Jul 25, 2022 00:48 Europe/Berlin

Die Unterhaltungsindustrie sah sich 2020 international  einer neuen Herausforderung gegenüber. Corona war ausgebrochen und die Einnahmen an den Kinokassen gingen im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent zurück.

 

 

 

Corona-Filmschnitt

 

Nach zweieinhalb Jahren steckt die Filmindustrie immer noch in der Krise. Die erste Jahreshälfte 2022 ist vorüber und immer noch ist der Unterhaltungsmarkt  nicht stabil.  Die Kinos sind schwach besucht.  Laut Produzenten und Fachleuten ist die Pandemie aber nicht der einzige Grund dafür, sondern es liegt vor allem daran, dass mächtige Plattformen erschienen sind, die viele Serien publizieren.  Die Anwender sind inzwischen gewohnt, problemlos im Internet an diese Produktionen zu gelangen, und der gemeinsame Kinobesuch mit der Familie ist in den Hintergrund gerückt.  Ein Kinobesitzer sagt: „In den letzten beiden Jahren haben sich die Menschen wegen der zunehmender Lebenskosten und dem  Einkommensrückgang an den Gedanken gewöhnt, durch Zahlung eines monatlichen Mitgliedsbeitrag  für einen Dienstleistungsservice, ihren Bedarf an Unterhaltung zu decken. Daher ist es schwieriger als wir dachten, die Leute wieder für die Rückkehr in die Kinosäle zu gewinnen.“

 

Ende des Jahres 2021 fiel gemäß  Schätzungen circa 82 Prozent des gesamten elektronischen Informationsverkehrs auf der Welt in den Streaming –Sektor. Diese Ziffer ist an sich schon erstaunlich. Sie bedeutet, dass dieser-Sektor am meisten am Informationsverkehr verdient, vor allen Dingen die Unternehmen und weniger die Produzenten. Und wofür wird dieser immense Gewinn ausgegeben?

Seit einigen Jahren hat die Zahl der guten Spielfilmen nachgelassen. Aber die Zahl der Internetserien ist enorm gestiegen und sie kommen sowohl bei Kritikern als auch bei Zuschauern gut an. Da genügt ein Blick auf die Bestsellerliste der Seite der Internetfilme-Datenbank IMDb,  um festzustellen dass Spielfilme, die einmal ganz oben auf dieser Liste standen  durch Filmserien aus ihrer Position verdrängt worden sind. Dies lässt sich als wichtigste Veränderung in der heutigen Filmwelt betrachten.

 

Bekannte Filmregisseure die vorher  wenig Interesse an der Produktion solcher Serien zeigten, wehren sich inzwischen weniger dagegen. Vor Jahren gab es ebenso noch große Schauspieler, die nicht in den Serien auftreten wollten, aber heute wimmelt es in diesen Serien von bekannten Schauspielergesichtern. Zum Beispiel hat

Netflix, zur allgemeinen Verwunderung, 160 Millionen Dollar für die neue Produktion von Martin Scorsese ausgegeben.  Dies ist ein Anzeichen für den allmählichen Rückgang des Kinos gegenüber den Serien  und dass die Kinogrößen die Produktion von Serien begrüßen.  Produzenten und Regisseuren sind nun geneigt,  einen hochklassigen Film in eine durchschnittliche Serie oder eine gute Mini-Serie umzuwandeln. Auch der Markt zeigt eine Tendenz dazu statt Spielfilmen, die höchstens 2 Stunden lang den Zuschauer fesseln können, Serien zu produzieren, welche die Anwender für viele Stunden in ihren Bann ziehen.  

 

 

 

Anfang des 21.Jahrhundert und mit dem technologischen Fortschritt besonders im Internet und der allgemeinen Möglichkeit, einfacher, billiger und schneller in den Cyberraum zu gelangen, begann ein neues Kapitel für den Aufstieg von digitalen Plattformen. Die Benutzung eines DVD-Players war nicht mehr nötig und so nutzten die Leute vom Fach die Gelegenheit zur Verbreitung von immer mehr Videoproduktionen im Internet.  Zu den Vorteilen der Internetserien gehört, dass sie nach dem Herunterladen im Internet gleichzeitig überall gesehen werden können, dass jeder selber die Uhrzeit bestimmt, wann er  sich die Serie anschauen möchte und dass die Serie im virtuellen Raum bleibt, weil sie oftmals geteilt wurde, so dass der Besitzer nichts mehr gegen die Vervielfältigung unternehmen kann.

Eine der bekanntesten Plattformen für die Ausstrahlung von Serien im Internet ist das US-Medienunternehmen Netflix. Es konzentriert sich auf bestimmte Arten von Filmen und hat sich zu einem Rivalen für die Fernseh- und Kinoriesen in den USA entwickelt. Netflix-Produktionen sind  jedoch zunehmend wegen Verstoß  gegen moralische Grundsätze und soziale Werte in die Kritik geraten.

