So wird gesagt- Teil 5
Liebe Hörerfreunde! Jetzt stellen wir Ihnen wieder eine kleine Geschichte und ein persisches Sprichwort vor.
Vor langer Zeit gab es einen Handelsmann.
Als er wieder einmal auf Handelsreise gehen wollte, entschloss er sich seinen Münzschatz nicht mitzunehmen, sondern jemandem zur Aufbewahrung zu geben. Doch weil er seine Münzen niemanden anvertrauen wollte, kaufte er 300 kg Eisen dafür und brachte es zu einem Freund. Beim Abschied dachte er bei sich: Eisen ist schwer und niemand wird es stehlen.
Nach einem Jahr kehrte unser Handelsmann von der Reise zurück. Erfreut über die Nachricht, dass der Preis für Eisen gestiegen war, eilte er zum Haus seines Freundes.
Aber dieser Freund hatte das Eisen versteckt.
Und als ihn nun der Handelsmann um Rückgabe des Pfandgutes bat, sagte er: Es tut mir ja so leid, lieber Freund. Ich habe das Eisen in meinen Lageraum gebracht und die Tür fest verschlossen. Aber nach ein paar Monaten ,als ich kam um nachzuschauen, habe ich gesehen, dass eine Maus alles aufgefressen hat“
Der Handelsmann begriff natürlich sofort, dass ihn sein vermeintlicher Freund betrogen hatte. Doch er verbarg seinen Ärger und sagte ruhig: Ja du hast recht. Ich habe auch gehört, dass Mäuse mit Vorliebe Eisen fressen. Natürlich bist du nicht Schuld.“
Der Betrüger freute sich über diese Reaktion und dachte bei sich: Wie dumm dieser Mann ist. Er hat mir die Geschichte mit den Mäusen abgekauft! Ich sollte ihn zum Abendessen einladen, damit er absolut keine Zweifel mehr hegt.
So sagte er scheinheilig: Ach! Wir haben uns so lange nicht gesehen. Ich möchte dich zum Abendessen zu mir einladen.“
Der Händler erwiderte: Ich danke dir für dein freundliches Angebot. Aber heute Abend hab ich etwas sehr wichtiges zu erledigen. Ich komme morgen zum Mittagessen.“
Dann verließ er das Haus. Da sah er den kleinen Sohn seines Freundes vor dem Haus spielen. Er nahm das Kind auf den Arm, trug es nach Hause und sagte seiner Frau, sie solle den Kleinen bis zum nächsten Abend behüten.
Am nächsten Mittag ging der Händler zum Haus seines Freundes. Der berichtete ganz besorgt: Seit gestern ist mein kleiner Sohn verschwunden. Ich habe die ganze Stadt nach ihm abgesucht. Verzeih mir wenn ich dich heute nicht zum Mittagessen empfangen kann.
Der Händler fragte: War es ein Junge mit einem gestreiften Hemd und einem schwarzen Weste und einer weißen Hose?
Der Händler rief aufgeregt: Ja ja! Hast du mein Kind gesehen?
Da sagte der Händler: Gestern als ich aus deinem Haus herauskam habe ich einen schwarzen Raben am Himmel gesehen, der trug einen Jungen mit dieser Kleidung im Schnabel!
Der Freund des Händlers schnaubte wütend: Was erzählst du mir da für ein verrücktes Märchen. Wie kann ein Rabe der kaum ein Kilo wiegt einen Jungen von mehr als 10 Kilo mit dem Schnabel wegtragen.
Der Händler aber antwortete: Ich finde das gar nicht verwunderlich. In einer Stadt in der eine Maus 300 kg Eisen auffressen kann, kann auch ein Raben ein Kind von 10 kg im Schnabel tragen.“
Da ging dem vermeintlichen Freund ein Licht auf. Und beschämt sagte er : Die Maus hat dein Eisen nicht gefressen. Bring mir mein Kind und komm dir dein Eisen abholen.
Unser heutiges Sprichwort heisst auf Persisch: Daneh didi wa dam nadidi? Hast du Körner gesehen, aber nicht die Falle?
Es war einmal ein Rabe und ein Adler. Der Rabe hauste auf einem Baum und der Adler auf einer hohen Bergspitze. Der Rabe beneidete den Adler sehr, weil dieser so hoch oben fliegen konnte. Er bestaunte seinen Flug täglich . Das hatte der Adler gemerkt und dachte bei sich: Ich werde den Raben einmal fragen, was er von meinem Flugkünsten hält.
So flog er zum Raben herunter. Der sagte: Ich schau dir immer beim Fliegen zu. Ach ich wünschte, ich könnte auch so gut fliegen. Da antwortete der Adler: Ach weißt du : Ich bin ein Adler und du bist ein Rabe. Ein Rabe kann aber nicht wie ein Adler fliegen. Vergiss es.
Der Rabe sagte: Ja du hast recht. Ich bin eben jung und habe große Wünsche. Übrigens wie ist das - Wenn du da ganz oben fliegst, siehst du dann auch mein Nest in diesem Baum ? “
Beinahe hätte der Adler zugegeben, dass die Häuser und Bäume von da oben so winzig sind, dass er sie manchmal nicht richtig erkennt. Aber er war zu stolz um das zuzugeben. Stattdessen brüstete er sich: Hör zu! Ich kann nicht nur gut fliegen ich hab auch sehr scharfe Augen. Ich kann von da oben sogar winzige Körner, die irgendwo auf der Erde liegen ganz genau erkennen.
Der Rabe glaubte dem Adler nicht und wollte ihn auf die Probe stellen. Er zeigte mit seinem Flügel in die Ferne und fragte: Siehst du was es da alles in der Ferne gibt. Der Adler schaute in die Ferne und konnte natürlich nicht alles genau erkennen. Dennoch sagte er: Ja! Ich sehe da in der Ferne einige Körner liegen.
Da sagte der Rabe wieder: Ich möchte dir ja gerne glauben, dass deine Augen so gut sind wie dein Flug. Aber wenn du die Wahrheit sagst, dann flieg zu diesen Körnern hin. Ich werde dir so gut ich kann folgen.
Der Adler erhob sich und flog rasch davon. Bei sich dachte er: Was für ein dummer Rabe. Ich werde dort in der Ferne sicherlich irgendwelche Körner finden und ihm zeigen und er wird mir glauben, dass ich sie von hier aus gesehen habe.“
Nach einer Weile flog er zum Wald herunter um ein paar Körner zu sichten. Der Rabe lag jedoch noch weit zurück.
Der Adler hatte inzwischen ein paar Körner auf dem Boden entdeckt und flog rasch auf sie zu, um sie sich zu schnappen. Aber dabei achtete er nicht darauf, dass die Körner unter einem Fangnetz lagen. Die Falle schnappte zu und der Adler war gefangen. Und da kam auch schon der Rabe vorbei.
Als der Adler den Raben sah, sagte dieser: Hier ich meinte diese Körner. Die habe ich aus der Ferne gesehen.
Aber der Rabe sagte: Komisch. Du hast diese winzigen Körner sehen können aber die große Falle hast du nicht gesehen?
Da begriff der Adler, dass der Rabe sehr klug war. Er gestand seine Lüge ein und bat ihn er solle ihn befreien.
Aus dieser Geschichte entstand das Sprichwort „Du hast die Körner gesehen, aber nicht die Falle? Das sagt man zu jemandem, der sehr stolz ist und mit Dingen protzt die er gar nicht besitzt. Daneh didi wa dam nadidi?