Islam richtig kennenlernen (die immaterielle Seite - 189)
In diesem Teil unseres Beitrages über den Islam und speziell über das Jenseits wollen wir über die Seele und ihre Beziehung zum Körper sprechen.
Die Religion Gottes lehrt uns, dass der Tod nicht die Vernichtung bedeutet, sondern die Pforte ist zur Ewigkeit. Der Tod ist also das Ende des Lebens in dieser Welt und der Beginn eines neuen Lebens in einer anderen. Der Koran verwendet einen besonderen Begriff für den Tod, nämlich das Verb yatawaffa. Dieses Wort beinhaltet die komplette Übergabe von etwas. Wenn der Koran vom Tod als eine komplette Übergabe spricht, so ist damit gemeint, dass der Mensch beim Tod mit seiner immateriellen Wahrheit vollständig den göttlichen Beauftragten übergeben wird.
Im Koran heißt es im Vers 42 der Sure 39 (Zumar):
„Allah beruft die Seelen zur Zeit ihres Todes ab...“
Dieser Stelle im Koran ist zu entnehmen, dass der Tod nicht die Vernichtung bedeutet, sondern der Übergang von einem Reich in ein anderes ist. Es liegt auf der Hand, dass der materielle Teil des Menschen nicht mit in die andere Welt übergeht sondern im Diesseits bleibt, Aber der Kern der menschlichen Existenz, nämlich das was der Koran hier auf Arabisch mit nafs – Seele - bezeichnet wird, vollständig in die andere Welt überführt.
Was nun ist die Seele genau? Diese Frage hat schon viele Gelehrte beschäftigt und sie haben sich unterschiedlich über die Seele und ihre Beschaffenheit geäußert. Wie auch immer: das Wesen der Seele – ist etwas Außergewöhnliches in der Welt der Schöpfung und sehr verschieden von dem, was wir im Reich der Materie kennen. Der Verstand kann nur eine vage Vorstellung von der Seele haben.
Musik
Wir alle spüren, dass wir anders sind als leblose Gegenstände und Pflanzen. Wir denken und wir treffen Entscheidungen. Wir haben einen Willen und Handlungsfreiheit und wir können Gefühle hegen wie Liebe und Abscheu. Solche Eigenschaften haben Pflanzen und leblose Gegenstände nicht. Die Seele bildet einen entscheidenden Unterschied zwischen uns und ihnen.
Religiöse Philosophen sagen, dass neben den Stoffen, die den menschlichen Körper bilden, eine andere Wahrheit in ihm verborgen liegt, die nicht von materieller Natur ist, von der der Körper aber unmittelbar beeinflusst wird und diese Wahrheit ist eine immaterielle Wahrheit, die jedoch ständig mit der materiellen Welt in Kontakt steht, ohne Merkmale der Materie aufzuweisen: Es ist die menschliche Seele.
Die Seele (Nafs) gehört zum spirituellen Herzen des Menschen. Ein anderer Bestandteil dieses Herzens ist der Geist (Ruh)
Ruh ist der von Gott eingehauchte Geist und Nafs ist die Seele, die unter Kontrolle des Menschen steht. Ziel des Islam ist es, dass der Mensch seine Seele in Einklang mit dem Geist bringt damit sein Herz gesundet.
Der Geist im spirituellen Herzen des Menschen ist ebenso eine geheimnisvolle Wahrheit ist, welche die Menschheit gar nicht voll erkennen kann. Als der Prophet des Islams (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) über den Geist befragt wurde, offenbarte ihm Gott die folgenden Worte im Vers 85 der Sure 17 (Isra):
„Sie fragen dich nach dem Geist. Sag: Der Geist ist vom Befehl meines Herrn, euch aber ist vom Wissen gewiss nur wenig gegeben.“
Der Prophet in einem kurzen bedeutungsvollen Satz gesagt: „Der Geist kommt aus dem Alam Amr – (der Welt, die nicht mit den 5 Sinnen zu erfassen ist) - und hat eine geheimnisvolle Schöpfung.“
Geist und Seele machen den Menschen von den Tieren verschieden.
Wir erwähnten die Übergabe der Seele beim Tod und ihren Übergang in das Jenseits. Was ist die Seele?
Die Seele des Menschen ist anders aufgebaut als die materielle Welt und die Regeln die für sie gelten, sind anders als die Regeln, die über die Materie herrschen und ihre Eigenschaften anders als die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Materie. Wir sagten die Seele gelangt im optimalen Fall durch ihre Handlungen in Einklang mit dem Geist.
Heute, mehr als 14 Jahrhunderte nach der Antwort des Korans auf die Frage danach was der Geist, dem die Seele sich annähern soll, ist, besitzen die Menschen tatsächlich trotz aller wissenschaftlichen Weiterentwicklung immer noch keine richtige Kenntnis von diesen immateriellen Größe.
Gott hat in den Versen 28 und 29 der Sure 15 (Hidschr) auf das Einhauchen des Geistes in den Körper des Menschen gesprochen. Es heißt dort:
„Und (erinnere daran) als dein Herr zu den Engeln sagte: „Ich bin dabei, ein menschliches Wesen aus trockenem Ton, aus fauligem schwarzen Schlamm zu erschaffen.
