Feb 09, 2016 14:45 CET

Liebe Freunde! In diesem und darauffolgenden Teilen unserer neuen Sendung widmen wir uns der iranischen Töpferei, ihrer Geschichte und Weiterentwicklung.

Die Betrachtung jeder Art von  Kunsthandwerk ist   natürlich auch mit der Betrachtung der Geschichte verknüpft. Bekannte Iranisten wie Arthur Pope, seine Gemahlin Phyllis Ackerman (die beide in einem kleinen Mausoleum in Isfahan ruhen) und Henry-René D'allemagne (1863-1950) sind der Überzeugung dass im Mittleren Osten, also  auch auf dem iranischen Hochplateau,  die Wiege der landwirtschaftlichen Techniken, des Metallhandwerkes und der Töpferei gestanden hat. Sie stützen sich auf archäologische Funde aus dem Mesolithikum – der Mittelsteinzeit.  Auf dem iranischen Hochplateau nahm die Kultur der Mittelsteinzeit  vor circa 10 bis 12 Tausend Jahren Gestalt an. Dafür zeugen die Funde in der von Menschen bewohnten  Hotu-Höhle in der Nähe der heutigen nordiranischen Stadt Behschahr, Mazanderan.  Gemäß diesen Spuren aus dem Mesolithikum haben die Menschen im Iran Getreide wie Weizen und Gerste angebaut und benutzten bei der Ernte Sicheln. Diese fertigten sie aus Feuerstein an.  Diese Sicheln mit zackigen Rändern wurden verziert. Auch wurde bereits Viehzucht betrieben und der Verzehr von Ziegen und Schafsfleisch war üblich. Die Milch dieser Tiere wurde getrunken und Tierwolle – oder haare wurden verarbeitet und aus Ton fertigte man  Gefäße für den Alltag an.

 

Der bekannte französische Archäologe Roman Ghirshman (1895-1979) , ein Pionier der archäologischen Forschungen im Iran, berichtet von damaligen Bewohnern im Bachtiari-Gebirge, einem Teil des Zagrosgebirges im West und Südwestiran, die sich auf die Anfertigung von Tongefäßen verstanden.  Alle bisherigen historischen Funde weisen  darauf hin, dass  die Landwirtschaft und das damit verbundene Handwerk wie die Töpferei und das Spinnen und Weben im Iran begonnen haben und die iranische Zivilisation in dieser Beziehung der ägyptischen, indischen und chinesischen voraus gewesen ist. 

 

Das iranische Töpferhandwerk blickt also auf eine lange Geschichte zurück.

 

Das Töpfern ist eine der ersten und wichtigsten Erfindungen des Menschen.  Die Archäologen verschaffen  sich  aufgrund des gefunden Töpfereiwerkes einen Eindruck von  der Wirtschaft und Gesellschaft einer Epoche in einem Gebiet und erhalten Informationen über die religiösen Überzeugungen, die Geschichte und die Beziehungen zwischen den Menschen.

 

Töpferware ist von  jeher ein Bestandteil des menschlichen Lebens und spielt eine wichtige Rolle bei der Untersuchung der prähistorischen Zeiten. Natürlich hat die Töpferei im Laufe der Zeit entsprechend der Weiterentwicklung der Kulturen und der gesammelten Erfahrungen deutliche Veränderungen erlebt, sowohl hinsichtlich des benutzten Materials, der Formen und Farbe als auch bezüglich der  Verzierung.  

 

Jacques de Morgan(1857-1924)  hat im südwestiranischen Susa (hierzulande: Schusch) welches vom dritten bis ersten Jahrtausend vor Christus die Hauptstadt von Elam war, als Erster größere   Funde von prähistorischem iranischem Handwerk gemacht. Dabei fand er  Gegenstände aus der Kupfersteinzeit  im Iran (die Kupfersteinzeit liegt zwischen der Jungsteinzeit und der Bronzezeit). In den Tempeln wurden Beile, Nadeln und Spiegel aus Kupfer gefunden. Sie  zeugen davon, dass die Menschen, die damals im Iran lebten, dieses Metall verarbeiten konnten. 

 

Bei zahlreichen Ausgrabungen in verschiedenen Teilen des Irans wurden Gewebe aus verschiedenen Fasern gefunden aber bei den meisten Funden handelte es sich um Töpfereiwerk.  Schüsseln und Kochtöpfe,  und Vasen aus Ton waren beliebt. Einige  wurden mit einer roten Glasur auf Glanz gebracht. Im Iran kannte man bereits seit dem 4. Jahrtausend vor Christus eine Art Töpferscheibe.

