Nov 27, 2021 12:28 CET

Wie wir beim letzten Mal sagten, lehrt uns die Religion, dass die Selbstkenntnis der erste Schritt auf dem Weg zu den moralischen Tugenden und für die Abkehr von schlechten Eigenschaften ist.

 

In diesem Zusammenhang haben wir uns auf Verse aus dem Koran berufen und gesehen, welchen besonderen und hohen Platz Gott dem Menschen in der Daseinsordnung gewährt hat. Uns Menschen wurde bei der Erschaffung etwas von dem Geiste Gottes eingehaucht. Gott hat den Menschen geehrt. Er hat ihn bestens gestaltet und ihm Verstand und Entscheidungsfreiheit geschenkt und im Himmel und Erde unterworfen. Außerdem hat er Propheten zu den Menschen gesandt und Himmelsbücher offenbart, damit die Menschen auf den rechten Weg finden und auf diesem Weg die Gipfel der Vollkommenheit erreichen. Das alles zeugt doch davon, dass Gott den Menschen mit einem Ziel erschaffen hat und dass der Mensch sich derartig  vervollkommnen kann, dass er in  die heilige Sphäre der Gottesnähe gelangen darf.  Denn das heilige Wesen Gottes ist die absolute Vollkommenheit und von ihm gehen alle moralischen Werte aus.  Ihn schmücken alle prächtigen Eigenschaften. Gott ist unendlich schön und er liebt das Schöne.  Und daher heißt es, dass wir uns mit den einmaligen Merkmalen der göttlichen Ethik schmücken sollen. In Wahrheit ist die Selbstkenntnis die Brücke, die uns zur Gotteskunde führt. Wir müssen darum bemüht sein,  ein Abglanz  von den herrlichen Attributen des Herrn aller Welten zu sein.  

Kenntnis von uns selbst - Vorstufe zur Gotteskunde

 

Es sind in diesem Rahmen einige grundlegende Dinge zu beachten. Ein wichtiger Punkt ist zum Beispiel, dass gemäß der Morallehre des Islams allen unseren Handlungen eine gottgläubige Absicht zugrunde liegen muss.  Daher dürfen wir uns nicht von Selbstsucht, dem Verlangen nach Beliebtheit und Vergnügen oder Heuchelei  motivieren lassen. Imam Sadiq (Friede sei mit ihm) hat gesagt:

 

Wer Gott zuliebe Freundschaft hegt und Gott zuliebe in Zorn gerät und ablehnt und Gott zuliebe die anderen (mit dem was er hat) beschenkt, der gehört zu jenen, deren  Glauben vollkommen geworden ist“ (aus Usul-e Kafi)

 

Wenn jemand aufgrund des Glaubens an den Einen Gott und in der Absicht, nur Ihm zu dienen, handelt und moralisch gesinnt ist, so wird sich seine Handlung nicht mit irgendetwas Schlechtem vermischen. Denn er hat  sich  bei allen Dingen in Richtung Gott bewegt – nämlich in Richtung der unendlichen Vollkommenheit. In diesem Falle sind der Weiterentwicklung  der positiven Charakterzüge keine Grenzen mehr gesetzt... Der Mensch soll also die höchsten Gipfel der moralischen Würde ins Auge fassen und sich mit keiner Stufe zufrieden geben, die er bereits erreicht hat.  Gott, der Höchsterhabene, hat hierzu den Propheten des Islams  (Gottes Segen sei auf ihm und seinem Hause) als das höchste Vorbild für die moralischen Tugenden vorgestellt. Er spricht in der Sure 68 (Qalam) im Vers 4:

Und du (o Prophet)  bist wahrlich von großartiger Wesensart.

 

Imam Sadschad (F), der aus dem Hause des Propheten stammt, betet in seinem bekannten Dua Mukaram ul Achlaq (Bittgebet der moralischen Erhebung)   aufgrund dieser Einstellung wie folgt:

 

Allah unser, segne Muhammad und seine Familie.
Lasse meinen Glauben zum Glauben größter Vollkommenheit gelangen,
mache meine Gewissheit zur ausgezeichnetsten Gewissheit,
und zähle meine Absichten als beste Absichten und meine Taten als beste Taten.

An einer anderen Stelle dieses Duas bittet Imam Sadschad den Herrn, ihm die höchsten moralischen Charakterzüge zu verleihen.

 

In keiner weltlichen Morallehre kommt eine solche Denkweise vor und ist ein solches Verlangen nach charakterlicher Vollkommenheit zu sehen.  Es ist eine Besonderheit dieser einen Weltanschauung, in deren Zentrum der Glaube an den den Einen Gott steht – der Tauhidi-Weltanschauung -, dass sie dem Menschen auf diese Weise zum Streben nach der Unendlichkeit anspornt. Es heißt im Vers 6, der Sure 84 , Sure Inscheqaq:  

 

O du Mensch, du mühst dich hart zu deinem Herrn hin, und so wirst du Ihm begegnen.

                                    Musik

 

Die Treue zu den  moralischen Vorzügen muss der Mensch verinnerlichen. Dann erst ist sie fruchtbar. Wenn wir die Imame – diese von Gott Auserwählten, die sich in jeder Hinsicht mit den moralischen Vorzügen geschmückt haben -  beschreiben wollen, sprechen wir sie in dem Ziyarah Dschamiah Kabira (Gebet zum Pilgerbesuch der großen Gemeinde) an einer Stelle wie folgt an:

„Eure Gewohnheit ist es Wohltaten zu vollbringen und Großmut und Großzügigkeit gehören fest zu eurem Wesen.“

 

Wenn Moral nur oberflächlich und vorübergehend in Erscheinung tritt, ist sie gemäß dem Islam noch nicht sonderlich viel wert. Um sich vor dieser Gefahr zu schützen, muss ethisches Verhalten mit Gott  in Verbindung gebracht werden. Denn Gottes Attribute und Sein Wesen erstrahlen immer und ewig und allerorts. Sie  spenden wahres Leben.

                         Musik

Abschließend sei erwähnt, dass für die Verwirklichung eines moralischen Verhaltens eine zuverlässige starke Stütze erforderlich wird – ein starker Ansporn zum Festhalten an den moralischen Werten. Wie die Erfahrung zeigt,  garantiert nichts so  sehr für die Treue zu den moralischen Verhaltensweisen  und spendet  nichts so viel Zuversicht wie der Glaube an den Einen Gott. Ist er doch Zeuge aller unserer Taten; sowohl der heimlichen als auch der offenkundigen. Er ist jener Herr und Schöpfer, der seinem Gesandten (in der Sure 11 (Hud) in den Versen 121 bis 123)  wie folgt befohlen hat zu sagen:

 

 

Und sag zu denen, die nicht glauben: Handelt nach eurer Stellung, wir werden (ebenfalls nach unserer) handeln.

Und wartet ab, wir warten ebenfalls ab.

Und Allahs ist das Verborgene der Himmel und der Erde, und zu Ihm wird die ganze Angelegenheit zurückgebracht. So diene Ihm und verlasse dich auf Ihn. Und dein Herr ist nicht unachtsam dessen, was ihr tut.

                                               Musik

Unser Verhalten wird im diesseitigen und im jenseitigen Leben Widerhall finden und Folgen haben, und es wird darüber nach unserem Tod geurteilt werden.  Durch den Gottglauben und den Jenseitsglauben kommt die Ethik der Religion Gottes in Wahrheit höher als die anderen Sittenlehren der Welt zu stehen.