Apr 30, 2022 17:26 CET
  • In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (21-  al-Tusi-2 )

Beim letzten Mal, liebe Freunde haben Sie bereits Bekanntschaft mit Chadsche Nasiruddin Al-Tusi, einem iranischen Philosophen, Gelehrten, Mathematiker, Astronom und Dichter Bekanntschaft geschlossen, der im 7. Jahrhundert islamischer  und 13. Jahrhundert christlicher Zeitrechnung gelebt hat.

 

                                                 

Zur Erinnerung: Mohammad ibn Hasan Dschahrudi Tusi, bekannt als Chadsche Nasiruddin Tusi ist 597 nach der Hidschra, d.h. 1201 nach Christus in Tus in Nordostiran zur Welt gekommen. Nachdem ihn sein Vater in die Wissenschaften, den Koran sowie die islamische Rechtslehre und ihre Methodik eingeweiht hatte und er bei  Nuruddin Mohammad Ibn Ali, seinem Onkel mütterlicherseits, Hadithologe und die Grundlagen der Logik und islamischen Weisheit (Hikma) erlernte hatte, begab er sich schon als junger Mann an das damalige wichtige Lehrzentrum des Islamischen Reiches in Neyschabur. Er wurde  zu einem der besten Gelehrten der damaligen Wissenschaften. Als die Mongolen in Chorasan im Nordosten Irans einfielen, suchte Chadsche Nasiruddin auf der Festung der Ismaeliten Schutz und schrieb dort zahlreiche Werke. Nachdem der Aggressor Hülegü schließlich die Ismaeliten im Iran besiegt hatte, stellte er Nasiruddin in seinen Dienst und ernannte ihn zu seinem Minister.

                                   

Nach dem Sieg über die Ismaeliten plante der Mongolenführer Hülegü den Sturz des abbasidischen Kalifats und die Eroberung Bagdads. Hierüber beriet er sich mit Chadsche Nasiruddin.  Nasiruddin überlegte lange und sagte dann, dass astrologisch alles darauf hindeute, dass der abbasidische Kalif bald in Schwierigkeiten geraten werde und Hülegü problemlos den Irak erobern könne. Hülegü war fest von der Sterndeutung überzeugt. Er vertraute Chadsche Nasiruddin und zog mit seinem Heer aus, um Bagdad zu erobern; dies obwohl einer seiner anderen Sterndeuter, nämlich Hisamuddin, ihm davon abgeraten hatten. 

Am 4. Safar 656  ( 1258 ) ergab sich der abbasidische Kalif Musta`sim zusammen mit seinen drei Söhnen und den Ältesten der Stadt und Bagdad geriet in die Hände von Hülegü. Hülegü ließ den Kalifen töten und nach der Einnahme von Bagdad beauftragte er Chadsche Nasiruddin  Tusi mit der Gründung einer Sternwarte in Maragha im Nordwesten Irans, seinem Herrschersitz. Einige Historiker sagen, die Gründung dieser Sternwarte sei eine Idee von Chadsche Nasir Tusi selber gewesen und Chadsche habe Hülegü davon überzeugt, dass eine Sternwarte von großem Nutzen sein werde.  Er habe dem Mongolenherrscher gesagt, wenn jemand über die Ereignisse im All im Bilde sei, würde er bei einigen Vorfälle nicht wie unwissende Leute Angst und Schrecken empfinden. Daraufhin habe Hülegü in den Bau der Sternwarte von Maragha eingewilligt, obwohl es ein sehr kostspieliges Unternehmen war.

Es gibt aber auch Historiker, die der Ansicht sind, dass  der Mongolenherrscher Möngke Khaqan, der für 9 Jahre bis 1259 herrschte,  auf den Gedanken kam  die Sternwarte zu errichten. Hülegü hatte von  Möngke Khaqan den Befehl erhalten Iran anzugreifen. Es heißt, dass Möngke Khaqan  ein intelligenter Mann war  und sogar einige geometrische Fragen von  Euklids gelöst hat. Möngke Khaqan  habe von dem Können des Chadsche Nasiruddin erfahren und Hülegü aufgefordert, diesen Universalgelehrten in die Mongolei zu schicken, damit er dort eine Sternwarte errichtet.  Da er sich jedoch auf die Eroberung von Südchina vorbereitete und Hülegü Khan  Chadsche Nasiruddin bei sich  behalten wollte, befahl Möngke Khaqan schließlich, dass die Sternwarte im Iran gebaut wurde.

