Jul 24, 2019 04:58 CET

Wir betrachten weitere Maßnahmen, die Imam Sadiq (F) ergriffen hat.

 

Sie haben erfahren, dass Imam Sadiq( F)  nicht die Bekämpfung der Umayyaden und Abbasiden aufgegeben hatte und eine Zusammenarbeit mit denen, die die islamische Regierung an sich gerissen hatten, offen ablehnte.  Nachdem die Abbasiden den Umayyaden die Macht entrissen und durch Irreführung der Bevölkerung ihre Position gefestigt hatten, verstärkten sie den Druck auf die Anhänger Imam Alis und seine Nachfolger. Sie drohten ihnen, terrorisierten sie und kerkerten sie ein. Die Spitzel der Abbasiden beobachteten genau die Aktivitäten der Schiiten. Imam  Sadiq (F) ergriff notgedrungen neue  Maßnahmen. Er wies seine engen Helfer an, nur noch heimlich zu agieren und keine Spuren von sich zu hinterlassen, damit sie vor den Feinden sicher sind. Diese Methode wird in der schiitischen Terminologie für Jurisprudenz und Politik mit dem Begriff „Taqiyyah“ definiert: Taqiyyah  stellt eine im Islam erlaubte Methode  zur Verheimlichung des eigenen religiösen Bekenntnisses dar, wenn das eigene oder ein anderes Leben oder der Bestand des Islams bedroht ist. 

 

 

 

Gott bezieht sich  an mehreren Stellen im Koran auf die  Methode Taqiyyah, d.h. das vorübergehende Verbergen der Wahrheit zum Schutz von wichtigen Dingen, und zwar Vers 28 der Sure 3 (Al-e Imran),  Vers 106 Sure 16 (Nahl) und  Vers 28 der Sure 40 (Ghafir).   Ausgehend von diesen Offenbarungsversen hat Imam Sadiq diese Kampfmethode eingesetzt und seinen Anhängern mehrere Empfehlungen mitgegeben. Zum Beispiel hat er zu einem seiner Helfer gesagt: „Gott möge eine Gruppe und Menschen, die wie eine Leuchte und ein Lichtspender aufklären, Seine Gnade und Barmherzigkeit erweisen. Ladet die anderen durch euer würdiges Verhalten zu uns ein, strengt euch an, so gut ihr könnt, und seid nicht wie jene, die unsere Geheimnisse und Pläne (für den Feind) erkennbar machen.“. Mualla ibn Hunais hat er ans Herz gelegt: Halte unsere Anweisungen und Angelegenheiten geheim und enthülle sie niemals.“

Um die Bedeutung der Taqiyya in einer Zeit, in der der Feind auf der Lauer liegt, zu unterstreichen, hat Imam Sadiq (F) gesagt:

„Jeder, der unsere Geheimnisse nicht bewahrt und sie bloßlegt, ist wie jemand, der uns gegenüber den Säbel gezückt hat. Vielleicht ist sein Vergehen sogar noch größer.“ Er fährt fort: „Gott erweise jemandem Gnade, der die Geheimnisse unseres Wissens kennt und sie unter seinen Füßen in der Erde verbirgt.“   Natürlich ist es während eines harten Kampfes nicht  einfach, Geheimnisse für sich zu behalten. Wenn Aufstände und revolutionäre, aufklärerische Bewegungen scheitern, liegt es unter anderem daher auch daran, dass ihre Teilnehmer den Grundsatz der Taqiyya missachten und geheime Informationen nicht für sich behalten. Die Einhaltung dieses wichtigen Prinzips der Verheimlichung spielt eine wichtige Rolle für den Sieg der Front des Rechtes. Die Kämpfer die dieses Prinzip beachten sind klug. 

