Mrz 11, 2020 14:19 CET
  • Islam richtig kennenlernen (209  - die Waagen erwägen)

Das Thema „Berechnung der Taten im Jenseits“ ist noch nicht erschöpft und auch diesmal Gegenstand unserer Sendung.

 

 

Beim letzten Mal haben Sie bereits etwas über das Bemessen unserer Taten am Jüngsten Tag erfahren. In der Sure 7 (Araf) verweist Gott zu Anfang des  Verses 8 mit folgenden Worten auf dieses Geschehen: 

Das Wägen erfolgt an jenem Tag der Wahrheit (entsprechend)....

Demgemäß ist „Haqq“ – nämlich die Wahrheit und das Recht – die Waage zur Bemessung. Das bedeutet, dass eine Tat umso wertvoller ist, je mehr sie Recht und  Wahrheit umfasst. Daher fallen gute Taten, weil sie der Wahrheit nahekommen, entsprechend ins Gewicht und sind etwas wert, während schlechte Taten überhaupt nichts zählen, da sie in keiner Weise Recht und Wahrheit entsprechen. Sie wiegen daher gar nichts.

Beim letzten Mal sagten wir, dass laut Überlieferungen der jenseitige Bewertungsmaßstab für die Taten der Menschen  die Propheten, Unfehlbaren Imame und rechtschaffene Menschen sind, die keinen Makel in ihrer Akte der Taten aufweisen. Ebenso gibt es Überlieferungen gemäß  denen die göttliche Gerechtigkeit (Adl) das Kriterium der Bewertung ist.   Diese  auf den ersten Blick unterschiedlich erscheinenden Bemessungsgrundlagen sind  miteinander vereinbar, denn die Propheten und Unfehlbaren Imame verkörpern ja mit ihrem Wesen und ihrer Art  sowohl  Wahrheit und Recht als auch die göttlichen Gerechtigkeit und sind daher am Jüngsten Tag das Kriterium für die Beurteilung der anderen.   Je mehr der Mensch mit seinem Verhalten  diesen Auserlesenen ähnelt, desto mehr werden seine guten Taten wiegen und je mehr er sich von ihrem Vorbild entfernt haben, desto weniger wird er mit seinen Taten auf die Waage am Jüngsten Tag  bringen.

          

Während sich würdige Taten mit ihrem Gewicht also positiv auf das Ergebnis der Messung auswirken, mindern die hässlichen, wertlosen Taten das Gesamtergebnis. Im  Koran steht in der Sure 7  (Araf) in den Versen 8 und 9 in diesem Zusammenhang: 

 

.... Wessen Waagschalen schwer sein werden, jene sind es, denen es wohl ergeht.

Wessen Waagschalen aber leicht sein werden, das sind diejenigen, die ihre Seelen verloren haben dafür, dass sie an Unseren Zeichen unrecht zu handeln pflegten.

Gemäß diesen Koranversen findet  derjenige Rettung, dessen Waagschalen der Taten schwer sind während die Waagschalen, derer, die ungläubig waren und keine oder zu wenig rechtschaffene Taten aufweisen, zu leicht sind. Sie haben alles verloren.  Ihr Schaden ist groß.

 

Im Leben muss der eine oder andere einen Schaden hinnehmen,  weil er Eigentum oder eine gute Position verliert. Aber der größte Schaden besteht darin, dass der Mensch das Leben vergehen lässt ohne darum bemüht zu sein, dieses wertvolle Kapital so einzusetzen, dass es ihm im Jenseits Gewinn bringt und er genug auf die Waage Gottes legen kann.

Auch in der Sure 101 (Qaria)  werden die himmlischen Waagschalen genannt.  Die Verse 6 bis 11 lauten: 

 

Was nun jemanden angeht, dessen Waagschalen schwer sind,

so wird er in einem zufriedenen Leben sein.

Was aber jemanden angeht, dessen Waagschalen leicht sind,

dessen Wohnstätte wird ein Abgrund sein.

Und was lässt dich wissen, was das ist?

Ein sehr heißes Feuer.

Die Freuden im diesseitigen Leben gehen schnell vorüber und neben den Freuden gibt es Leid und neben Genüssen Anstrengungen.   Für die Seligen wird jedoch das Leben im  Jenseits aus ungestörter  Sicherheit, Freude und Zufriedenheit bestehen.

Die Seligen sind jene Glücklichen, deren  Waagschalen am Jüngsten Tag schwer sind, weil sie angefüllt sind  mit guten Taten. Sie sind also die Guten.

Aber schlechte Taten lassen die Waagschalen im Jenseits leicht werden und jemand dessen Waagschalen leicht sind, der ist kein guter Mensch und er wird in das Inferno der Hölle geschickt. 

 

Die Messung mit den Waagschalen kann sogar ganz wegfallen, nämlich bei denen, die Gott, Seine Zeichen und das Jenseits geleugnet haben.  Deswegen werden sogar ihre guten Werke hinfällig, so dass sie nichts auf die Waage bringen.

Im Vers 105 der Sure 18 (Kahf) heißt es:

Das sind diejenigen, die die Zeichen ihres Herrn und die Begegnung mit Ihm leugnen. So werden ihre Werke hinfällig, und so werden Wir ihnen am Tag der Auferstehung kein Gewicht beimessen.

                   

Wie gesagt, gibt es am Jüngsten Tag mehrere Haltestationen und eine davon ist die Station, wo über die Taten abgerechnet wird.  Der eigentliche Berechner an diesem Tag ist Gott, aber auch der Mensch selber zieht mit sich ins Gericht zieht, d.h. sein Gewissen rechnet über seine Taten ab.

