Apr 19, 2018 07:14 CET

Einer der strategischen Grundsätze der Islamischen Wirtschaft besteht darin eine Vermögensanhäufung bei bestimmten Leuten zu verhindern. Nur auf diese Weise kann eine gerechte Wirtschaft aufgestellt werden.


 

 

Eine Anhäufung des Vermögens in der Hand von wenigen steigert die Raffgier. Die Unterschiede zwischen den Bevölkerungsschichten beginnen auseinanderzuklaffen und es kommt zu gravierenden Benachteiligung, während eine Kultur des Luxus und der Verschwendung hervorgerufen wird.  Auf der einen Seite geht das Mitgefühl für die Entbehrenden immer mehr zurück und auf der anderen  wächst die Herrschaft einer Wirtschaft ohne Moral und menschliche Werte über die sozialen Beziehungen und das gesellschaftliche Klima.

Um diese Entwicklung zu verhindern, hat der Islam zwei Pflichten für die Wohlhabenden aufgestellt:

Erstens: religionsrechtliche Pflichten wie die Entrichtung der Chums-Steuer (d.h. ein Fünftel von dem jährlichen Gewinnüberschuss) und der Zakat-Abgabe. Jeder Gläubige, der sich finanziell gut steht, ist religiös verpflichtet, gemäß den geltenden religionsrechtlichen Regeln, diese Abgaben zu leisten.

Zweitens:  gesellschaftliche und menschliche Verpflichtungen, die besonders die Wohlhabenden, aber auch alle anderen Teile der Bevölkerung haben. Diese werden durch Hilfen an die Mittellosen erfüllt.

Der Heilige Koran hat im Zusammenhang mit der richtigen Vermögensverteilung und Verhinderung einer Vermögensanhäufung bei wenigen, Prioritäten gesetzt. Hinsichtlich der Empfänger von Unterstützung nennt er zunächst die nahen Verwandten, dann die Waisen und schließlich die Armen. Was die Unterstützung der nahen Verwandten betrifft, werden die Wohltaten gegenüber den Eltern besonders betont.  Im Mittelpunkt der islamkonformen Wirtschaft steht die Moral.  Wenn jemand einem anderen hilft, seine materiellen Bedürfnisse zu decken, hat er nicht das Recht, ihn abfällig zu behandeln oder von ihm eine Gegenleistung zu erwarten. Im Gegenteil muss er nach besten Kräften darum bemüht sein, die Würde des Hilfeempfängers zu wahren und er soll ernsthaft vermeiden, wegen seiner Hilfen Vorhaltungen zu machen und Ansprüche zu stellen, ebenso wie er sich vor Heuchelei hüten muss.  Durch die genannten  falschen  Verhaltensweisen und falschen Einstellungen wird  das an sich gute Werk getilgt und vor Gott wertlos. 

In der Biografie des Propheten Gottes (S) begegnen wir in Bezug auf seine Vorgehensweise in wirtschaftlichen Fragen, außergewöhnlichen wenn nicht einmaligen Beispielen. Diese sind nicht nur lehrreich sondern absolut erstaunlich.

Einmal übergab jemand dem Propheten Gottes (S) 70 Tausend Drachmen. Der Prophet verteilte sie unter den Bedürftigen. Er hat ausnahmslos jedem Bedürftigen, dem er begegnete, geholfen, ohne für sich den geringsten Anteil ins Auge zu fassen. (Achlaq al Nabi wa Adabihu, S. 48). 

