Jun 22, 2020 07:17 CET

 Diesmal erfahren Sie mehr über die Ansichten des schottischen Orientalisten Hamilton Alexander Rosskeen Gibb, kurz H.A.R. Gibb.                   

                  

Hamilton Gibb wurde 1895 im ägyptischen Alexandria geboren, aber beide Eltern sind schottische Staatsbürger und er hat in der Heimat seiner Eltern die Schule besucht und studiert. Im Jahre 1922 machte er an der School of Oriental Studies der Universität London seinen Master-Abschluss für die Arabische Sprache und 1926 reiste er in den Orient zur Erweiterung seiner Sprachkenntnisse, für Untersuchungen über den Islam und um aus der Nähe  mehr über die Muslime und ihr Leben zu erfahren. 

Hamilton Gibb hat zahlreiche Werke hinterlassen. Dazu gehört auch das Werk: Mohammedanism: An Historical Survey (1949) das 1980 unter dem neuen Titel Islam: An Historical Survey neu aufgelegt wurde – Es handelt sich um eine Übersicht  über die Geschichte des Islam.  In diesem Buch hat Gibb den Islam von verschiedenen Seiten beleuchtet und die geschichtlichen Entwicklungen beschrieben. An einer Stelle seines Buches schreibt Gibb über den Propheten Mohammad: „Man muss zugeben, dass das Persönlichkeitsbild Mohammads (S) von dem oberflächlichem Gerede, welche die nachfolgenden Generationen seiner Anhänger ihm nachgesagt haben in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Aber zweifelsohne tritt aus einer Menge von überaus normalen und menschlichen Einzelheiten, leuchtend eine große Menschlichkeit hervor.   Sein Mitgefühl für die Geschwächten, und seine Milde und sein Anstand, der selten in Zorn umschlug (außer in Fällen wo offensichtlich Gott gelästert wurde) und selbst seine Anständigkeit in privaten Beziehungen und sein Scherzen: alle diese Eigenschaften waren auf erstaunliche Weise so verschieden von der  Haltung und dem Geist seiner Zeit und seinen zeitgenössischen Begleitern, dass man es nicht anders deuten kann als die Wiederspiegelung der Wahrheit in diesem Mann. Auf der Hadschreise wollte Abu Bakr einen Mann schlagen, der ein Kamel losgelassen und erschreckt hatte. Mohammad (S) lächelte und sagte: `Seht was der Hadschi (der Hadsch-Pilger) da macht`!“ Hamilton Gibb fährt fort: „Dies ist eine gewöhnliche Geschichte, aber sie mag vielleicht den Unterschied zwischen Mohammad und dieser Schar von Menschen, mit denen er zurechtkommen musste, zeigen. Im tieferen Sinne geht es darum, die Wahrheit nicht verstanden zu haben.“

                   

Gibb beschreibt die Anerkennung für Mohammad (S) und seine moralischen Eigenschaften wie folgt: „Alle seine Gedanken kreisten um Lehre und Erziehung und Herstellung von Disziplin unter den Mitgliedern der Gesellschaft. Aus meiner Sicht lässt sich nicht darüber streiten, dass der Einfluss, den Mohammad auf den Willen und die Gefühle seiner Gefährten ausübte, das Resultat seiner Ausstrahlung war  und dass seine Gefährten, nicht auf seine Verkündigung, ein Prophet zu sein, gehört hätten, wenn er diese Ausstrahlung nicht besessen hätte.  Als das Bild von einem Menschen, der Einfluss besitzt, beiseite wich, trat daher an seiner Stelle seine Ehrung und Respektierung als Prophet.“

                    

Typischerweise blicken eine ganze Reihe von  Orientalisten mit Skepsis auf einige Ereignisse  in der Geschichte des Islams und stellen bloße Vermutungen an. Aber Gibb hat unter den Muslimen gelebt und dies hat sein Verständnis von der Geschichte und der Vorgehensweise des Propheten des Islams deutlich beeinflusst. In allen seinen Werken kommt immer wieder in irgendeiner Form vor, dass er die religiöse und politische Persönlichkeit des Propheten verteidigt, die er seinem genialen Geist und seiner Weisheit zuschreibt. Seine Betrachtung des Propheten unterscheidet sich daher in gewissem Umfange von den vielen Biografien, die andere westliche Forscher über das Leben des Propheten, welches immer ihre Aufmerksamkeit auf sich zog, verfasst haben.

H.A.R. Gibb (1895-1971) und sein Buch "Studien über die Islamische Zivilisation"

 

Der heilige Koran, als das jüngste und letzte Himmelsbuch, umfasst großes Wissen und viele Begriffe und weist einen besonderen Stil auf. Dies bleibt niemandem verborgen. Welchen großen Wundercharakter der Koran besitzt, zeigt sich daran, dass niemand auch nur eine kleine Sure aufstellen kann, die einer Sure in diesem heiligen Buch ähneln würde. Dieser Wundercharakter wird erst recht dadurch deutlich, dass der Koran mit diesem bedeutungsvollen Inhalt auf einen Menschen herabkam, der weder lesen noch schreiben konnte und nie einen  Lehrer gehabt hatte. Der Prophet war ummi – also schreib- und leseunkundig - . Die Mehrheit der islamischen Gelehrten ist sich darüber einig, dass dies so war und dass er vor seiner Berufung zum Propheten weder etwas gelesen noch etwas geschrieben hat und dass dies einer der Aspekte für den Wundercharakter des Korans und das Wunder seines Verkünders ist.  Der Vers 48 der Sure 29 (Ankabut) ist einer der wichtigsten Beweise für diesen Wundercharakter und die Wahrheit des Korans, der den Zweifeln der Feinde und der Abgeirrten einen Riegel vorschiebt. Er lautet:  

«وَمَا کُنتَ تَتْلُو مِن قَبْلِهِ مِن کِتَابٍ وَلَا تَخُطُّهُ بِیَمِینِکَ إِذًا لَّارْتَابَ الْمُبْطِلُونَ.»

