Wie komm ich bloß los von dieser Sucht?
Es gibt eine Sucht, die inzwischen weit verbreitet ist, nämlich die Abhängigkeit vom Internet und von on-line-Geräten.
Wenn wir viel Zeit im Internet verbringen und bis Mitternacht mit dem Herunterladen von kostenlosen Seiten und Surfen im Netz beschäftigt sind, oder stundenlang mit Freunden chatten sind wir möglicherweise bereits von der on-line-Sucht befallen.
Wir sollten aber nun dem Körper und Geist wirklich eine Pause gönnen. Machen wir uns doch endlich frei davon, stundenlang hintereinander auf den Bildschirm des Computers oder unseres Mobiltelefons fixiert zu sein und andere Angelegenheiten, wie den realen Kontakt mit Freunden, deswegen zu vernachlässigen! Kontrollieren wir ständig unsere Eingänge in der E-Mail-Box oder verbringen wir sehr viel Zeit mit Computerspielen? Wenn das der Fall ist, sollten wir Verdacht hegen auf Internetsucht. Dieser Verdacht verhärtet sich, wenn wir uns lieber nur noch im Internet mit Leuten unterhalten anstatt den realen Kontakt mit Familienmitgliedern und unseren Freunden zu suchen.
Die Internetsucht kann verschiedene Formen annehmen. Sie tritt zum Beispiel auf in Form der Sucht nach Computerspielen, nach Surfing im Netz, der Betätigung als Hacker, der laufenden Aktualisierung des Weblogs, dem Besuch von Webseiten mit moralisch gesehen zweifelhaftem Inhalt usw. Nicht zu vergessen das Chatten oder die ständige Präsenz in sozialen Netzwerken und sogar die Sucht dauernd neue Informationen im Internet zu suchen. Das alles kann ernsthafte Probleme hervorrufen.
Es gibt verschiedene Ansichten über die Benutzung des Computers und Internets. Die Zeitschrift New Scientist hat das Ergebnis einer Forschungsarbeit auf verschiedenen Gebieten der Psychologie unter dem Titel „8 Krankheiten von chronischen Internetabhängigen“ veröffentlicht. Zu den Internetleiden gehören zielloses Surfen im Internet, suchthaftes Interesse an Wikipedia, ständiges Herunterladen unwichtiger Themen, leidenschaftliches Interesse an der Betrachtung von Bildergalerien unbekannter Personen und ähnliches. Nach Ansicht von Judy James, Expertin für Verhaltenswissenschaften kommt die Abhängigkeit von sozialen Netzwerken am häufigsten vor und ist zugleich am schädlichsten für den Anwender.
Die Sucht nach dem Internet gilt als Impulskontrollstörung und wird auf gleicher Höhe wie die Abhängigkeit von Computerspielen und Glücksspielen eingeordnet. Von Impulskontrollstörungen war 1995 zum ersten Mal in den USA die Rede und bald darauf hat man in diesem Land Kliniken zur Behandlung dieser Sucht eingerichtet und selbst vor Gericht und im Justizsystem wurde diese Erscheinung als eine psychische Störung anerkannt.
Gemäß Untersuchungen werden bei einem Internetsüchtigen dieselben Gehirnabschnitte aktiv wie bei einem Alkoholabhängigen. Die Patienten in Suchtkliniken werden normalerweise von ihren Angehörigen und Freunden, die eine Verhaltensänderung an ihnen bemerkt haben, in einer Klinik vorgestellt. Der Patient muss beim ersten Termin einen Fragebogen ausfüllen damit die Ärzte feststellen können, ob er die Symptome einer Sucht aufweisen. Wenn ja wird er zu persönlichen und Gruppensitzungen eingeladen. In den individuellen Sitzungen werden seine spezifischen Probleme ins Auge gefasst und in den Gruppensitzungen tauschen sich die Patienten über ihre Probleme aus und geben sich gegenseitig Tipps für eine Befreiung aus der Cyber-Welt.
Für die Befreiung von einer Sucht, ist es immer wichtig, dass sich der Betroffene konsequent gegenüber sich selber verhält. Nur dann kann er die erforderlichen Taktiken für eine richtige Einteilung seiner Zeit, dem Management seiner Gefühle und der Bekämpfung seiner Isolation anwenden.
Wenn einer von uns nun die Diagnose gestellt hat, seelisch vom Internet abhängig geworden zu sein, möchten wir ihm folgende Strategien zur Befreiung von dieser Sucht vorstellen. Keine Sorgen – Sie brauchen nicht ins Entwöhnungscamp! Wir sind sicher, Sie sind auch so stark genug, ihr Verhalten in den Griff zu bekommen.
In der ersten Phase der Entwöhnung sollten Sie folgende Schritte unternehmen:
Stellen Sie eine Liste der Dinge auf, die Ihnen nach eigener Meinung wegen übertriebenem Internetbesuch verlustig gegangen sind (zum Beispiel die Zeit, die Sie mit der Familie verbringen oder die Zeit für genügend Schlaf oder ein Treffen mit Freunden). Notieren sie gleichzeitig eine Woche lang die Zahl der Stunden, die Sie im Internet waren.
Stellen Sie fest, an welchen Tagen in der Woche sie im Internet sind, um wie viel Uhr sie jeweils mit dem Internet-Besuch beginnen, wie viel Stunden sie das Internet normalerweise jedes Mal benutzen und an welchem Ort Sie für gewöhnlich ins Internet gehen.
