May 16, 2020 10:14 CET

Heute wenden wir uns den Ansichten des bekannten englischen Geschichtsphilosophen Arnold Joseph Toynbee über den Propheten des Islams zu.

 

Gott hat für die Menschheit zwei Ratgeber bereitgestellt, damit sie an das hohe und wahre Ziel ihrer Erschaffung gelangt. Der eine Ratgeber ist der Verstand. Zieht der Mensch diesen Ratgeber heran kann er ihm bis zu einem gewissen Punkt den Weg weisen. Aber der Mensch wird sein Erschaffungsziel nicht erreichen, wenn er sich nur auf den Verstand stützt, denn dessen Reichweite ist begrenzt.  Daher hat Gott im Laufe der Geschichte den Erdenbewohnern weitere Ratgeber und Wegweiser gesandt. Es sind besonders würdige und Ihm nahestehende Menschen  namens Rasul (Gesandter) und Nabi (Prophet).  

Die Aussendung seiner Boten hat Gott bei der Erschaffung des Menschen begonnen und sie bis zum Letzten Propheten, dem Propheten des Islams (S) fortgesetzt, wobei die Sendung entsprechend dem jeweiligen Entwicklungs- und Verstandesniveau angepasst war. In der Zeit des Propheten des Islams erreichte der Verstand des Menschen schließlich einen Reifegrad, der  die Entsendung eines weiteren Propheten erübrigte.  Die Menschheit kann mit den Gesetzen der Religionslehre des Propheten Mohammad ihr Leben gestalten, denn diese  Religion wird bis ans Ende der Welt ihre Bedürfnisse erwidern.    Die Akte der Botschaften und des Prophetentuns wurde daher von Gott mit dem Namen Mohammad besiegelt. Gott hat bekanntgegeben, dass Mohammad (S) der letzte Prophet ist. Er erwartet von den Menschen, dass sie auf ihn  hören und ihm folgen.    

 

Die Volksstämme, die der Prophet des Islams  auf den Weg Gottes leiten sollte, wiesen große kulturelle, zivilisatorische, moralische und weltanschauliche Unterschiede auf. Dieser Umstand bereitete dem Propheten bei der Verkündung des Islams erhebliche Schwierigkeiten. Aber er gab keinen Augenblick lang seine Mission auf, sondern lud geduldig und freundlich weiter zum Islam ein. Imam Ali (F) sagt über die Mühen, die Prophet Mohammad (S) für die Rechtleitung der anderen auf sich nahm: „O Gott, lass die edelsten Grüßen zusammen mit dem höchstem Segen für Mohammad – Deinen Diener und Gesandten -  gelten, der das letzte Glied in der Kette der Berufungen war und, indem er die Sackgassen durchbrach, einen neuen Weg eröffnete. Er verkündete das Recht mit dem Ruf des Rechtes, drängte die Kräfte des Heeres des Bösen zurück und brachte das Spektakel von  Lüge und Täuschung zum Schweigen. Er schulterte die schwere Last der Sendung auf würdige Weise,  führte festen Schrittes Deinen Befehl durch und strebte eifrig nach noch größerer Zufriedenheit von Dir, ohne dass sein fester Schritt nachließ oder der geringste Zweifel Zugang zu seinem eisernen Willen hätte finden können. Er nahm deine Offenbarung mit dem Herzen  auf und wahrte Dein Bündnis, und er setzte sich für die Ausführung Deines Befehls ein, bis er das Licht der Wahrheit sichtbar gemacht  und den Weg für die Unwissenden erhellt hatte.“ 

                     

Was die Ansichten der Orientalisten über den Propheten des Islams anbelangt, wollen wir uns heute die Meinung des bekannten englischen Geschichtsphilosophen Arnold Joseph Toynbee anschauen.

Arnold J. Toynbee wurde 1889 in London geboren und verstarb 1975 in York. Toynbee gilt als letzter großer Universalhistoriker und als bedeutender Geschichtsphilosoph. Seine akademische Ausbildung erfuhr er an den Fakultäten  Winchester und Balliol der Universität Oxford. Er hat  zahlreiche Bücher verfasst. Sein wichtigstes Werk ist A Study of history  (Der Gang der Weltgeschichte), an dem er von  1934 und 1961 arbeitete und in dem er die Bedingungen von Entstehung, Aufstieg und Verfall von Kulturen analysierte. Weitere wichtige Werke sind

Civilisation on Trial «(Kultur am Scheideweg)

Christianity among the Religions of the World (Das Christentum und die Religionen der Welt)

Hellenism (Hellenismus)

East to West: A Journey Round the World (Von Ost nach West. Bericht einer Weltreise)

Mankind and Mother Earth. A Narrative History of the World (Menschheit und Mutter Erde. Die Geschichte der großen Zivilisationen)

The World and the West (Die Welt und der Westen)

Islam  and ourselves (Islam und wir selber)

Arnold Joseph Toynbee (1889 - 1975)

 

Arnold Toynbee betrachtet  die Religion als Fundament der Zivilisationen und sagt: „Ich bin der Überzeugung,  dass in jedem zivilisatorischen Lebensstil Religion in Erscheinung tritt. Ich stimme vollkommen der Meinung zu, dass die Religion die Quelle der Lebenskraft gewesen ist, welche die Zivilisationen hervorgebracht hat und sie am Leben erhielt. Mit Religion meine ich jene Einstellung zum Leben, welche die Menschen gegenüber den Schwierigkeiten, die mit dem  Menschsein verbunden sind,  stärkt, in dem Sinne, dass sie zufriedenstellend   und sinnvoll ihre Fragen über wissenschaftliche Rätsel und die Rolle des Menschen beantwortet und sie durch Vorgabe von praktischen Handlungsanweisungen  für das Leben in dieser Welt ausrüstet. Immer wenn Menschen den Glauben an ihre Religion verloren haben, hat ihre Zivilisation eine innere soziale Zersplitterung  erfahren und sich gegenüber militärischen Angriffen von außen gebeugt. Daraufhin wurde die Zivilisation, die aufgrund des Verlustes des Glaubens zu Fall gekommen war durch eine neue Zivilisation, die  von einer anderen Religion inspiriert war, ersetzt.“  

