In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (17- Chorezmi-2)
Wir begrüßen Sie, liebe Freunde, zu einem weiteren Teil unserer Sendung “In Iran gerühmt, in der Welt berühmt“. Wir sprechen in ihm noch einmal über Chorezmi.
Chorezmi gehört zu den bekannten iranischen Astronomen und Mathematikern. George Sarton hat das 9. Jahrhundert nach Christus mit Chorezmi-Zeitalter betitelt, während der Franzose Aristid Marre es als unbestreitbare Tatsache betrachtet, dass es in Wahrheit dieser iranische Universalgelehrte war, der die Völker im neuen Europa mit der Algebra vertraut gemacht hat.
Zu Ehren des Abu Dschafar Mohammad In Musa Chorezmi findet im Iran ein Wissenschaftsfestival statt. Es besteht aus zwei Abteilungen – dem Chorezmi-Jugendfestival und dem internationalen Chorezmi-Festival. Außerdem wurde im iranischen Sonnenkalender der 4. Aban, d.h. der 26. Oktober zu Ehren von Chorezmi „Tag der Algebra“ genannt.
Wir sagten, dass Chorezmi seinen wissenschaftlichen Ruhm vor allem seinen mathematischen Errungenschaften, speziell auf dem Gebiet der Algebra, verdankt und dass man ihn „Vater der Algebra“ genannt hat. Eines der Werke, die Chorezmi nach seinem Werk Al-Dschabr wa-l Muqabala, nämlich „Rechenverfahren durch Ergänzen und Ausgleichen“ verfasste, war sein Buch Al-Dscham`wa`l Tafriq (Addition und Subtraktion). In diesem Buch verwendete er die indischen Ziffern und es war das erste Buch mit einer methodischen Darstellung des indischen Stellenwertsystems der Zahlen. Von diesem Buch ist nur eine lateinische Übersetzung erhalten geblieben. Ein einziges Übersetzungsexemplar mit dem Titel Algorithmi numero indorum wird in der Bibliothek der Londoner Cambridge Universität aufbewahrt. In seinem Werk Al Dscham´wa`l Tafriq demonstriert Chorezmi, wie sich jede gewünschte Zahl mit Hilfe von 9 Ziffern und der 0 schreiben lässt. Daraufhin stellt er die Addition- und Subtraktionsverfahren, die Verdoppelung und Teilung, die Multiplikation und Division und das Wurzelziehen aus ganzen Zahlen dar. Beim Wurzelziehen verfuhr er wie Aryabhata, der indische Astronom und Mathematiker des fünften Jahrhunderts nach Christus, der dabei von dem Quadrat eines Binoms ausging. Robert of Chester hat diese Abhandlung von Chorezmi unter dem Titel „Die indischen Rechenverfahren Chorezmis“ ins Lateinische übertragen.
Ein weiterer wichtiger Schritt Chorezmis war die Kombination des griechischen und indischen Wissens. Dies geschah zum ersten Mal in der Islamischen Welt. Der Iran und die Islamische Welt bildeten zu der Zeit ein Verbindungsglied zwischen dem Osten und dem Westen, zwischen der Welt der Europäer und der der Inder. Angesichts der großen Entfernungen und der beschwerlichen Bedingungen für Reisen und damit auch der Schwierigkeiten für die Übertragung von Kulturen und Wissen, wird deutlicher, welchen Dienst Chorezmi in jenem Zeitalter der heutigen Menschheit erwiesen hat. Chorezmi hat auch auf anderen wissenschaftlichen Gebieten und insbesondere in der Astronomie fruchtbare Schritte getan. Er hat zwei Bücher über das Astrolabium geschrieben, einem Gerät für astronomische Beobachtungen und einen Atlas mit Karten vom Himmel und der Erde zusammengestellt. Zudem hat er die geografischen Karten des Griechen Ptolemäus korrigiert.
Das Buch Chorezmis über Astronomie trug den Titel Zidsch al Sindhind. Es stützte sich auf ein Buch in Sanskrit, welches zur Zeit des Abbasidenkalifen Mansur von einem seiner Regierungsleute übersetzt und in der Islamischen Welt eingeführt worden war. Zidsch bedeutet soviel wie eine Sammlung von astronomischen Tabellen und das Wort sindhind ist eine freie Übersetzung von Siddhanta, einem Wort im Sanskrit, welches so viel wie Lehrbuch bedeutet.