Laut Vers 14 der Sure 17 (Isra) wird es heißen:

„Lies dein Buch! Du selbst genügst heute als Abrechner über dich.“

 

Imam Sadiq (Friede sei mit ihm) hat gesagt: „Am Jüngsten Tag wird der Mensch sich auf eine Weise an seine Taten erinnern, als hätte er sie gerade erst begangen und er wird laut rufen: „Was ist das für ein Buch, welches alle meine kleinen und großen Taten festgehalten hat!“

 

                   

Der Koran gibt im Vers 16 der Sure 31 (Luqman) einen Eindruck davon,  wie genau die Berechnung Gottes am Jüngsten Tag aussieht. Laut diesem Vers hat Luqman, der Weise, zu seinem Sohn gesagt:   

O mein lieber Sohn, gewiss, wäre es (deine Tat)  auch das Gewicht eines Senfkorns und befände es sich in einem Felsen oder in den Himmeln oder in der Erde, bringt es Allah bei. Gewiss, Allah ist feinfühlig und allkundig.

 

Wir sehen an diesem Vers, dass bei der Großen Kontoabrechnung am Jüngsten Tag, selbst die kleinsten Taten berücksichtigt werden. Wir sollten also auch kleine Sünden nicht als harmlos betrachten.   

                 

Die Motivation des Menschen ist ebenso ausschlaggebend bei  der  Abrechnung über sein Buch der Taten. In einigen Ländern berücksichtigt das Gesetz nicht die Motivation eines Täters bei der Urteilsfällung. Aber der Islam bezieht die Motivationen und Absichten des Menschen bei der Berechnung mit ein. Daher müssen die Menschen am Jüngsten Tag auch über Vergehen  Rechenschaft ablegen, die nach außen hin gar nicht  sichtbar sind, wie  zum Beispiel die Vorstellung, dass es andere Götter als den Einen Gott gäbe oder heuchlerische Absichten, die jemand mit einer Tat verfolgt und Ähnliches.  Gott warnt im Vers 284 der Sure 2:

... Und ob ihr offenlegt, was in euch selbst ist, oder es verbergt, Allah wird euch dafür zur Rechenschaft ziehen. ...

 

                           

Imam Ridha (F) sagt:  „Jemand der mit einer Tat (eines anderen) einverstanden ist, ist wie jemand, der diese Tat  selber begangen hat.“ Der Imam bringt folgendes konkretes Beispiel dazu:  Wenn jemand im Osten ermordet wird und ein Mensch im Westen mit diesem Mord einverstanden ist, gilt dieser Mensch vor Gott ebenso  als Täter und Komplize des Verbrechens.“  Auch in dem folgenden Vers 183 der Sure 3, Al-e Imran geht es darum, dass der Mensch für eine Tat, die er selber nicht begangen, mit der er aber einverstanden ist, zur Verantwortung gezogen wird.  Gott weist den Propheten laut diesem Vers an, seine jüdischen  Zeitgenossen folgende Frage zu stellen:   

„Warum habt ihr sie (meine Vorgänger) getötet?“

 

Zu der Zeit, wo der Prophet die Juden mit dieser Frage konfrontiert, waren schon mehrere Jahrhunderte vergangen, seitdem die Vorfahren der damaligen Juden Propheten getötet hatten.  Aber Gott macht in diesem Vers die Juden in der Zeit des Propheten dafür mitverantwortlich, weil sie nämlich mit dem einverstanden waren, was ihre Vorväter einmal verbrochen haben.

Daran wird deutlich, dass bei der Berechnung der Taten am Jüngsten Gericht, auch unsere Gesinnung von Bedeutung für die Abrechnung über unsere Taten ist. 

                       

 

Vor dem Jüngsten Gericht muss der Mensch ebenso über die guten Gaben, die Gott ihm im Leben  geschickt hat, Rechenschaft ablegen. War er genügsam oder hat er immer mehr begehrt? Hat er etwa  mit den Gaben Gottes geprotzt oder sie sinnlos verprasst?

Im Vers 8 der Sure 102 (Takathur) steht wie folgt:

Hierauf werdet ihr an jenem Tag ganz gewiss nach der Beglückung (mit guten Gaben) gefragt werden.

 

Vor Gottes Jüngstem  Gericht muss der Mensch erklären, was er mit Gottes guten Gaben gemacht und wofür er sie verwendet hat. Hat er sie auf dem rechten Weg oder auf dem Weg der Verderbnis eingesetzt?

Laut Überlieferung wird der Mensch sich vor dem Jüngsten Gericht nicht rühren können, es sei denn er wird über sein Leben, seine Jugend, seinen Besitz und darüber befragt, ob er die Imame aus dem Hause des Propheten als die Statthalter des Propheten und Lenker der muslimischen Gesellschaft betrachtet und sie geliebt hat.  Daher ist das Wort Beglückung in dem obigen Vers weitgefasst zu verstehen und schließt alle göttlichen Geschenke ein – materielle und immaterielle. Es liegt auf der Hand, dass der Mensch bezüglich der  Gaben Gottes, die besonders wichtig sind, auch besonders gründlich befragt werden wird.

Die Gaben Gottes sind also ein wertvolles Kapital, das Gott dem Menschen zur Verfügung gestellt hat, damit er es optimal nutzt und sich dafür dankbar zeigt.

 

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