Islam richtig kennenlernen (54)
Nachdem wir über den Auftrag und die Ziele der Propheten Gottes allgemein gesprochen haben, möchten wir nun das Thema Prophetschaft detaillierter betrachten.
Die Propheten können unterschieden werden nach denjenigen von ihnen, auf die ein Buch herabgesandt wurde und die seitens Gott für die Menschheit ein Religionsgesetz (eine Scharia) überbrachten. Im Koran werden sie Ulul- Azm genannt. Es sind die 5 großen Propheten Nuh (Noah), Ibrahim (Abraham) Musa (Moses) Isa (Jesus) und der Prophet Mohammad. Die anderen Propheten haben kein neues Religionsgesetz verkündet, sondern waren beauftragt, das Religionsgesetz der erstgenannten Gruppe von Propheten zu verbreiten. Die meisten Propheten gehören zu dieser zweiten Gruppe wie Hud, Salih, Lut (Lot), Ishaq (Isaak) Yaghub (Jakob), Yusuf (Josef), Schuaib, Zakaria (Zacharias), Yahya (Johannes) und weitere.
Der Koran hat den Propheten, die Ulul-Azm sind, wegen ihrer herausragenden Eigenschaften natürlich besondere Beachtung geschenkt. Gott hat im Vers 35 der Sure 46 (Ahqaf) wie folgt im Zusammenhang mit den Ulul-Azm zum Propheten des Islams gesagt:
„Sei nun standhaft, wie die Ulul-Azm der Propheten …“
Ulul-Azm sagt man zu jemanden, der fest entschlossen ist und niemals von seinem Bemühungen ablässt.
Da jene fünf großen Propheten, die eine Scharia überbrachten, auch eine neue Religionslehre verbreiten sollten, mussten sie gegen die allgemeine Ansicht, die in der Gesellschaft herrschte, angehen. Sie lehnten heftig jegliche falschen und irrführenden Bräuche, die sich eingebürgert hatten und Aberglauben ab, und deshalb wurden sie von starrsinnigen, arroganten Herrschern und anderen Leuten, die wegen der Lehre eines Propheten um ihre soziale Position fürchteten, angefeindet. Die eigensinnigen Feinde scheuten nichts, um diese Gottesmänner zu isolieren und zu bekämpfen. Daher leuchtet es ein, dass sie einen festen Willen besitzen mussten, damit sie sich gegen diese verbissenen Feinde wehren und die Hindernisse auf dem Wege zur Rechtleitung des Volkes aus dem Weg räumen können. Daher werden diese fünf großen Propheten eben Ulul Azm genannt - nämlich Leute mit Entschlossenheit. Es heißt in obigem Vers in der Sure 46, dass der Prophet des Islams wie die anderen Ulul Azm Propheten geduldig sein muss. Mit Sicherheit ist der Prophet des Islams, Mohammad (S) also auch einer von diesen Propheten.
Auch im Vers 7 der Sure 33 (Ahzab) ist ein Hinweis enthalten, dass der Prophet zu den Ulul-Azm-Propheten gehört. Es steht dort nämlich:
„Und (o Prophet! gedenke,) als Wir von den Propheten ihr Versprechen abnahmen, und auch von dir und von Nūḥ, Ibrāhīm, Mūsā und ʿĪsā, dem Sohn Maryams; Wir nahmen ihnen ein festes Versprechen ab,
Dieser Vers besagt, dass Gott von allen Propheten ein festes Versprechen abgenommen hat und dann werden noch einmal getrennt der Prophet und die 4 anderen Ulul Azm genannt, das heißt die fünf Propheten mit einem Himmelsbuch und einer Scharia. Dabei wird als erstes der Prophet des Islams (S) wegen des hohen Platzes, den er einnimmt, angeführt und danach in der Reihenfolge der Aussendung Noah, Abraham, Moses und Jesus (F). Wir können aus diesem Vers also schließen, dass Gott allen Propheten ein festes Versprechen abgenommen hat, die Ulul Azm Propheten jedoch besondere Verantwortung tragen –Sie sind zur optimalen Verkündung und Rechtleitung der Menschen verpflichtet und müssen die Menschen auf die beste Weise aufrufen, dem Einen Gott zu dienen. Sie sollen den Aufruf der vorhergehenden Propheten bestätigen und ihre Völker auf das Kommen des Propheten nach ihm vorbereiten bis schließlich der letzte Prophet (Prophet Mohammad (S)) ausgesandt worden ist. Das Versprechen, das Gott den Propheten abgenommen hat, umfasst also alle Aufgaben eines Propheten.
In den islamischen Quellen stehen vielen Überlieferungen darüber, dass die genannten fünf Propheten die Ulul Azm sind. In einem solchen Hadith von Imam Sadiq (F) heißt es: „Die Großen Propheten sind fünf. Es sind die Ulul Azm und sie sind die Achse der Prophetschaft. Es sind Noah, Abraham, Moses, Jesus und Mohammad (Gottes Segen sei auf ihm und Friede den Edlen aus seinem Hause). Als Imam Sadschad (F) gefragt wurde, warum diese Propheten Ulul-Azm heißen antwortete er: „Weil sie nach Osten und Westen und zu den Dschinn und Menschen ausgesandt worden sind.“
Die Ulul-Azm Propheten besaßen drei besondere Vorzüge: Ihr Aufruf erging an alle und war universal, sie besaßen ein unabhängiges Religionsgesetz und außerdem überbrachten sie ein Himmelsbuch. Dies sind also die Kriterien für die Ulul-Azm gewesen. Mit unabhängigem Religionsrecht ist natürlich nicht gemeint, dass dieses Religionsgesetz völlig von der Scharia des vorhergehenden Ulul-Azm-Propheten verschieden war oder ihm sogar widersprach. Vielmehr bedeutet es, dass die Scharia des neuen Propheten , entsprechend den Bedingungen und Erfordernissen der Zeit, einige Gebote enthielt die von den vorhergehenden verschieden waren, was ganz natürlich ist.
