So wird gesagt- Teil 46
Ein Kaufmann hielt sich einen schönen Papagei in einem Käfig. Der konnte sogar sprechen.
Als der Kaufmann eine Handelsreise nach Indien antrat, fragte er jeden im Hause, was er sich als Reisemitbringsel wünsche. Er fragte auch den Papagei. Der sagte: Du brauchst mir nichts mitzubringen. Aber ich habe eine Bitte. Grüße die Papageien in Indien von mir und sag ihnen, ich würde sie gerne sehen, aber weil ich in einem Käfig könne ich sie nicht besuchen.“ Der Kaufmann versprach die Botschaft weiter zugeben. Als er in Indien im Wald einige Papageien sah bestellte er ihnen sogleich schöne Grüße. Da sah er wie einer der Papageien zu zittern begann, plötzlich vom Baum herunterfiel und wie tot auf der Erde liegen blieb. Da war der Kaufmann ganz bekümmert. Er dachte, er sei an dem Tod dieses armen Vogels schuld.
Der Kaufmann war aus Indien zurückgekehrt und hatte für die ganze Familie und auch für sein Hauspersonal Geschenke mitgebracht. Da rief ihn der Papagei: „Und was ist mit mir? Hast du den Papageien in Indien meine Grüße bestellt und von mir berichtet?
Der Kaufmann sagte: „Ja, hab ich. Aber ich bedaure es. Hätte ich es doch lieber nicht getan und die schuldlosen Papageien nicht von dir gegrüßt.“
Dann erzählte er dem Papagei, was passiert war.
Da begann dieser plötzlich zu zittern und aufgeregt zu flattern, fiel von der Stange und blieb leblos am Boden des Käfigs liegen.
Der Händler dachte: O weh! Mein Papagei ist tot. Bekümmert öffnete er die Käfigtüre um das tote Tier herauszuholen. Da breitete der Papagei plötzlich die Flügel aus und flog zum Baum hoch. Der Händer war ganz verblüfft, und wollte vom Papagei wissen, was das zu bedeuten habe:
Der belehrte ihn: „Mein Kamerad in Indien hat mir gezeigt, wie ich mich aus diesem Käfig befreien kann. Er hat mir klar gemacht, dass ich wegen meinem schönen Gefieder und meiner lustigen Sprache eingesperrt worden bin .
Dann gab der Papagei dem Händler noch einige gute Ratschläge und flog davon. Der Händerl aber dachte, ich sollte von diesem Papagei lernen und im Leben nach Freiheit streben.
Nach dieser Geschichte aus dem Mathnawi von Molana folgt die sprichwörtliche Redewendung:
Ba hameh Baleh, ba man ham baleh?!
Ein Händler war nach vielen Jahren Erfolg in Schwierigkeiten geraten. Wenn er etwas kaufte, wurde es billig und wenn er etwas verkaufte, wurde es teurer. Langsam glitt ihm sein ganzer Reichtum aus der Hand. Um sein Geschäft nicht schließen zu müssen, ließ er sich auf Kredit Waren von einigen Händlern geben. Und so hatte er plötzlich lauter Schulden. Sein Geschäft erholte sich anscheinend wieder etwas. Aber bei der Abrechnung merkte er dass er doch nur Verluste gemacht hatte. Schließlich besaß er nichts mehr und hatte nur noch Schulden bei vielen anderen Kaufleuten in der Stadt.
Die Gläubiger waren mehrmals gekommen und hatten ihr Geld gefordert. Aber er hatte jedesmal über seine schlechte Lage geklagt und sie waren wieder mit leeren Händen weg gegangen. Da wandten sie sich schließlich an den Kadi und reichten Klage gegen den Schuldner ein.
