May 30, 2021 07:44 CET
  • Sinnvolle Wegzeichen der Ahl-ul-Bait (35 –Eintracht zwischen den Rechtsschulen)

Wir sprechen zur Zeit über die Einheit unter den Muslimen aus der Sicht der Ahl-ul-Bait, dem Hause des Propheten.  Die Einheit der islamischen Gemeinde ist in den Augen Imam Alis (F) eine der größten Gnaden Gottes.                 

 

   

 

Imam Ali (Friede sei mit ihm) hat über die Einheit gesagt: „Gott hat dieser Glaubensgemeinschaft eine Gnade erwiesen und  zwischen euch Freundschaft und Eintracht hergestellt, unter derem schirmenden Schatten ihr wandeln und bei der ihr Zuflucht suchen könnt.  Dies ist ein Gnadengeschenk, dessen Wert niemand erkennt, weil es mehr Wertigkeit besitzt als jeder (andere) Preis und kostbarer ist als alles andere Kostbare.“  (Nahdsch-ul-Balagha, Predigt 192)  

Die Eintracht in der Islamischen Gemeinde ist also eines der wichtigsten Dinge, welche die Muslime verwirklichen sollen.  Die zentrale Achse einer solchen Einheit bilden der  Koran und die Vorgehensweise des Propheten und der Imame aus seinem Hause.

Allerdings hat es immer Leute gegeben, die sich nur auf einen von beiden Größen, beriefen und auf diese Weise unter den Muslimen Zwietracht hervorgerufen haben.  Aber der Prophet hat die Muslime gemahnt, dass beide -  das Buch Gottes und die Imame aus seinem Hause – zusammen die Achse für die wahre Religion bilden und die Abkehr von einem dieser beiden Stützen, die islamische Weltgemeinde von der Wahrheit der Religion Gottes entfernt und dem Ansehen des Islams schadet.  

                     

Man braucht nur die Biografie der Imame aus dem Hause des Propheten zu lesen und ihre Denkweise und ihr politisches Vorgehen zu studieren, um sich davon zu überzeugen, dass alle ihre Anstrengungen der Wahrung des echten Islam dienten und dass sie bestrebt waren zu verhüten, dass die Religion Gottes verzerrt gedeutet wird und innerhalb der muslimischen Gemeinde die Meinungen auseinander klaffen und eine Spaltung entsteht.  Zudem zeigen die Ereignisse in der Geschichte, dass Übertreibung und Untertreibung sowie Abweichungen in der Gesellschaft und vom Glauben immer dann auftraten, wenn sich eine Gruppe von Muslimen von den Nachkommen des Propheten abkehrte und ihre Lehre nicht nutzte.  Dies hat immer dem Denken und der Überzeugung und der Politik der Muslime sehr geschadet. Die Tochter des Propheten, die edle Fatima (gegrüßet sei sie) hat gesagt:  

Gott hat die Befolgung von uns Ahl-ul-Bait als Mittel zur Herstellung sozialer Ordnung unter der Islamischen Gemeinde bestimmt und er hat unsere Statthalterschaft und Führung zur Antriebsfeder für die Eintracht und die Sicherheit vor Spaltung werden lassen (Bihar- ul Anwar, Bd.43). Imam Ridha (F) hat im Zusammenhang mit dem Sinn des Imamats auf die zentrale Rolle des Imams hingewiesen und  gesagt, dass das Imamat (die Lenkung durch den Statthalter des Propheten) die Religion und die Ordnung und den Zusammenhalt der Muslime reguliert. 