Und du hast vordem kein Buch verlesen und es auch nicht mit deiner Hand niedergeschrieben. Sonst würden wahrlich diejenigen zweifeln, die (es) für falsch erklären.

Trotzdem haben die westlichen Orientalisten im Zusammenhang mit dieser Wahrheit Zweifelsfragen aufgestellt. Einige haben dies ganz bewusst getan, um den Charakter  des Propheten und den Koran ins fragliche Licht zu rücken. 

 

Gibb aber macht darauf aufmerksam, dass durch diesen lese- und schreibe-unkundigen Propheten Gesetze eingeführt wurden, die alles in Medina veränderten. Dieser schottische Wissenschaftler mit Lehrstuhl an der Londoner Universität hebt die Spiritualität des Herrschers über die Muslime hervor, die von den Lehren des Letzten Gesandten Gottes herrührt. Noch erstaunlicher als die Geschwindigkeit, mit der die  Ausdehnung des Islamischen Reiches erfolgte, findet Gibb deren Organisierung. Er weiter: „Im Laufe jahrelanger Kriege hätte es eigentlich zahlreiche Verheerungen geben müssen. Aber insgesamt gesehen haben die Eroberer (die Muslime), die keine Spuren von Zerstörung hinterließen, den Weg zur  Vereinheitlichung der Völker und der Kulturen geebnet.  Die Gesetzes- und Regierungsstrukturen, die Mohammad (S) seinen Nachfolgern als Erbe hinterlassen hat, bewiesen bei der Registrierung und Aufsicht über die Tätigkeiten dieser ersten einfachen Armee, ihre Tauglichkeit.   Der Islam hat nicht als roher Aberglauben einiger plündernder Volksstämme, Einzug in die  zivilisierte Außenwelt gefunden, sondern wurde als eine moralische Kraft bekannt, welche bei allen Respekt erregt  und als eine logische Lehre das Christentum des Oströmischen Reiches und die Lehre Zoroasters im Iran, d.h. beide Lehren in ihrem Ursprungsland, zum Kampf herausfordern konnte.“

                      

Der zeitgenössische westliche Islamwissenschaftler Hamilton Gibb  hat viele Bücher über den Islam geschrieben, wie „Moderne Trends im Islam“ und „Studien zur Islamischen Zivilisation“, und in einem seiner Bücher schreibt er:  „Der Islam besitzt weiterhin die Macht, der Menschheit einen großen und wertvollen Dienst zu erweisen. Keine Religion außer dem Islam kann alle voneinander getrennten menschlichen Rassen aufgrund des Gedankens der Gleichheit in einer Front vereinigen. Die große Islamische Universität in Afrika, die  in Indien und die in Indonesien und jene kleine Universität in China und die andere kleine Universität in Japan zeugen alle davon, dass das Wort des Islams weiterhin einen Einfluss haben kann,  zum Beispiel auf die verschiedenen  Bevölkerungsschichten und auf beide Geschlechter. In einer Zeit, in der große Konflikte zwischen den Regierungen in Ost und West zur Debatte stehen, muss man zur Lösung des Streites beim Islam Zuflucht suchen. Der Islam ist die erste Religion, welche die Gleichheit zwischen den Menschen zur Sprache gebracht hat...“

An einer anderen Stelle sagt Gibb über den Islam: „Keine der großen Religionsgemeinschaften hat jemals einen so großen  gemeinsamen,  allgemeinen Geist besessen oder so viel Bereitschaft aufgewiesen, ihren Mitgliedern und Anhängern den größten Grad an Freiheit zu gewähren, vorausgesetzt, dass sie zumindest nach außen hin die  religiösen Pflichten anerkennen.“

Gibb ist außerdem der Überzeugung: „Das Bild, dass Mohammad (S) und seine Gegner   von  der neuen religiösen Gemeinschaft geistig vor Augen hatten, wurde als Bild von einer  Gemeinschaft betrachtet, die auf politischer Basis organisiert und etabliert wird. Die Aussendung von Propheten geschah in keiner anderen Absicht als in der Absicht, eine religiöse Regierung zu gründen. Nicht nur bei der Religion Mohammads (S) waren diese beiden (Religion und Regierung) miteinander verknüpft, sondern bei allen Regierungen jener Zeit ruhte die Regierung auf den Säulen der Religion. Neu war die  Schaffung der Voraussetzungen für die praktische Umsetzung  der Theorie einer  religiösen Gesellschaft in Medina.“

 

 Im nächsten Teil werden wir uns die Meinung des nächsten Orientalisten anschauen. Wir hoffen der heutige Teil hat Ihr Interesse gefunden.

 

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