Sep 28, 2019 05:48 CET

Wir wenden uns heute dem Leben und Wirken des achten Imam aus dem Hause des Propheten  zu.

  

                 

Der achte Imam aus dem Hause des Propheten ist Imam Ridha (Friede sei mit ihm). Er kam 148 nach der Hidschra und dem Mondkalender am 11. Dhul Qada in Medina auf die Welt.  Das war der 1.1.766 nach christlicher Zeitrechnung.

 

Ridha ist ein Beiname, den der Imam später erhielt und bedeutet, dass er Gottes Wohlgefallen genoss. Bei der Geburt wurde er Ali genannt.  Ali ibn Musa al-Ridha übernahm im Alter von circa 35 Jahren nach dem Märtyrertod seines Vaters, Imam Musa Kadhim, das Imamat – die Führung der Islamischen Gemeinde. Sein 20-jähriges Imamat lässt sich in drei Abschnitte aufteilen: der erste Abschnitt sind die 10 Jahre, in denen noch der heuchlerische und gewalttätige Abbasidenkalif Harun herrschte. Die darauffolgenden fünf Jahre nach dem Tod von Harun, in denen dessen ältester Sohn Amin herrschte, bilden den zweiten Abschnitt. Der dritte Abschnitt besteht aus den letzten 5 Jahren des Imamats von Imam Ridha (F). In dieser Zeit hatte  Abbasidenkalif Mamun das ganze Islamische Reich unter seiner Kontrolle.

 

 

Imam Ridha (F) ist in jedem dieser drei Abschnitte entsprechend den sozialen, kulturellen und politischen Umständen gezielt seiner schwierigen Aufgabe des Imamats nachgekommen. Das große Problem war für ihn, genauso wie für seine Vorgänger, dass die muslimische Welt von eigenwilligen heuchlerischen Herrschern regiert wurde. Doch trotz aller Druckmittel  der abbasidischen Herrscher und ihrer Drohungen und Bestrebungen, die Popularität der rechtschaffenen Imame aus dem Hause des Propheten zu vermindern, suchte das Volk immer mehr die Nähe zu diesen Imamen, denn diese lebten den Islam vor und brachten den Muslimen Liebe entgegen. Die Abbasiden spürten eine Gefahr von den Unfehlbaren Imamen ausgehen und sie befürchteten, dass das Volk unter deren Anführung erfolgreich gegen ihr anti-islamisches Regime revoltieren würde.  Deshalb hatte Harun den Vater von Imam Ridha von Medina nach Bagdad holen und schließlich vergiften lassen. Darauf hat er sich von den Handlangern in  seinem Palast bescheinigen lassen, dass Imam Kadhim eines natürlichen Todes gestorben sei.

                 

 

Nachdem Imam Ridha (F) die Lenkung der Gemeinde übernommen hatte, stellte er sich den Gläubigen vor, um das Imamat zu festigen und um zu verhindern, dass das Volk  sich von einigen abwegigen Bewegungen wie die der Waqifa  in die Irre führen lässt. Die Anhänger der Waqifa waren der Ansicht, Imam Kadhim sei der letzte Imam gewesen und würde als Imam Mahdi wieder zurückkehren. Imam Ridha musste also an zwei Fronten kämpfen: einmal gegen das abbasidische System und zum anderen gegen die Leute, die geistig vom rechten Weg abgekommen waren. Seine politischen Kämpfe und der Kampf um den wahren Islam erreichte einen Grad an Intensität, dass seine Helfer und seine Familie befürchteten , dass die Abbasiden ihn umbringen werden, zumal diese keine kritische Stimme duldeten. Die Anhänger und Freunde des Imams baten ihn,  er solle seine Ablehnung des Regimes wie sein Vater nach außen hin verbergen. Safwan ibn Yahya, einer seiner Helfer berichtet:

„Imam Ridha hatte nach dem Verscheiden von Musa ibn Dschafar al Kadhim (F) etwas gesagt, was mich um sein Leben fürchten ließ. Und so sagte ich zu ihm:  `Ihr habt etwas Bedeutendes klar gestellt und wir befürchten, dass dieser Tyrann (er meinte Harun) euch das Leben nimmt.` Der Imam (F) antwortete: `So sehr er sich auch anstrengt, Er wird nichts gegen mich tun können.`“    

                     

Harun starb und sein  ältester Sohn Mohammad Amin Abbas wurde Herrscher über die Muslime. Seine Regierungszeit war von vielen Unruhen geprägt. Der größte Konflikt war für ihn der Machtkampf mit Mamun, seinem Bruder. Imam Ridha nutzte diese Zeit aus, um islamisches Wissen in der Gesellschaft zu verbreiten.  Um die auf der Religion beruhenden Beziehungen zwischen Imam und Gläubigen zu stärken, enthüllte er politische Geheimnisse  und sah für seine Anhänger einige im Verborgenen liegende  Wahrheiten voraus.