Die Imame aus dem Hause des Propheten betonten zwar die Eintracht unter den Muslimen, aber sie haben die umayyadischen und abbasidischen Kalifen nicht anerkannt und niemals mit ihnen zusammengearbeitet.  Der Grund liegt auf der Hand: Sie wollten damit die Abweichungen von der Religion bekämpfen, welche diese unrechtmäßigen Herrscher hervorgerufen hatten.  Diese Kalifen haben oft gegen die Gebote und Verbote Gottes verstoßen. Sie haben das Religionsrecht verfälscht und die Diener Gottes ausgebeutet und unterdrückt und haben im Widerspruch zu der Vorgehensweise des Propheten Gottes (Allahs Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) gehandelt.  Jeder Imam hat entsprechend den zeitlichen Verhältnissen auf besondere Weise die ungerechten Herrscher bekämpft. Manchmal wie Imam Husain (F) auf dem Kriegsschauplatz in direkter Konfrontation und manchmal in einem indirektem Kampf, wie ihn  Imam Baqir und Imam Sadiq durch ihren Einsatz für Wissen  und Wissenschaft geführt haben.  Immer war den Ahl-ul-Bait (Friede sei ihnen allen) an den Interessen des Islams und der Muslime gelegen. An den Überlieferungen der Ahl-ul-Bait ist klar zu erkennen, dass sie immer auf die Wahrung der Einheit der Muslime  als notwendig und eine der wichtigsten Pflichten ihrer Anhänger hingewiesen haben. Imam Sadiq  (F) hat gesagt:

Es ist eine Sadaqa (eine Schenkung), die Gott liebt, beim Aufkommen von   Streit und Verderben für die Gemeinschaft der Muslime und bei Trennung von ihnen sie wieder  einander näherzubringen (Usul-i Kafi, Bd. 2, S. 209)                                 

Zu den Dingen, die Einheit unter den Muslimen herbeiführen, gehört deren gutes Verhalten.  Dies haben die Ahl-ul-Bait hervorgehoben und sie haben auch Wert auf die Beziehung ihrer Anhänger zu den Anhängern anderer islamischer Rechtsschulen gelegt. Sie haben ihnen empfohlen, freundlich zu ihren Brüdern der sunnitischen Rechtsschulen zu sein, in ihren Moscheen das Gebet zu verrichten und sich an ihren gottesdienstlichen Treffen zu beteiligen.  Die Imame haben ihre Anhänger und Helfer davor gewarnt sich abzusondern und sie dazu ermuntert, an allgemeinen Veranstaltungen, welche dem Islam Ansehen und Größe verleihen, teilzunehmen.  Einmal sagte Imam Sadiq zu einer Person namens Abd al-`Ala: 

 Richte unseren Anhängern unseren Friedensgruß aus und sag ihnen, dass Dschafar ibn Muhammad (gemeint ist er selber) ihnen sagt: Gott segne den Diener, der die Freundschaft der anderen zu sich und zu uns gewonnen hat.

Die Imame  haben bei ihren Hilfen an Bedürftigen keine Unterschiede zwischen Schiiten und Nicht-Schiiten gemacht. Sie sahen in den Sunniten ihre Brüder im Islam. In ihrem Verhalten ist keine Spur von Bevorzugung oder sozialen Abgrenzungen zu sehen.  Schiiten und Sunniten besuchten einander und luden sich gegenseitig zum Essen ein.  Sie teilten sich Arbeit und Gewerbe und traten bei religiösen und gottesdienstlichen Versammlungen  zusammen.  Imam Ali (F) hat niemals bei der Vergabe aus dem Bait-ul-Mal – der allgemeinen Volkskasse einen Unterschied zwischen seinen Freunden und Anhängern und den anderen gemacht. Er war immer gerecht.  

Die Ahl-ul-Bait sind  sowohl im Alltag und der Gesellschaft als auch bei Begegnungen auf wissenschaftlicher Ebene milde und nachsichtig mit Anhängern anderer Rechtslehren umgegangen. Die Rechtsgelehrten der sunnitischen Rechtsschule zu Lebzeiten der Imame lassen sich nach  zwei Gruppen unterscheiden.  Die eine Gruppe  bestand aus Gelehrten, die am Hofe der unrechtmäßigen Herrscher dienten, deren gewaltsames Regime unterstützten und nach weltlichen Interessen strebten. Eine andere Gruppe der sunnitischen Gelehrten hielt sich jedoch von den Herrschern fern und versuchte, ihre unabhängige Meinung zu bewahren. Es waren jene Gelehrten, die aufrichtig nach Religionswissen strebten.