 

 

Der Prophet des Islams konnte mit dem Islamischen Zivilisationsmodell in kurzer Zeit elementare Veränderungen in der Gesellschaft der Arabischen Halbinsel hervorrufen. Ihm gelang es die unwissende vorislamische Gesellschaft in eine kultivierte  Gesellschaft mit einer Zentralregierung und politischen und  rechtlichen Institutionen umzuwandeln, welche klaren,  hilfreichen Gesetzen gehorchten. Durch die Maßnahmen des  Propheten (S) wurde die von Unwissenheit geprägte vor-islamische  Gesellschaft strukturell verändert und wurden  auf eine Weise die Eckpfeiler für eine gute, kreative und umfassende Zivilisation gesetzt, dass die muslimische und menschliche Gesellschaft heute noch deren materiellen und immateriellen Errungenschaften nutzt.     

             

Toynbee hat sich in seinem  Werk A Study of History (Titel der deutschen Übersetzung: Gang der Weltgeschichte) auch über den Propheten des Islams geäußert und zwar unter der Überschrift Mohammad, Prophet und Politiker.  Zwar achtet Toynbee den Islam und die Islamische Zivilisation als eine Religion und Kultur, aber manchmal sind seine Äußerungen zum Islam und den Muslimen widersprüchlich. Dennoch stellt er Mohammad (S) als Propheten Gottes  vor, der die Islamische Zivilisation hervorgebracht hat. Er schreibt:

 „Der Islam ist durch das göttliche Genie Mohammads, der Prophet Gottes, in der Geschichte Arabiens in Erscheinung getreten und aufgeblüht.“  Toynbee weiter: „Die erste Offenbarung seitens Gott erhielt Mohammad (S) circa 610 nach Christus. Zu der Zeit war er mit Chadidscha verheiratet und hatte eine Familie in Mekka gegründet.  Die religiöse Erfahrung Mohammads begann damit, dass ihm Gabriel, der Engelsbote Gottes erschien.    Mohammad hörte wie Gabriel ihm Worte diktierte, damit er sie seinen Anhängern in Mekka mitteilte. Zu Beginn hegte er Zweifel  an der Echtheit dieser religiösen Erlebnisse und war unschlüssig, aber als die Inspirationen sich  wiederholten und verfestigten, wurde Hadhrate Mohammad sich der Gültigkeit und Richtigkeit der Botschaft und seines Auftrages gewiss und er begann wie Jesus als jemand, der mit göttlicher Kraft  ausgestattet ist, zu sprechen.“ 

 

Toynbee betrachtet die Auswanderung des Propheten nach Yathrib (welches später in Medina umbenannt wurde) als Wendepunkt  für den Islam und schreibt:

„Hadhrate Mohammad (S) hat ... als Religionsführer in Yathrib die verschiedenen Gruppen in dieser Stadt untereinander und mit den Islamanhängern aus Mekka, die sich ihm in Yathrib angeschlossen hatten, verbündet und versöhnt. Es sieht danach aus, dass die Mehrheit der nicht-jüdischen Einwohner von Yathrib sich gerne dem Islam anschloss und der Islam  zum effektiven Verbindungsmitglied zwischen den Einheimischen und den Flüchtlingen (aus Mekka) wurde.“

An einer anderen Stelle zieht Toynbee einen Vergleich mit dem Propheten Mohammad und dem Propheten Jesus hinsichtlich ihrer Rolle als politische Führer:

Er schreibt: „Die politische Situation von Hadhrat-e Mohammad war von der politischen Situation von Jesus, bei dessen Festnahme, verschieden. Jesus war ein Bürger des Römischen Reiches und wenn er sich gegen dieses Imperium erhoben hätte, dann  hätte sein Aufstand vielen Menschen das Leben gekostet, ohne dass er einen militärischen Sieg erzielt hätte. Hadhrat-e Mohammad besaß keine Mittel zum Sieg und siegte dennoch. Sein Sieg als ein Führer ...hat dazu geführt, dass sich der Islam mit politischen Angelegenheiten auseinandersetzen musste.“

 

Toybeen äußert an einer Stelle in seinen Werken die Meinung, dass sich das Christentum in Zukunft weiter verbreiten wird. Aber in seinem Buch Civilisation on Trial (Kultur am Scheidewege)  verweist er im Laufe der Untersuchung der Zivilisationen auf den Einfluss der Religion des Propheten Mohammad (S) auf der Welt und schreibt: „Der Panislamismus (eine religiös-politische Bewegung, die die innerislamischen Gemeinsamkeiten in Geschichte, Kultur und Religion hervorheben will) schlummert. Aber wenn die Unterdrückten auf der Welt den Aufstand gegen die westliche Vorherrschaft verüben und sich unter einer Führung vereinigen, wird der Schlummernde erwachen. Der Ruf dieses Aufstandes könnte den Islamischen Geist erwecken und der Islam könnte sich erneut für die Erfüllung seiner  wirkungsvollen  und historische Rolle  erheben.“

 

 

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