Aug 16, 2020 04:45 CET

Der 2006 verstorbene William Montgomery Watt war Professor für Arabisch und islamische Studien an der Universität Edinburgh in Schottland. Wir möchten heute einige seiner Stellungnahmen vorstellen.

                     

Montgomery Watt zeigt in den Werken, die er gegen Ende seiner zweiten Lebenshälfte  verfasst hat, mehr innere Übereinstimmung   mit den Themen denen er sich gewidmet hat.  Seine Ansichten stehen unter dem Einfluss des Materialismus und der Werke vorhergehender Orientalisten. Aber an seinem Gesamtwerk von mehr als 30 Büchern und Dutzenden von Artikeln über die Orientalistik zeichnen sich gegen Ende seiner wissenschaftlichen Tätigkeit eine  geistige Linie, wissenschaftliche Methode und Beachtung der Unparteilichkeit hinsichtlich Fragen der Religionen ab.  Daher stoßen heute seine Werke auf größeres Interesse. Dies ist auch daran zu sehen, dass einige seiner Bücher in die persische Sprache übersetzt wurden und positiv eingestuft werden. Dennoch hat er aus der Sicht muslimischer Forscher auch in diesem letzten Abschnitt seiner Tätigkeit größere und kleinere Irrtümer begangen.  Allgemein ist William Montgomery Watt der namhafteste nicht-muslimische Islam-Kommentator im Westen und hat die akademischen Islamstudien  beträchtlich beeinflusst.

                 

 

Zu den Themen, mit denen sich Watt auseinandergesetzt hat, gehört die Biografie des Propheten. Nach Erwerbung von Kenntnissen über die Lehre des Islams hat Montgomery Watt sich auf die Erforschung der Persönlichkeit des Propheten konzentriert. Er kritisiert, dass einige Orientalisten die Offenbarungen des Propheten mit einer angeblichen Epilepsie in Zusammenhang gebracht haben und schreibt, dass bei dieser Hypothese  Berichte und Beweise außer Acht gelassen haben, die dafür bürgen, dass der Prophet körperlich und geistig völlig gesund war. Watt lehnt  die Vorstellung, der Prophet sei ein Epileptiker gewesen als unrealistisch ab und argumentiert, dass ein Epileptiker kein Feldherr oder ein weitsichtiger Führer eines Stadtstaates  werden könne. „Wenn die Gegner zu seinen Lebzeiten“, so schreibt Watt, „ihn für verrückt hielten, meinten sie damit dass sein Weg und Verhalten verrückt ist oder er wie ein Zauberer redet. Die Interpretationen aus dem Mittelalter müssen beiseitegelassen werden  und Mohammad (S) ist als jemand zu sehen, der aufrichtig und in ehrlicher Absicht  und festen Glaubens Botschaften verkündete, wobei er  davon überzeugt war, dass er diese seitens Gott erhielt.“

 

Watt weiter: „Das Zeichen für die Größe eines Propheten besteht darin, dass seine Gedanken die Aufmerksamkeit der Menschen, die er anspricht, gewinnt. Woher kommen diese Gedanken? Einige sagen, sie rühren von Ahnungslosigkeit und Unbewusstheit her, aber religiöse Menschen sagen, sie kommen von Gott und einige tun noch einen Schritt weiter und sagen: Grundsätzlich kommt jede Wahrheit von Gott. Vielleicht lässt sich sagen, dass sie die Frucht des Lebens von Menschen ist, die ihrer Zeit voraus sind.   Mohammad erlangte aufgrund  seiner Kämpfe und Anstrengungen für die Religion und seiner würdigen Eigenschaften wie Mut, Entscheidungskraft und Festigkeit in seinem mit Großzügigkeit einhergehenden Verhalten den Respekt und das Vertrauen des Volkes. Seine Moral und sein Verhalten waren so begrüßenswert, dass ihn die Menschen zu  lieben begannen,  seine Freunde wurden und er sie zur Opferbereitschaft motivieren konnte.  Es stimmt, wenn es heißt, dass die soziale Unzufriedenheit und der Verfall des Perserreiches und Römischen Imperiums zur Verbreitung des Islams geführt haben, aber es ist eine Tatsache, dass die Verbreitung dieser Lehre ohne die Eigenschaften und Tugenden des Propheten des Islams nicht möglich gewesen wäre.“ 

 

                           

Die Offenbarung ist ein wichtiges Thema in der Islamdebatte. Offenbarung ist eine spirituelle geheimnisvolle Beziehung zwischen einem Propheten und der Welt des Verborgenen, durch den die göttliche Botschaft auf den Propheten übergeht, entweder über einen Vermittler oder unmittelbar. Die höchste Stufe der Eingebung und Offenbarung bleibt den Propheten vorbehalten.  Auf dieser Stufe werden dem Propheten Worte ins Herz eingegeben und spricht Gott mit ihm.

Gemäß dem Islam erfolgt diese Offenbarung, weil die Menschheit auf eine göttliche Rechtleitung angewiesen ist. Diese Rechtleitung soll den Menschen  einerseits auf ein Ziel zuführen, das über der Materie und jenseits seiner Sinneswahrnehmungen liegt  und andererseits soll sie das gesunde Zusammenleben der Menschen, welches immer einer Gesetzgebung  bedarf, gewährleisten. Die Propheten sind auserwählte Menschen, die kompetent für den Empfang dieses Wissens aus der Welt des  Verborgenen sind. Gott allein weiß, wer diese Kompetenz dafür besitzt.

