Jun 22, 2016 03:56 CET

Wir stellen zwei weitere Arten von iranischem Holzkunsthandwerk vor und zwar Charaati und Hasirbaafi.

Charaati ist automatisch besonders in denjenigen Gebieten im Iran, wo es mehr Wald und Holz gibt, verbreitet. Es handelt sich nämlich dabei um Drechselarbeiten. Diese wurden früher alle von Hand mit besonderen Handwerkzeugen angefertigt. Aber heute bedient man sich natürlich einer  Drechselmaschine. Dabei dreht sich das Werkstück um sich selber und wird von der Drechselmaschine zurechtgeschliffen. Es werden verschiedene   Metallstifte eingesetzt und je nach der geplanten Form und der Vorlage werden Vertiefungen im Holz vorgenommen oder es werden Späne abgeschabt. Am besten eignet sich weiches und etwas feuchtes Holz für Drechslerarbeiten und man verwendet das Holz von Walnuss- und Birnbäumen, Ulmen, Erlen, Eschen, Weiden und Platanen, die es in den umliegenden Obstgärten oder im Wald gibt.

Im   Palast des Dariush (Dareios) in Tachte-Dschamschid (Persepolis) in der Nähe von Schiras sind auf den erhalten gebliebenen  Reliefen an den Palastmauern der gedrechselte Thron des Achämenidenherschers und der gedrechselte Ständer für die Räucherschale abgebildet. Jean Chardin, der  französische Forschungsreisende (1643-1713), der sich längere Zeit im saffawidischen Iran aufhielt, beschreibt in seinen Reiseberichten die damalige iranische  Drechselkunst.

Drechselarbeiten dienen entweder einem reinen Dekorationszweck oder als Gebrauchsgegenstand.  Unter die Dekor-Drechselarbeiten fallen  Holzfiguren, Bilder- und Spiegelrahmen, Koranständer, Schalen und große Perlen für Gebetsketten. 

Bei den Gebrauchsgegenständen handelt es sich um Bettgestelle, Möbel  und  Kinderwiegen, Behälter für Streichhölzer oder Papiertaschentücher, Gehstöcke,  Schachfiguren, kleine Truhen und Schatullen, Blumenvasen und verschiedene Schalen für Obst oder Bonbons und Holzlöffel.

Die nordiranischen Orte in den Provinzen Gilan und Mazanderan gelten als wichtige Zentren für Holzkunsthandwerk. Dort gibt es alle möglichen Sorten von geeignetem Holz. Dieses Handwerk wird aber auch in vielen anderen Städten und ihrer Umgebung  betrieben wie  in, Urumiyeh  und Bukan, Sanandadsch, Baneh, und Saqqaz  im Nordwesten und Westen Irans aber auch im zentral gelegenen Natans, im südwestlichen  Dezful,  und im südöstlichen Kerman und Iranschahr. Es gibt auch Roma, zum Beispiel in der Gegend von Schiras, die Drechslerarbeiten anfertigen und verkaufen.

Es sind verschiedene Werkzeuge für das Drechseln nötig wie Feile, Messer, Beil, Handbohrer, Hammer und Schleifmaschine.

Zunächst muss das geeignete Holz ausgesucht und in Stücke zerlegt werden.   Die Holzklötze werden vom Drechslermeister mit dem Drechselgerät  annähernd in die gewünschte Form gebracht. Nachdem das Werkstück ein paar Tage an der frischen Luft verblieben ist, wird der Feinschliff zu der endgültigen Form vorgenommen. Soll die Drechselarbeit Löcher aufweisen, so werden diese vorher angelegt.  Sofort nach dem Drechseln wird das fertige Werkstück angestrichen, bzw. bemalt oder lackiert.  

 

Zum  Holzkunsthandwerk wird auch das Flechten von Gegenständen aus Pflanzenfasern gezählt. Es nennt sich Hasir- oder Buryaa-Baafi.  Dieses Kunsthandwerk ist vielleicht eines der ältesten.  An Beispielen aus den alten Kulturen im Zweistromland (Mesopotamien) und Afrika ist zu erkennen, dass aus dem Korb- und Mattenflechten  die Kunst des Webens hervorging und es auch einen Einfluss auf das Töpfern hatte. 

Für das Hasir-Baafi  genügen einfache Handwerkzeuge. Aus den Pflanzenfasern werden Körbe, Behälter und  Matten geflochten. Sie bestehen  zum Beispiel aus Bambusrohr und Zweigen und man unterscheidet gemäß Material oder Form  nach Bambu-, Terkeh-, Tscha- und Sabadbaafi. 

