May 08, 2021 11:35 CET
  • Sinnvolle Wegzeichen der Ahl-ul-Bait, (32 – gut beraten)

Auch in diesem Teil wird es um Beratung gehen. Die Beratung ist eine wichtige Angelegenheit, die der Islam betont.


 

Das Thema nimmt im Koran und in den Überlieferungen und dem Leben der islamischen Persönlichkeiten einen besonderen Platz ein. Wie gesagt, gehört es laut dem Vers 38 der Sure 42 zu den Merkmalen eines Gläubigen, dass er sich mit anderen berät. Es wird zusammen mit der Verrichtung des Gebetes und dem Glauben an Gott genannt und dies zeigt seine hohe Bedeutung.  Im Koran wird auch hinsichtlich familiärer Angelegenheiten die Beratung empfohlen. Zum Beispiel hinsichtlich der Entwöhnung des Säuglings von der Muttermilch vor Ablauf des 2. Lebensjahres.  Im Vers 233 der Sure 2 (Baqara) steht nämlich dass die Eltern keine Sünde begehen, wenn sie sich nach gemeinsamer Beratung darauf einigen, ihr Kind schon bevor es zwei Jahre alt wird zu entwöhnen. 

Der Prophet des Islams hat in wichtigen Angelegenheiten sich mit den anderen beraten und auf diese Weise Wert auf ihre Ansicht gelegt. Er lud in allgemeinen Angelegenheiten der Exekutive die Gläubigen zu einer Beratungssitzung ein.  Für ihn war besonders der fachmännische Rat  von Personen wichtig, die sich in einer Angelegenheit gut auskannten und manchmal verzichtete er sogar, um ihnen Respekt zu zeigen, zugunsten ihrer Meinung auf seine eigene Ansicht in einer Angelegenheit. Auf diese Art und Weise stärkte er den Geist der Beratung.

                    

Der Grundsatz der Beratung ist von so großer Bedeutung, dass Imam Ali (Friede sei mit ihm) gesagt: „Beratung ist wie Rechtleitung und wer sich nur mit seiner eigenen Ansicht begnügt, der bringt sich in Gefahr“ (Bihar-ul-Anwar, Bd. 75. S. 104). In einem anderen Wort, das von ihm überliefert wurde, heißt es: „Wer sich mit den Verständigen berät, der empfängt Helligkeit von deren Licht der Vernunft.“ (Ghurar al-Hikam).

Durch Beratung bereichert der Ratsuchende seinen Verstand, sein Wissen und seine Erfahrung mit dem Verstand, Wissen und der Erfahrung der anderen und  dadurch begeht er weniger Fehler und Irrtümer.

Der Prophet und die Imame aus seinem Hause haben durch Praktizierung der Beratung mit anderen allen die Wichtigkeit dieses Gebotes nahegebracht. Es werden viele Beispiele diesbezüglich aus ihrem Leben berichtet.  Fudhail ibn Yasar, ein naher Helfer des Imam Dschafar Sadiq (Friede sei mit ihm) hat gesagt: „Der Imam fragte mich in einer Angelegenheit nach meiner Meinung. Ich sagte zu ihm: `Gott  segne euch! Jemand wie ihr berät sich mit jemandem wie mir`?  Da sagte der Imam: `Ja, immer wenn es nötig ist, werde ich auch dich nach deiner Meinung fragen`!“

 

Die großen Vorbilder der Religion  haben sich mit jenen in ihrem Umfeld beraten, welche die Bedingungen für eine Beratung erfüllten. Zweifelsohne wollten die Ahl-ul-Bait auf diese Weise das Selbstvertrauen ihrer Helfer stärken und zu ihrer Weiterentfaltung beitragen. Durch die Beratung mit ihren Anhängern haben sie diese geistig mobil  gehalten, ihren geistigen Horizont erweitert und ihren Verstand bereichert.

Die Beratung mit Untergebenen lässt Freundschaft aufkommen und fördert die Wahrung der menschlichen Würde und die Achtung des Mitmenschen in der Gesellschaft. Wie oft haben Untergebene nützliche und praktizierbare Ideen! Imam Ridha (Friede sei mit ihm) hat hierüber gesagt:

„Mein Vater (Imam Kadhim (F))beriet sich einmal mit einem Afrikaner aus dem Sudan. Als ich ihm nach den Grund fragte, sagte er: `Vielleicht lässt Gott etwas Gutes über seine Zunge kommen`.“ (Mizan al Hikmah, Bd.5, S.211)

                         

Eine nützliche  Beratung hängt davon ob, mit wem man sich berät. Zweifelsohne kann sich der Mensch insbesondere bei wichtigen und in gesellschaftlichen Fragen nicht bei jedem einen Rat einholen. In den islamischen Überlieferungen werden daher diejenigen, die kompetent für eine Beratung sind, ebenso genannt wie diejenigen, mit denen sich der Mensch nicht beraten sollte.

