körper des Menschen.  Aber seine Seele befindet sich in der Zwischenwelt. Dort tritt sie mit einer Art neuem Körper auf,   der einige Eigenschaften wie der ehemalige stoffliche Körper besitzt, wie Maße und Form, aber im Gegensatz zu dem stofflichen Körper von dessen Nachteilen frei ist und sehr zart ist.

Um sich den Körper in der Zwischenwelt leichter vorstellen zu können, ließe sich ein Vergleich zu den  Gesichtern, die der Mensch im Traum sieht, ziehen. Diese Gesichter und Gestalten, sind nicht stofflicher Natur – sie nehmen keinen Raum in Anspruch und haben kein Gewicht. Aber sie haben eine Form mit  bestimmten Maßen  und darin ähneln sie den Gestalten in der realen stofflichen Welt. Der Mensch sieht im Traum Verstorbene, wie Eltern und Freunde mit der gleichen Gestalt und dem Gesicht, wie sie ihm im Leben vertraut waren.

Mit der Gestalt des Körpers der Zwischenwelt ist es ähnlich.  Der immaterielle Barzach-Körper des Menschen ist  auch mit unserem Spiegelbild vergleichbar. Dieses deckt sich mit der Gestalt unseres reellen  Körpers, ohne materieller Natur zu sein.

                 

Die Seele des Menschen erscheint also in der Zwischenwelt in einer Gestalt, die seinem diesseitigen stofflichen Körper ähnelt. Die anderen Seelen erkennen ihn an dieser äußeren Gestalt wieder und sie erkundigen sich nach Personen, die sie Jahre vorher im Diesseits kannten.  Jede  erkennt ebenso selber Freunde und Bekannten wieder.

Ähnlich wie im Traum ist die Seele in der Zwischenwelt von der Gebundenheit an Faktoren der Materie, wie Ort und Zeit, befreit und die  Seele kann in ihrem Barzach-Körper sofort den Ort wechseln. Mit ihrem immateriellen Körper kann die Seele im Barzach sowohl Freuden  als auch Ungemach verspüren. Der Mensch setzt das Barzach-Leben bis zum Tag der Auferstehung von den Toten mit der Seele in seinem Barzach-Körper fort. Aber am Tag der Auferstehung von den Toten wird - auf Gottes Befehl - der irdische Körper des Menschen rekonstruiert und die Seele kehrt zu ihrem eigentlichen Körper zurück.  

 

Das Reich des Grabes ist die erste Bleibe auf der Reise ins Jenseits. Eine Rückkehr ins Leben ist von dort aus nicht mehr möglich.  Der Mensch erlebt einer der schlimmsten Zustände wenn er nach dem Tod ins Grab gelegt wird. Besonders die erste Nacht im Grab ist sehr hart, selbst für gläubige gottesfürchtige Menschen. Der Mensch kann jedoch im Leben durch seine Gläubigkeit und durch aufrichtige religiöse Taten und gute Werke erreichen, dass diese Nacht weniger schrecklich verläuft.

Eines der wichtigsten Ereignisse in der ersten Grabnacht ist die Befragung durch die Engel. Zwei Engel von imposanter  Gestalt befragen die Seele wegen ihres Glaubens und ihrer Überzeugungen und ihrer Taten. Einer von rechts und der andere von links. 

Einige Religionsgelehrten sind der Überzeugung, dass es dem Menschen in der Zwischenwelt so ergeht, wie jemand der im Diesseits auf eine Justizbehörde bestellt wurde, damit seine Akte überprüft und vervollständigt wird. Während dieser Zeit muss er den Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung abwarten.

Imam Sadschad (Friede sei mit ihm) hat vor dem Tod und der Befragung im Grab gewarnt und gesagt: „O weh, Kind des Adams, du bist ignorant und nicht wachsam, aber du wirst nicht ignoriert sondern im Auge behalten. Der Tod eilt schneller herbei als alles andere, er sucht nach dir und findet dich.  Es ist als ob es schon an der Zeit ist, dass er kommt und der Todesengel dir die Seele abnimmt und du alleine ins Haus (ins Grab) gelangt bist und die Engel der Befragung zu dir gekommen sind für Fragen und eine schwere Prüfung.“

 

Imam Sadschad (F) sagt weiter: In der ersten Frage geht es um den Gott, dem du dienst und um den Propheten, der zu dir geschickt wurde und um die Religion, der du treu warst und um das Buch, das du gelesen hast und um den Imam, dessen Imamat du anerkannt und dem du gehorchst hast. Danach befragen sie dich über dein Leben, auf welchem Weg du es verbracht hast, und sie fragen dich über deinen Besitz, auf welchem Weg du an ihn gelangt bist und auf welchem Weg du ihn verwendet hast.“

