Sep 16, 2016 05:28 CET

Wir sprachen beim letzten Mal von Qiamah – dem Jüngsten Tag -  und sagten, dass beim ersten Stoß in den Sur, alle im Himmel und auf Erden sterben und beim zweiten alle wiederbelebt werden und auferstehen.  In diesem Teil möchten wir näher betrachten, was sich nach dem zweiten Stoß in den Sur ereignet. 

 

Nach dem zweiten Stoß in den Sur werden ausnahmslos alle Menschen wieder ins Leben zurückgerufen und den Schauplatz der Auferstehung betreten.  An diesem Tag, der sich gemäß Sure Taghabun (Sure 64 )  Vers  9    Yaum al Dscham`– Tag der Versammlung nennt , werden alle versammelt  vom ersten Menschen Hadhrat-e Adam (gegrüßet sei er) bis zum letzten, der noch kurz vor dem Qiamah zur Welt gekommen ist. In den Versen 47 und 48 der Sure Kahf (Sure 18) steht darüber:

„…, und Wir werden sie (die Völker der Erde) versammeln und werden keinen von ihnen zurücklassen.“

„"Und sie werden in Reihen vor deinen Herrn geführt. (Und zu ihnen wird gesagt werden: ) `Nun seid ihr zu Uns gekommen, so wie Wir euch erstmals erschufen. Ihr aber dachtet, Wir würden euch nie einen Termin der Erfüllung setzen.`"

                                 

Alle Menschen  werden am Tag der Auferstehung für das Jüngste Gericht umeinander versammelt. Vor dem Jüngsten Gericht muss sich der Mensch für jede Tat verantworten, die er aufgrund seiner Gesinnung und seines Denkens begangen hat. Da  der Mensch in der Gemeinschaft lebt, wird er aber auch von den Taten seiner Zeitgenossen und seiner Vorgänger beeinflusst und er selber übt Einfluss auf diese Weise auf seine Nachkommen und nachfolgende Generationen aus. Die Tat eines Menschen wirkt sich manchmal noch eine sehr lange Zeit auf die Rechtleitung anderer bzw. ihre Irreführung aus. Am Tag des Jüngsten Gerichtes soll über alle Taten eines Menschen Bilanz gezogen werden und zur Verrechnung der Taten eines jeden müssen alle, die irgendwie zu seiner Rechtleitung bzw. seiner Irreführung beigetragen haben, zugegen sein und wenn sie einen negativen Einfluss auf ihn hatten, werden sie dafür zur Rechenschaft gezogen.  Hier kommt wieder die göttliche Gerechtigkeit zum Ausdruck.

 

Der Tag der Auferstehung (Qiamah) ist ein harter Tag. Imam Resa (gegrüßet sei er) sagt:

„Es gibt drei Tage, die sehr schrecklich sind: der Tag, an dem der Mensch auf die Welt kommt, weil er zum ersten Mal die Welt sieht und sich erschreckt, -  Der Tag an dem der Mensch stirbt und die Zwischenwelt erblickt -  und der Tag der Auferstehung aus den Gräbern, der für den Menschen etwas Fremdes ist.“

Im Koran wird ebenso auf den Tag der Auferstehung und seine Schrecken hingewiesen. Zum Beispiel spricht Gott in der   

Sure 70, Sure Muaridsch, in den Versen  42-44 zum Propheten:

„So lass sie nur plaudern und sich vergnügen, bis sie ihrem Tag begegnen, der ihnen angedroht wird,“

„dem Tag, an dem sie aus ihren Gräbern eilends hervorkommen, als eilten sie zu ihren Götzenfiguren.“

„Ihre Augen werden (aus Beschämung und Schrecken)  niedergeschlagen sein; Schmach wird sie bedecken. Das ist der Tag, der ihnen verheißen wurde (und den sie nicht ernst genommen haben)“

 

In diesen Versen geht es darum, wie diejenigen, die nicht an die Auferstehung glauben am Jüngsten Tag ihr  Gräber verlassen und wie alle zum Ort der Versammlung eilen.

 

Die riesige Menschenmenge am Jüngsten Tag wird unter einer glühenden Sonne versammelt werden. Allen bricht der Schweiß aus und erschöpft und ratlos stehen sie und warten. Weder Schatten gibt es noch einen Zufluchtsort.   Imam Sadiq (gegrüßet sei er) sagt:

Die Erde besteht am Jüngsten Tag aus Feuer, mit Ausnahme des Schattens für die Gläubigen, wo es kühl ist. „ Und in einer anderen Überlieferung  heißt es, dass die Hitze auf der Erde und das Gedränge der Versammelten so groß ist, dass alle in Schweiß ausbrechen und ihnen das Atmen schwer fällt. Imam Ali (gegrüßet sei er) beschreibt den Tag der Auferstehung wie folgt: „An jenem Tag können sich jene am glücklichsten schätzen, die ein Fleckchen zum Stehen und Durchatmen finden.“

Aber je nach Grad der Gläubigkeit werden nicht alle am Ort der Versammlung festgehalten. Viele gläubige Menschen brauchen nicht dorthin. Der Erhabene Prophet des Islams (Segen sei auf ihm und Friede den Edlen aus seinem Hause) sagt:

„Gott der Allmächtige sagt zu den Engeln, die die Gottesfürchtigen begleiten:  `Versammelt Unsere Freunde im Paradies und haltet sie nicht zusammen mit den anderen Leuten,  bei denen Gut und Schlecht vermischt ist, fest. Mein Wohlgefallen ist ihnen zuteil geworden und sie müssen Meinen Segen erhalten.“ Also führen die Engel diese Schar zum Paradies….“ (Bihar al Anwar, Band 7).

