Jun 20, 2018 10:48 CET
  • Spirituell gesund (20)

Ein wichtiger Index für die spirituelle Gesundheit ist neben der Erreichung der Selbstwertschätzung auch die Wahrung der menschlichen Würde.

Beim letzten Mal sagten wir, dass ein Mensch mit Selbstwertschätzung die Dinge, die ihm zu eigen sind und seine Fähigkeiten und Begabungen als einen Wert und ein Kapital betrachtet, welche Gott ihm verliehen hat und durch die er sich weiter entfalten kann.  Ein Gläubiger mit Selbstwertschätzung ist bestrebt diese Gaben, gestützt  auf Gott, richtig einzusetzen und hält sich einerseits von Egozentrismus und Eigendünkel rein, ohne sich andererseits  geringer einzuschätzen, als er ist. Es gibt nämlich zwei Gefühle, die zerstörerisch auf den Menschen wirken. Das eine ist ein übersteigertes Selbstwertgefühl und das andere das Gefühl der Minderwertigkeit. Bei übersteigertem Selbstwertgefühl konzentriert sich der Mensch zu sehr auf das eigene Ich, was hässliche Eigenschaften wie Hochmütigkeit zufolge hat. Wenn jemand, umgekehrt, sich zu geringfügig einstuft, so führt es zu Depressionen und zum Brachliegen der Kräfte, die ihm von Gott verliehen worden sind.  Die Selbstwertschätzung eines besonnenen und klugen Menschen liegt also in der Mitte. Sie ist ein Faktor für spirituelles Wohlbefinden. 

 

Ein wichtiger Index für die spirituelle Gesundheit ist neben der Erreichung der Selbstwertschätzung auch die Wahrung der menschlichen Würde.

Gemäß Islam hat Gott, der Allmächtige, den Menschen für ein bestimmtes Ziel erschaffen  und ihm alles, was er braucht zur Verfügung gestellt, um an dieses Ziel zu gelangen. Das Ziel des Menschen besteht gemäß Islam darin, dass er in größtmögliche Nähe zu Gott gelangt und die größtmögliche Verbundenheit zu Ihm erreicht. Dafür müssen ihm bestimmte Mittel zur Verfügung stehen und gewisse Voraussetzungen vorliegen. In diesem Zusammenhang ist die Achtung, die ein Mensch in der Gesellschaft verdient, von hoher Bedeutung. Gemeint ist dass der Mensch geachtet wird und das Recht hat ein würdevolles Leben zu führen. Es bedeutet, dass niemand berechtigt ist,  verbal oder durch sein Verhalten den Ruf eines Mitglieds der Gesellschaft zu verletzen.  Um die geeigneten Bedingungen für die Vervollkommnung des Menschen und die Verbesserung seines spirituellen Wohlbefindens zu schaffen,  muss der Mensch geachtet und darf er nicht herabgesetzt und beleidigt werden.  Ein Mensch, dessen Würde verletzt und der beleidigt und erniedrigt wird , wird keine Bestätigung seiner Würde empfinden und  durch Beunruhigung, Unsicherheit und Resignation psychisch unter diesem Zustand leiden.  Die Achtung des Menschen in der Gesellschaft ist ein fester Grundsatz des Islams, den er besonders hervorhebt.  Mehr als alle anderen Lehren fordert er das Recht eines Menschen darauf, dass er  in der Gesellschaft respektiert wird. Gemäß Islam genießen alle Menschen, solange sie diese Bezeichnung verdienen, Menschenwürde und die darauf beruhenden natürlichen Rechte.

                            

Der Mensch hebt sich von den anderen Geschöpfen durch bestimmte Vorzüge ab, was ihn zur Krone der Geschöpfe werden lässt. Einer der größten Vorzüge, die ihm verliehen wurden, ist die Gabe der Vernunft und Einsicht. Unter all den Kreaturen auf der Erde besitzt nur der Mensch die Macht nachzudenken und bewusst zu entscheiden.  Der Heilige Koran bestätigt, dass Gott dem Menschen von Seinem Geist eingegeben hat und im Vers 70 der Sure 17, Sure Isra, heißt es:

وَ لَقَدْ کَرَّمْنا بَنی آدَمَ وَ ...  فَضَّلْناهُمْ عَلى کَثیرٍ مِمَّنْ خَلَقْنا تَفضیلاً 

„Und Wir haben ja die Kinder Adams geehrt; ...und Wir haben sie vor vielen von denen, die Wir erschaffen haben, eindeutig bevorzugt.“

Als Gott den Engeln befahl, dass sie sich vor dem Menschen niederwerfen, geschah es wegen dieser Würde des Menschen.  Dieser besondere Rang, der die Würde aufgrund des menschlichen Wesens  genannt wird, gilt für alle Menschen, ungeachtet ihrer Überzeugung, religiösen Rechtsschule oder völkischen Abstammung. 

                

Vers 70 der Sure 17 (Isra)

 

Einmal, so steht es in der Überlieferung, saß der Prophet des Islams (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) mit einer Schar von Gefährten zusammen,  als die Leiche eines Juden vorbeigetragen wurde. Da stand der Prophet zur Ehrung des Toten auf und begleitete den Leichenzug ein Stück, um danach wieder auf seinen Platz zurückzukehren. Einer der Prophetengefährten meinte: „O Gesandter Gottes.  Das war doch kein Muslim!“ Der Prophet aber sagte: „War er denn kein Mensch und mit seinem Menschsein gleichgestellt mit den anderen? Dies genügt um ihn zu achten.“ Dann fuhr er fort:  „Alle Menschen, ob sie ungläubig sind oder zu den Schriftbesitzern gehören (Juden und Christen) sind euch Muslimen als Mensch gleichgestellt und sie besitzen alle die Menschenrechte, die ihr besitzt."

Dies ist also die Würde des Menschen, die er aufgrund seines Menschseins besitzt. Kann nun aber der Mensch noch einen höheren Grad an  Würde gewinnen?  Die Antwort lautet Ja. Es gibt  eine solche erwerbbare Würde. Sie  äußert sich in der geistigen und spirituellen Größe aufgrund von Gottesfürchtigkeit und innerer Reinheit. In dem Vers 13 der Sure Hudscharat (Sure 49) heißt es nämlich: 

إن اکرمکم عندالله اتقیکُم؛

 „Gewiss, der Geehrteste von euch bei Allah ist der Gottesfürchtigste von euch.“

Eine solche Würde lässt den Menschen aus freien Stücken nach höheren Stufen streben und zwar durch die richtigen Überzeugungen und moralischen Tugenden und rechtschaffenes Handeln.  Unter den Menschen gebührt daher demjenigen noch mehr Achtung und Ehrung, der gottesfürchtiger ist und sich gottesfürchtiger verhält.  Denn neben seinen natürlichen Vorzügen gegenüber den anderen Geschöpfen auf der Welt erzielt er  aufgrund eigener Entscheidung  noch höhere Eigenschaften  und erreicht auf diese Weise eine höhere Stufe der Würde und der spirituellen Gesundheit. 

 

 

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