Jul 28, 2018 14:43 CET
  • Spirituell gesund (22)

In diesem Teil sprechen wir über die gute Absicht als ein wichtiger Aspekt für die spirituelle Gesundheit.

Wie wir beim letzten Mal sagten, bestimmt der Mensch durch bewusste Entscheidungen, in welche Richtung er im Leben gehen will und formt selber seine Personalität und seinen Charakter.  Uns interessiert heute, welche Rolle die Absicht des Menschen für sein spirituelles Wohlbefinden spielt. 

                                        

Der islamische Terminus Niyyat bedeutet Absicht.  Die Absicht ist das Vorhaben eine Tat durchzuführen und eine Angelegenheit, die sich im Inneren des Menschen abspielt. Diese Angelegenheit bestimmt über die Beschaffenheit einer Tat und über ihre Aspekte.  Die Absicht spielt eine wichtige Rolle für die spirituelle Gesundheit.  Der Wert einer Handlung hängt von der Absicht, die dahinter steht, ab. Erst durch die lautere Absicht wird ein Werk lauter und rechtschaffen. Nehmen wir an, jemand fragt dich auf schöne Weise nach deinem Befinden und verwendet freundliche Redewendungen wie: es freut mich dich zu sehen, usw.  Wenn du weißt, dass er dir wirklich seine Freundschaft zum Ausdruck bringen will, so sind seine Freundschaftsbezeugungen für dich wertvoll und auch deine Freundschaft zu ihm wird wachsen. Aber wenn du weißt, dass er mit seinen Worten nur eine List verfolgt und in Wahrheit sich nur bei dir lieb Kind machen will, wirst du nicht nur keinen Wert auf seine schönen Worte legen, sondern je mehr er so weitermacht, desto mehr wird er dich damit abstoßen. Nach außen hin ist in beiden Fälle die Handlung die gleiche, aber durch die unterschiedliche Absicht wird sie in den beiden Fällen deutlich verschieden voneinander beurteilt. 

                                 

 

Das wichtigste Merkmal für die spirituelle Gesundheit ist, wie wir bereits zuvor gesagt haben, die größere Verbundenheit und Nähe zu Gott. Wir sagten, dass alle Einstellungen und Neigungen und das ganze Verhalten des Menschen dann zum spirituellen Wachsen und zu wahrer Vervollkommnung beitragen, wenn der Mensch sie nach Gott ausrichtet. Wenn jemand alle seine Werke – und zwar nicht nur seine gottesdienstlichen sondern auch die alltäglichen Dinge,  in der Absicht tut, Gott näher zu kommen, dann bewegt sich sein ganzes Leben auf der Linie zu diesem  eigentlichen Ziel des Menschen, nämlich der spirituellen Begegnung mit Gott. Daher gilt  in der Islamischen Lehre die gute Absicht als das Rückgrat des guten Handels und als gute Seele der Taten, während die schlechte Absicht dem Menschen keinerlei Stütze für sein Seelenheil bietet. Das bedeutet: Wenn der Mensch mit einer heilen und edlen Absicht  eine Tat begeht kann er sich auf dem rechten Weg bewegen. Sollte jedoch seine Absicht und seine Motivation nicht sauber   sein, dann wird er mit seinen Taten vom geraden Weg abgehalten und abirren. 

Der Mensch kann also aus reiner Absicht oder aber auch heuchlerisch handeln. Der Koran bringt zwei anschauliche Beispiele dafür.

Im Vers 265 der Sure Baqara (Sure 2) steht: 

„Das Gleichnis jener aber, die ihren Besitz im Trachten nach Allahs Zufriedenheit und zur Festigung ihrer Seele ausgeben, ist das eines Gartens auf einer Anhöhe, den ein ausgiebiger Regenguss trifft (und der genug Sonnenlicht erhält), und da bringt er seinen Ernteertrag zweifach (hervor). Und wenn ihn kein Regenguss trifft, so doch Sprühregen.“

 Diesem Vergleich der in guter Absicht vollbrachten Werke mit einem  üppigen Garten wird  im Vers 264 das Gleichnis von einem Handeln aufgrund eines schlechten, unehrlichen Vorhabens vorangestellt. Und zwar werden unaufrichtige Taten  mit einem Felsen verglichen, auf dem eine dünne Schicht Erde mit Saatkörnern liegt. Diese Saatkörner werden alle bei einem Regenguss weggespült, und es ist klar, dass auf einem solchen Untergrund nichts wachsen kann. Gott hebt also im Koran hervor,  dass nur Werke, die in reiner aufrichtiger Absicht geschehen, einen Ertrag bringen. 

                          

 

Was die Absicht des Menschen betrifft, so ist zu bedenken, dass ihm örtlich und zeitlich Bedingungen auferlegt werden, was zur Folge hat, dass er einige Handlungen nicht durchführen kann. Zum Beispiel haben viele Muslime nicht das Glück gehabt, persönlich dem Propheten Gottes (S) zu begegnen und ihn zu unterstützen, aber wenn sie zu seiner Zeit gelebt hätten, hätten sie ihm geholfen. Alleine die aufrichtige, wenn auch nicht mehr durchführbare Absicht, den Propheten zu dessen Lebzeiten zu unterstützen, wird gemäß islamischer Lehre belohnt.

 

In Wahrheit sind dem Menschen nur im Handlungsbereich Schranken auferlegt, aber nicht im Bereich seiner Absichten. Der Wille des Menschen zur Vollbringung guter Taten kann sich also auf eine Weise entfalten, als wäre er auf jeder Arena gegenwärtig gewesen und hätte alle guten Werke durchgeführt. Dieser Mensch  wird dann für seine lauteren Absichten genauso  belohnt, als hätte er sie, wenn es ihm möglich gewesen wäre, in die Tat umgesetzt.

 

 Auch wenn es praktisch nicht verwirklichbar ist, alle guten Absichten durchzuführen, so erweist Gott dem aufrichtigen Gläubigen eine solche  Gnade. 

Einmal sagte einer der engen Helfer Imam Alis (F), der an dessen Seite gegen den Feind gekämpft hatte, zu ihm: „Wie sehr wünschte ich, dass auch mein Bruder an diesem Gefecht teilgenommen, euren Sieg miterlebt und den Lohn für diesen Kampf  und für die Unterstützung von euch erhalten hätte.“ Da fragte Imam Ali (F), ob denn sein Bruder eine solche Absicht gehegt habe und auf ihrer Seite stünde. Als der andere dies bestätigte, sagte der Imam: „Dann war er also in diesem Kampf an unserer Seite und hat daran teilgehabt.“ Daraufhin fügte er hinzu: „Selbst diejenigen werden mit uns sein, die in Zukunft kommen  und in Gedanken und in ihrer Absicht sich mit uns über dieses Gefecht einig sind.“ 

                         

Eine rechte und edle Absicht ist also dermaßen wertvoll und wirkt sich in diesem Maße auf das Schicksal des Menschen aus. Die ehrliche Absicht beschert dem Menschen großen Segen.  Eine ihrer besten Resultate ist die Verbesserung des spirituellen Wohls.

 

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