Dez 13, 2017 08:48 CET
  • Islam richtig kennenlernen (111 - Notwendigkeit Imamat)  

Nach dem Verlust des Propheten brauchte die Islamische Gemeinde zwei Dinge dringend: ein umfassendes Gesetz, welches die Grundzüge und den Lebensstil für das private und gesellschaftliche Leben aufzeigt. Dieses Gesetz unterbreitete das Buch Gottes. Und zweitens  jemanden der das Wissen und die Inhalte des Buches Gottes genau kennt und, mit Hilfe dieses festen und weitgehenden Wissens, der Imam – der Lenker und Führer der Islamischen Gemeinde sein kann und selber ideales Vobild war.

    

 

Wir haben beim letzten Mal das Thema Imamat eingeleitet und möchten es heute weiter beleuchten.
Der Mensch benötigt wie gesagt sowohl für sein weltliches als auch für sein spirituelles Leben ein Konzept, welches ihm den Weg zu Wohl und Vollkommenheit zeigt. Dieses Konzept und seine Bestimmungen müssen  umfassend und vollständig sein und alle Grundbedürfnisse des Menschen berücksichtigen. Es ist klar, dass der Mensch mit seinem begrenzten unvollständigen Wissen keine solchen Bestimmungen aufstellen  kann.  Daher werden die Ziele der Erschaffung des Menschen erst durch seine Lenkung mittels der göttlichen Offenbarung verwirklicht werden können. Die Weisheit Gottes erfordert, dass Er Propheten ausschickt, damit sie der Menschheit den Weg zum diesseitigen und ewigen Glück zeigen und diese Lücke ausfüllen.  

 

Im Laufe der Geschichte hat Gott eine große Zahl von Propheten ausgesandt, damit sie die  Menschen in ihrer Epoche zur Anbetung nur das Einen Gottes einladen. Schließlich schickte er Seinen Letzten Propheten zu den Menschen.  Da der Islam die letzte und jüngste der göttlichen Religionen ist und nach dem Propheten des Islams(S) kein weiterer Prophet mehr von Gott berufen wurde, nahm die Fortsetzung der Verkündung des Heilsweges neue Dimensionen an.  

 

Der Prophet des Islams wusste, dass nach seinem Tod Konflikte und Zwietracht seine Glaubensgemeinde bedrohen. Die Geschichte zeugt davon, dass tatsächlich nach seinem Verscheiden, Kriege und Auseinandersetzungen begannen und die Einheit des muslimischen Volkes zerbrach.  Die Annahme, dass der Prophet nicht an die Zukunft des Islams und die Wahrung der Religion und der Existenz der Islamischen Gesellschaft gedacht und keinen erfahrenen Nachfolger und Steuermann , der das Schiff der Umma sicher außer Gefahr bringt, gewählt haben soll, klingt daher nicht überzeugend.

Wie können Leute,  die behaupten, der Prophet habe keine Pläne für die Verwaltung der islamischen Gesellschaft nach seinem Versterben gehabt und das Volk der Muslime sich selber überlassen habe, dem Propheten einen solches unverantwortliches  Versäumnis nachsagen? Zu jenem Zeitpunkt war die Islamische Gesellschaft von mehreren Seiten bedroht – sowohl von den Heuchlern, die sich unter ihr befanden als auch von außerhalb der Grenzen des islamischen Gebietes seitens des Römischen und Persischen Reiches, die beide das Zentrum des Islams angreifen konnten. Es leuchtet ein, dass der Prophet (S) angesichts der anstehenden und vorhersehbaren Probleme an  einen zuverlässigen und kompetenten Gläubigen die Verantwortung überträgt, die Islamische Lehre zu beschützen und die Islamische Umma – Gemeinde – rechtzuleiten. 

Der Islam kann in Wirklichkeit nur dann als eine Religion bis ans Ende der Welt Wegführer der Menschen sein, wenn er geeignete garantierte Lösungen für die Stillung der Bedürfnisse der Menschheit  nach dem Propheten (S) vorsieht.

