Sep 16, 2021 08:08 CET

Bei unserer Betrachtung der Sure 48, Sure Fath, sind wir beim Vers 17 angelangt. Dieser lautet:

(48: 17 – 21)

 

 لَّيْسَ عَلَى الْأَعْمَىٰ حَرَجٌ وَلَا عَلَى الْأَعْرَجِ حَرَجٌ وَلَا عَلَى الْمَرِيضِ حَرَجٌ ۗ وَمَن يُطِعِ اللَّهَ وَرَسُولَهُ يُدْخِلْهُ جَنَّاتٍ تَجْرِي مِن تَحْتِهَا الْأَنْهَارُ ۖ وَمَن يَتَوَلَّ يُعَذِّبْهُ عَذَابًا أَلِيمًا

 „Kein Tadel trifft (wegen Nichtbeteiligung am Dschihad) den Blinden, noch trifft (deswegen) ein Tadel den Gehbehinderten, noch trifft (deswegen) ein Tadel den Kranken.  Wer Allah und Seinem Gesandten gehorcht, den wird Er in Gärten (des Paradieses) einkehren lassen, durcheilt von Bächen (unter Bäumen). Wer sich jedoch abkehrt, den straft Er mit schmerzhafter Strafe.“ (48: 17)

                                                

In den vorherigen Versen hat Gott diejenigen getadelt, die zurückgeblieben waren und nicht am Dschihad teilnahmen, und hat ihnen Strafe verheißen. Natürlich waren unter den Zurückgebliebenen auch Behinderte oder Kranke, die nicht zur Mitbeteiligung am Kampf fähig waren. Einige von ihnen kamen zum Propheten Gottes und fragten, was mit ihnen sei. Würden sie getadelt werden?  Da wurde dieser Vers offenbart und klargestellt, dass bei ihnen der Fall anders liegt, als bei denen, die gesund sind und sich dennoch dem Aufruf des Propheten zum Kampf widersetzen.

Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass generell im Islam unter Umständen Pflichten erleichtert oder sogar aufgehoben werden. Diese Regel baut auf dem Vers  286 der Sure 2 (Baqara) auf,  wo es heißt:

 

„Allah erlegt keiner Seele mehr auf, als sie zu leisten vermag.“ 

 

Hier einige Beispiele  für Erleichterung bzw. Aufhebung von  religiösen Pflichten:

 

Wenn jemand krank ist, darf er den Teil des Ritualgebetes, der im Stehen verrichtet werden soll , im Sitzen verrichten oder er kann, wenn ihm das Sitzen ebensowenig möglich ist,  das Ritualgebet im Liegen beten.  Hat jemand eine Krankheit,  ist er vom Fasten im Monat Ramadan befreit, falls er das Fasten nicht verträgt. Sogar  für jemanden, der gesund ist, ist die Fastenpflicht aufgehoben, falls er weiß, dass ihn das Fasten krank werden lässt. Eine Bedingung für die Hadsch-Pilgerfahrt, ist die körperliche Fähigkeit zur Durchführung dieser Pflicht. Wer körperlich gesehen diese Reise nicht unternehmen oder die Hadsch-Zeremonien nicht vollführen kann, der ist von dieser Pflicht befreit.

 

Ähnlich werden im obigen Vers im Koran, dem Vers 17 der Sure Fath, körperlich Behinderte oder Kranke  von der Teilnahme am Kampf gegen den Feind befreit. Dazu sind nur diejenigen verpflichtet, die gesund und tüchtig genug sind, um zu kämpfen und sich selbst zu verteidigen. 

                           

Wir lernen also:

Erstens: Gott schenkt Kranken und Behinderten besondere Beachtung und befreit sie von einigen Pflichten. Verantwortsträger und Gesetzgeber müssen selber ebenso ein besonderes Augenmerk auf diese Punkt bei der Aufstellung von Gesetzen und sozialen Bestimmungen richten.

Zweitens: Entscheidend ist der Gehorsam gegenüber den Anweisungen Gottes, aber der Grad der  Verpflichtung des Einzelnen  kann entsprechend seiner Fähigkeiten und Kräfte verschieden ausfallen.

                                 

Es sind die Verse 18 und 19 der Sure Fath, denen wir uns nun zuwenden.

 

لَّقَدْ رَضِيَ اللَّهُ عَنِ الْمُؤْمِنِينَ إِذْ يُبَايِعُونَكَ تَحْتَ الشَّجَرَةِ فَعَلِمَ مَا فِي قُلُوبِهِمْ فَأَنزَلَ السَّكِينَةَ عَلَيْهِمْ وَأَثَابَهُمْ فَتْحًا قَرِيبًا

„Allah hatte ja Wohlgefallen an den Gläubigen, als sie dir (in Hudaibiyah) unter dem Baum den Treueid leisteten. Er wusste, was in ihren Herzen (an Glauben und Wahrhaftigkeit)  war, und da sandte Er die innere Ruhe auf sie herab und belohnte sie mit einem nahen Sieg (in Chaibar)“ (48: 18)

 

وَمَغَانِمَ كَثِيرَةً يَأْخُذُونَهَا ۗ وَكَانَ اللَّهُ عَزِيزًا حَكِيمًا

„Und ebenso  viel Beute, die sie machen werden. Und Allah ist Allmächtig und Allweise.“ (48: 19)

