Sep 16, 2021 08:27 CET

Wir erklären dieses Mal die Verse 10, 11 und 12 der Sure 49, Sure Hudschurat. Zunächst heißt es im  Vers 10 wie folgt:

(49: 10- 12)

 

 إِنَّمَا الْمُؤْمِنُونَ إِخْوَةٌ فَأَصْلِحُوا بَيْنَ أَخَوَيْكُمْ ۚ وَاتَّقُوا اللَّهَ لَعَلَّكُمْ تُرْحَمُونَ

„Die Gläubigen sind doch Brüder. So stiftet Frieden zwischen euren Brüdern und fürchtet (Ungehorsam gegenüber) Allah, auf dass ihr Erbarmen finden möget.“ (49: 10)

Es ist ein Vorzug des Islams, dass er zwischen allen Gläubigen eine brüderliche Beziehung herstellt. In der Regel betrachten sich zwei Brüder in einer Familie als gleichgestellt und keiner sucht den anderen zu übertrumpfen. Keiner von ihnen betrachtet sich als den Besseren. Der Islam empfiehlt, dass sich auch alle, die gläubig sind, trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft und Ethnie und Sprache, als gleichgestellt betrachten und keiner sich besser dünkt als die anderen.

Der Prophet des Islams hat zu Lebzeiten zwischen seinen Anhängern einen Brüderpakt geschlossen, damit diese Verbundenheit dank der Religion für immer in der Geschichte bestehen bleibt. Er hat an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Gelegenheiten betont: „Der Araber ist nicht besser als der Nicht-Araber und der Weiße nicht besser als der Schwarze. Alle sind einander Brüder und Diener Gottes.“

Immer wenn es zwischen zwei Gläubigen oder zwei Gruppen von Gläubigen zu einem Streit kommt, ist es aufgrund des Prinzips der Brüderlichkeit automatisch eine Pflicht der Gläubigen, zwischen ihnen Frieden und Versöhnung zu stiften und Gerechtigkeit unter ihnen herzustellen.

                       

Dies lehrt uns:

Erstens: Keiner hat das Recht, sich selber für besser zu halten als die anderen, denn alle Gläubigen sind gleichgestellt. Dies ist anders als bei der Eltern-Kind-Beziehung, bei der die Eltern über den Kindern zu stehen kommen.

Zweitens: Genauso wie eine Familie darum bemüht ist, zwischen zwei Brüdern, die sich zerstritten haben, Frieden herzustellen, muss sich auch die Islamische Gemeinde dafür einsetzen, Streit zwischen Gläubigen beizulegen und Frieden und Versöhnung zwischen ihnen zu stiften.

Drittens: Friede und Freundschaft zwischen den gläubigen Menschen sind die Voraussetzung dafür, dass Gott seine Barmherzigkeit herabschickt.                 

Es folgt der Vers 11 der Sure Hudschurat.

 

يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا لَا يَسْخَرْ قَوْمٌ مِّن قَوْمٍ عَسَىٰ أَن يَكُونُوا خَيْرًا مِّنْهُمْ وَلَا نِسَاءٌ مِّن نِّسَاءٍ عَسَىٰ أَن يَكُنَّ خَيْرًا مِّنْهُنَّ ۖ وَلَا تَلْمِزُوا أَنفُسَكُمْ وَلَا تَنَابَزُوا بِالْأَلْقَابِ ۖ بِئْسَ الِاسْمُ الْفُسُوقُ بَعْدَ الْإِيمَانِ ۚ وَمَن لَّمْ يَتُبْ فَأُولَٰئِكَ هُمُ الظَّالِمُونَ                          

„Oh die ihr glaubt, die einen (von euch) sollen nicht über die anderen spotten, vielleicht sind eben diese besser als sie. Auch sollen nicht Frauen über andere Frauen (spotten), vielleicht sind eben diese besser als sie. Und nörgelt nicht untereinander und gebt einander keine Schimpfnamen. Welch schlimmer Name, der des Frevels, nach der Annahme des Glaubens! Und wer nicht (solche Taten)  bereut, das sind die Ungerechten.“ (49: 11)

 

Der vorherige Vers unterstrich, dass die Gläubigen untereinander Brüder sind, während der obige Vers anschließend drei Beispiele für verbale Sünden nennt, welche der Brüderlichkeit schaden. Niemand, kein Mann und keine Frau, kein Volksstamm und keine Ethnie, ist berechtigt, eine andere Person oder eine andere Gruppe zu verspotten. Denn keiner ist besser als die anderen. Daher hat auch keiner das Recht, sich über andere lustig zu machen und sie herabzusetzen.

