Sep 16, 2021 08:05 CET

Wir haben die Sure 48 bis zum Vers 13 besprochen und schlagen den Koran erneut bei dieser Sure auf. Diese Sure heißt Fath. Das bedeutet „Sieg“. Der Vers 14 lautet:  

(48: 14 - 16)

 

 وَلِلَّهِ مُلْكُ السَّمَاوَاتِ وَالْأَرْضِ ۚ يَغْفِرُ لِمَن يَشَاءُ وَيُعَذِّبُ مَن يَشَاءُ ۚ وَكَانَ اللَّهُ غَفُورًا رَّحِيمًا                            

„Und Allah gehört die Herrschaft der Himmel und der Erde. Er vergibt, wem Er will, und Er straft, wen Er will. Und Allah ist Allvergebend und Barmherzig.“ (48: 14)

 

Bei den vorherigen Erläuterungen ging es um die Heuchler; diejenigen nämlich, die im Herzen ungläubig waren und nur nach außen hin so taten, als wären sie Muslime. Gott lässt im obigen Vers alle und auch sie wissen, dass er Vergebend und Barmherzig und jedem Gnädig ist, der sein vorheriges schlechtes Verhalten bereut und Umkehr macht. Aber es gibt Leute, die halten an ihrem falschen Weg fest und sind eigensinnig gegenüber Recht und Wahrheit. Damit aber schließen sie sich selber von der Barmherzigkeit Gottes aus und sie werden die angemessene Strafe für ihr schlechtes Tun erhalten.

Zu Beginn des Verses 14 wird als Erstes die absolute Herrschaft Gottes über die Daseinswelt hervorgehoben, damit keiner denkt, er könne der Allherrschaft Gottes entkommen oder etwas anderes durchsetzen als das, was Sein Wille ist.

                              

Folgendes können wir uns einprägen:

Erstens: Die Gnade und Barmherzigkeit Gottes steht über Seinem Zorn. Solange jemand sich nicht durch seine eigenen Taten selber die Eignung für den Empfang der göttlichen Barmherzigkeit raubt, wird er Gottes Barmherzigkeit erfahren können.

Zweitens: Um Rettung zu finden, muss der Mensch sich sowohl fürchten als auch hoffen. Laut dem göttlichen Konzept zur Charakterveredlung des Menschen, soll er zwischen Furcht und Hoffnung zubringen. Auf diese Weise wird verhindert, dass er sich etwas auf seine guten Taten einbildet und selbstherrlich wird oder dass er wegen schlechter Taten völlig resigniert.  Mit anderen Worten: Der Mensch soll sowohl auf die göttliche Güte hoffen als auch  zugleich den Zorn Gottes fürchten.

 

Wir sollten uns den nächsten Vers anschauen. In diesem Vers 15 der Sure 48 (Fath) spricht Gott:

       

سَيَقُولُ الْمُخَلَّفُونَ إِذَا انطَلَقْتُمْ إِلَىٰ مَغَانِمَ لِتَأْخُذُوهَا ذَرُونَا نَتَّبِعْكُمْ ۖ يُرِيدُونَ أَن يُبَدِّلُوا كَلَامَ اللَّهِ ۚ قُل لَّن تَتَّبِعُونَا كَذَٰلِكُمْ قَالَ اللَّهُ مِن قَبْلُ ۖ فَسَيَقُولُونَ بَلْ تَحْسُدُونَنَا ۚ بَلْ كَانُوا لَا يَفْقَهُونَ إِلَّا قَلِيلًا                         

„Diejenigen die zurückblieben (als der Prophet nach Mekka zog), werden, wenn ihr (nach Chaibar)  loszieht, um Erobertes einzusammeln, sagen: „Lasst uns euch folgen“, indem sie Allahs Wort abändern wollen (der verboten hat, dass diese Verweigerer an dem  nächsten Siegeszug und den dabei eroberten Gütern  teilhaben. Ihnen) Sag: `Ihr werdet uns nicht folgen. So hat Allah (schon) zuvor gesprochen.` Dann werden sie sagen: `Nein! (Gott hat uns das nicht verboten)  Vielmehr beneidet ihr uns.` Aber nein! Sie verstehen ja nur wenig.“ (48: 15)

 

Heuchler sind Opportunisten. Droht eine Gefahr, ziehen sie sich unter verschiedenen Argumenten zurück und entziehen  sich ihrer Pflichten. Doch, wenn  immer sie das Gefühl haben, dass es zu ihren Gunsten ist, tauchen sie wieder auf, um nicht leer auszugehen.