 

 

 

In Schusch (Susa) hat man neben  Gegenständen aus Ton und Kupfer auch Ketten aus kleinen Steinen und Perlen und Muscheln gefunden oder Ringe mit Edelsteinen  oder Steinsiegel mit Tiermotiven.  In der Nähe von Shiras, auf der Anlage der Persepolis der Achämeniden (diese Anlage wird hierzulande Tachte-Dschamschid genannt und wurde vor Christus erbaut)  sind Tongefäße entdeckt  worden, die so dünnwandig wie heutiges Porzellan und fein bemalt waren . Sie zeugen von der  Entfaltung der Töpferei im Iran in der Zeit vom 6. bis 4. Jahrhundert vor Christus.

 

Circa vor 10 Tausend Jahren hat der Mensch im Zweistromland (Irak) das Leben in Höhlen aufgegeben. Er siedelte sich in den fruchtbaren Gebieten am Euphrat und Tigris an und betrieb Ackerbau. Die Einwohner von Mesopotamien  begründeten eine Zivilisation, zu deren kulturellen Merkmal schöne Tongefäße in bräunlicher und roter Farbe zählen. Die mesopotamische Kultur entfaltete sich in diesem Gebiet immer weiter und fand in einem großen Umkreis Verbreitung. Spuren von dieser Art von Tongefäßen hat man bei archäologischen Ausgrabungen östlich des Mittelmeeres  ebenso gefunden wie in den Flusstälern des Indus ( Sindh) in Pakistan.   

 

Bemalte rote Tongefäße waren auf dem iranischen Hochland bereits vom 6. bis 5. Jahrtausend vor Christus in den Randgebieten der zentralgelegenen Kawir (Wüste) üblich. Das Rohmaterial war eine knetbare Masse,  die mit zermahlenen Sand oder Pflanzenpulver vermengt wurde.  Beispiele haben Archäologen  auf historischen Anlagen  an verschiedenen Orten in West- und Zentraliran gefunden, was für die Ausdehnung dieser Kultur auf dem iranischen Hochland spricht.

 

Der historische Hügel Sialk liegt dicht bei der zentraliranischen Stadt Kaschan. Dort steht die Wiege einer weiterentwickelten Art von roter  Töpferware. Die Tongefäße wurden von den Bewohnern in Öfen gebrannt  und waren fester als vorherige Töpferware. Typisch für die Tongefäße die man am Sialk-Hügel gefunden hat sind Abbildungen von Bergziegen und  Pferden, der Sonne und geometrische Formen. 

 

Im 4. Jahrtausend vor Christus  machten die Bewohner im iranischen Hochland weitere Fortschritte. Sie bemalten die Tongefäße in  schwarzer Farbe  mit Motiven von Vögeln und wilden Tieren.  Die Gefäße wurden mit der Zeit dünnwandiger und ihre Form regelmäßiger und vermutlich gab es daher schon die Töpferdrehscheibe. Sie bestand  gemäß  Ausgrabungen aus  einer dünnen Holzscheibe, die auf die Erde gestellt und von Hand gedreht wurde.  Übrigens hat man noch keine Gefäße an einem anderen Ort der Welt aus dieser Zeit  gefunden, die den Tongefäßen aus dieser Epoche im iranischen Hochland ähneln würden. Die Vermutung liegt nahe, dass möglicherweise die  Iraner die Töpferscheibe erfunden haben. Jedenfalls darf man behaupten, dass  sie damals  anderen Völkern in diesem Handwerk vorauswaren.

 

  Zu Beginn des dritten Jahrtausend vor Christus verbreitete sich  von den nördlichen Gebieten des iranischen Hochlandes in Richtung der  zentralen Gebiete die Anfertigung einer weiteren Art von Tongefäßen aus, genannt “sufal-e chakestari“.   Diese Tongefäße in grau wurden mit der Töpferscheibe hergestellt und vom Stil und der Verzierung ähnelten sie den metallenen Gefäßen aus dieser Zeit.   Diese graue Töpferware wurde in Öfen gebrannt, deren Temperatur der Töpfer regulieren konnte.

 

Die graue Töpferware wurde in  nordiranischen  Gebieten der Antike wie Yanik-Tepeh südwestlich von Ardebil, und Turang-Hügel nordöstlich von Gorgan,  und Tepeh Hesar (auch Hissar)  von Damghan östlich von Teheran gefunden. Teile des Nordens und Nordwestens Irans  scheinen daher wichtige Zentren für die Herstellung dieser Art von  Töpferware gewesen zu sein.  Vor Christi Geburt fand  sie in den meisten Orten des iranischen Hochlandes Verbreitung, doch nach dem Aufkommen und Aufblühen des Metallhandwerkes verlor die Töpferei an Bedeutung und von der einzigen Schönheit der Tongefäße aus der prähistorischen Zeit war nichts mehr zu verspüren.  Später gelangte dieses Handwerk jedoch wieder zum Aufschwung und heute sind Töpferwaren wieder unter der Bevölkerung beliebt. Über den weiteren Verlauf der  Geschichte des Töpfereihandwerkes werden sie beim nächsten Mal noch mehr erfahren.