Jun 10, 2023 06:23 CET

Beim letzten Mal haben wir in unserer Sendereihe über die Lage der Frau auf der Arabischen Halbinsel in der vorislamischen Zeit gesprochen.  Heute wollen wir sehen, welche wichtige Wirkung der Islam auf die Ehrung der Frau hatte und welche Wertstellung er der Frau verlieh.

Die Frau ist Reyhane – eine duftende Blume - und keine Heldin.

Dieses Wort stammt vom Propheten des Islams (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) und wurde auch von Imam Ali weitergegeben.

Warum aber ist die Frau, dieses Sinnbild der Liebe, Güte und Gefühle  so sehr in der Geschichte herabgesetzt worden?  Sind denn nicht all die berühmten Männer, die die Geschichte mitbestimmt haben, im Schoß einer liebevollen Mutter aufgewachsen? Die Frau ist zweifelsohne als gütige Mutter und opferbereite Gemahlin und liebevolle Lehrerin wie ein kostbares Juwel, welches  Licht und Wärme ins Leben bringt.

Im letzten Teil sagten wir, dass die Frau in der vorislamischen Zeit der Unwissenheit auf der Arabischen Halbinsel missachtet wurde. Die Geburt einer Tochter wurde so sehr als Schande empfunden, dass einige ihr Kind, wenn es ein Mädchen war, bei lebendigem Leibe in der Erde verscharrten. Aber es gab auch Menschen, die diesen schrecklichen Brauch bekämpften.  Einer von ihnen war S`as´aa ibn Nadschiyah, Großvater des bekannten arabischen Dichters Farzadaq. Nachdem S`as`aa  den Islam angenommen hatte, ging er zum Propheten Gottes und sagte:  „Ich habe in der Zeit der Unwissenheit etwas getan und frage mich, ob es mir etwas nützt oder nicht?“ Der Prophet fragte ihn, was er denn getan habe. Da erzählte S`as`aa:

„Einmal waren mir zwei meiner trächtigen Kamelstuten abhanden gekommen. Ich bestieg ein Kamel und begab mich auf die Suche nach ihnen. Einen Mann, der neben seinem Zelt saß, fragte ich nach meinen Kamelen. Er sagte: `Die sind bei mir!` In dem Moment trat eine Frau aus dem Zelt hervor und überbrachte ihm die Nachricht, dass ihm ein Mädchen geboren worden war. Da sagte der Mann: `Wir werden es begraben`.“

S`as`aa beschrieb dem Propheten, was danach passierte und  sagte:

„Ich weiß nicht wie,  aber in dem Moment überkam mich ein besonderes Gefühl und unweigerlich schlug ich diesem Mann vor, dass er mir das Mädchen gibt und meine beiden Kamelstuten,  die bei ihm waren,  behält. Er war damit einverstanden, und ich nahm das Mädchen und überließ es einer Amme. Von da an habe ich immer, wenn ich erfuhr, dass ein Mädchen geboren wurde und seine Familie es bei lebendigen Leibe begraben will,  ihnen das Kind  für drei Kamele abgekauft und bislang 280 Mädchen vor dem Tod gerettet. Da sagte ihm der Prophet:

„Dieses Werk hat für dich ein Tor zu guten Gaben geöffnet, und weil du Muslim geworden bist, wird Gott dich belohnen.“

Vor dem Islam herrschte überall Unwissenheit. Moral und Religiosität befanden sich auf niedrigstem Niveau. Häuser und Gebetsstätten waren voller Götzen aus Stein und Holz, und der oberste Götze waren die Gelüste und egoistischen Wünsche der Menschen.

 Die Frauen besaßen keine Rechte und wurden wie eine billige Ware betrachtet. Sie waren Unterdrückte, aber  der Islam eilte ihnen zur Hilfe. Er erkannte die Frau als Mensch an, befreite sie aus der Erniedrigung und ehrte sie.

Der Islam erklärte alle falschen Ansichten der Leute, die die Frau als ein niedriges Wesen betrachteten,  für  null und nichtig. Er verkündete, dass die Ansicht von denjenigen, die die Geburt einer Tochter als Schande und in der Frau ein überflüssiges Wesen in der Schöpfung sahen, jeder Grundlage entbehrt.

 

In den Kulturen vor dem Islam brauchte ein Mann keinerlei Bedingungen bei der Heirat zu beachten und die Frau hatte nicht das Recht, etwas dagegen einzuwenden.  Aber der Islam setzte Grenzen für die Ehe und legte die Rechte der Frau fest. Er sagte, dass eine Tochter selber einer Ehe zustimmen muss und eine Ehe nur gültig ist, wenn die Frau damit einverstanden ist. Er bestimmte, dass der Ehemann bei einer Heirat eine Brautgabe (Mehriya) festlegen und dass der Mann den Unterhalt (Nafaqa)seiner Frau zahlen muss. Der Islam befreite die Frau von der Verantwortungslast für den Familienunterhalt..  Außerdem gelangte die Frau durch den Islam an das Recht, von Verwandten und von ihrem Mann zu erben. Das alles war ein großer Wandel.