Husain Ibn Baschar berichtet zum Beispiel:  „Imam Ridha sagte zu mir: `Abdullah (nämlich Mamun) wird Muhammad (Amin) umbringen.` Ich fragte (verwundert): `Abdullah ibn  Harun wird Mohammad ibn Harun töten?` Der Imam sagte: `Ja! Jener Abdullah, der in Chorasan (im Nordostiran) ist, wird Muhammad, den Sohn der Zubaida (der Gemahlin des Harun Ar Raschid) der in Bagdad ist, töten!`“

Die Vorhersage von Imam Ridha wurde wahr. Mamun brachte seinen Bruder Muhammad um und ergriff selbst die Macht.

                           

Nachdem Mamun den Thron bestiegen hatte, überlegte er sich wie er seine politische Position stärken kann. Er wusste, dass viele Teile der Bevölkerung und viele Anhänger des Prophetenhauses eine besondere Liebe zu Imam Ridha (F) hegen und auf ihn hören. Also kam er auf den Gedanken, Imam Ridha an seinen Regierungssitz in Merw im damaligen Nordostiran zu holen, um sich damit bei der Bevölkerung beliebt zu machen. Die Abbasiden waren wegen ihrer Gewalt nämlich sehr unbeliebt geworden und die Bevölkerung war aufgebracht. 

Mamun beriet sich mit verschiedenen Leuten, unter anderem mit seinem Großwesir  Fadhl ibn Sahl und nahm dann seinen Plan in Angriff.  Er befahl, Imam Ridha (F) sei von Medina nach Merw zu holen, oder besser gesagt aus Medina zu verbannen.  Um die Bevölkerung hinters Licht zu führen, befahl er einigen bekannten Leuten aus der Politik, dass sie die Karawane des Imam begleiten. Auf dem Weg von Medina nach Basra im Irak versuchten alle, die von seiner  Karawane erfahren hatten, den Imam zu sehen. Imam Ridha machte sich  diese Gelegenheit zunutzen, um sein Wissen und seine Erkenntnis mit den Menschen zu teilen.

Schließlich erreichte die Karawane die Stadt  Neyschabur. Neyschabur im Nordostiran war damals ein bedeutendes Zentrum der Wissenschaft.  Die Gelehrten  eilten herbei und versammelten sich zu einer großen Menschenmenge um zu hören, was der achte Imam aus dem Hause des Propheten sagt. Als Imam Ridhavor sie trat wurde es still. Nur noch die schöne  Stimme dieses würdigen Nachkommen des Propheten war zu hören. Er  gab ein Wort kund, das Gott seitens des Offenbarungsengel Dschibril (Gabriel) an den Propheten weitergegeben hat und das dieser an die Imame aus seinem Hause vermittelte, nämlich:

کلمة لا آله إلا الله حصنی فمن قال لا اله الا الله دخل فی حصنی و من دخل فی حصنی امن من عذابی

 „Das Wort `La ila illallah-`Es gibt keinen Gott außer Allah` ist Meine Festung, und wer diese Worte spricht, der hat Meine Festung betreten und wer Meine Festung betreten hat, der ist vor Meiner Strafe sicher.“

  

 

Ein wichtiger Punkt an dieser Überlieferung  ist die als „goldene Kette“ bekannt gewordene Überlieferungskette, die der Imam für seine Worte anführt. Im Detail nennt er als Überlieferer einzeln alle Unfehlbaren Imame aus dem Hause des Propheten, die vor ihm waren bis hin zum Gesandten Gottes, der das Wort vom Offenbarungsengel Gabriel erhielt, wobei letzterer es direkt von  von Gott empfangen hat. Nachdem der achte Imam verkündete, dass der Glaube an den Einen Gott (Tauhid) die Festung Gottes ist, worüber an die viertausend Überlieferer berichten, wollte sich die Karawane wieder in Bewegung setzen. Doch da wandte sich der Imam noch einmal an die Menschenmenge und rief:

"ولکن بشرطها و شروطها و انا من شروطها"

„Aber das Betreten der unbesiegbaren Festung von Tauhid setzt Bedingungen voraus und eine davon bin ich.“

Er meinte damit unter anderem folgendes: Wir  sind die wahren Imame und religiösen Führer und wenn wir an der Spitze stehen und die Führung der Gesellschaft übernehmen, wird jede Art der Götzenverehrung, der Heuchelei und des Unglaubens verblassen und  der Geist der Wahrhaftigkeit und des aufrichtigen Ein-Gott-Glaubens in der Gesellschaft herrschen.

 

  Damit hatte Imam Ridha also die Rechtmäßigkeit des Abbasidenkalifens Mamun in Frage gestellt und auch alle anderen,  die nach dem Verscheiden des Propheten (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) die Macht an sich gerissen und die Tauhid-Kultur an den Rand gedrängt hatten, als unrechtmäßig erklärt. Denn die gewaltsamen Herrscher  hatten die Einmütigkeit in der Gemeinde ihren zwiespalterischen Ansichten geopfert und  die von Gott Auserwählten und wahren Statthalter des Propheten und wahrhaften Führer aus seinem Hause verleumdet und getötet und nicht zugelassen, dass sie die Gesellschaft lenken und Einmütigkeit in ihr hervorrufen.