Imam Sadiq (F) sagt:

„Die Beratung ist nur unter vier Voraussetzungen nützlich. Erstens muss dein Berater vernünftig sein. Zweitens muss er ein freier Mensch und gläubig sein und drittens muss er es gut meinen.  Viertens muss sein Wissen über die Angelegenheit, über die du dich mit ihm berätst, so viel betragen wie dein eigenes Wissen. Dann musst du ihm (zwecks der Beratung) dein verborgenes Anliegen mitteilen.“

(Mizan al-Hikmah, Bd.5, S.318)

Die Ahl-ul-Bait des Propheten empfehlen, dass ein Berater nicht nur klug und sachkundig, sondern auch religiös und gottesfürchtig sein muss, damit er bei der Ratgebung auch die göttlichen Kriterien berücksichtigt.

Imam Ali (F) sagt: „Berate dich in deinen Angelegenheiten mit Gottesfürchtigen, damit du den richtigen Weg findest.“

In der islamischen Überlieferung wird von der Beratung mit einigen Leuten ernsthaft abgeraten, nämlich mit jemandem, der geizig oder ängstlich ist oder begierig oder dumm.  Der Prophet des Islams (S) hat zu Ali (F) gesagt:

„O Ali, mit einem ängstlichen Menschen berate dich nicht, denn er wird es dir schwer machen dich (aus Schwierigkeiten) zu befreien. Auch berate dich nicht mit dem Geizigen, der dich davon abhält (angemessen zu spenden und) dein Ziel zu erreichen. Ebensowenig berate dich mit dem Begierigen, der die Begierde für dich ausschmückt (und dich auf den Weg zur Sünde lockt).“ (Bihar ul Anwar, Bd. 70, S. 34) 

Insgesamt lässt sich aus den Überlieferungen entnehmen, dass der Mensch sich mit gottesfürchtigen, klugen, vernünftigen Menschen beraten soll, die gute Absichten hegen, Erfahrung besitzen, ehrlich und zuverlässig und großmütig sind.

Jemand der sich in wichtigen Angelegenheiten mit anderen berät wird nicht getadelt werden, falls er in dieser Angelegenheit keinen Erfolg hat. In einem Wort von Imam Kadhim (F) heißt es:

„Wer sich berät, wird gelobt werden, wenn er das Richtige getan hat und wenn er das Falsche getan hat, wird er nicht getadelt werden.“

                         

Wenn jemand sich mit einer anderen Person berät, so ist dies  automatisch ein Eingeständnis, dass es Ideen geben kann, die noch besser als die eigenen sind. Folglich befreit der Ratsuchende sich aus der Falle des Stolz, des Eigensinns  und der Anmaßung und wird bescheiden.

In einem Brief des Imam Ali (F) an seinen Sohn Mohammad Ibn Hanifa schreibt er:

„Jemand der denkt, er sei nicht auf die Meinung der anderen angewiesen,  gerät in Gefahr, und jeder der die Meinung der anderen begrüßt, kennt die möglichen Gefahren.“

Aus islamischer Sicht entsteht durch die Beratung ein Anrecht, d.h. die Person, mit der sich der Mensch berät, muss das Vertrauen, das ihm der Ratsuchende geschenkt hat, achten und dem Ratsuchende empfehlen, was zu seinem Wohl ist. Anderenfalls ist er ein Verräter. Ein Vertrauensbruch während der Beratung zählt zu den schwersten Sünden. Imam Ali (F) sagt: „Der Verrat an jemanden, der sich deiner Meinung zur Verfügung öffnet und von dir einen guten  Rat möchte, ist eines der übelsten und schlimmsten Taten und führt zu einer schmerzlichen Strafe (am Jüngsten Tag).“ (Ghurar al- Hikam )

Imam Sadschad (F) hat in seinem Regelwerk die Rechte und Pflichten des Beraters und des Ratsuchenden festgelegt und geschrieben: 

„Jemand, der dich um einen Rat bittet, hat das Recht, dass du ihm deine Ansicht mitteilst  und dass du, wenn du in der betreffenden Sache nicht Bescheid weißt, ihm jemanden anderen vorstellst, der im Bilde ist. Und das Recht eines jemanden, der dir einen Rat gibt, besteht darin, dass du ihn nicht wegen etwas verurteilst, womit du nicht einverstanden bist. Wenn es dir also zusagt, so danke Gott und wenn er eines Tages sich an dich wendet und dich um Rat bittet, dann tue auch du ein gutes Werk und weise ihm, frei von jedem Vertrauensbruch, den richtigen Weg.“

 

 

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