Apr 14, 2021 12:01 CET
  • Sinnvolle Wegzeichen der Ahl-ul-Bait (29 – einander unterstützen)

In diesem Teil über die politischen und gesellschaftlichen Standpunkte der Ahl-ul-Bait wird es um das Thema der Zusammenarbeit gehen. Zusammenarbeit ist in jeder Gesellschaft wichtig und dient der Verbesserung von Angelegenheiten und Verminderung von Problemen. 

 

 

Zusammenarbeit war daher schon immer Gegenstand verschiedener Denkschulen und ebenso ein Anliegen der Religionen Gottes. Denn der Mensch ist ein geselliges Wesen. Der Austausch mit anderen ist automatisch Teil seines Lebens und  erfordert,  dass die Menschen sich gegenseitig unterstützen und zusammenarbeiten. 

                                            

Der Islam ist eine Lehre, die mit der  gesunden Natur des Menschen (Fitra) harmonisiert. Er hebt die Bedeutung des gesellschaftlichen Lebens hervor, da es ein natürliches Bedürfnis der Menschen ist. Für die Zusammenarbeit unter den Menschen und ihre gegenseitige Unterstützung hat der Islam besondere Regeln vorgesehen. Er legt fest,wie diese Zusammenarbeit (Ta`awun) und ihre Grundlagen aussehen soll. In dem Vers 2 der Sure 5 (Maida) gibt Gott eine eindeutige Anordnung für die Zusammenarbeit, denn es heißt dort:

Helft einander zur Güte und Gottesfurcht, aber helft einander nicht zur Sünde und feindseligem Vorgehen, und fürchtet Gott! Gott ist streng im Bestrafen.

Dieser Vers enthält eine allgemeine Regel für die Zusammenarbeit und diese Regel betrifft alle sozialen, moralischen, rechtlichen und politischen Angelegenheiten.  Die Muslimen haben gemäß diesem generellen Grundsatz die Pflicht in guten Angelegenheiten miteinander zu kooperieren. Aber es ist ihnen nicht gestattet einander bei Dingen zu unterstützen und zu helfen,die schlecht sind, zum Beispiel beim Begehen von Unrecht und Ungerechtigkeiten.

                   

 Dieses islamische Gesetz steht im krassen Gegensatz zu dem ungeschriebenen Gesetz,  welches in der vorislamischen Zeit unter den Araber herrschte.  Folgendes galt nämlich unter den unwissenden Arabern: Wenn irgendjemand aus dem einen Volkstamm jemanden aus einem  anderen Stamm angriff, dann wurde er dabei von allen anderen Stammesmitgliedern unterstützt und keiner fragte danach, wer im Recht ist oder ob dieser Angriff überhaupt notwendig ist.

Nicht nur damals galt ein solches Gesetz sondern leider gibt es auch heute noch eine solche Regel in  internationalen Beziehungen. Meistens unterstützen sich die heutigen Staaten gegenseitig, ohne den Grundsatz der Gerechtigkeit zu beachten  und ohne festzustellen, wer der Unterdrücker ist und wer unterdrückt wird. Der Islam hat eine solche falsche Gewohnheit verworfen und hat seine Anhänger aufgefordert, bei guten und nützlichen Vorhaben  miteinander zu kooperieren, sich aber nicht  bei der Sünde, Unrecht und Übergriffen gegenseitig zu unterstützen. Die Gläubigen sollen sowohl bei der Aufforderung zum Guten als auch bei dem Kampf gegen das Schlechte zusammenarbeiten. 

 

Im Islamischen Recht findet dieses Gesetz bei verschiedenen rechtlichen Fragen Anwendung, denn es gelten einige Arten von Geschäften und Handelsverträgen als verboten, die die Sünde fördern oder zu einem Unrecht beitragen: zum Beispiel der Verkauf von Waffen an die Feinde der Religion. Wenn in den muslimischen Gesellschaften der obige Grundsatz wiederbelebt wird, und die Gläubigen sich der Zusammenarbeit  mit Unterdrückern enthalten  und anstelle dessen in konstruktiven Angelegenheiten einander die Hände reichen, ohne an eigene oder ethnische Vorteile zu denken, werden viele soziale Missstände aufgehoben werden.

                          

 

Der Prophet und die Ahl-ul-Bait sind in sozialen Fragen von diesem Grundprinzip ausgegangen, um allgemeine Anliegen auf die beste Weise zu regeln. Als Verbreiter der  Offenbarungslehre und lebendiges Vorbild für die Beachtung der Gebote haben sie den Geist der Zusammenarbeit hervorgehoben und auf verschiedene Weise praktiziert.  Ein klares Beispiel für die soziale Kooperation zu Beginn des Islams ist in der Unterstützung der Muslime von Medina für die Auswanderer aus Mekka zu sehen. Die Auswanderer – Muhadscherin – hatten alles in Mekka zurückgelassen - ihr Haus, ihre Habe und ihre Arbeit - und waren nach Medina gekommen. Sie wurden dort von den Ansar – den Helfern – unterstützt. Der Prophet verbrüderte sie jeweils zu zweit miteinander, damit die Ansar den Muhadscherin aus Mekka helfen. Diese soziale Unterstützung hat die  Muslime einander näher gebracht.  Durch den Bruderpakt, welcher der Prophet zwischen den Muslimen aus Mekka und in Medina schloss, hat der Prophet den islamischen Grundsatz in der Gesellschaft etabliert, dass die Muslime einander helfen müssen. Die Muslime in Medina sind der Aufforderung des Propheten (S) gefolgt und haben den Auswanderern aus Mekka Unterkunft gewährt und sie an ihrem Gewerbe und ihrer Arbeit mitbeteiligt, so lange, bis sie  auf eigenen Beinen stehen konnten.