Ebenso ist es nicht erlaubt, Personen oder Gruppen oder Völker mit einem unschönen Namen zu betiteln und sie mit einem hässlichen Beinamen zu rufen. Dies beschwört nur auf beiden Seiten Abneigung und Feindschaft herauf. Vor Gott ist ein solches Vorgehen  eine Sünde, und wer dieses schlechte Tun nicht bereut und einstellt, den  betrachtet Gott als jemanden, der den anderen ein Unrecht antut.

                   

Drei Punkte möchten wir dazu anführen:

Erstens: Der Glaube an Gott ist nicht damit vereinbar, Diener Gottes zu verspotten.

Zweitens: Wenn jemand andere Personen oder Gruppen oder Ethnien verspottet, ist es ein Zeichen dafür, dass er sich für etwas Besseres hält und auf die anderen herabschaut. Aber der Koran verwirft diese Denkweise und sagt: Ihr dürft euch nicht als etwas Besseres betrachten als die anderen. Denn vielleicht sind die,  die ihr verspottet, besser als ihr es seid.

Drittens: Die Entlarvung der anderen wegen ihrer Fehler, animiert  andere dazu, dass sie  unsere Fehler aufdecken und weitererzählen. Wenn jemand die anderen in Verruf bringt, so kommt dies also früher oder später auf ihn selber zurück und er wird von den anderen bemäkelt werden und die anderen werden ihm Schlechtes nachsagen.

Viertens: Zu den strategischen Zielen des Islams gehört es, das soziale Milieu von hässlichen Verhaltensweisen zu befreien und Konflikte in der Gesellschaft zu verhüten.

 

Wir erklären nun auch noch den Vers 12 der Sure 49, Hudschurat. Darin spricht Gott:

 

يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا اجْتَنِبُوا كَثِيرًا مِّنَ الظَّنِّ إِنَّ بَعْضَ الظَّنِّ إِثْمٌ ۖ وَلَا تَجَسَّسُوا وَلَا يَغْتَب بَّعْضُكُم بَعْضًا ۚ أَيُحِبُّ أَحَدُكُمْ أَن يَأْكُلَ لَحْمَ أَخِيهِ مَيْتًا فَكَرِهْتُمُوهُ ۚ وَاتَّقُوا اللَّهَ ۚ إِنَّ اللَّهَ تَوَّابٌ رَّحِيمٌ                                                                   

„Oh die ihr glaubt, meidet viel von den Mutmaßungen; gewiss, manche Mutmaßung ist Sünde. Und sucht nicht (andere) auszukundschaften und führt nicht üble Nachrede übereinander. Möchte denn einer von euch gern das Fleisch seines Bruders, wenn er tot sei, essen? Es wäre euch doch zuwider. Fürchtet Allah. Gewiss, Allah ist sehr Gnädig (bei der Annahme von Reue) und Barmherzig.“ (49: 12)

                            

Hier werden noch drei weitere Sünden genannt, die die brüderlichen Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Gesellschaft stören. Der Koran empfiehlt den Gläubigen einander zu vertrauen, aber leider hegen einige von ihnen Misstrauen zu anderen.  Aufgrund von irgendwelchen reinen Vermutungen und ohne einen berechtigten Grund, forschen sie über das   Leben anderer nach und hegen haltlosen Verdacht gegen sie.

Mit übler Nachrede ist gemeint, dass jemand in Abwesenheit einer Person anderen etwas über sie verrät, ohne dass es dieser Person recht wäre, dass es jemand erfährt.  Der Koran vergleicht denjenigen, der anderen auf diese Weise etwas nachsagt mit jemandem,  der das Fleisch eines Toten verspeist. Wer hinter dem Rücken anderer schlecht redet, der schadet dessen Ruf, und weil der Betroffene nicht dabei ist und sich nicht verteidigen kann, ist er nicht in der Lage, seinen  geschädigten Ruf wieder herzustellen.

 

Wir sehen:

Erstens: In der Islamischen Gesellschaft sollen grundsätzlich alle einander positiv betrachten und vertrauen.

Zweitens: Misstrauen führt dazu, das Leben der anderen auszukundschaften und letztendlich ihre Fehler weiterzuerzählen und aufzudecken.

Drittens: Eine Methode, um andere von hässlichem Tun abzuhalten, besteht darin, ihre menschlichen Gefühle anzusprechen. Zum Beispiel wird in diesem Vers jemand, über den in seiner Abwesenheit Nachteiliges gesagt wird, als ein Bruder bezeichnet, der die Welt verlassen hat und sich nicht wehren kann.

Viertens: Die Religion Gottes kennt keine Sackgassen.  Durch wahre Reue und Umkehr können die Sünden des Menschen wieder gut gemacht werden, so gewaltig sie auch gewesen sein mögen. Denn Gott ist voller Gnade gegenüber dem wahren Reumütigen. Er ist Barmherzig.