Apr 22, 2020 06:07 CET
  • Islam richtig kennenlernen (212 - die Sirat-Brücke)  

Die Sirat-Brücke wird in Fortsetzung der Ausführungen über das Geschehen im Jenseits unser heutiges Thema sein.

 

 

 

Wir beginnen mit dem Hinweis auf eine Stelle im Koran, die in gewisser Hinsicht im Zusammenhang damit steht. Gemäß dem Koran müssen sich nämlich die Unterdrücker und Unrechttuenden am Jüngsten Tag verantworten.  Es heißt in der Sure 37 (Saffat)   in den Versen 22 bis 24:

– (Zu den Engeln des Gerichts wird gesagt:) Versammelt (nun) diejenigen, die Unrecht getan haben, ihre Gleichgesinnten und das, dem sie dienten anstatt Allahs. Dann leitet sie zum Weg des Höllenbrandes und stellt sie auf, denn sie werden befragt werden.“

                                  

                               

In der Sure 19 (Maryam), Verse 71 und 72 wird uns Menschen verheißen:

 

Und es gibt keinen unter euch, der nicht daran (an der Hölle)  vorbeigehen würde. Dies obliegt deinem Herrn unabänderlich beschlossen.

Hierauf erretten Wir diejenigen, die gottesfürchtig waren, und lassen die Ungerechten in ihr auf den Knien zurück.

 

Diesem Vers ist zu entnehmen, dass alle Menschen sowohl die Guten als auch die Schlechten, die Hölle betreten werden, die Frommen und Rechtschaffenen jedoch Rettung finden und die Widersacher in der Hölle zurückbleiben.

In einem überlieferten Prophetenwort (Gottes Segen sei auf ihm und seinem Hause) heißt es: „Wenn die Gläubigen die Hölle durchqueren wird ihr Feuer kalt und unschädlich, so wie es für den Propheten Abraham kalt wurde.“

Das Licht des Glaubens ist nicht mit dem Feuerbrand der Hölle verwandt und vereinbar. Die Gläubigen drängen durch ihren Glauben und  ihre Gottesfurcht das Feuer der Hölle zurück. Unterdessen stehen die  Höllenkandidaten dem Höllenfeuer nahe und  sind wie ein schnell entflammbarer Stoff.

 

Das Feuer der Hölle ist nicht wie diesseitiges Feuer, welches sich löschen lässt. Das einzige was dieses Feuer löscht ist das Licht des Glaubens. Der Prophet des Islams sagt: „Am Jüngsten Tag wird das Feuer zu dem gläubigen Menschen sagen: O Gläubiger, geh schnell weiter, denn dein Licht hat meine Flammen gelöscht.“

                           

Zu den  Phasen des Jüngsten Tages gehört die Überquerung der Sirat-Brücke. Gemäß Koran und den Überlieferungen führt diese Brücke über die Hölle in Richtung des Paradieses. Die Sirat-Brücke lässt sich natürlich nicht mit den Brücken im Diesseits vergleichen. Vielmehr ist sie der Weg, über den der Mensch zum wahren ewigen Glück gelangt.

 

Die rechtschaffenen Menschen, die im Leben den anderen mit ihren guten Werken vorauseilten, werden jedenfalls schnell aus der Hölle heraustreten und danach über die Sirat-Brücke hinweg ins Paradies mit seinen unendlichen Freuden gelangen.

Zweifelsohne hängt es von der Echtheit des  Glaubens,  der Wahrhaftigkeit und den rechtschaffenen Taten der Menschen im Leben ab, wie sie über die Sirat-Brücke hinüberkommen. Imam Sadiq (Friede sei ihm) hat hierzu gesagt: „Die Leute, die die Sirat-Brücke überwinden, gehören verschiedenen Gruppen an und die Sirat ist feiner als ein Haar und schärfer als ein Säbel. Eine Gruppe überwindet die Sirat-Brücke schnell wie ein Blitz und eine andere Gruppe wie galoppierende Pferde. Andere kriechen sie bäuchlings  entlang. Eine Gruppe überquert sie zu Fuß und eine andere legt sie hangelnd zurück: mal erreicht sie das Feuer der Hölle  und mal lässt es von ihnen ab.“

                                  

Einige werden also gemäß diesem Wort von Imam Sadiq mühelos die Sirat-Brücke, die über den Abgrund der Hölle führt überqueren, andere nur mit Mühe und Not.

Es hängt von der Lebensweise und dem Glauben ab. Je besser das Verhalten eines Menschen und seine Werke waren, desto schneller und mit weniger Mühen wird er auf die andere Seite der Brücke gelangen, die ins Paradies führt. Einige werden lange brauchen, um das rettende andere Ende zu erreichen und andere werden es überhaupt nicht schaffen und in den Abgrund der Hölle stürzen.

                            

Auf dieser so bedeutenden Brücke gibt es mehrere Kontrollpunkte genannt Muwwaqif.  An diesen Kontrollposten wird der Mensch über verschiedene Dinge befragt, wie das Gebetsritual, die Pflichten gegenüber der Familie und Verwandten und  Mitmenschen, die Pfandtreue usw. Wenn der Mensch an einem Kontrollpunkt zufriedenstellend antwortet und Gott ihm gnädig ist, darf er zum nächsten weitergehen.  Erst wenn der Mensch heil alle diese Kontrollpunkte hinter sich gebracht hat, erreicht er das Ende der Brücke und  darf ins Paradies mit all den unzähligen Gottesgaben einkehren. Im anderen Falle schafft er die Brücke nicht und stürzt ins Inferno hinunter.  