Wir haben beim letzten Mal gesagt, dass der Propheten im Namen des berühmten Thaqalain-Hadith zwei wichtige Halte für die Zeit nach ihm vorgestellt – das eine ist der Koran, das Buch Gottes und das andere ist seine Itrat – die Ahl-i Bait, die Edlen die zu seinem Hause zählen.  Das Thaqalain-Hadith verweist auf den elementaren Punkt, dass diese beiden kostbaren Hinterlassenschaften des Propheten, nämlich Koran und Ahl-i Bait, untrennbar voneinander sind und dass wenn die Muslime, bei beiden Halt suchen und sie im Leben oben anstellen, niemals auf Abwege geraten werden. 

Es ist in Wahrheit nicht anders. Die Menschheit braucht für ihre Rettung und ihr Glück zwei vitale Dinge:  Erstens ein umfassendes Gesetz, welches die Grundzüge und den Lebensstil für das private und gesellschaftliche Leben aufzeigt. Dieses Gesetz wird durch das Buch Gottes unterbreitet. Und zweitens braucht sie   jemanden, der das Wissen und die Inhalte des Buches Gottes genau kennt und, gestützt auf  dieses feste und weitgehende Wissen, der Imam - Lenker und Führer - der Islamischen Gemeinde sein kann.

 

Der Koran legt der Menschheit ein umfassendes und höheres Gesetz vor. Gott hat dafür garantiert, dass sein letztes Himmelsbuch von jeder Fälschung frei bleibt.  Doch nicht alle Gebote und Gesetze stehen im Koran. Zum Beispiel steht im Koran nicht die Zahl der Abschnitte der fünf Gebete am Tag und die Art, wie das Gebet zu verrichten ist. Auch viele andere Gebote stehen nicht wörtlich im Koran.  In der Regel hat der Prophet die Einzelheiten der Gebote mitgeteilt.  Gott selber sagt zu den Gläubigen, dass sie sich diesbezüglich an den Propheten wenden sollen. In dem Vers 7 der Sure Haschr heißt es:

„Was nun der Gesandte euch bringt, das nehmt; und was er euch untersagt, dessen enthaltet euch. …“

 Also ist es notwendig, dass sich die Gläubigen an den Propheten wenden um detailliert über die Gebote der Religion zu erfahren.

Außerdem braucht die Menschheit neben dem Koran auch rechtschaffene Führer. Die Gläubigen brauchen jemanden, der das Wissen und die Konzepte des Korans auf die richtige Weise und entsprechend dem Geist dieses Himmelsbuches vorlegt.  Denn der Koran ist das Gesetzbuch des Islams und ein Gesetzbuch muss von jemandem ausgelegt und zur Durchführung gebracht werden. Es gibt ja auch in den heutigen Regierungssystemen eine Legislative, Exekutive und Judikative. Denn neben dem Gesetz muss es jemanden geben, der es umsetzt und jemand der für die Umsetzung garantiert.

 

Der Islam hält, von dieser Notwendigkeit ausgehend, das Prinzip des Imamats und der Führung  für die Zeit nach dem Propheten (S) bereit. Gemäß diesem Prinzip hat der Prophet seitens Gott würdige Nachfolger vorgestellt, d.h. jemanden, der großes Wissen über die Religion besitzt, damit er sie deutlich machen kann. Diese Personen müssen rein sein und frei von jeglicher Sünde und jeglichem Fehler, damit diese Makellosigkeit sie davon abhält, egoistischen Wünschen zu gehorchen.  Sie müssen wie ein klarer Spiegel ohne jegliche Verzerrung das reflektieren, was der Koran und der Prophet mitgeteilt haben. Die Nachfolger des Propheten müssen mit den höchsten moralischen Eigenschaften geschmückt sein, damit sie ein Vorbild der Gesellschaft sind und damit sie wie der Prophet die Menschen  charakterlich veredeln können. Natürlich werden diese vollkommenen Menschen immer um die Verbreitung von Recht, Wahrheit und Gerechtigkeit bemüht sein und sie werden, wenn die erforderlichen Bedingungen geschaffen sind, die Herrschaft der göttlichen und sozialen Gerechtigkeit errichten und damit einen uralten Wunsch der Menschheit erfüllen. 