Anfangs war Netflix nur in den USA tätig und danach im  englischsprachigen Raum aktiv. Aber dann ist es auch in Gebiete eingedrungen, in denen andere Sprachen gesprochen werden und andere Kulturen gelten. Netflix ist inzwischen in den meisten Ländern  präsent  und es hat begonnen, in einigen Ländern Serien zu produzieren, die auf den internationalen Geschmack zugeschnitten sind.

Netflix investiert in den letzten Jahren in der Absicht noch mehr Anwender in anderen Ländern anzusprechen, in Projekte,  an  denen zwar  einheimische Autoren und Schauspieler teilnehmen die  sich jedoch nach den Richtlinien und Anschauungen der Denkfabrik von Netflix orientieren. In Asien haben die Türkei und Südkorea,  China und Indien am meisten mit Netflix zusammengearbeitet. Diese gemeinsamen Serienproduktionen sind inhaltlich sehr verschieden von der Kultur des jeweiligen Landes, auch wenn sie Elemente dieser Kultur enthalten. Aber dem nicht genug: In  den meisten dieser Produktionen wird die Bevölkerung und Geschichte des betreffenden Landes  herabgesetzt und die Situation so dargestellt als würden alle im Elend leben.

Ein weiterer wichtiger Punkt hinsichtlich der Aktivitäten der Netflix Plattform besteht darin, dass viele Grenzen überschritten und Tabus verletzt werden, alles mit dem Ziel, ein möglichst großes Publikum zu gewinnen. Dafür liefert die Netflix-Serie Squid Game ein anschauliches Beispiel.  Dieser Serie gelang es  im vergangenen Jahr in 80 Ländern zur meistgesehenen Serie zu werden.  Squid Game – das Tintenfischspiel - wurde in Korea gedreht und konnte zusammen mit der Netflixserie “Das Haus des Geldes” welches mit spanischen Darstellern  gedreht wurde und eine spanische Produktion ist, die Zuschauer in den Bann ziehen. Squid Game zog jedoch viel Kritik auf sich.   

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In der Netflixserie Squid Game geht es um Leute, die dermaßen im Leben heruntergekommen sind, dass sie sich auf ein Spiel um Leben und Tod einlassen. Die Serie ist voller blutiger zum Teil regelrecht Ekel erregender Szenen. In einigen Ländern wurde  ein Mindestalter für diese Netflix -Serie festgelegt, aber in Wahrheit kann eine solche Zensur im heutigen Zeitalter der Technologie leicht von Kindern und Heranwachsenden umgangen werden, und das hat viele Eltern in Besorgnis versetzt.

 

Das Tintenfischspiel ist eigentlich ein Spiel für Kinder. Aber in dem Film von Netflix wird es mit erbarmungslosen Morden in Zusammenhang gebracht, so dass der Zuschauer zunächst schockiert ist. Aber nachdem er einige Teile der Serie gesehen hat, gewöhnt er sich förmlich an dieses Morden. Je mehr solche Serien gedreht werden desto mehr werden wir dem Phänomen begegnen, dass Gewalt für normal gehalten wird.

Es ist gefährlich, das  Töten als ein natürliches Phänomen darzustellen. Das scheint Netflix jedoch nicht zu stören denn es geht diesem Unternehmen um Gewinnsteigerung und so gab es die Produktion von  Tintenfischspiel Staffel 2 und  eine Realitätsshow in  Anlehnung daran bekannt.  Netflix erklärte, mit diesem neuen Projekt wolle es den Schaden für den Rückzug vom russischen Markt wettmachen.

Es sei hinzugefügt, dass solche Plattformen nicht nur beim Publikum gut ankommen, sondern auch Erfolg bei renommierten Preisverleihungen erzielen. Daran ist abzulesen, dass in Zukunft die Internetnetze ernsthaft eine Rolle in der Unterhaltungsindustrie spielen werden. Ihre Erstarkung ist alarmierend für den Kinofilm. Dazu kommt, dass  Filmfestivals die Produktionen solcher Netze inzwischen auch akzeptieren. Das kann ein deutliches Zeichen dafür sein, dass dem Kinofilm  in den kommenden Jahren der Untergang droht.   

 

Steven Spielberg, der einmal ein entschiedener Gegner von Netflix war, hat inzwischen seinen Standpunkt geändert. 2019 hatte dieser bekannte Filmregisseur die Oscar-Akademie aufgefordert, die Internetfilme nicht bei der Preisverleihung zuzulassen, aber nun hat er sich im Rahmen eines Großvertrages mit der Plattform Netflix zur Produktion von Filmen und Serien verpflichtet.  

Automatisch nimmt die Zahl der Internetnetze und der Plattformen, unter deren Einfluss Filme produziert werden, zu und sie werden sogar den größten Teil des Filmpublikums für sich gewinnen. Bleibt abzuwarten, was die Freunde des Kinos unternehmen werden, um die siebte Kunst zu retten.  

 

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