Ein besonders sensibler Kontrollposten auf der Sirat betrifft die Gerechtigkeit. Gott hat bei Seiner Macht und Herrlichkeit geschworen, dass an diesem Posten die Unterdrücker festgehalten werden. In der Sure Sure 80  (Fadschr), Vers 14 heißt es:

Gewiss, dein Herr wartet ja (auf sie – die Unrechttuenden).

Es liegt auf der Hand, dass jemand, der den anderen ein Unrecht zugefügt hat, an diesem Posten am Weitergehen gehindert und ihm die  gerechte Strafe seines üblen Tuns zugeteilt wird.

 

Die Sirat-Brücke ist gemäß den Überlieferungen schärfer als ein Säbel und feiner  als ein Haar. Sie ist ein schmaler, ganz konkreter Pfad. Gott lässt diesen Pfad im Diesseits beginnen und er führt in das Jenseits.  Dass diese Brücke dünner als ein Haar und schärfer als ein Säbel ist, bringt zum Ausdruck, wie  schmal manchmal die Grenze zu Recht und Unrecht, zu Wahrheit und Lüge ist. Es kann auch ein Fingerzeig auf die präzise detaillierte Abrechnung am Jüngsten Tag über die Taten der Menschen sein.

Genauso schmal wie die Sirat-Brücke ist  der Weg der Wahrheit. Wer diesen Weg gehen möchte, muss zunächst die Wahrheit richtig kennen und dann ihr entsprechend handeln. Dies erfordert eine große Sorgfalt und Vorsicht.

Der gerade Weg ist der Weg des Gott-Dienens. Es ist ein konkreter schmaler Weg, den der Mensch bewusst und wachsam entlang gehen soll, ohne ins Schwanken zu geraten und von ihm abzuweichen. Schon ein wenig Unachtsamkeit lässt den Menschen vom eigentlichen Weg abgeraten und den Irrweg betreten.  Am Jüngsten Tag werden diejenigen heil das Ende der Sirat-Brücke erreichen, die im Diesseits den richtigen Weg entlanggegangen sind.

                          

Zweifelsohne wird die Verbindung zum Propheten (S) und zu den Edlen aus seinem Hause eine Erleichterung bei der Überwindung der Sirat-Brücke bringen. Solange der Mensch sich hinsichtlich seines Glaubens, seiner Moral und seines Handelns nicht diese Makellosen zum Vorbild nimmt und nach ihnen richtet, wird er die Sirat-Brücke nicht überqueren können. Das Jenseits des Menschen hängt ja von seinem diesseitigen Leben ab und es besteht ein enger Zusammenhang zwischen seinen Taten nebst seinen Überzeugungen in dieser Welt und seinem Schicksal im Jenseits. Wenn der Mensch sich also, anstatt die großen Lehrer der Menschheit zu befolgen,  den Anführern von Unglauben und Niedertracht anschließt, handelt er sich ewiges Unglück ein.

Imam Sadiq (F) hat  in einer Überlieferung von zwei Sirat gesprochen: eine Sirat im Diesseits und eine im Jenseits. Er hat gesagt: „Die Sirat auf der Welt ist der Imam, dem zu gehorchen eine Pflicht ist. Wer ihn im Diesseits kennt und seine Anweisungen befolgt, der wird im Jenseits die Sirat, welche in Form einer Brücke die Hölle überspannt, hinter sich  bringen. Aber wer im Diesseits nicht seinen Imam kennt (und nicht seine Anweisungen nutzt), dessen Fuß wird im Jenseits auf der Sirat beben.“

Wer also leicht über die Sirat-Brücke hinüber will, der muss jetzt - im Leben - den richtigen Weg wählen und darauf achten, dass er auf diesem Weg nicht einhält und nicht von ihm abweicht. Geht jemand diesen Weg standhaft, wird er am Jüngsten Tag auch mit Leichtigkeit die Sirat-Brücke überqueren, während jemand, der schon in dieser Welt ins Schwanken gerät und vom rechten Weg abweicht, ebenso auf der Sirat-Brücke im Jenseits ins  Schwanken geraten und in die Hölle abstürzen wird, es sei denn Gott erweist ihm Seine Gnade.

Wie auch immer: wie problemlos oder wie mühevoll jemand die Sirat-Brücke überquert bzw. ob er überhaupt am rettenden anderen Ende angelangt, hängt von seinem Licht des Glaubens ab und von dem Bündel an rechtschaffenen Taten, das er mitbringt. Wohlgemerkt: Wer es nicht schafft die Brücke zu überqueren,  der stürzt in die Hölle hinab und wird nicht in das Paradies Gottes mit seinen materiellen und immateriellen Gaben einkehren können.

            

Es sei noch erwähnt, dass die Gläubigen wohl auch deshalb die Sirat-Brücke, die über die Hölle hinwegführt, überqueren müssen, damit sie angesichts des üblen Schicksals der Hölleninsassen das Leben im Paradies besser zu schätzen wissen.  Die Gläubigen werden im Paradies sehen, dass sie für die kurze Zeit, die sie im Leben Gott zuliebe einige Mühsale auf sich genommen haben, mit einer wunderbaren Wohnstätte belohnt wurden und  sie werden den unendlichen Segen im Paradies sehr zu schätzen wissen.

 

s.auch:

https://parstoday.com/de/radio/program--sinnvolle_wegzeichen_besonnen_gelegt

 

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