                                       

Für den Bau der Sternwarte wurde ein hoher Hügel im Nordwesten der Stadt Maragha in Nordwest-Iran gewählt. Auf Anweisung von Chadsche wurde ein bekannter Baumeister jener Zeit namens  Abu-l Saadat Ahmad ibn Uthman Maraghai damit beauftragt, die große Anlage der Sternwarte zu errichten.  Nasiruddin Tusi erhielt nicht nur aus der Staatskasse sondern auch aus den Stiftungen im Lande finanzielle Mittel für den Bau. Er schickte einen Beauftragten in jede Stadt, um Hilfen für das Projekt einzusammeln.  Er soll selber persönlich dreimal wegen der Stiftungen verreist sein  und auf diesen Reisen Bücher und Geräte für die Sternbeobachtung besorgt und nach Maragha geschickt haben. Während seiner Tätigkeit in der Sternwarte Maragha schrieb er das Werk Zidsch Ilkhani.

 

Das Zidsch Ilkhani (die  Tafeln der Ilkhane) enthielt Tabellen und neue Berechnungsaspekte der Sternbeobachtung. Es arbeitete eine große Zahl von Mathematikern und Astronomen in diesem Rasad-Chaneh (Sternwarte).  Die besten von ihnen hat Nasiruddin Tusi in der Einleitung zu seinem Zidsch Ilkhani genannt, nämlich Mu`ayyad al-Din al-Udi aus Damaskus und Fachruddin Maraghi aus Mosul (Irak) sowie Fachruddin Ichlati  aus Tiflis, Georgien,   und Nadschmuddin Dabiran  aus Qazwin (Iran). An dem Observatorium in Maragha waren neben iranischen und islamischen Forschern auch christliche armenische und georgische sowie chinesische Mathematiker und Astronomen tätig.

 

 

 

Zu der Sternwarte von Maragha gehörte auch eine große Bibliothek mit 400 Tausend Buchbänden und eine Akademie.  Chadsche Nasiruddin lud Gelehrte aus verschiedenen Gebieten zu dieser großen Lehrstätte ein, an der der theoretischen Wissenschaft und Mathematik, welche die Grundlage für die Astronomie bilden,  besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde.  Chadsche zahlte den Studenten ein Gehalt, das je nach Wichtigkeit des Faches variierte: denen die Philosophie studierten pro Tag drei Dirham, den Medizinstudenten 2 Dirham, Studenten der islamischen Jurisprudenz 1 Dirham und denen. die Hadithologie (Überlierferung) lernten, einen halben Dirham. Dies tat er 13 Jahre lang.  Der Bau der Sternwarte war noch nicht zu Ende als Hülegü verstarb und sein ältester Sohn Abaqa Chan  an seiner Stelle die Macht übernahm. Es heißt, dass Abaqa Chan zunächst nicht  die Macht übernehmen wollte, sich jedoch von Chadsche Nasiruddin überzeugen ließ, dass er  dies tun soll. Chadscheh und seine Mitarbeiter konnten den Bau des Observatoriums fortsetzen.  Bis an sein Lebensende hat Chadsche Nasiruddin nicht zugelassen, dass diese Sternwarte ihre Arbeit einstellt, und er hat sich für den Erhalt der Bibliothek eingesetzt.

                                    

Ein großer Teil der 150 Abhandlungen und  Schreiben von Chadsche Nasirduddin Tusi ist auf Arabisch.  Sein Universalwissen und sein wissenschaftlicher Einfluss lassen sich mit dem von Ibn Sina (Avicenna) vergleichen mit dem Unterschied, dass Avicenna in der Medizin und Chadsche Nasiruddin in der Mathematik genialer waren. Chadsche Nasir hinterließ wertvolle mathematische Werke. Der deutsche Orientalist Karl Brockelmann schreibt in einem seiner Bücher dass Chadsche die Werke seiner Vorgänger über Astronomie und Mathematik nach Überarbeitung übersetzte und der erste Gelehrte ist, der die Trigonometrie als eine selbständige Wissenschaft betrachtet hat. Er hat einmalige Schriften über die Astronomie verfasst und seine Werke über die Mathematik werden bis heute noch in der Islamischen Lehrzentren gelehrt. Einige seiner Werke wurden in andere Sprachen übertragen und von europäischen Gelehrten verwendet.

 

Im Vorwort zu seinem Buch Achlaq Nasiri teilt Chadsche Nasiruddin die Mathematik in vier Gebiete auf:

Das Wissen von den Maßen und ihren Gesetzen und  Zusammenhänge – dieses Gebiet nannte er die Geometrie

Zweitens: Das Wissen von den Zahlen und ihren Eigenschaften – d.h. die Wissenschaft von den Zahlen

Drittens: Das Wissen über die unterschiedliche Situation der Himmelskörper im Vergleich zueinander, ihre Ausmaße und Dichte – dieses Wissen nannte er Astronomie

Das vierte Gebiet der Mathematikwissenschaften war für ihn die Musik.

                          

Auch nächstes Mal geht es noch einmal um diesen bekannten iranischen Gelehrten.