Jun 04, 2023 06:33 CET

Liebe Hörerfreunde! Nachdem wir über die Situation der Frauen im antiken Griechenland und im Alten Rom gesprochen haben, wird es heute um die Lage der Frauen auf der Arabischen Halbinsel in der vorislamischen Zeit gehen.

Die Nomadenvölker auf der Arabischen Halbinsel lebten in einer heißen und trockenen Gegend und führten, fernab von jeder Zivilisation, ein Stammesleben in Zelten. Sie ernährten sich von Raubüberfällen, pflegten falsche Sitten und sehr unsinnige abergläubische Ansichten. Den Aberglauben hatten sie von ihren Vorfahren übernommen und es waren ihnen fremd, etwas aus der Sicht der Vernunft und Logik zu betrachten. Eines der klarsten Beispiele für die Unwissenheit der damaligen Araber liefert ihre Einstellung zu den Frauen. Die Araber in der vorislamischen Zeit schauten verächtlich auf die Frau herab. Die Frau war für sie nur ein Mittel zur Volksvermehrung und Befriedigung des Geschlechtstriebes. Sie hatte dem Mann zu dienen.

 Die Araber brachten vor dem Islam der Frau keinerlei Achtung entgegen. Sie legten keinen Wert auf sie. Väter betrachteten eine Tochter und Ehemänner ihre Frau als ein schwächliches, sinnloses Wesen. Sie gingen sehr schlecht mit Frauen und Mädchen um.  Sie schämten sich nicht, Frauen und Töchter gegen Vieh einzutauschen. Vor dem Islam wurde die Frau wie einer Ware gehandelt, sie besaß keinerlei individuellen oder sozialen Rechte und nicht einmal das Recht auf Erbe.  Auf der Arabischen Halbinsel herrschte das Patriarchat. Die Männer konnten uneingeschränkt bestimmen. Väter konnten sogar darüber entscheiden, ob sie eine Tochter oder einen Sohn behalten oder das Kind töten. Die Mütter wurden weder in dieser noch in anderen Angelegenheiten befragt und durften nicht intervenieren.

Wie gesagt, praktizierten die unwissenden Araber in der Zeit vor dem Islam zahlreiche abergläubische Ansichten. Wenn ein Mann auf Reisen ging, hängte er ein Seil an einen Ast oder einen Baumstamm. War das Seil nach seiner Rückkehr noch heil und genauso wie vor seiner Abreise, dann sah der Mann darin ein Zeichen dafür, dass seine Frau ihn nicht betrogen hatte. Aber wehe wenn das Seil, warum auch immer, nicht mehr heil war, dann deutete der von der Reise zurückkehrte Mann dies als Beweis dafür, dass seine Frau ihm nicht treu geblieben sei und er konnte mit ihr so schlimm verfahren, wie es ihn beliebte.

Ein weiteres bekanntes Beispiel für den Aberglauben der Araber war ihre Ansicht, dass die Geburt eines Mädchen eine Schande sei.  Wenn eine Frau ein Mädchen zur Welt brachte, war sie gezwungen dies gegenüber ihren Freunden und Bekannten zu verheimlichen.  In dem Moment wo  ein Mann erfuhr, dass ihm eine Tochter geboren worden war, verbarg er sich vor lauter Scham vor den anderen. Wenn er das Mädchen behielt, behandelte er es  unwillig und mit Gleichgültigkeit. Einige von diesen Männern schickten ihre Tochter, nachdem sie sie unter Verachtung großgezogen hatten, in einem groben Gewand zum Hüten des Viehs. Die vermeintliche Schande der Geburt eines Mädchens war für die Araber in der vorislamischen Zeit so groß, dass sie sogar bereit waren, ihre kleine Tochter bei lebendigem Leibe unter der Erde zu verscharren. Damit wollten sie dem Unglück, welche die Geburt eines Mädchens angeblich bedeutete, und den Lästerungen der anderen entgehen.  Über die Reaktion der Araber auf die Geburt einer Tochter heißt es in den Versen 58 und 59 der Sure 16, Sure Nahl:

: «وَإِذَا بُشِّرَ أَحَدُهُمْ بِالْأُنْثَى ظَلَّ وَجْهُهُ مُسْوَدًّا وَهُوَ کَظِیمٌ؛ یَتَوَارَى مِنَ الْقَوْمِ مِنْ سُوءِ مَا بُشِّرَ بِهِ أَیُمْسِکُهُ عَلَى هُونٍ أَمْ یَدُسُّهُ فِی التُّرَابِ أَلَا سَاءَ مَا یَحْکُمُونَ»

Wenn einem von ihnen die Botschaft (von der Geburt) eines Mädchens verkündet wird, bleibt sein Gesicht (aus lauter Kummer und Enttäuschung)finster, und er hält (seinen Grimm) zurück.