 

Der Islam verlieh der Frau den wahren Rang, der ihr als Mensch gebührt und schuf die Voraussetzung für ihre Weiterentwicklung.  Gott, der Allwissende und Allweise, hat im Heiligen Koran den Muslimen den Weg gezeigt. Er hat  ihnen ans Herz gelegt, Seine Gebote einzuhalten  und hat ihnen gesagt, was sie nicht tun dürfen. Ein wichtiger Punkt im Heiligen Koran sind die Rechte der Frau als Person, in der Familie und gegenüber der Gesellschaft. Der Koran hat sowohl von den Frauen und Männern gesprochen.  Dieses wunderbare Buch, welches den rettenden Weg fürs Leben und das Jenseits darlegt, hat an mehreren Stellen betont, dass die Frau und der Mann vor Gott den gleichen Rang haben und jeder von ihnen entsprechend seiner rechtschaffenen Werke von Ihm belohnt werden.

In der Sure 4, Nisa, heißt es zum Beispiel im Vers 124:

 

«وَمَنْ یَعْمَلْ مِنَ الصَّالِحَاتِ مِنْ ذَکَرٍ أَوْ أُنثَی وَهُوَ مُؤْمِنٌ فَأُوْلَئِکَ یَدْخُلُونَ الْجَنَّةَ وَلَا یُظْلَمُونَ نَقِیرًا»،

Diejenigen, die etwas von den guten Werken tun, ob Mann oder Weib, und dabei gläubig sind, werden ins Paradies eingehen, und ihnen wird nicht ein Dattelgrübchen Unrecht getan.

 

Die klare Lehre des Islams hebt die wichtige Rolle der Frau hervor, welche sie für den Zusammenhalt der Familie, die Erziehung der neuen Generation und Frieden und Sicherheit der Gesellschaft besitzt. Im Islam wird die Frau als Abglanz der Schönheit Gottes und Sinnbild für Seine Barmherzigkeit gesehen.  Es gibt zahlreiche Überlieferungen zum Thema Frau. Zum Beispiel hat der Gesandte Gottes (s) gesagt:

„Die besten von euch, sind die unter euch, die ihre Frauen am besten behandeln.“

Und von seinem edlen Nachkommen Imam Sadiq (Friede sei mit ihm) wird folgendes Wort überliefert:

„Je liebevoller ein Mann zu seiner Ehefrau ist, desto größer wird sein Glaube.“

Und wenn der Prophet die Frau mit einer Blume vergleicht und sagt, sie sei eine Reyhane und keine Heldin, dann soll dies darauf hinweisen, dass die Frau so zart ist wie eine Blume, und daher nicht grob behandelt werden darf und ihr keine schweren Arbeiten aufgehalst werden dürfen.

 

Die Frauen, welche die Hälfte der Gesellschaft bilden,  tragen erheblich zum Zusammenhalt zwischen den Familienmitgliedern bei.  Durch sie wächst die Menschheit und bleibt erhalten. Sie ist es, die entscheidend auf die Kindererziehung Einfluss nimmt.  An mehreren Stellen im Koran mahnt Gott die Männer, dass sie nicht die Rechte der Frauen missachten dürfen, sondern dass sie sie gut und würdig behandeln müssen. 

Für ein gutes Verhalten, wird im Koran 38 Mal das Wort  m´aruf verwendet und 19 Mal bezieht sich dieses Adjektiv auf das Verhalten zu den Frauen.  Daher scheint „m´aruf“ das Kriterium zu sein, welches der Koran für die richtigen Beziehungen zwischen Mann und Frau vorstellt. Zum Beispiel mahnt Gott  im Vers 19 der Sure Nisa, Sure 4, die Männer, ihre Frauen würdig zu behandeln und es heißt dort:

وَعَاشِرُوهُنَّ بِالْمَعْرُوفِ

Und geht mit ihnen in rechtlicher (willkommener und akzeptabler) Weise um.

In den Versen 228 bis 242 der Sure 2, Sure Baqara,  erklärt Gott, in welchem Rahmen ein Mann sich bei einer Scheidung von seiner Frau zu verhalten hat. Auch dort kommt mehrmals das Wort m`aruf als Adjektiv für den Umgang mit den Frauen vor. Zum Beispiel heißt es im Vers 241:

„Und den entlassenen Frauen steht eine Versorgung in rechtlicher Weise zu. (Das gilt) als Rechtspflicht für die Gottesfürchtigen.“

Der bekannte schiitische Koranexeget, Allameh Tabatabai legt das Wort “m`aruf“ wie folgt aus:

„`Ma`ruf` ist jede Tat, welche die Öffentlichkeit anerkennt, der Allgemeinheit vertraut ist und im Einklang mit dem Gesellschaftsleben der Menschen steht.  Da der Islam seine Scharia – sein Religionsrecht - auf der Gott gegebenen Natur (Fitra) und Schöpfung aufbaut, ist „m`aruf` genau das, was das Volk als solches anerkennt, natürlich vorausgesetzt, dass es sich um ein Volk handelt, welches nicht von seiner Gott gegebenen (unversehrten)  Natur (Fitra) abgewichen ist.“