Das Zidsch al sindhind von Chorezmi bestand aus ungefähr 37 Kapiteln, in denen er astronomische und Kalenderberechnungen beschrieb. Es enthielt 116 Berechnungstabellen. In den astronomischen Werken, welche Ende des zweiten Jahrhundert nach der Hidschra (8. Jahrhundert nach Christus) Mohammad ibn Ibrahim Farazi und Yaqub ibn Tariq verfassten, wurde das Zidsch al sindhind als Literaturquelle zugrunde gelegt. Dieses Buch ist daher von Bedeutung, weil es das erste Buch auf Arabisch über die Astronomie ist, welches vollständig erhalten blieb. In seinem Zidsch hat sich Chorezmi nicht nur nach dem indischen Lehrbuch oder nach dem Almagest des Griechen Ptolemäus gerichtet, sondern auch die Werke von iranischen Astronomen berücksichtigt und selber seine Meinung niedergeschrieben. Die berühmteste wissenschaftliche Persönlichkeit, die das Zidsch von Chorezmi vielseitig genutzt hat, ist Abu Rayhan Biruni, über den wir bereits berichtet haben, gewesen. Rayhan verfasste sogar ein analytisches Werk zu dem Zidsch von Chorezmi. 1126 übersetzte der Engländer Adelard von Bath das Werk von Chorezmi ins Lateinische. Aus dieser Übersetzung können die mathematische Struktur und die Parameter für die astronomischen Tabellen von Chorezmi entnommen werden.
Über das Astrolabium hat Chorezmi zwei Bücher geschrieben, deren Titel einander sehr ähnlich sind. Das eine heißt Amal al Asturlab und handelt von der Konstruktion dieses astronomischen Messgerätes und das andere heißt „Al Amal bi`l Asturlab und ist eine Anleitung zur Benutzung des Astrolabium. Diese Bücher muss Chorezmi geschrieben haben, aber wir wissen nicht, ob er etwas neues darin erwähnt hat, denn ihr Manuskript blieb nicht erhalten und es existiert auch keine Übersetzung von ihnen, ebensowenig wie von seinem Werk Al Ruchama über horizontale Sonnenuhren. Wir wissen nur von der Existenz der beiden Werken über das Astrolabium, weil sie hin und wieder von Zeitgenossen Chorezmis, denen diese Bücher vorlagen, erwähnt werden.
Das Buch Al Ruchama schrieb Chorezmi vor allen Dingen zwecks Feststellung der Gebetszeiten. Dabei legte er die Berechnungen von Kugeldreiecken zugrunde.
Außerdem schrieb Chorezmi eine Abhandlung mit dem Titel Istichradsch Tarich al Yahud wa Ayaduhum über die Chronik des jüdischen Volkes. Chorezm war nämlich nicht nur Astronom sondern auch Geograf und Historiker. Ein Manuskript dieser Abhandlung liegt in der Bibliothek von Bankpurin Indien vor. An dieser Abhandlung ist zu sehen, dass dieser iranische Universalgelehrte nicht nur den Osten untersuchte, sondern auch einen Blick nach Westen warf.
Chorezmi wird besonders wegen seinem Buch Surat al Ard – das Bild der Erde - als Geograf und wegen seines verlorenen gegangenen Buches Al Tarich - die Geschichte – als Historiker betrachtet. In dem Buch Surat al Ard gibt er zu verschiedenen Städten und Orten die geografische Breite und Länge an und in jedem Abschnitt unterscheidet er die Orte - wie es bei der Länderaufteilung vor ihm bereits üblich war - nach den Haft Aqlim – den sieben Reichen. Viele der Ortsbezeichnungen, die bei Ptolemäus stehen, sind auch im Buch von Chorezmi anzutreffen. Die Merkmale, die er für sie nennt sind manchmal die gleichen oder aufgrund einer regelmäßigen Methodik verschieden von ihnen. Dieses Buch hat Carlo Alfonos Nallion ins Italienische übersetzt. Dieser ist der Ansicht, dass der Karte von Chorezmi eine detaillierte Karte zugrunde liegt, die auf Anweisung des Abbasidenkalifen Mamun angefertigt worden und sogar noch genauer als die von Ptolemäus war. Es ist durchaus möglich, dass Chorezmi selber an der Anfertigung dieser Karte beteiligt gewesen ist. Jedenfalls ist die Karte welche dem Buch von Chorezmi entnommen werden kann, aus verschiedener Hinsicht korrekter als die von Ptolemäus, insbesondere was die Gebiete in der Hand der Muslime betrifft. Vor allen Dingen hat Chorezmi aufgrund seiner Berechnungen die Länge des Mittelmeeres gekürzt, die auf den Karten von Ptolemäus zu groß angesetzt worden war. Das Buch Surat-ul Ard von Chorazmi besteht aus 6 Abschnitten und enthält die Namen von Städten, Bergen, Meeren, Inseln und Flüssen und die zentral gelegenen Punkten von geografischen Regionen.
Aus dem Buch Al-Tarich von Chorezmi , welches wie gesagt nicht mehr existiert, haben einige Historiker Ereignisse aus der Islamischen Ära zitiert und dieses Buch als zuverlässige Quelle benutzt. Zu ihnen gehörte auch der bekannte islamische Historiker al-Masudi.
Damit beenden wir, liebe Hörerfreunde, unsere Ausführungen über diesen iranischen Universalgelehrten der Goldenen Ära der Islamischen Zivilisation . Beim nächsten Mal werden wir eine weitere Berühmtheit iranischer Herkunft aus dieser Zeit vorstellen.