Imam Sadschad (F) mahnte: „Betrachte dich eingehend und bereite dich, bevor du befragt wirst, auf die Beantwortung der Fragen (in der ersten Nacht im Grab) vor.“

         

Die Fragen, die auf den Menschen in der ersten Grabnacht zukommen, sind Fragen, die sich der Mensch schon im Leben stellen sollte und nicht erst nach dem Tod. Durch Nachdenken über diese Fragen kann der Mensch die richtige Linie fürs Leben erkennen.

Wenn jemand die Fragen der Engel über seinen Glauben richtig beantwortet und sagt: „Gott ist mein Herr, der Islam ist meine Religion und Mohammad (S) ist mein Prophet“, sagen die Engel zu ihm: „Gott festige deine Schritte bei  dem was du gerne hast und mit dem du zufrieden bist.“ 

Wenn ein Gläubiger den Weg Gottes richtig kennt und ein wahrer Befolger der Lehren des Propheten und der Vorbilder der Religion ist, wird er mit Gottes Gnade die Fragen der Engel über seine Überzeugung gut beantworten.  Er wird zu denen gehören, die gerettet werden.  Die beiden Engel werden ihm in schöner Gestalt das Paradies mit seiner Gabenfülle verheißen und sie werden sein Grab ausdehnen so weit sein Blick reicht. Er wird in Gnaden und in Frieden und Sicherheit verbringen.

                    

Wenn jedoch ein Verstorbener zu den eigenwilligen Ungläubigen gehört, erscheinen ihm die beiden Engel in einer furchterregenden Gestalt.  Weil er vom Weg Gottes abgewichen ist und sein Leben lang den Weg der Irrlehre ging, kann er die Fragen der Engel nicht beantworten und diese verheißen ihm das Feuer. Das Grab ist für ihn eine dunkle und enge,   schreckliche Behausung und er verbringt in Pein. Imam Ali (F) hat in seinem Brief an seinen Sohn geschrieben: „Das Grab ist entweder einer der Paradiesgarten oder einer der Feuergruben der Hölle.“

In den islamischen Schriften wird auf die Dinge hingewiesen, die entweder zur Pein und Strafe des Menschen in der Zwischenwelt  führen oder ihm dort  zu seiner Seligkeit und seinem Wohlbefinden  verhelfen. Einige der Barzachstrafen gehen darauf zurück, dass jemand das Gebetsritual auf die leichte Schulter nimmt, oder den Notleidenden und Schwachen nicht hilft, über andere schlecht redet oder mit seinem Ehepartner oder der Familie übelgelaunt  umgeht   und andere belästigt oder beleidigt.

 

Zu den Dingen, die dem Menschen Seligkeit in der Zwischenwelt bereiten, gehören: Der Märtyrertod für Gott und die ernsthafte Pflege des Gebetsritual . Aber auch die Wohltaten die Hinterbliebene auf der Welt im Namen ihrer Verstorbenen vollbringen, können denen in der Zwischenwelt ein besseres Leben bereiten. Wenn Hinterbliebene für ihre Verstorbenen Gott um Verzeihung deren Sünden bitten, so wirkt sich dies positiv auf das Befinden deren Seelen im Barzach aus.Imam Sadiq (F) hat gesagt: „Genauso wie jemand sich im Diesseits über Geschenke freut, so bereitet es auch den Verstorbenen eine Freude wenn jemand sich ihrer erbarmt und für sie um Verzeihung bittet.“

Der Prophet Gottes hat gesagt:

„Der Tote im Grab ist wie jemand, der im Begriff ist zu ertrinken und jeden Augenblick darauf wartet, dass jemand ihm hilft und manchmal hofft, dass der eine oder andere für ihn betet. Wenn er merkt, dass jemand für ihn um Verzeihung und Gott um etwas Gutes für ihn bittet, wird er sich mehr freuen als wenn man ihm die ganze Welt schenken würde.“

                   

Ein weiterer Faktor für die Rettung im Barzach ist die Liebe zum Propheten und den  Edlen aus seinem Hause. Der Prophet Gottes hat gesagt, dass die Liebe zu ihm und zu den Ahl-e Bait an sieben furchterregenden Stellen  den Menschen rettet. Einer dieser Stellen ist die Welt des Grabes und der Zeitpunkt, wo der Mensch von den Engeln befragt wird.

 

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