 

Die Beendigung der Aussendung von Propheten entspricht deshalb dann erst der göttlichen Weisheit, wenn sie mit der Festlegung eines makellosen Imams einhergeht. Es leuchtet ein, dass ein Imam – ein Vorsteher der Gesellschaft – der die genannten Eigenschaften aufweist, von Gott dem Allmächtigen und Allwissenden festgelegt werden muss, denn nur Er weiß welchem Seiner Menschengeschöpfe Er solche Eigenschaften verliehen hat.

                             

Wir möchten nun auf einige Punkte hinweisen, die im Koran über das Imamat – die Lenkung  - stehen: Im Vers 124 der Sure 2, Sure Baqara“ spricht Gott:

„Und (gedenkt,) als Ibrāhīm von seinem Herrn mit Worten geprüft wurde, da befolgte er sie. Er (Allah) sagte: „Ich will dich zu einem Imam und Anführer  für die Menschen machen.“ Er (Ibrāhīm) sagte: „Und von meiner Nachkommenschaft (wirst du auch Imame bestimmen)?“ Er sagte: „Mein Bund erstreckt sich nicht auf die Ungerechten.“

 

Dieser Vers bezieht sich auf einen der wichtigsten Abschnitte im Leben Abrahams (Friede sei ihm), als er nämlich von Gott auf die Probe gestellt wurde und alle schweren Prüfungen Gottes erfolgreich bestand. Anhand dieser Prüfungen zeigte sich auf welcher hohen Stufe Abraham stand und wie tief seine Gotterkenntnis und Gottesliebe war. Gott belohnt ihn danach auf besondere Weise. Er ernennt ihn zum Imam der Menschen – ihrem Führer und Vorbild.

Bereits zuvor hatte Gott Abraham zum Propheten berufen. Aber nachdem er die schweren Prüfungen erfolgreich überstanden hatte wurde ihm auch das hohe Amt des Imams verliehen. Abraham sieht im Imamat einen wertvollen Rang und bittet Gott deshalb, dass er auch aus seiner Nachkommenschaft jemanden zum Imam werden lässt. Aber Gott antwortet: mein Bund (hier: der Rang des Imamats)  erstreckt sich nicht auf die Ungerechten.  Nur diejenigen aus deiner Nachkommenschaft, die rein und makellos sind, sind dieses Ranges würdig. Ungerechte und verdorbene Leute sind nicht für das Imamat – die Führerschaft -  geeignet.

                       

Der Imam übernimmt eine wichtige Rolle in der Gesellschaft und unter den Menschen. Er schenkt ihnen spirituelles Leben – ähnlich wie die Sonne mit ihrem Licht und ihrer Wärme den Lebewesen auf der Erde Leben spendet.  Im Vers 43 der Sure 33 (Ahzab) lesen wir:

„Er ist es, Der über euch den Segen spricht – und auch Seine Engel(wünschen euch Segen) –, damit Er euch aus den Finsternissen ins Licht hinausbringt; und Er ist zu den Gläubigen barmherzig.“

 

Gemäß diesem Vers  verhelfen der besondere Segen Gottes und die von Ihm befohlenen Hilfen der Engel aus dem Verborgenen den Gläubigen aus den Finsternissen heraus und führen sie ans Licht.

 

Dies ist auch bei einem Imam so. Die spirituelle Zugkraft der Imame  und der Propheten, denen Gott auch den Rang des Imamats verliehen hat, ist sehr wirksam für die Charakterveredlung von empfänglichen Menschen und führt sie aus dem Dunkeln der Unwissenheit in Richtung Licht.

Es gibt aber einen feinen Punkt, der weniger von den Kommentatoren in Betracht gezogen worden ist. Nämlich, dass wenn  gemäß dem Vers 124 der Sure 2 (Baqara)  Abraham von Gott mit der Führung (dem Imamat) der Menschen beauftragt wurde, dies bedeutet, dass das Imamat ein Bund mit Gott ist und Gott es ist, der den Imam und damit den makellosen Führer, der sich durch besondere Eigenschaften auszeichnen muss, festlegen muss. Außerdem folgt aus dem Vers 124 der Sure 2 dass Leute nicht für das Imamat – die Führung – geeignet sind, wenn ihr Leben offen oder versteckt auch nur eine Spur von Ungerechtigkeit und Abweichung von Recht und Wahrheit enthält.  Wer aber weiß besser über alle Details des Lebens der Menschen und ihrer verborgenen Taten Bescheid als Gott?!