Zweifelsohne gibt es bei allen Himmelsreligionen gemeinsame, unveränderliche Gebote, aber einige wurden entsprechend der Bedürfnisse der Zeit festgelegt, d.h. vorherige Gebote wurden entsprechend dem Wandel der Bedingungen geändert. Zum Beispiel sind einige Gebote, die in der jüdischen Lehre gelten, deswegen aufgestellt worden, weil die Bani Israil (die Kinder Israels) oftmals eigenwillig handelten und daher der Geist der Gottesdienstbarkeit und des Gott-Gehorsams unter ihnen gestärkt werden musste. Daher konnte ein solches Gebot später, als Gott weitere Völker mit einer neuen Offenbarung ansprach, geändert werden.
Bei den Büchern, die die Ulul -Azm Propheten überbrachten, handelt es sich inhaltlich um religiöse Gebote und religiöses Wissen und gute Ratschläge. Die Gebote betreffen persönliche und soziale Angelegenheiten ebenso wie politische Fragen und das Gott-Dienen.
Nicht nur die Ulul-Azm Propheten haben ein himmlisches Buch überbracht. Auch einige andere Propheten überbrachten ein solches Buch, wie zum Beispiel Prophet Davud (David). Aber sein Buch enthielt keine Gebote und keine Scharia. Auch hatten Prophet Adam und Idris ein himmlisches Buch, aber dennoch waren sie keine Ulul-Azm-Propheten.
Es sei auch erwähnt, dass die Menschheit im Laufe der Zeit und durch den Wandel der Lebensbedingungen und die zunehmende Nutzung und Weiterentfaltung der kollektiven und individuellen Vernunft sowie mit Hilfe der Lehren, die die Propheten Gottes ihr zur Verfügung stellte, wachsende Fortschritte in Richtung der Vervollkommnung erzielt hat. Mit Fortschreiten der Geschichte und der Zivilisation ist auch die Bereitschaft des Menschen, neue und umfassendere Botschaften zu empfangen, gewachsen. Zu dem gleichen Ergebnis gelangen wir, wenn wir die Lehren der himmlischen Religionen betrachten und sie miteinander vergleichen. Einige muslimische Gelehrte sagen dass sich die Fähigkeiten des Menschen von Adam bis zum Glaubensvolk der Endzeit in einem ständig wachsenden Entfaltungsprozess befinden. Daher haben die Propheten, die nacheinander ausgesandt wurden, Konzepte für das Wohl und Glück vorgelegt, die der Fähigkeit und inneren Bereitschaft der Menschen in ihrem Zeitalter angepasst waren.
Natürlich liegt uns kein vollständiger Bericht über die Geschichte der Propheten vor und wir kennen nicht ihre genaue Zahl. Der Koran spricht nur über das Leben einiger von ihnen. Der Koran soll ja keinen ausführlichen Bericht über die Geschichte geben, sondern er legt die Ereignissen in der Geschichte in dem Maße dar, wie es für die Rechtleitung der Menschen nötig ist.
Er berichtet zum Teil ausführlicher über diejenigen Propheten, die besondere Eigenschaften besaßen und deren Leben besonders lehrreich ist.
Nachdem Gott Himmel und Erde und andere Lebewesen erschaffen hatte, erschuf er den Menschen, die Krönung der Schöpfung und bestimmte ihn zu Seinem Statthalter auf Erden. Der erste Mensch, Adam, ist Vater aller Menschen und der erste Prophet Gottes. Gott hauchte ihm von Seinem Geist ein und nach Erschaffung Adams pries er sich selber wegen dieses Schöpfungswerkes und er wies die Engel an, sich vor Adam niederzuwerfen. Jedoch gehorchte Satan nicht diesem göttlichen Befehl und so wurde er aus Gottes Nähe vertrieben. Adam aß von dem verbotenen Baum und wurde zusammen mit seiner Gemahlin Hawa (Eva) aus dem Paradies verwiesen und stieg auf die Erde herab. Adam wurde der erste Statthalter Gottes auf Erden.
Während Adam der erste Prophet Gottes ist, ist Mohammad Ibn Abdullah (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) der letzte der fünf Ulul-Azm Propheten und sein größtes Wunder ist der Koran. Mit vierzig hat er in der Höhle Hara` bei Mekka die ersten Offenbarungsverse empfangen und wurde zum Propheten berufen. Die Lehre, die er der Menschheit überbrachte, ist der Islam. Schwerpunkt seiner Lehre ist die Anbetung des Einen Gottes, der Glaube an die Rückkehr zum Herrn und das Ewige Leben und die Vollendung der moralischen Tugenden.
In den kommenden Teilen wollen wir Sie, liebe Hörerfreunde, kurz mit dem Leben der fünf Ulul-Azm Propheten, nämlich Nuh, Ibrahim, Musa, Isa (Friede sei allen ihnen) und Mohammad (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) vertrauter machen.