Islam richtig kennenlernen ( 90 )
Wie wir beim letzten Mal schilderten, war der Prophet des Islams mit einem Heer von zehntausend Mann in die Stadt Mekka eingezogen und hatte sie ohne Blutvergießen erobert. Viele Menschen waren versammelt und sahen die Truppen einmarschieren. Einige von ihnen waren erfreut und jubelten, andere waren starr vor Angst oder Wut.
Der Prophet betrat die Heilige Moschee von Mekka und rief das Takbir – die Größerpreisung Gottes – Allah Akbar. Auch all die anderen, die den Propheten umringten, ließen diesen Ruf zur Preisung Gottes erschallen - Allah Akbar – Gott ist Größer, Gott ist am Größten. Die Götzendiener die sich in ihren Häusern in Mekka verschanzt hatten oder noch auf den Anhöhen in Umgebung der Stadt verharrten, konnten es alle hören.
Der Prophet Gottes (S) vollzog die Umschreitung der Kaaba. In und außerhalb der Kaaba gab es fast 360 Götzen, große und kleine. Bei der ersten Umschreitung der Kaaba fiel sein Blick auf die großen Götzen Hubal und Naila, die über der Pforte der Kaaba angebracht waren. Der Prophet versetzte diesen Götzen mit der Lanze, die er in der Hand hielt einen festen Hieb, so dass sie herunterfielen. Dann sprach er den Vers 81 der Sure Isra (Sure 17): „Und sag: Die Wahrheit ist gekommen, und das Falsche geht dahin; das Falsche ist ja dazu bestimmt, dahinzugehen.“
Daraufhin wurde auf Anweisung des Propheten(S) der Götze Hubal, der viele Jahre lang für die Polytheisten als der große Gott galt, vor den Augen aller zerschmettert. Der Prophetengefährte Zubair Ibn Awwam sagte zu dem Anführer der Götzendiener Abu Sufyan. Hubal, dieser große Götze, auf den du in der Uhud-Schlachtschlacht stolz warst ist, nun zerbrochen.“ Abu Sufyan antwortete verärgert: „Lass das! Wenn Hubal etwas hätte erreichen können, denn erginge es uns jetzt anders. Es ist also klar, dass es keinen anderen Gott gibt als den von Mohammad.“
Der Prophet hatte die Umschreitung der Kaaba zu Ende gebracht und setzte sich in einen Winkel der Heiligen Moschee. Er schickte Bilal zum Haus des Uthman Ibn Talha, in dessen Hand der Schlüssel zur Kaaba war. Bilal sollte sich den Schlüssel zur Kaaba holen. Die Mutter von Uthman weigerte sich und sagte: Der Schlüssel der Kaaba ist immer in der Hand unserer Familie gewesen. Aber Uthman beruhigte sie. Er kam zur Heiligen Moschee und schloss auf Anweisung des Propheten hin die Kaaba auf. Der Prophet betrat das Haus Gottes und schloss die Pforte. Er ordnete an dass alle Bilder, die an den Wänden in der Kaaba hingen, vernichtet werden. Einige Geschichtsschreiber berichten, dass er selber die Kaaba von diesen Götzenbildern befreit und danach die Wände der Heiligen Stätte mit dem Wasser aus dem Zamzam-Brunnen gewaschen hat. Ali (Friede sei ihm) bestieg die Schultern des Propheten, damit er einige Götzen, die an einer höheren Stelle angebracht waren, entfernt, wie zum Beispiel den Götzen Chazaa . Schließlich war die Kaaba von allen Götzen befreit. Die Pforte zum Hause Gottes wurde wieder geöffnet und der Prophet Gottes rief: „Es gibt keinen Gott außer dem Einen. Er hat Seine Verheißung erfüllt und Seinem Diener geholfen und alleine Seine Feinde vernichtet.“
Eine große Menschenmenge hatte sich um die Kaaba in der Heiligen Moschee versammelt: Muslime und Götzendiener – Freunde und Feinde. Es war der Zeitpunkt gekommen, dass der Prophet den Islam denen vorstellt, die ihn noch nicht richtig kannten. Alle hielten den Atem an. Die Gedanken, die durch die Köpfe gingen, waren verschieden. Die Götzendiener von Mekka mussten an das Unrecht denken, das sie den Muslimen angetan hatten. Alle diejenigen, die immer wieder gegen den Propheten in blutige Gefechte gezogen waren und seine Anhänger getötet hatten, befanden sich nun in der Hand des Propheten. Die Götzendiener raunten einander zu: „Er wird uns alle töten lassen, oder einen Teil töten und die anderen festnehmen. Die Frauen und Kinder wird er als Kriegsgefangene mitnehmen.“
Während sie solche Gedanken hegten, brach der Prophet schließlich sein Schweigen. Er sagte:
„Was denkt und was sagt ihr über mich?“ Die Menschen horchten auf. Was sollte das bedeuten? Sie riefen: „Wir haben nur Gutes über dich gedacht. Du bist für uns unser großzügiger Bruder und der Sohn unseres großzügigen Bruders.“
Der Prophet sagte daraufhin mit Hinweis auf den Vers 92 der Sure 12, Yusuf über den Propheten Josef:
„Ich sage zu euch das gleiche, was mein Bruder Yusuf zu seinen Brüdern, die Unrecht begangen hatten, gesagt hat, nämlich: `Keine Schelte soll heute über euch kommen. Allah vergibt euch (eure Sünden), Er ist ja der Barmherzigste der Barmherzigen.`“
Auf diese Weise gab der Prophet (S) vor allen den Befehl zur allgemeinen Amnestie heraus. Dann fuhr er fort: „Ihr Leute, ihr ward keine guten Landesgenossen. Ihr habt meine Berufung geleugnet und mich aus meinem Haus vertrieben und habt an dem entferntesten Ort, wo ich Zuflucht gesucht habe, Krieg gegen mich geführt. Aber ich verzeihe euch, trotz all dieser Vergehen und ich löse die Fesseln der Versklavung an euren Füßen und verkünde: Geht eurem Leben nach. Ihr alle seid frei.“
Nach Bekanntgabe der allgemeinen Amnestie, von der aufgrund triftiger Gründe nur einige wenige ausgenommen waren, hat
der Prophet den Menschen noch einige wichtige Empfehlungen mitgegeben. Als erstes hat er etwas gesagt, um seinen Verwandten klarzumachen, dass ihre Verwandtschaft zum Propheten kein Grund dafür ist, dass sie die Gebote des Islams übertreten dürfen. Er sagte:
„Ihr Söhne von Haschim und Abdul Muttalib. Ich bin der Prophet, den Gott zu euch gesandt hat und die Liebe zwischen mir und euch vergeht nicht, aber denkt nicht dass das Verwandtschaftsband euch vor dem Tag der Auferstehung(und der Bestrafung an diesem Tag) retten kann. Alle sollten wissen, dass sich meine Freunde unter euch und unter den anderen, die gottesfürchtig sind, befinden.“
Um den Stolz zu bekämpfen, den jemand wegen Herkunft und Verwandtschaft hegen könnte, sagte er: „Ihr Menschen, Gott hat dank des Islams den falschen Ruhm aus der Zeit der Unwissenheit (vor dem Islam) und die Prahlerei wegen Abstammung und Herkunft von euch weggenommen. Ihr alle stammt von Adam ab und Adam wurde aus Lehm erschaffen. Die besten sind die, die sich der Sünde und des Gott-Ungehorsams enthalten.“
Der Prophet wusste, dass die damaligen Bewohner von Mekka es als eine große Ehre betrachteten dass sie Araber waren und der Stolz auf ihren Stamm und auf ihre Rasse wie eine schwere Krankheit tief in ihren Herzen steckte. Um diese Krankheit zu heilen und sie an der Wurzel zu beseitigen, sagte er: Ihr Menschen, es zählt nicht zu eurem Wesen, dass ihr Araber seid, sondern es geht nur um eine Sprache. Jeder der es versäumt, seine Pflicht zu erfüllen, den bringt der Ruhm seines Vaters nicht weiter. Dieser Ruhm wird sein Versäumnis nicht wettmachen.“
Der Prophet (S) unterstrich also die Gleichstellung der Menschen indem er sagte:
„Alle Menschen sind – in vergangenen Zeiten und heute, wie die Zacken an einem Kamm gleich und der Araber kommt nicht über dem Nicht-Araber und Rot nicht über Schwarz zu stehen. Das Maß für Vortrefflichkeit, ist die Gottesfürchtigkeit und Enthaltsamkeit von Sünden.“
Auf diese Weise hat der Prophet die falschen Privilegien verworfen ebenso wie jegliche Überlegenheitsgefühle und jegliche Formen des Eigendünkels. In einem anderen Teil der Rede, die der Prophet damals hielt, ging es um die Einmütigkeit und den Zusammenhalt der Muslime und die Rechte und Pflichten der Muslime untereinander. Damit wollte der Prophet die Herzen der Menschen, die nicht dem Islam angehörten für den Islam gewinnen. Er sagte:
„Ein Muslim ist der Bruder des Muslims und alle Muslime sind Brüder zueinander und gegenüber den Fremden sind sie wie eine einzige Hand.“
In den wenigen Tagen, die der Prophet (S) in Mekka blieb, haben sich zweitausend junge Menschen aus dem Stamm der Quraisch zum Islam bekannt und dem Heer des Islams angeschlossen. Damit wuchs das Heer der Muslime auf zwölftausend Kämpfer an. Dies alles war das Resultat der Geduld und Standhaftigkeit der Muslime und die Befolgung ihres Propheten und die Opfer, die sie auf seinem Weg erbracht haben. In der Tat war es ein sehr großer und schöner Sieg und er ließ die Muslime all die bitteren Stunden, die sie erlebt hatten, vergessen. Der Prophet konnte nun nach 21 Jahren stetigen Kampf, das Ergebnis der Mühen, die er und seine Helfer auf sich genommen hatten, vor sich sehen. Einst waren seine Helfer in ihrer Geburtsstadt getötet oder gefoltert, waren er und die Muslime aus ihrer Heimatstadt Mekka vertrieben und einige von ihnen enteignet worden. Aber an jenem Tag war der Prophet erfreut, dass er das heilige Gebiet von Mekka von dem Schmutz der Götzenanbetung hatte befreien und dort das Banner des Glaubens an den Einen Gott hatte hissen können.