             

 

Es sei jedoch erwähnt, dass die Geheimhaltung nicht mit Gleichgültigkeit gegenüber dem Feind und Aufgeben des Kampfes einhergehen darf, sondern lediglich eine Kampfstrategie ist, um die  Vorantreibung der Ziele zu ermöglichen. Die Geheimhaltung  - Taqiyya – soll dafür genutzt werden, die Schwachpunkte der Feinde zu erkennen, klug für deren Bekämpfung zu planen und den Leuten, die durch Täuschung und Betrug an die Macht gelangt sind und über das Schicksal eines Volkes herrschen, ernsthafte Schäden zuzufügen. Imam Sadiq hat also, weil eine offene Bekämpfung der abassidischen Kalifen nicht mehr möglich war, eine neue Kampftaktik unter dem Deckmantel der Taqiyya  gewählt. Wenn nach seiner Meinung, eine Verstellung und Geheimhaltung nicht mehr notwendig gewesen wäre, hätte er die offenen Kämpfe von Aufständigen seiner Zeit unterstützt und offiziell befürwortet.

Imam Sadiq (F) hat zu einem seiner Helfer namens Abdullah ibn Abi Yafur wie folgt gesagt: „Wer den unterdrückerischen Regierungen und den Herrschern, die nicht von Gott bestimmt worden sind, zugeneigt ist, besitzt keine Religion, auch wenn er die höchsten Stufen der Gottesfürchtigkeit und die besten Werke vorweisen kann.“Dann fuhr er fort: „Hast du nicht den Vers gehört, in dem Gott spricht:

والذین کفروا اولیاوهم الطاغوت یخرجونهم من النور الی الظلمات

 „Diejenigen aber, die ungläubig sind, deren Schutzherren sind die falschen Götter. Sie bringen sie aus dem Licht hinaus in die Finsternisse (des Unglaubens und des Unrechts) .  (siehe Sure 2, aus Vers 257) .“

 Da fragte Ibn Yafur den Imam:“ Meint der Koran denn hier mit „diejenigen, die ungläubig sind“, nicht die Ungläubigen, (die überhaupt nicht glauben)? Imam Sadiq fuhr fort: Die Ungläubigen haben kein Licht, das man ihnen nehmen könnte.  Mit dieser Gruppe (von Ungläubigen) sind Schein-Muslime gemeint, die aus Angst um Leben und Besitz sich von den ungläubigen Mächten einschüchtern lassen. Im  Gefolge werden sie aus dem Licht des Islams hinaus geführt und in die Finsternisse des Unglaubens geholt. Und der Koran hat am Ende dieses Verses (257 der Sure Baqara) gesagt:    

- اولئک اصحاب  النار، هم فیها خالدون –

„Sie sind die Gefährten des Höllenfeuers. Ewig werden sie darin bleiben.“

 

Imam Sadiq (F) verspürte, dass er die Bewegung einer Kulturrevolution, die sein Vater Imam Baqir (F) begonnen hatte, fortsetzen   musste. Angesichts der sozialen und politischen Situation seiner Zeit zog  er aus den Erfahrungen seines Vaters den Schluss, dass ein politischer Kampf gegen das Unrecht erst dann etwas bringt, wenn das religiöse und politische Bewusstsein unter dem Volke,  insbesondere unter den Kampfbereiten  auf der Seite des Rechtes vertieft worden ist.  Auf dieser Grundlage baute Imam Sadiq (F) seine Lehr- und Erziehungsschule auf. Die Zahl der Schüler, die er ausbildete, stieg zusehends. Einige von ihnen wurden große Gelehrte.

 

 

Scheich Mufid (10. Jahrhundert nach Christus)  schreibt in seinem Werk Irschad: Die Überlieferer, die Ausagen von Imam Sadiq (F) über verschiedene Gebiete weitergegeben haben, belaufen sich auf viertausend Personen.  Al-Tabrisi (12. Jahrhundert nach Christus) bestätigt diese Zahl in seinem Werk „Ilam-ul Wara“. Imam Sadiq (der 6. Imam der Schiiten) hat also die größte Islamische Lehrstätte seiner Zeit errichtet. Er verwandelte Medina, wo der Prophet einst viele göttliche Offenbarungen erhielt, in ein Zentrum für die Lehre und Verbreitung des wahren Islams.   Er hat hier große schiitische Gelehrten ausgebildet  wie Dschabir Ibn Hayyan, einen der Begründer der Chemie,  Hischam ibn Hakam, Zurara ibn Ayan und  Mumin al Taq. Diese Persönlichkeiten haben elementar zur Verbreitung der Lehren Imam Sadiqs (F) beigetragen.