Er verbirgt sich vor den Leuten wegen der schlimmen Nachricht, die ihm verkündet worden ist. (und grübelt:) Soll er es (das Mädchen) trotz der Schmach behalten oder es in die Erde stecken? (Werdet gewahr!)Wie böse ist, was sie urteilen!

Eine der wichtigsten Ursachen dafür, dass die Araber in der Zeit der Unwissenheit ihr Kind , wenn es ein Mädchen war, bei lebendigem Leibe unter der Erde verscharrten, war offensichtlich ihr Aberglauben.  In den Augen dieser unwissenden Leute verstieß es gegen die Ehre und Kühnheit des Mannes wenn er ein Mädchen großzog,  um es  dann an einen Freier zu vergeben.   

Auf der Arabischen Halbinsel herrschte vor dem Islam zwischen den Volksstämmen in der Regel Krieg und Konflikt. Es hing von den kriegerischen Auseinandersetzungen ob, ob ein Stamm überlebte oder nicht. Daher war es für sie wichtig, mutige Söhne großzuziehen. Aber die Frauen und Töchter waren für den Krieg ungeeignet. Im Krieg gerieten die Mädchen in Kriegsgefangenschaft und das war für die Männer eine große Schmach. Dies spielte auch als Begründung dafür mit, dass Väter ihr Neugeborenes töteten, wenn es ein Mädchen war.             

Für die Erbschaft galt in der vorislamischen Zeit, dass die Krieger des Stammes erbten. Das waren die Männer, und so gingen Frauen und Kinder leer aus. Wenn der Mann starb hinterließ er nichts für seine Frau, sie selber gehörte sogar zur Hinterlassenschaft ihres Mannes und ging als Erbe auf ihren Sohn über. Der hatte das Recht sie zu verkaufen oder einzutauschen. Bei den unwissenden Arabern war es Sitte, dass wenn der Mann starb, der Erbe seiner Frau, nämlich ihr Sohn, oder Schwiegervater oder der Bruder ihres Mannes, mit den Worten:  „Diese Frau erbe ich“ , seinen Mantel über die Witwe warf und diese ihm daraufhin gehörte. Er konnte sie zur Frau nehmen, ohne ihr eine Morgengabe zu zahlen oder sie mit einer anderen Person vermählen und die Morgengabe ihres neuen Mannes für sich vereinnahmen. Er konnte sogar verhindern, dass die Frau jemand anderen oder überhaupt jemanden heiratet

Zur Zeit der vorislamischen Unwissenheit  war es das Recht der Männer, einen Gatten für eine Frau zu wählen und die Meinung der Frau zählte wenig. Zuallererst hatte ein Mädchen die Möglichkeit ihren Vetter zu heiraten und wenn ihr Vetter sie nicht heiraten wollte, dann kamen andere Anwärter in Frage. Mit der Zeit gewann jedoch die Ehe  innerhalb des Stammes anstelle einer Ehe mit nahen Familienmitgliedern immer mehr Ansehen.

Die Araber konnten so viele Frauen ehelichen wie sie wollten. Ein Mann brauchte auch keine Gerechtigkeit zwischen seinen Frauen gelten zu lassen. Daher ging es immer derjenigen, die er am meisten liebte, besser als den anderen Ehefrauen.  Für den arabischen Mann jener Zeit war die Frau nicht mehr als ein Mittel zum Vergnügen. Die sexuelle Ausbeutung der Frauen zählt zu den hässlichsten Eigenschaften der Araber in der vorislamischen Zeit. Es gab auch Männer, die ihre Sklavinnen anderen Männern zur Verfügung stellten, um daran zu verdienen. 

In der Zeit der Unwissenheit lag das Scheidungsrecht ausschließlich beim Mann. Die Trennung erfolgte ganz einfach. Meistens trennte sich der Mann von seiner Frau aus Wut oder aus Rache oder zur Bestrafung seiner Frau oder deren Sippe.  Nach der Scheidung durfte die Frau nie mehr heiraten. Der Mann konnte in seinem blinden Stolz nicht ertragen, seine ehemalige Frau an der Seite eines anderen Mannes zu sehen. Aber es kam auch vor, dass der Mann sich gegen ein Entgelt damit einverstanden erklärte, dass seine Ex-Frau einen anderen heiratet.

 Der Mann konnte sich also bedingungslos von seiner Frau trennen. Eine Scheidung war ein Mittel in der Hand des Mannes, um seine Frau oder die Sippe, der sie angehörte, zu schikanieren. 

Liebe Hörerfreunde, an dieser Stelle verabschieden wir uns für heute aus unserer Sendereihe über die Frau und ihre Stellung in Familie und Gesellschaft.