Moral – islamisch gesehen (19 - Versöhnung)
In diesem Teil unserer Sendung über die islamische Ethik geht es um die Bedeutung von Friedensschluss und Versöhnung im Islam.
Freunde! Wir sprechen im Moment über die Einheit und Einmütigkeit innerhalb der islamischen Weltgemeinde und wie sie erreichbar werden. Die Vereinigung der Muslime verhilft der Islamischen Welt zu Größe und Erfolg und festigt die Beziehungen zwischen den Muslimen. Dieses Mal möchten wir über Friedensschluss und Schlichtung sprechen.
Frieden ist eines der wichtigsten Bedürfnisse der Menschheit, insbesondere in unserer Zeit. Friede bedeutet Versöhnung, Schlichtung, friedfertiges Zusammenleben. Friede gilt in allen Religionen und bei allen Denkschulen als wünschenswert. Die Neigung zum Frieden und zur Einheit und Einmütigkeit ist in der von Gott gegebenen Ur-Natur des Menschen, der Fitra, verankert. Es besteht kein Zweifel daran, dass Friede und Sicherheit unter den Menschen zu den Früchten der Einheit und der Konvergenz gehören. Der Friede nimmt einen besonderen Platz in der islamischen Kultur, wie sie der Prophet Mohammad gelehrt hat, ein. Ähnlich wie die Herstellung von Einheit erfordert aber auch die Herstellung von Frieden Gemeinsamkeiten hinsichtlich Überzeugungen, Denkweise und Handlungspraxis. Genau deswegen sind es die Gläubigen, die der Koran als die ersten erwähnt, unter denen Frieden herrscht und herrschen soll. Es heißt nämlich im Vers 10 der Sure 49, Hudschurat,
ا الْمُؤْمِنُونَ إِخْوَةٌ فَأَصْلِحُوا بَیْنَ أَخَوَیْکُمْ وَ اتَّقُوا اللَّهَ لَعَلَّکُمْ تُرْحَمُونَ
Die Gläubigen sind doch Brüder. (Und wenn zwischen ihnen Streit aufkommt) so stiftet Frieden zwischen euren beiden Brüdern und fürchtet (den Ungehorsam gegenüber) Allah, auf dass ihr (Gottes) Erbarmen finden möget.
Für die Herstellung von Frieden müssen also gemeinsame Überzeugungsgrundlagen vorliegen und wenn die Menschen Glaubensprinzipien miteinander teilen, sind sie wie Brüder. Brüder haben die engsten Beziehungen zueinander und zwischen ihnen entsteht ein friedliches Bündnis.
Wenn nun zwischen Brüdern ein Streit ausbricht, so braucht von außen niemand zu kommen um zwischen ihnen zu schlichten. Jenen, die keinerlei Gemeinsamkeiten im Glauben mit den Muslimen haben, darf nicht gestattet werden, dass sie sich einmischen. Vielmehr müssen die Muslime selber überlegt, liebevoll und aufrichtig zwischen diesen Brüdern Versöhnung erzielen und ihrem Streit ein Ende bereiten.
Ein weiterer wichtiger Faktor, der bei der Beilegung von Streitigkeiten und zur Herstellung von Frieden förderlich und notwendig ist, besteht darin, bei den Versöhnungsversuchen die Gottesfürchtigkeit zu beachten. Das bedeutet, dass bei diesen Bemühungen um Frieden keinerlei heimliche Absichten mitspielen dürfen und alles unparteiisch verlaufen soll. Die Gläubigen dürfen bei der Versöhnung ihrer Brüder also nicht nur die eine Partei unterstützen und die andere vernachlässigen. Sie dürfen bei ihren Bemühungen um Schlichtung keine ethnischen oder nationalen oder geografischen oder politischen Motive mitspielen lassen. Das einzige was sie motivieren soll, ist der Gott wohlgefällige Wille zur Beilegung von Streit und Herstellung von Frieden. Nur dann wird der hergestellte Frieden gerecht sein und ein Frieden sein, der alle wahren Rechte berücksichtigt und frei von jeglichen politischen Hintergedanken ist.
Also bilden der gemeinsame Glaube sowie die Gottesfürchtigkeit und deren Verknüpfung mit der Gerechtigkeit die Stütze und Grundlage für die Erzielung von Frieden und einem friedlichen Zusammenleben in der Islamischen Welt. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass der Islam die Reichweite des Friedens auf die eigene Welt beschränkt, sondern es ist damit gemeint, dass die Bildung der friedvollen Gemeinde in der Islamischen Welt den Vorrang genießt. Denn der Islam möchte Frieden für die ganze Welt und die ganze Menschheit und er verwirklicht dieses Vorhaben durch Herstellung der geeigneten Voraussetzungen und im Verlaufe von mehreren verschiedenen Phasen.
In diesem Zusammenhang ruft der Islam zu Beginn dazu auf, dass die Anhänger anderer Religionen himmlischer Herkunft den Muslimen aufgrund der gemeinsamen monotheistischen Glaubensprinzipien in einer friedfertigen Atmosphäre die Hand zur Vereinigung reichen.
Gott der Erhabene gibt nämlich Seinem Propheten Mohammad, dem Überbringer der Botschaft von Frieden und Freundschaft, im Vers 64 der Sure 3 (Al-i Imran) folgende Anweisung:
Sag: O Leute der Schrift, kommt her zu einem zwischen uns und euch gleichen Wort: dass wir niemandem dienen außer Allah und Ihm nichts beigesellen und sich nicht die einen von uns die anderen zu Herren außer Allah nehmen.
Der Islam versucht also mit den Anhängern und den Anführern der anderen Himmelsreligionen aufgrund der gemeinsamen Glaubensprinzipien einen Friedenspakt zu schließen und nicht nur das: Selbst gegenüber seinen Gegnern und Feinden spricht er dank seiner friedfertigen Art von Schlichtung und Verständigung in der Hoffnung darauf, dass alle Menschen in einer Atmosphäre des Friedens und der Einigung miteinander ein sicheres Leben ohne irgendwelche Bedrohungen führen können.
Zu diesem Zweck gebietet Gott, der Allbarmherzige, Seinem geehrten Propheten (S), welcher ein Segen für alle Menschen auf der Welt ist, im Vers 61 der Sure 8 (Anfal):
.. وَ اِن جَنَحُوا لِلسَّلْمِ فَاجْنَحْ لهَاَ وَ تَوَکلْ عَلَی ٱللهِ اِنَّهُ هُوَ ٱلسَّمِیعُ ٱلْعَلِیمْ
Und wenn sie (die Feinde) sich dem Frieden zuneigen, dann neige auch du dich ihm zu und verlasse dich auf Allah! Gewiss, Er ist ja der Allhörende und Allwissende.
Nachdem der Prophet Gottes (S) diesen himmlischen Befehl erhalten hatte, hat er den Friedensvertrag mit den Götzendienern von Mekka geschlossen. Bei einem weiteren einmaligem Schritt in der Geschichte hat er, als er mit einem Heer von 10 Tausend Kämpfern, auf dem Gipfel der Macht angelangt, ohne Krieg und Blutvergießen die Stadt Mekka eroberte, allgemeine Amnestie für deren Bewohner angeordnet.