Der historische Hintergrund des obigen Verses war wie folgt: Auf der Rückkehr aus Hudaibiyah gab Gott dem Propheten im Voraus frohe Kunde von dem späteren Sieg in Chaibar und untersagte denjenigen die Teilnahme an diesem Gefecht,  die sich vorher  davor gedrückt hatten, den Propheten nach Hudaibiyah zu begleiten. Doch als die Muslime sich dann auf den Weg nach Chaibar machten, baten diese Leute, angeblich um ihr Versäumnis wieder gut zu machen, sich dem  Propheten und anderen Muslime anschließen zu dürfen. Sie hofften nämlich, dass sie dann an dem teilhaben werden,  was bei dem dortigen Sieg den Muslimen in die Hände fallen würde. Doch der Prophet handelte so wie Gott es ihm befohlen hatte und erlaubte ihnen nicht die Teilnahme an diesem Feldzug.

Diese Opportunisten sahen jedoch nicht ein, dass sie selber schuld an dieser Situation sind und machten sogar den anderen Vorwürfe, sie würden ihnen die Teilhabe an dem Erbeuteten nicht gönnen.  

                       

Wir sollten uns vor Augen halten:

Erstens: Denjenigen,  die bei Gefahr und Härten ihre Pflichten gegenüber der Gesellschaft versäumen, sollte ein Teil der allgemeinen Dienstleistungen gestrichen werden, um auf diese Weise dem Opportunismus in der Gesellschaft einen Riegel vorzuschieben. 

Zweitens: In schwierigen  Zeiten wird deutlich, wer es ehrlich meint, wenn er sagt, er sei Muslim und befolge die Gebote Gottes.  In diesen Zeiten, zeichnet sich umgekehrt ab, wer den Glauben nur heuchelt.

Drittens: Fürchtet euch nicht vor den Verleumdungen der Heuchler. Sie werfen den Gläubigen etwas vor, um sich von ihren eigenen Verstößen freizusprechen.

                   

Es folgt der Vers 16, der Sure 48, Fath:

 

قُل لِّلْمُخَلَّفِينَ مِنَ الْأَعْرَابِ سَتُدْعَوْنَ إِلَىٰ قَوْمٍ أُولِي بَأْسٍ شَدِيدٍ تُقَاتِلُونَهُمْ أَوْ يُسْلِمُونَ ۖ فَإِن تُطِيعُوا يُؤْتِكُمُ اللَّهُ أَجْرًا حَسَنًا ۖ وَإِن تَتَوَلَّوْا كَمَا تَوَلَّيْتُم مِّن قَبْلُ يُعَذِّبْكُمْ عَذَابًا أَلِيمًا

„Sag zu den arabischen Beduinen, die sich widersetzten: Ihr werdet bald zu (einer Begegnung mit) Leuten gerufen werden, die eine starke Gewalt besitzen, gegen die ihr kämpfen sollt, es sei denn dass sie sich  ergeben- Wenn ihr gehorcht, gibt Allah euch schönen Lohn; wenn ihr euch jedoch abkehrt, wie ihr euch zuvor abgekehrt habt, wird Er euch mit schmerzhafter Strafe strafen.“ (48: 16)

                              

Im Anschluss an den vorherigen Vers 15, in dem den Heuchlern die Bitte zur Teilnahme am Sieg in Chaibar abgeschlagen wurde, heißt es nun inhaltsmäßig im obigen Vers 16, gerichtet an sie: Wenn ihr wirklich euer vorheriges Versäumnis bereut, dann könnt ihr demnächst eure Aufrichtigkeit in einem schwierigen Gefecht zeigen. Gott lässt euch diese Möglichkeit offen und wird euch dann das Vergangene verzeihen.  Allerdings sollt ihr bei dieser Schlacht keine Beute erwarten und ihr werdet den Kriegsschauplatz nicht betreten um etwas zu erbeuten. Aber ihr werdet von Gott belohnt werden und den Lohn erhalten, den Gott denen, die für seine Sache kämpfen, beschert. Wenn ihr jedoch auch auf dieser Arena euch erneut dem Befehl Gottes und Seines Propheten widersetzt, so müsst ihr mit einer harten Strafe rechnen.

                    

Wir können uns noch folgende Punkte  klarmachen:

Erstens: In der islamischen Gesellschaftsordnung sollten wir einen Weg zur Wiedergutmachung für die Gegner offenlassen und sie nicht für immer boykottieren.

Zweitens: Wir sollten nie den Feind unterschätzen und denken, wegen vergangener Siege würden wir auch in Zukunft immer der Sieger sein. Denn es ist gut möglich, dass der Feind aufrüstet und mächtiger als zuvor auf der Szene erscheint.

Drittens: Die Verteidigungsmacht der Muslime muss so groß sein, dass der Feind gezwungen ist, sich zu ergeben und die Niederlage zu akzeptieren.

Viertens: Ziel der Teilnahme am bewaffneten Dschihad ist die Befolgung des göttlichen Befehls und der Order des Propheten, und es geht nicht etwa  um Expansion und Vorherrschaft über die anderen. Wahre Kämpfer auf den Wege Gottes wollen nicht mehr und nicht weniger als Gottes Wohlgefallen erzielen und sich vor Seiner Strafe hüten.