Finden Sie heraus wodurch und wann sie von außen gezwungen sein werden, das Internet zu verlassen und verlagern sie ihre on-line Besuche auf einen Zeitpunkt, der davor liegt. Am besten stellen sie sich einen Wecker ein, der Sie daran erinnert, dass Sie eine größere Zwischenpause einlegen müssen und andere Dinge zu erledigen haben. Allerdings der Wecker sollte nicht neben Ihnen stehen. Dann sind Sie nämlich gezwungen zum Abschalten aufzustehen und sich vom Computer.
Entwerfen Sie einen neuen Zeitplan für die Nutzung des Internets in begrenzten Intervallen, und legen sie die Uhrzeit für Beginn und Abschluss eines Intervalls im Voraus fest. Setzen Sie sich ein Ziel. Wenn Sie bislang wöchentlich 40 Stunden im Internet waren, dann nehmen Sie sich vor nur noch die Hälfte on-line zu sein. Sie sollten die Nutzung auf mehrere Tage verteilen und nicht an einem Tag in der Woche besonders lange im Netzwerk verbringen.
Nehmen Sie unter die Lupe, was sie beim Griff nach dem Handy und bevor sie zum Computer gehen, empfinden. Die meisten antworten auf die Frage nach ihren Gefühlen in diesem Augenblick, dass sie Langeweile oder Einsamkeit empfinden, niedergeschlagen oder besorgt sind, sich unglücklich fühlen, ärgerlich oder gestresst sind.
Die erste Kernfrage lautet also: Was empfinde ich beim Betreten des Internet-Raumes?
Wenn Sie mit dem Internetbesuch negative Gefühle vertreiben wollen, sollten sie es lieber mit gesünderen und effektiveren Wegen wie zum Beispiel Meditation oder Atemübungen versuchen.
In einer zweiten Phase sollten Sie sich fragen:
Was empfinde ich wenn ich mit meiner liebsten Tätigkeit im Internet begonnen habe?
Die üblichen Antworten lauten: Ruhe, Spannung, Freude, Selbstvertrauen, Selbstwertschätzung, Zufriedenheit, Verlangen und Hoffnung, das Gefühl respektiert zu werden, beliebt zu sein und unterstützt zu werden.
Wenn sie auf diese Weise Ihre Gefühle bei Beginn des Internetbesuches erkannt und einen Überblick über die Dauer der Nutzung ihrer Lieblingsbeschäftigungen im Netz gewonnen haben, wird Ihnen klar werden, vor welchen Dingen im realen Leben sie weglaufen und wonach sie in ihrem virtuellen Leben suchen. Ab jetzt können sie bewusster vorgehen, wenn sie wieder das Internet betreten.
Sie sollten das Verhalten, welches sie in einer Gruppe im virtuellen Raum erprobt und begonnen haben, auf die reale Welt übertragen. Begrenzen Sie nicht ihr reales Gesellschaftsleben. Suchen sie nach der Unterstützung und der Zuneigung und Freundschaft von Personen, die sie sehen können oder mit denen sie real in Kontakt stehen. Streben Sie danach in den realen Beziehungen sich genauso lustig, gewitzt, aufgeweckt und freundlich zu verhalten wie im Cyber-Raum.
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Ändern Sie Ihre Internetgewohnheiten. Wenn Sie zum Beispiel gewohnt sind, ihre Nachmittage im Internet zu verbringen, sollten sie die on-line-Besuche auf einen kürzeren Zeitraum am Morgen verlegen.
Ihre Zeit ist wertvoll. Suchen Sie im Internet nach einem bestimmten Thema, dann sollten Sie nicht Ihre Zeit unnötig für andere Themen verschwenden. Lassen Sie sich nicht zu dem Gedanken verleiten: nun mach ich noch diese eine Sache on-line und dann ist Schluss. Sie wissen selber aus Erfahrung, dass es nicht bei „dieser einen Sache“ bleibt. Also schränken Sie sich selber ganz bewusst hinsichtlich der Zeit der Internet-Nutzung und der Anzahl und des Umfangs der Themen ein!
Benutzen sie nur zu bestimmten Zeiten den Computer. Haben Sie ein Laptop dann stellen Sie es an eine Stelle ab, wo ihr Blick nicht dauernd darauf fällt. Und falls Sie es nicht benutzen, klappen sie den Bildschirm herunter- dann fühlen Sie sich weniger geneigt, ans Laptop ranzugehen. Einen Standmonitor sollten Sie bei Nicht-Benutzung mit einem Tuch abdecken, damit er weniger Ihre Blicke anzieht.
Bevor Sie dann den Computer benutzen, legen Sie am besten gleich zu Anfang fest, wie lange sie vorhaben, im Internet zu bleiben. Stellen Sie am besten den Wecker entsprechend ein, damit er sie nach Ablauf der geplanten Zeitspanne warnt.
Sie müssen sich verpflichtet fühlen, dass Sie den Computer nach Ablauf dieser Zeit ausschalten. Es gibt ja auch Tools und Applikationen die den Computer bzw. das Handy automatisch abschalten, wenn die festgelegte Zeit abgelaufen ist.
Bei jeder Entwöhnung kann es auch Misserfolge geben. Aber geben Sie nicht auf. In den ersten Tagen, scheint alles etwas schwierig zu sein und vielleicht verlieren Sie die Hoffnung in sich selber. Aber Sie sollten sich wiederholt vor Augen halten, dass Ihre Gesundheit und gute Beziehungen zu der Familie und zu Freunden, vorgehen und dass das Internet und jede Art von neuer Technologie zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen muss und sie nicht verschlechtern darf.
Wenn Sie dann merken, dass es ihnen allmählich wieder besser geht, können wir nur gratulieren, denn Sie haben über die Internet-Sucht gesiegt und sich von den Problemen und Gefahren, die Sie bedrohen, freigemacht. Dann wird Ihnen das Leben in der realen Welt wieder Freude machen.
Viel Erfolg!