Laut Forschung haben die ersten Matten, die die Menschen als Unterlage benutzten, aus Schilfrohr, welches in den Sümpfen von Mesopotamien gedieh, bestanden. Im Flechten von Matten wird die Vorstufe zur Entwicklung der Techniken für die Anfertigung von Teppichen gesehen.

Das Material für das Flechten von Pflanzenfasern hält nicht lange und daher ist von  antiken Stücken kaum noch etwas erhalten geblieben. Solche Gegenstände aus Pflanzenfasern haben aber mit Sicherheit vor den Gegenständen aus Ton Verwendung gefunden. Wenigstens sagen Experten, dass die Verarbeitung von Pflanzenfasern und Zweigen und Blättern noch vor der Jungsteinzeit üblich war.  Die wenigen erhalten gebliebenen Beispiele für Hasir-Baafi werden auf 7 bis 9 Tausend Jahre vor Christus zurückdatiert und man kannte bereits schwierigere Techniken wie das  zopfförmige Flechten.

 

Iran gehört zu den 16 Ländern, in denen noch Flechtgegenstände angefertigt werden.

Die Zentren für das Kunsthandwerk Hasir-Bafi sind im Nordosten die Provinz Khorassan-e Rasavi und Süd-Khorassan sowie im Südosten  Sistan wa Balutschestan und Kerman, ebenso die Provinzen Fars sowie Buschher im Süden. Im Norden sind es die Provinzen Gilan und Mazanderan und im Westen die Provinz Hamadan und die Provinz West-Aserbaidschan.

 

In der Fachliteratur wird auf die alte Geschichte des Hasir-Baafis hingewiesen. Zum Beispiel schreibt  der amerikanische Archäologe  Jay Gluck (1927-2000)  in seinem Buch über dieses Kunsthandwerk im Iran:  „Hasir-Bafi (Mattenflechten) ist  eine einheimische Kunst im Norden und Süden des Landes – Es wird in vollkommen traditioneller Art von den Frauen vorgenommen.  Die Flechtgegenstände aus Nordiran weisen seit jeher geometrische Muster auf und es wird natürliches einfarbiges Schildrohr verwendet.“

 

Die iranischen Flechtgegenstände variieren je nach dem zur Verfügung stehenden Rohmaterial. Zum Beispiel werden die Flechtwaren  an der südlichen Küste am Persischen Golf  aus den Fasern von Dattelpalmen geflochten und an der Küste des Kaspischen Meeres im Norden des Landes werden unter anderem Reis- und Weizenhalme verwendet.  Auch hängt die Anwendung der Flechtmatten, und –körbe usw. von dem Alltagsbedarf der Einheimischen ab.

Zum Flechten dienen im Iran Schilfrohr, Grashalme, die Faser von Dattelpalmen und die Rinde einiger Bäume oder dünne Baumzweige, zum Beispiel von Weiden.  

Man verwendet im Allgemeinen zwei Flechtmethoden. Die eine nennt sich Maarpitsch (verschlungen) und die andere  dar ham baafteh oder moschabak (netzförmig) .

Die erste Methode des geschlungenen Flechtens,   nämlich Maarpitsch, eignet sich für viele runde Gegenstände und die zweite nämlich die des netzförmigen Verflechtens wird mehr für Matten und ähnliches benutzt.

Bei einigen geflochtenen Gegenständen wird während des Flechtens oder nachträglich mit bunten Garnfäden ein Muster eingearbeitet.

Schilfrohr wird mit der Sichel dann geschnitten, wenn es den notwendigen Durchmesser und die notwendige Länge erreicht hat. Nach Abtrennen der Blätter  wird das Rohr oben mit dem Messer der Länge nach eingeschnitten. Das Schilfrohr wird übereinander gestapelt und dann so lange bearbeitet, bis es zu langen Streifen geglättet wurde.  Dann erfolgt das Flechten. Schilfrohr wird vor allen Dingen für Sitzmatten oder Dachmatten oder  für die Wände von Hütten oder   für bewegliche Trennwände verwendet.

Geflochtene Gegenstände des Hasir-Kunsthandwerkes sind gegenüber mehreren Faktoren empfindlich, wie Wärme und Feuer, Druck sowie spitzen und scharfen Gegenständen. Aber sie sind pflegeleicht und zum Waschen genügt lauwarmes Wasser und ein einfaches Waschmittel.