Diejenigen deren  Taten, Ansichten und Moral ein Gemisch von Gutem und Schlechtem ist  und an denen der Schmutz von Sünden haftet, werden also am Ort des Haschr – der großen Versammlung  festgehalten. Dort können sie eine Läuterung erfahren um höhere Stufen zu erreichen und schließlich ins Paradies einkehren zu dürfen.

 

Am Tag des Qiamah wird jedem  sein Buch der Taten zur Verrechnung ausgehändigt. Das Buch der Taten ist kein Blatt, auf dem mit einem Stift die Taten des Menschen aufgelistet sind.  Wie aus den Versen des Korans und Überlieferungen hervorgeht handelt es sich bei diesem Buch um eine sehr detaillierte wundersame Sache. Dieses Buch der Taten umfasst nämlich alle Einzelheiten des menschlichen Handelns, seines Verhaltens und seiner Eigenschaften und Eigenart und zwar von Anfang bis Ende seines Lebens.  Als Imam Sadiq (gegrüßet sei er) einmal sagte: 

„Am Jüngsten Tag wird dem Menschen sein Buch übergeben. Dann wird ihm gesagt: Lies!“, fragte ihn jemand: „Ist ihm alles, was darin steht, bekannt? “  Der Imam antwortete: „Das Buch erinnert an jeden Augenaufschlag und jedes Wort und jeden Schritt und es gibt nichts, an das es nicht erinnern würde. Es ist als ob der Mensch jede Tat gerade eben erst durchgeführt hätte. Gemäß dem Koran (Vers 49, Sure 18) werden die Sünder, wenn sie ihr Buch der Taten erhalten, sagen:  

`O wehe uns! Was für ein Buch ist das ! Es lässt nichts aus, ob klein oder groß, sondern hält alles aufgezeichnet.`"   (Bihar al Anwar, Band 7, Riwayat 10)
In Wahrheit werden im Buch der Taten alle Seiten der Personalität des Menschen offengelegt. Im Vers 12 der Sure 36 lesen wir: 
 

„Wahrlich, Wir sind es, Die die Toten beleben, und Wir schreiben das auf, was sie (die Menschen) begehen,… zugleich mit dem, was sie zurücklassen; …“

Wenn also der Mensch aus der Welt geht  und etwas Wichtiges und Wertvolles hinterlässt, so wird auch dies in seinem Buch der Taten aufgeschrieben.

                                   

In den Überlieferungen heißt es: „Wenn der Mensch stirbt, brechen seine Werke ab, bis auf drei: Erstens ein rechtschaffenes Kind, welches gute Taten hinterlässt. Zweitens, ein Wissen, das den Menschen zugutekommt, drittens eine anhaltende Spende, die er hinterlässt ( zum Beispiel eine Stiftung) und welche die Menschen laufend nutzen.“

 

Wenn also jemand eine gute Sitte hinterlässt und die anderen nach dieser Sitte handeln,  dann wird es in seinem Buch der Taten stehen.  Also sieht der Mensch am Jüngsten Tag vielleicht verwundert Taten in seinem Buch verzeichnet, die er gar nicht selber durchgeführt hat. Aber ihm wird gesagt: Die Brücke, die du gebaut hast, und die die Menschen nach dir überquerten und das Krankenhaus, dass du für arme Leue gestiftet hast,  sind alles laufende Spenden (Sadaqa Dschariyah) von dir. Für jeden Nutzen, den andere  bis zum Jüngsten Tag aus deiner Spende ziehen, wird dir entsprechend Gutes in dein Buch der Taten eingetragen.

Allerdings ist es bei den negativen Dingen nicht anders. Jeder der eine schlechte Sitte hinterlässt, für den wird eine Schuld in das Buch der Taten eingetragen, sobald nach ihm jemand nach dieser Sitte handelt.

Es fragt sich nun: Was ist  mit denen, die reuevoll umkehren? Wie wird ihr Buch der Taten aussehen?   Hierzu kann gesagt werden:

Gemäß den Koranversen und den Überlieferungen werden die bereuten schlechten Taten und schlechten Denkweisen wieder aus dem Buch der Taten gestrichen. Gemäß einer Überlieferung hat Imam Sadiq (a) gesagt:

„Wenn jemand wahrhaftig bereut, liebt Gott ihn.  Also verdeckt Gott, das, was er getan hat.“

Wie der Überlieferer berichtete, wurde der Imam daraufhin gefragt: „Wie verdeckt er es denn?“  Der Imam antwortete:

„Gott lässt jene beiden Engel, das, was sie an Sünden für ihn aufgeschrieben haben, vergessen.   Auch offenbart er seinen Körpergliedern, dass sie seine Sünden verbergen sollen. Und den Flecken auf  der Erde offenbart er: Verdeckt für ihn, was er auf euch an Sünden getan hat. Also begegnet dieser Mensch Gott,  während es nichts gibt, was über seine Sünden zeugt.“(Bihar ul Anwar, Band 7, Riwayat 12).

Dem Bereuen von Sünden, die ja nichts anderes sind als eine Unbotmäßigkeit gegenüber Gott, folgt also die Liebe Gottes. Deshalb sagt der Prophet (Der Segen Gottes sei auf ihm und Friede seinem Hause): „Wer seine Sünde aufrichtig bereut und umkehrt ist wie jemand, der keine Sünde begangen hat.“  (Safinat-ul Bihar,Band 1)

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