Oct 31, 2022 05:38 CET
  • Moral – islamisch gesehen (49 – politische Ethik)

Ein wichtiger Gegenstand der politischen Ethik ist im Islam die Bekämpfung der Unterdrückung und die Verteidigung der Unterdrückten. Dies wird unser heutiges Thema sein.

In den letzten Folgen haben wir mehrere typische Merkmale der islamkonformen Denk- und Handelsweise in Sachen Politik besprochen. Für den  wahren Islam ist es – im Gegensatz zu dem Schein-Islam nach amerikanischen Geschmack -  charakteristisch, dass er den Widerstand gegenüber den Unterdrückern und die Verteidigung der Unterdrückten auf der Welt fordert. Es gilt die generelle Ansicht, dass die Welt mit Unglauben weiterbestehen kann aber dass sie niemals Bestand haben wird, wenn sie auf Ungerechtigkeit und Unterdrückung basiert.

Als Imam Ali (Friede sei mit ihm) im Fastenmonat in der Moschee ins Gebet vertieft war, traf ihn der Schwerthieb eines ignoranten Mannes, der sich für sehr fromm und gläubig hielt. Bevor der Imam der heftigen Verletzung erlag, gab er noch seinen Söhnen letzte Empfehlungen mit auf den Weg. In seinen letzten Worten empfahl er Imam Hasan und Imam Husein (Friede sei mit ihnen):

 

„Seid Feind der Unterdrücker und Helfer der Unterdrückten.“

                    

Der Islam, wie ihn der Prophet und die Imame vorgestellt und vorgelebt haben, verurteilt absolut jegliches Sympathisieren mit unterdrückerischen Herrschern und die Zusammenarbeit mit ihnen. Und nicht nur das: Er fordert ihre Bekämpfung und den Widerstand gegenüber ihnen und erwartet von den wahrhaften, verantwortungsbewussten Muslimen, dass sie nicht gleichgültig bleiben, wenn die Unterdrücker tätig werden und Abweichungen von der Religion herbeiführen, die Religion bekämpfen und Rechte verletzen.  Pflichtbewusste Muslime müssen sich dagegen wehren.

                               

Die islamische Geschichte bringt ein ewiges Beispiel für alle auf der Welt, die innere Freiheit besitzen. Es ist Husain, Sohn des Ali (Friede sei mit ihm). Er wird Fürst der Märtyrer genannt.  Als der verbrecherische Yazid aus dem Geschlecht der Umayyaden verlangte, dass Imam Husain (Friede sei mit ihm) ihn als den Befehlshaber der Gläubigen anerkennt, hat Imam Husain (F) ihm den Treueid verweigert. Er belebte auf diese Weise den Geist des Kampfes gegen jegliches Unrecht; eine Kampfansage, die im wahren Islam des Propheten (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) verankert ist.  Imam Husain (F) zitierte seinen Großvater und sagte:

Der Prophet Gottes hat gesagt: „Wer einen ungerechten Herrscher sieht, der das was Gott verboten hat, erlaubt, das Bündnis mit Gott bricht und der Vorgehensweise und dem Gesetz des Propheten entgegenwirkt, unter den Dienern Gottes Sünde und Gottungehorsam begeht und die Saat der Feindschaft sät, (wer dies) ohne einen solchen Unrechttuenden zu bekämpfen und in Wort und Tat Stellung gegen ihn zu beziehen, ( sieht), der verdient es, dass Gott ihn .. auf den gleichen Platz in der Hölle (wie den des Unterdrückers) abstürzen lässt.

So steht es in dem Werk von dem Historiker Tabari im Band 7 auf Seite 300 verbrieft.

                      

Es gehört zu den politischen Strategien von Unterdrückern, dass sie Furcht und Schrecken hervorrufen. Sie treten mit Drohungen und Niederschlagung in Aktion und rauben der Gesellschaft, über die sie herrschen, ihre Kräfte. Die Mitglieder dieser Gesellschaft geraten auf diese Weise an eine Weggabelung. Ein Teil der Gesellschaft erhebt sich, inspiriert von dem islamischen Gedanken des Widerstandes gegen Unterdrückung, nimmt dabei festen Willens alle Gefahren und Härten in Kauf und ist nicht bereit in das Unrecht einzuwilligen. Aber eine andere Gruppe möchte nicht ihr Leben aufs Spiel setzen und duldet alles Unrecht. Die Leute, die zu ihr gehören,  unterlassen bis an ihr Lebensende jegliche Aktivität gegen die Unterdrücker, die über sie herrschen und wenn sie im Sterbebett liegen, dann geschieht das, was ihnen Gott im Koran im Vers 97 der Sure 4 (Nisa)  verheißt: 