Um die Bedeutung des Prinzipes, einander zu helfen,  zu unterstreichen, hat der Prophet gemäß einer bekannten Überlieferung die  Gläubigen mit den Bestandteilen eines Körpers verglichen. Wenn nur ein Bestandteil eines Körpers schmerzt, spüren es auch die anderen Bestandteile. Die Gläubigen sollen sich auf gesellschaftlicher Ebene so weit entwickeln, dass sie eine Gemeinschaft bilden, deren Mitglieder wie die Bestandteile eines Körpers miteinander völlig im Einklang und in Beziehung zueinander stehen und sich gegenseitig bei Schwierigkeiten helfen.

                       

Imam Sadiq (F) hat (laut Wasail ul Schia, S. 285) über die Vorgehensweise des Propheten (S) gesagt: Der Prophet Gottes (S) war so, dass niemand ihn um etwas bat, ohne dass er es ihm gegeben hätte.

Der Prophetengefährte  Dschabir ibn Abdullah Ansari berichtet, wie ihm der Prophet geholfen hat. Anscheinend ereignete sich diese Begebenheit als die Muslime auf dem Rückweg aus einem Gefecht gegen die Feinde waren. Dschabir ibn Abdullah Ansari berichtet, dass sein Kamel nicht mehr gehorchen wollte und fährt fort:

„Da holte mich der Prophet Gottes (S), der zum Schluss von allen ritt, ein. Er brachte mein Kamel wieder in Bewegung und wir ritten gemeinsam weiter. Unterwegs fragte der Prophet (S) mich wie mein Leben verläuft. Ich sagte ihm: Ich habe kürzlich geheiratet und mein Vater ist in der Uhud-Schlacht Märtyrer geworden. Er hatte eine Geldschuld noch nicht abbezahlt und ich muss ebenso für meine Schwestern sorgen. Da sagte der  Prophet (S): `Komm in Medina zu mir`.

Nachdem wir in Medina angekommen waren, suchte ich den Propheten auf. Er kaufte mir mein Kamel ab, aber dann schenkte er es mir und außerdem schenkte er  mir und meinen Schwestern Geld als Unterstützung für den Lebensunterhalt und er half uns so viel, dass es zum Leben reichte.“

                                              

Zusammenarbeit und Unterstützung wird als erstes innerhalb der Familie praktiziert. Die Ahl-ul-Bait liefern wieder das beste Beispiel dafür. Einmal sah der Prophet (S) beim Betreten des Hauses seiner Tochter Hadhrate Zahra (Friede sei mit ihr) und ihres Gemahls Ali (Friede sei mit ihm), dass beide gerade gemeinsam Korn mahlen. Da fragte er: „Wer von euch beiden ist am meisten müde?“ Ali (F) sagte: „O Prophet! Fatima ist am meisten müde.“ Da sagte der Prophet: „Meine Tochter! Steh auf!“ Fatima stand auf und der Prophet begann an ihrer Stelle Korn zu mahlen. 

Imam Ali hat laut Predigt 23 Nahdschul-Balagha in Bezug auf die gegenseitige Hilfe innerhalb der Familie wie folgt gesagt: 

Oh ihr Menschen, kein Mann – selbst wenn er reich ist – kann auf seine Familie verzichten und auf ihre Verteidigung mit ihren Händen und ihren Zungen. Sie sind die besten Menschen als Vorsorge im Hintergrund, sie sind die, die ihm wieder auf die Beine helfen, und sie sind am freundlichsten zu ihm, wenn ihn Schicksalsschläge heimsuchen. ...

Höret! Wenn einer von euch bei seiner Verwandtschaft Armut sieht, dann soll er nicht davon Abstand nehmen, (ihren Mangel) zu begleichen mit dem, was ihn nicht mehrt, wenn er es zurückhält, und ihn nicht mindert, wenn er es (für sie) ausgibt. Und wenn einer seine Hand seiner Verwandtschaft gegenüber verschließt], dann ist jenen (Verwandten dennoch) nur eine einzige Hand (nämlich diejenige) von ihm verschlossen, aber ihm werden (bei Bedürftigkeit dann) viele Hände von ihnen verschlossen bleiben. Wer (hingegen) sanftmütig ist, wird sich von seiner Familie und Verwandschaft die Liebe dauerhaft bewahren.

 

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