Der bankrott gegangene Händler wusste, dass er bald vor den Kadi gerufen wird und im Gefängnis landen würde, wenn er seine Schulden nicht begleicht. So bat er wieder die anderen um Hilfe. Schließlich klopfte er an das Tor einer seiner Gläubiger, der nicht so hartnäckig wie die anderen seine Schulden zurückforderte, an. Er erzählte ihm seine Geschichte von Anfang bis Ende und von seinem Verlust und seiner Not. Schließlich sagte er: „Ich weiß nicht mehr ein noch aus.“ Der Gläubiger dachte nach und sagte dann: „Ich werde dir sagen, wie du den Richter mitleidig stimmen kannst, damit er dich nicht ins Gefängnis schickt und die anderen Gläubiger von dir ablassen. Aber ich habe eine Bedingung!“
Der Händler sagte: „Ja, welche denn?! Ich bin bereit sie zu akzeptieren, wenn du mir verrätst wie ich mich aus dieser Affäre retten kann.“
Der Gläubiger sagte: „Ja! Du denkst an deine eigene Rettung und ich daran, wie ich mein Geld von dir zurück bekomme. Meine Bedingung lautet: Wenn ich dich vor den anderen Gläubigern gerettet habe, musst du mir das Geld, dass du mir schuldest, umgehend voll und ganz zurückzahlen.“
Der Händler war einverstanden und sagte: „Nun sag schon, was ich machen soll!“
Da sagte der andere:
„Wenn du vor dem Kadi stehst, dann sag auf alles nur „Ja“. Auch wenn die anderen dich beschimpfe, sag nur „Ja“ und nicht mehr: Sag: Baleh! Und auf jede Frage, die dir der Richter stellt, antworte nur mit „Ja“!“
Einige Tage vergingen bis der Richter den Händler rufen ließ. Die Gläubiger hatten sich schon im Gericht versammelt.
Der Richter fragte den Händler:
„Stimmt es, dass du Schulden bei diesen Leuten hast?“
Der Händler erwiderte: „Ja!“
Der Richter fragte: „Warum bezahlst du dann deine Schulden nicht?“
Der Händler wieder: „Ja!“
Der Richter: „Was hast du mit dem ganzen Geld und den Waren, die dir die anderen Händler gegeben haben, nur gemacht?“
Der Händler wieder: „Ja!“
Der Kadi wurde ungeduldig und sagte: „Was heißt hier „Ja“? Warum antwortest du nicht auf meine Fragen?“
Der Händler wieder: „Ja!“
Kurzum: Auf jede Frage antwortete der Händler also mit „Ja“, nämlich
„Gibst du unser Geld her oder nicht?“
- „Ja“
„Willst du das Geld etwa für dich behalten?“ - „Ja“
usw
Schließlich beruhigte der Kadi die Händler und sagte: „Leute, dieser arme Kerl ist nicht mehr normal. Er ist wegen seiner Sorgen durchgedreht. Einen Verrückten kann ich nicht verurteilen oder einsperren. Lasst ihn laufen!“
Da ließen die Gläubiger von dem Händler ab und gingen ihrer Wege. Der Händler aber verließ Ja-, Ja-sagend den Gerichtshof. Wer hätte das gedacht, dass er so leicht die Gläubiger loswerden würde!
Einige Tage später machte sich der Gläubiger, der dem bankrotten Händler den rettenden Hinweis gegeben hatte auf dem Weg zum Haus seines Schulderns:
Er klopfte an, grüßte und fragte: „Wie geht es dir?“
Die Antwort war : „Ja!“
Da sagte er: „Siehst du, mein Plan war gut, nicht wahr?!“
- „Ja“
- „Nun . Jetzt solltest du dich an dein Versprechen halten!“
- „Ja“
- „Wann gibst du mir denn mein Geld?“
- „Ja“
- „Du wolltest es mir doch selber vorbeibringen.“
- „Ja“
- „Ja dann geh es doch jetzt holen ,bitte!“
- „ Ja“
- „Bist du verrückt geworden! Was soll das viele Ja, Ja. Gib mir anstelle dessen das Geld.“
- „Ja“
Kurzum dieser gute Mann erhielt auf alles was er sagte als Antwort ein „Ja“ und da begriff er, dass der bankrotte Händler ihm seine Schuld nicht zurückzahlen wird. Er sagte deshalb resigniert : ba hameh baleh, ba man ham baleh?!
Zu allen sagst du Ja und auch zu mir ja?!
Da sagte der Händler prompt : „Ja“
Die Redewendung Zu allen sagst du Ja und auch zu mir ja?! verwendet man, wenn jemand, dem man sehr entgegengekommen ist und gutes getan hat, dies nicht zu schätzen weiß und undankbar ist.