Ein anderes Mal kam ein bedürftiger Mann hilfesuchend zum Propheten des Islams. Der Prophet schenkte ihm die Schafe, die er gerade weidete. Dieser Mann kehrte in seine Heimat zurück und sagte zu den anderen:  „Werdet Muslim! Mohammad macht so großzügige Geschenke und Spenden, als hätte er keine Angst zu verarmen.“ (Nihayat al Arab fi funun al Adab, Bd. 3, S 226)

                                                   

Wenn die Wohlhabenden nicht von den zwei wichtigen Glaubensgrundsätzen der Religion Gottes, nämlich der  Zentralität Gottes und der Existenz des  Jenseits überzeugt sind, gibt es keine Garantien mehr dafür, dass sie sich mitfühlend und großzügig gegenüber den Bedürftigen verhalten. Sie haben ohne diese Überzeugungen keine echte Motivation, anderen zu helfen,  sondern vielmehr konzentrieren sie sich ganz auf die Anhäufung ihres Vermögens. Gott hält den Propheten des Islams in Sure  18 (Kahf), Vers 103 bis 105 an, wie folgt zu verkünden:

„…Sollen Wir euch Kunde geben von denjenigen, die an ihren Werken am meisten verlieren,

deren Bemühen im diesseitigen Leben fehlgeht, während sie meinen, dass sie gut handeln würden?

Das sind diejenigen, die die Zeichen ihres Herrn und die Begegnung mit Ihm leugnen. So werden ihre Werke hinfällig, und so werden Wir ihnen am Tag der Auferstehung kein Gewicht beimessen.“

 

Leute,  wie sie hier im Koran beschrieben werden,  opfern mit den Worten des Islamischen Philosophen Schahid Motahhari alle moralischen und religiösen Werte für die flüchtigen materiellen Vorteile.   Nachdem sie moralisch in den Materialismus abgerutscht sind wird der Materialismus generell  immer mehr zu ihrer Überzeugung, sodass sie schließlich Gott und den Jüngsten Tag leugnen. Das Ergebnis wird sein, dass sie ihr Verhalten nicht als schlecht empfinden und mit den Worten des Korans sogar denken, es sei würdig. Sie sagen sogar, wenn man sie auffordert, den Bedürftigen zu helfen, nur gleichgültig

 

…: „Sollen wir jemanden ernähren, den Allah, wenn Er wollte, ernähren würde? ...“

Siehe Sure 36 (Ya-Sin) Vers 47.

Raffgierige, egoistische  Vermögensbesitzer ignorieren, dass das Elend der Bedürftigen durch die Verletzung ihrer Rechte zustande kommt.  Wenn Bedürftige in ihrer Not auf die falsche Bahn geraten, trifft sogar die Hauptschuld im Grunde diejenigen, die ihre Rechte nicht beachtet haben. Imam Sadiq (Friede sei ihm) hat in Anlehnung an die Verse des Korans und die Lehre des Propheten diesbezüglich gesagt:

„Die Zakat-Abgabe wurde von Gott bestimmt, um die Reichen auf die Probe zu stellen und den  Notleidenden zu helfen. Wenn die Menschen (insbesondere die Reichen) Zakat für ihr Eigentum zahlen würden, würde es keinen Muslim mehr geben, der auf Hilfe angewiesen ist. Er bräuchte, dank  der von Gott gebotenen Zahlung an ihn, gar keine solche Unterstützung mehr. Es wird keine armen und bedürftigen und hungernden und Menschen, die nicht genügend Kleidung haben, mehr geben, es sei denn dass diejenigen, die Reichtum anhäufen, sündigen und ihrer religiösen und menschlichen Pflicht ausweichen.  (Man lā yahduruhu al-Faqīh, 2/7/1579)

 

Noch ein weiterer Punkt ist für die Verhinderung einer Vermögensanhäufung in wenigen Händen zu beachten und zwar muss in der Gesellschaft allgemein ein Verantwortungsgefühl gegenüber den gefährdeten und geschwächten Bevölkerungsteilen hervorgerufen werden. Dies erfordert Kulturarbeit und eine soziale Bewegung. Jeder sollte Verantwortung verspüren und wenn nötig sogar die Bedürfnisse der  anderen über die eigenen stellen. 