Auch in unserer Zeit beschäftigt das Thema Offenbarung die Denker und  es sind neue Theorien über das Offenbarungsgeschehen aufgestellt worden. Watt vertritt seine eigene  Ansicht zu diesem Thema und schreibt: „Einige Personen besitzen eine Kraft namens kreative Vorstellungskraft. Beispiele dafür sind Künstler, Dichter und  kreative Schriftsteller.  Sie können etwas, was andere spüren, aber nicht auszudrücken vermögen, spürbar machen. Die Propheten und religiösen Führer der Gesellschaft gehören zu dieser Gruppe von Menschen, die im Besitz kreativer Vorstellungskraft sind. Sie haben mit realen tatsächlichen Dingen im menschlichen Leben zu tun, aber sie nutzen ihre kreative Vorstellungskraft um Dinge,  die jenseits des Begriffsvermögens und des Verstandes der Menschheit liegen, in Worte zu kleiden. Die Propheten  verkünden Gedanken  und Ansichten, die sehr eng mit den höchst tiefgreifenden und zentralen Fragen der Menschen  im  Zusammenhang stehen und die Bedürfnisse der Menschen und der kommenden Generationen betreffen.“

 

Aus der Sicht von Watt hat der Prophet sofort an seine Sendung geglaubt, wobei einige Dinge Zweifel in ihm aufkommen ließen, was ihn jedoch nicht davon abhalten konnte, sein Werk fortzusetzen. Daher dürfe, so sagt Watt, um das Leben Mohammads (S) richtig zu verstehen, sein erstes Offenbarungserlebnis nicht vergessen werden. Der Prophet sei großen Härten begegnet, die ihn traurig machten und dennoch habe er nie den Gedanken aufgegeben, dass Gott ihm einen besonderen Auftrag gegeben hat, den er in seiner Zeit und für die kommenden Generationen erfüllen muss.  Diese Überzeugung habe ihn gegenüber Ablehnung, Spott, Lügen, Verleumdung und Schikanen gefeit. Als dann die Zeit des Erfolges und Sieges begann, habe sich sein Denken nicht geändert sondern dies habe die Überzeugung in ihm gefestigt, dass Gott ihm  bei allen historischen Ereignissen hilft und ihn erfolgreich sein lässt.

                        

Montgomery schloss 1937 mit dem Islam Bekanntschaft und zwar über einen muslimischen Studenten aus Pakistan, der seine Wohnung gemietet hatte. Watt betrachtet dies als Ausgangspunkt für seine Kenntnisse von einer Lehre, über die er bis dahin gemäß seinen eigenen Worten kaum etwas wusste. Watt bezeichnet den Islam als eine monotheistische  Religion, die auf der göttlichen Offenbarung an einen Propheten beruht. Nach seiner Ansicht scheint der Koran zu bestätigen,  dass  die anderen Religionen (insbesondere der jüdische und christliche Glauben) auf göttlicher Offenbarung an einen Propheten fußen.

Dieser schottische Gelehrte für Arabisch und Islamische Studien sagt, dass in den letzten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine zunehmende Rückbesinnung auf den Islam eingesetzt hat, und sich die Islamische Renaissance daran abzeichnet, dass bestimmte vom Westen übernommene Sitten aufgegeben werden. Er schreibt über diese Rückbesinnung auf die islamischen Gebote: „Weder Zinsgeschäfte, noch Alkohol, noch westliche Frauenbekleidung! Man darf dies jedoch nicht grundsätzlich als anti-westlich oder anti-christlich betrachten, sondern darin ist eine Befolgung der islamischen Glaubensprinzipien und das zeitgenössische Leben der Muslime zu verstehen.“ Watt sagt weiter, dass  die Muslime erwarten, genauso in Bezug auf ihr Menschsein und ihre Religion  behandelt zu werden, wie Menschen aus dem Westen und wie die Christen. „Dies ist jedoch schwierig“, sagt Watt, „von daher nämlich, dass  die Christen denken ihre Religion sei die beste von allen.“ 

                           

In seinem Buch "Muhammed in Mekka" welches 1953 in Oxford erschien, schreibt Watt über den Propheten: "Seine Bereitschaft, für seinen Glauben Einschnitte hinzunehmen, der hohe moralische Charakter jener Männer, die an ihn geglaubt haben und ihn als Führer ansahen, und die Großartigkeit seines endgültigen Erfolgs – all das spricht für seine fundamentale Integrität. Muhammed als einen Hochstapler abzustempeln bringt mehr Probleme hervor, als es lösen würde. Überdies wird keine der großen Persönlichkeiten der Geschichte im Westen derart unangemessen gewürdigt, wie Mohammed."

 Nach „Muhammed in Mekka“ gab Watt im Jahre 1956 das Buch „Muhammed in Medina“ heraus und fasste schließlich 1961 den Inhalt beider Bücher in dem Werk „Muhammed, Prophet und Staatsmann“ zusammen.  In diesem Buch bezeichnet er den Heiligen Koran als Himmelsbuch und großes Wunder des Propheten Gottes. Watt hat gesagt: „Nachdem ich 1953 das Buch „Mohammad in Mekka“ geschrieben habe, bin ich immer davon überzeugt gewesen, dass der Koran das Wort Gottes ist.“

 

Tags