Wenn Ich es zurechtgeformt und ihm von Meinem Geist eingehaucht habe, dann fallt und werft euch vor ihm nieder.“
Aus diesem Vers entnehmen wir, dass das Einhauchen des Geistes in den stofflichen Körper des Menschen ein zweiter Schöpfungsakt ist, verschieden von der Schöpfung des stofflichen Körpers oder anderer Geschöpfe. Es geht hier um eine Wahrheit durch die sich der Mensch von den anderen Geschöpfen unterscheidet. Dieser Geist, der dem Menschen von Gott eingehaucht wurde, ist eine vom Körper unabhängige Wahrheit von nicht-stofflicher Beschaffenheit. Er bildet zusammen mit der Seele das spirituelle Herz des Menschen. Beide sind von immaterieller Beschaffenheit und dennoch mit dem materiellen Körper verbunden. Es ist aber die Seele des Menschen, mit der er selber entscheidet, so zu handeln, dass er dem göttlichen Geist näher kommt.
Religionsgelehrte sehen daher in der Seele den wichtigsten Teil menschlicher Existenz – seine Hauptwahrheit.
Während aller Lebensphasen bleibt der Mensch immer ein und dieselbe Person. Sein eigentliche Person ist nämlich sein „Ich“ – sein „Selbst“ – Der Koran bezeichnet dieses individuelle Selbst als Nafs – die Seele. Das „Selbst“ des Einzelnen gehört bis an sein Lebensende nur zu ihm. Es ist heute genauso sein Selbst wie es vor 20 oder 30 Jahren schon sein Selbst war, d.h. „Ich bin seit meiner Geburt immer eine bestimmte Person und keine andere Person gewesen. Auch die anderen betrachten mich seit meiner Geburt bis an mein Lebensende als eine bestimmte Person mit einem bestimmten Namen und bestimmten Merkmalen.“
Welches ist nun diese lebenslange Größe namens „Selbst“? Die Materialisten versuchen das Selbst auf den Körper zu beschränken. Besteht das Selbst also doch nur aus den Körperzellen?
Gemäß Erkenntnis der Wissenschaft werden sämtliche Zellen des menschlichen Körpers alle paar Jahre erneuert. Täglich sterben Millionen von Zellen unseres Körpers ab und werden durch Millionen neue ersetzt, ohne dass wir es merken. Es ist als ob man bei einem Gebäude der Reihe nach alle Ziegel herausziehen und durch neue ersetzen würde so dass das Material des Bauwerkes nach einiger Zeit komplett ausgewechselt wurde und ein anderes ist als das alte. Wenn jemand, nehmen wir an 80 Jahre lang lebt, dann sind also alle Zellen in seinem Körper mehrmals gewechselt worden.
Angenommen jemand beginge im Alter von 20 ein Verbrechen, würde jedoch erst mit 60 festgenommen. Könnte er sich dann wie folgt herausreden: „Ich bin nicht mehr derselbe Mensch wie damals, denn meine Körperzellen sind in diesen 40 Jahren alle verändert worden. Es ist also ein anderer Mensch gewesen, der das Verbrechen begangen hat und ihr könnt mich nicht für die Tat, die ein anderer begangen hat, bestrafen“? Kein gesunder Verstand wird eine solche Ausrede akzeptieren, da die Identität dieses Menschen als eine bestimmte Person unverändert geblieben ist. Wenn aus materialistischer Sicht der Mensch nur aus stofflichen Teilchen, Organen und Nervensystem bestehen und nur dies seine Person darstellen sollte, hieße dies aber tatsächlich, dass die Person von heute nicht die Person von gestern ist, weil doch alle Zellen und Moleküle in seinem Körper mehrmals im Laufe seines Lebens ausgewechselt wurden. Aber in Wirklichkeit ist es ja anders und zwar existiert über die stofflichen Bestandteile des Körpers hinaus das ganze Leben hindurch ein- und dieselbe Wahrheit des Menschen – sein immaterielles Ich, sein Selbst, seine Seele. Diese immaterielle Wahrheit steht über seinem Körper und ist nicht den Gesetzen der Materie unterworfen.
Wir möchten also hervorheben, dass der Mensch aus Körper und Seele besteht. Der aus stofflichen Zusammensetzungen bestehende Körper gehorcht den Gesetzen der Materie und die Materie ist ständiger Veränderung unterworfen. Der materielle Körper weist Volumen, Gewicht, Gestalt und bestimmte Maße auf und ist auf zeitliche und örtliche Faktoren begrenzt. Auf den stofflichen Körper des Menschen haben natürliche und biologische Faktoren einen Einfluss, wie Krankheiten, Kälte und Wärme, Jugend und Alter usw. und eines Tages versagt und sein Lebenslicht erlöscht. Aber die wichtigste Existenzwahrheit des Menschen, die wir Seele nennen, ist nicht stofflicher Natur und gehorcht nicht den Gesetzen der Materie. Deshalb ist sie nicht den Erscheinungen wie Verschleiß und Vernichtung, welche das Reich der Materie beherrschen, unterworfen. Das ist der Grund dafür, dass wenn der Körper stirbt und die Beziehung zwischen ihm und dem Geist abbricht, die Seele weiterlebt und von der materiellen Welt in die jenseitige Welt übergeht. Diese Tatsache ist eine der Grundlagen für den Diskurs über das Jenseits.