                                                  

Nach dem Sieg der Muslime über den feindlichen jüdischen Stamm der Bani Nazir in Medina waren dem Propheten zahlreiche Güter zugeflossen.  Der Prophet Gottes (S) sagte zu den Ansar – den Muslimen in Medina:

„Wenn ihr möchtet, teilt euren Besitz und eure Häuser mit den Muhadschirin (den Muslimen, die aus Mekka kommend in Medina eingewandert waren) und habt Anteil an den Gütern, die uns zugefallen  sind.  Wollt ihr jedoch, dass  eure Eigentümer und Häuser euch selbst gehören, dann  erhaltet ihr nichts von der (beim Sieg ) eingenommenen Gütern. Die Ansar sagten auf diesen Vorschlag des Propheten hin:  „Wir teilen unsere Eigentümer und Häuser mit ihnen, aber wir erwarten nichts von der gewonnenen Beute. Die Einwanderer haben in unseren Augen den Vorrang vor uns!“ (aus Madschme`al Bayyan, Bd. 9, Seite 260)  - Diese noble Denkweise der Ansar war dem klaren fruchtbaren Vorgehen des geehrten Propheten des Islams zu verdanken.  Die Muslimen hatten aus nächster Nähe erlebt, dass der Prophet Gottes den großen Reichtum den ihm seine Gemahlin Chadidscha schenkte,  für die Mittellosen in der Gesellschaft ausgegeben hatte.  Sie hatten bei verschiedenen Ereignissen erlebt, dass der Prophet  das Resultat seiner Arbeit  großzügig unter den Armen aufteilte, ohne für sich etwas zurückzubehalten.  .  Ali (F) hat gesagt, dass der Prophet es vorzog,  mit leerem Magen vor Gott zu treten. Der Prophet Gottes hat immer die Notleidenden bedacht, auch wenn er nur wenig besaß.

Einmal sagte der Prophet (S) zu Ali (F):

„Geh auf den Markt und kaufe ein Mantelhemd für mich. Ali ging und kaufte  ein Gewand für 12 Drachmen und brachte es dem Propheten.

Der Prophet Gottes fragte ihn, wie viel er dafür bezahlt hatte. Als er hörte, dass es 12 Drachmen gekostet hatte, sagte er: „Ich mag es nicht besonders. Ich möchte ein billigeres Hemd. Ist der Verkäufer bereit es zurückzunehmen?“  Ali sagte: „Ich weiß es nicht, o Prophet Gottes.“ Da sagte der Prophet des Islams:  „Geh und frag ihn!“

Ali brachte das Mantelhemd zurück und sagte zum Verkäufer: „Der Prophet Gottes möchte ein billigeres Hemd als dieses. Bist du bereit es zurückzunehmen?“  Der Verkäufer war einverstanden. Ali nahm das Geld entgegen und kam zum  Propheten zurück. Dann gingen sie gemeinsam zum Bazar.  Unterwegs fiel der Blick des Propheten auf ein junges Mädchen, das weinte. Der Prophet ging zu ihm und fragte, warum es weinte. Das Mädchen erzählte, es habe  4 Drachmen bekommen, damit es auf dem Markt einkaufen geht. Das Mädchen klagte: „Ich habe das Geld verloren und Angst nach Hause zurückzugehen.“ Da gab der Prophet (S) ihm 4 Drachmen, damit es sich davon kaufen kann, was es braucht.

Auf dem Bazar kaufte der Prophet sich anschließend ein Hemd für vier Drachmen und zog es an. Bald darauf sah er jemanden, der nichts am Leibe hatte. Da streifte er sofort das neue Hemd wieder ab und gab es dem Notleidenden. Schließlich kaufte er sich mit den verbliebenen 4 Drachmen ein neues Hemd und ging nach Hause. Der Prophet (S) erhob die Hände zum Gebet und sprach: Gott sei Dank, wie  segensreich waren diese 12 Drachmen …! (Bihar ul Anwar, Bd.6).

 

 

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