                        

Den Hofgelehrten begegneten die Imame mit einer strengen Haltung. Auf verschiedenen Wegen wie in Form von Diskussionen und Schriftwechsel stellten sie sich gegen die Abweichungen welche diese Gelehrten zur Zufriedenstellung der unrechtmäßigen Herrscher aufgebracht hatten.  Ein anschauliches Beispiel ist das Verhalten Imam Sadschads (F) gegenüber Muhammad ibn Muslim Al-Zuhri, wecher zu Hofe des Yazid ibn Abdul-Malik als Richter diente. Die Herrscher zur Zeit der Imame waren alle bestrebt, Gelehrte um sich zu versammeln, damit diese ihnen helfen an ihre üblen Ziele zu gelangen.  Einige Dispute  mit sunnitischen Gelehrten sind den Imamen von den Herrschern ihrer Zeit aufgezwungen worden, zum Beispiel das Streitgespräch zwischen Imam Dschawad (F) und  Yayah ibn Aktham , der den Abbasiden zu Dienste stand und das Streitgespräch Imam Hadis (F) mit den Gelehrten am Hofe des abbasidischen Kalifen  Mutawwakil.

                      

 

Doch es gab auch sunnitische Gelehrten, die nur aus wissenschaftlichen Bestrebungen mit den Imamen aus dem Hause des Propheten Diskussionen führten. Sie schätzten den Großmut und die Würde, mit denen die Imame  den Gelehrten anderer Rechtsschulen begegneten. Als Beispiel möchten wir Malik Ibn Anas zitieren. Er war der Begründer  der malikitischen Rechtsschule. Über seine Gespräche mit Imam Sadiq (F) sagt er: „Immer, wenn ich Imam Sadiq (F) aufgesucht habe, hat er mir Achtung entgegen gebracht.  Er reichte mir immer ein Kissen, an dem ich mich anlehnen konnte. Ich habe mich über sein Verhalten gefreut und Gott für diese Freundschaft gedankt. Er hat viele Überlieferungen angeführt und die Sitzung mit ihm war immer sehr  nützlich. Wahrhaftig hat keine Augen jemanden, der Dschafar Ibn Mohammad (Imam Sadiq) in Wissen, Gott-Dienen und Gottesfürchtigkeit überragen würde, erblickt und kein Ohr hat jemals von jemandem gehört und kein Verstand sich jemanden vorstellen können,  der darin über ihm zu stehen käme.“

Abu Hanifa, der Gründer der hanafitischen Rechtsschule  hat mehrmals wie folgt erklärt: „Wenn nicht jene zwei Jahre gewesen wären, in denen ich Imam Sadiq (F) regelmäßig aufgesucht habe, wäre ich zugrunde gegangen.“

Die Geschichte bezeugt, dass die Ahl-ul-Bait – die Imame aus der Nachkommenschaft des Propheten – immer sehr freundlich den Gelehrten der anderen Rechtsschulen begegnet sind und während der Gespräche und Diskussionen mit ihnen immer liebevoll danach strebten Unklarheiten und Vorwürfe beizulegen.  Ihre Biografie zeigt, dass sie dadurch die Beziehungen vertiefen und die Eintracht und die Verständigung stärken konnten.

                    

Zweifelsohne steigt das Vertrauen der Mitglieder einer Gesellschaft durch die Herstellung von heilen und guten Beziehungen unter ihnen. Der Islam setzt zur  Stärkung dieser Beziehungen effektive Methoden der Charaktererziehung ein. Er lehrt Vertrauenswürdigkeit, die Pflege der verwandtschaftlichen Beziehungen, die Ehrlichkeit und  Unterstützung der Bedürftigen, die Beachtung der Rechte der Muslime, Enthaltung von schlechter Nachrede über Religionsgruppen, Spenden und Wohltätigkeit, Vergebung und Nachsicht.  Die Beachtung der  wertvollen Lehren des Korans und der Ahl-ul-Bait im Umgang miteinander  lässt die Muslime dichter zusammen rücken.

 

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