 

Zu denen, die die Engel abberufen, während sie gegen sich selbst Unrecht verübt haben, sagen diese: „Wie war euer Zustand?“ Sie sagen: „Wir waren Unterdrückte im Lande (und haben uns dies gefallen lassen).“ Sie (die Engel) sagen: „War Allahs Erde nicht weit, so dass ihr darauf hättet auswandern können (um der Unterdrückung zu entgehen)?“ Diese haben die Hölle zur Heimstätte – welch schlimmes Ende!

                                     

Kurzum lässt sich sagen, dass  verbrecherische Herrscher niemals ihre üble Existenz fortsetzen können, wenn die Völker  sich nicht unterdrücken lassen und nicht gleichgültig schweigen, sondern sich erheben, um gegen sie vorzugehen, sich dabei von keiner Drohung  einschüchtern lassen und nicht aufgeben.

Der Grund dafür, dass Unterdrücker weiter herrschen können, ist in Wahrheit der, dass es Leute gibt, die sich aus Angst um ihr Leben und ihr Hab und Gut unterdrücken lassen.  Genau aus diesem Grund sagt der Koran über diejenigen, die alles Unrecht und alle Diskriminierungen und die Drohungen und Morde der Unterdrücker dulden und sich auf diese Weise mitschuldig machen,  dass auch sie in der Hölle enden werden. In einer islamischen Überlieferung heißt es:

Beide gehören in den Feuerbrand der Hölle: Wer  unterdrückt und wer sich unterdrücken lässt.

                      

Manche Völker versuchen sich gegen Unterdrückung aufzubäumen und lassen auf diesem Wege nichts ungetan, aber sie schaffen es nicht, die Herrscher zu stürzen und so hoffen sie darauf, dass andere Völker ihnen helfen und sie retten. Sie hoffen, nicht alleine gelassen zu werden. Unter solchen Umständen ist ein weiteres wichtiges Prinzip  in der politischen Ethik des Islams anzuwenden, nämlich das Prinzip, einem Unterdrückten zu helfen. Der Koran ruft dazu im Vers 75 der Sure 4, Sure Nisa auf:

 

وَمَا لَکُمْ لَا تُقَاتِلُونَ فِی سَبِیلِ اللَّهِ وَالْمُسْتَضْعَفِینَ مِنَ الرِّجَالِ وَالنِّسَاءِ وَالْوِلْدَانِ الَّذِینَ یَقُولُونَ رَبَّنَا أَخْرِجْنَا مِنْ هَٰذِهِ الْقَرْیَةِ الظَّالِمِ أَهْلُهَا وَاجْعَلْ لَنَا مِنْ لَدُنْکَ وَلِیًّا وَاجْعَلْ لَنَا مِنْ لَدُنْکَ نَصِیرًا

 

 Was ist mit euch, dass ihr nicht auf Allahs Weg, und (zwar) für die Unterdrückten unter den Männern, Frauen und Kindern kämpft, die sagen: „Unser Herr, bringe uns aus dieser Stadt heraus, deren Bewohner ungerecht sind, und schaffe uns von Dir aus einen Schutzherrn, und schaffe uns von Dir aus einen Helfer

Im Gegensatz zu der Einstellung von oberflächlichen Leuten, die die Unterstützung von Unterdrückten von religiösen, politischen, geografischen und ethnischen Gesichtspunkten abhängig machen,  schränkt der Koran, wie wir an der obigen Stelle in der Sure 4 sehen, die Verteidigung von Unterdrückten nicht ein.

Unser geehrter Prophet (S) hat, inspiriert von dem Offenbarungswort, über die bedingungslose Rettung von Unterdrückten gesagt:

 

 Wer einen (unterdrückten) Menschen rufen hört: Ihr Muslime (helft mir!)“ und diesen Ruf nicht erwidert, ist kein Muslim!“

(Usul-i Kafi, Band 3).

                     

In der Hoffnung, dass alle Unterdrückten auf der Welt von dem Unrecht  tyrannischer Herrscher und ihren Verbrechen befreit werden, schließen wir nun das Thema politische Ethik im Islam ab und hoffen, dass es Ihr Interesse erweckt hat.                                .

 

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