 

Wie wir bereits schilderten,  hatte sich Folgendes ereignet:

 Der Prophet und die Muslime hatten Medina verlassen und waren in Richtung Mekka gezogen, um dort den kleinen Hadsch zu vollbringen.  Die  Vornehmen von Mekka  nahmen den Boten des Propheten fest, der ihnen mitteilte, dass die Muslime keine kriegerischen Absichten hegten, sondern nur zur Kaaba pilgern wollten.  Daraufhin versammelte der Prophet seine Helfer in Hudaibiyah. Er versammelte sie unter einem Baum und dort nahm er ihnen den Treueid ab, dass sie im Kampf gegen die Götzendiener nichts versäumen werden und niemand  von ihnen die Flucht ergreift. Die Götzendiener in Mekka erfuhren von diesem Treueid. Da fürchteten sie sich und ließen den Boten des Propheten wieder frei. Sie schlossen ein Friedensabkommen mit dem Propheten und erlaubten, dass die Muslime in den darauffolgenden Jahren nach Mekka pilgern können. Nach diesen Ereignissen folgte bald darauf der Sieg von Chaibar, bei denen den Muslimen viele Güter der Feinde in die Hände fielen.

                      

Ergänzend können wir uns merken:

Erstens: Der Glaube   ist nicht nur mit Pflichten wie das Ritualgebet und das Fasten im Monat Ramadan verbunden, sondern er bezieht auch den Einsatz auf den sozialen und politischen Schauplätzen mit ein und Gläubigkeit umfasst ebenso die Unterstützung für die religiösen Führer.

Zweitens: Gott kennt genau unsere Motivation. Er beurteilt eine Handlung entsprechend der Absicht , die der Mensch damit verfolgt. Gott belohnt ein gutes Werk, wenn der Mensch es in aufrichtiger Absicht vollbringt.

Drittens: Das Wohlgefallen Gottes ist etwas Immaterielles und Kriegsbeute etwas Materielles. Dennoch verstoßen  die Eroberung von Kampfesbeute und die Nutzung diesseitiger Gaben nicht gegen Gottes Wohlgefallen.

Viertens:  Das Geheimnis für den Empfang der  Gnade Gottes im Diesseits und Jenseits besteht in der Treue zum Propheten Gottes und darin, ihn gegenüber den Feinden zu unterstützen.

                        

Schließlich möchten wir noch wissen, was die Verse 20 und 21 der Sure Fath, Sure 48, beinhalten:

                     

وَعَدَكُمُ اللَّهُ مَغَانِمَ كَثِيرَةً تَأْخُذُونَهَا فَعَجَّلَ لَكُمْ هَٰذِهِ وَكَفَّ أَيْدِيَ النَّاسِ عَنكُمْ وَلِتَكُونَ آيَةً لِّلْمُؤْمِنِينَ وَيَهْدِيَكُمْ صِرَاطًا مُّسْتَقِيمًا

„Allah hat euch versprochen, dass ihr viel Beute machen werdet. So hat Er euch diese schnell gewährt und die Hände der (angreiferischen) Menschen von euch zurückgehalten, und (dies,) damit es ein Zeichen (für die Wahrhaftigkeit der Religion und den Beistand Gottes) für die Gläubigen sei und Er euch einen geraden Weg leite.“ (48: 20)

 

وَأُخْرَىٰ لَمْ تَقْدِرُوا عَلَيْهَا قَدْ أَحَاطَ اللَّهُ بِهَا ۚ وَكَانَ اللَّهُ عَلَىٰ كُلِّ شَيْءٍ قَدِيرًا 

„Auch andere (Siege und Kampfesbeute), die ihr (noch) nicht zu erlangen vermochtet, hat Allah bereits umfangen. Allah hat zu allem die Macht.“ (48: 21)

 

Diese Stelle im Koran verspricht den Gläubigen, dass Gottes Huld nicht mit dem Friedensabkommen von Hudaibiyah und dem Sieg von Chaibar zu Ende sein wird, sondern die Muslime in Zukunft noch mehr Siege erzielen und Erfolge haben werden, die sie sich noch nicht träumen lassen und zu denen sie noch nicht in der Lage sind. Denn Gott hat nicht nur den Gläubigen innere Ruhe beschert, sondern Er hat den Herzen der feindlichen Ungläubigen Angst und Schrecken eingejagt, damit sie nicht mehr wagen, die Muslime anzugreifen.

Solche göttlichen Hilfen stärken natürlich den Glauben an die Wahrhaftigkeit des Propheten Gottes unter seinen Anhängern und festigen ihren Schritt auf dem Wege zur Rechtleitung.

                       

Wir erkennen:

Erstens: Es ist laut Kriegsgesetz erlaubt, zu beschlagnahmen was der Feind  zurücklässt. Gott billigt dieses Gesetz.

Zweitens: Gott hat verheißen: Wenn ihr die Religion Gottes unterstützt, lässt Er euch auch weltlichen Segen zukommen.

Drittens:  Wenn Gott Sicherheit herstellt und den aggressorischen Feinden das Handwerk legt,  ist es eine große Gnade seitens Gott, für die die Gläubigen dankbar sein müssen.