 

Außerdem durfte auch der Begründer der Hanafiten, Abu Hanifa al Nu`man, zwei Jahre lange bei Imam Sadiq  (F) Wissen ernten. Er sagt selber, dass alle seine Wissenschätze  das Ergebnis dieser zwei Jahre ist. Von ihm stammen die Worte: „Ohne diese zwei Jahre wäre Nu`am zugrunde gegangen.“ Der Anführer der Malikiten, Malik ibn Anas , der ebenso  bei  Imam Sadiq (F) Wissen erworben hat, sagt, es sei unvorstellbar, dass es einen Menschen gibt, der noch mehr Tugenden besitzt als dieser Imam.

                       

Der zunehmende Einfluss der Lehre Imam Sadiqs (F) und die Verbreitung des wahren Islams, welche seine Vorgänger wegen der herrschenden ungünstigen Bedingungen nicht verfolgen konnten, ließen die Abbasidenherrscher aufhorchen.  Zusätzlich zu ihren politischen Repressalien  versuchten sie nun auch dem kulturellen und geistigen Einfluss des Imams einen Riegel vorzuschieben.

Sie schlugen einen neuen Weg ein, der sich als Offensive gegen den Glauben bezeichnen lässt. Einerseits öffneten sie den griechischen Denkern Tür und Tor und ließen deren Werke übersetzen, damit das Islamische Denken durch Vermischung mit fremden Ideologien verzerrt wird, und auf der anderen Seite sorgten sie für die Gründung von Sekten, um auf diese Weise unter den Muslimen zu spalten.  Sie ebneten auch neuen und fremden mystischen Strömungen den Weg zur Manipulierung der wahren islamischen Kultur und förderten die Entstehung des Sufismus für Leute,  die sich von religiösen Pflichten entbinden wollten.  Die Abbasidenherrscher riefen, um die echten religiösen Überzeugungen in der islamischen Gesellschaft auszuhöhlen, eine Atmosphäre hervor ähnlich der, wie sie heute auf der Welt herrscht.  

Imam Sadiq (F) musste also auf allen Ebenen der Kultur und des  Wissens aktiv werden, um die teuflischen Pläne der Abbasiden zum Scheitern zu bringen.

Dieses Ziel vor Augen, hat er in allen Wissensbereichen sowohl der Theologie als auch  den Naturwissenschaften Gelehrte ausgebildet und in die verschiedenen Teile des Islamischen Reiches  geschickt, damit sie für die Allgemeinheit  aufgrund logischer Argumente einen klaren Trennstrich zwischen den wahren Lehren des Islams und   abwegigen Neuerungen ziehen. 

Die Biografie Imam Sadiqs (F) enthielt und enthält außerdem für alle Befolger seiner dschafaritischen Rechtsschule und ganz besonders für die verantwortungsbewussten Gelehrten  mehrere grundsätzliche Botschaften:

erstens die Botschaft, sich mit der Waffe des Wissens zu wappnen, um die kulturellen Offensiven des Feindes abzuwehren.

zweitens die Botschaft, Verantwortung gegenüber den Verschwörungen und dem  Heraufbeschwören von Zweifeln seitens der Gegner des Islams zu verspüren, und

drittens die Botschaft, die Erfordernisse der eigenen Zeit zu erkennen und die Fähigkeit zu ihrer richtigen Erwiderung entwickeln zu müssen.

 

 

 

 

 

 

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