May 26, 2024 11:04 Europe/Berlin
  • Streit mit dem französischen Kolonialismus; Angst von Bewohnern Neukaledoniens, in die Falle des Schicksals der Palästinenser zu geraten

ParsToday- Proteste gegen den Plan der französischen Regierung, in Neukaledonien Wahlrecht zu reformieren, haben sich zur tödlichsten Gewalt im französischen Pazifikgebiet seit den 1980er Jahren entwickelt.

Wo liegt Neukaledonien?

Neukaledonien ist eines von fünf von Frankreich kontrollierten Inselgebieten im Indopazifik, reich an natürlichen Ressourcen und das Herzstück des Plans des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, den Einfluss von Paris im Pazifik zu erweitern.

Neukaledonien mit knapp über 300.000 Einwohnern liegt zwischen Australien und Fidschi und ist eines der größten Überseegebiete Frankreichs und ein wichtiger Teil des Anspruchs von Paris als Macht im Pazifik; dennoch sind die Kanaken-Ureinwohner seit langem mit dem französischen Kolonialismus unzufrieden und versuchen, den Status ihres Landes zu ändern.

Warum ist Neukaledonien für Frankreich wichtig?

Frankreich verliert zunehmend an Einfluss in seinen ehemaligen Kolonien in Afrika und betrachtet die Aufrechterhaltung einer Hochburg in Neukaledonien als einen wichtigen Teil seiner größeren Vision, seinen Einflussbereich in der Region aufrechtzuerhalten. Paris sieht das Interesse französischer Unternehmen in einer starken Präsenz in der Region sowie im Zugang zu wichtigen Schifffahrtslinien; gleichzeitig sieht sich Frankreich als Ausgleichsmacht bei der Regulierung der Spannungen zwischen China und den USA, insbesondere um Taiwan und das Südchinesische Meer, und mit einer permanenten Militärpräsenz in der Region sieht es sich in der Lage, im Falle eines schweren Seekonflikts zu reagieren.

Die Bevölkerung Neukaledoniens protestiert gegen den Expansionismus Frankreichs mit dem Ziel, die Verfassung zugunsten dieses europäischen Landes zu ändern. Seit Jahrzehnten toben Spannungen zwischen den nach Unabhängigkeit strebenden Kanaken und den Nachkommen der Kolonialherren, die wollen, dass das Land Teil Frankreichs bleibt.

Um die Wogen zu glätten, hat sich der französische Staatspräsident Emmanuel Macron in der Stadt Nouméa mit Befürwortern und Gegnern einer Unabhängigkeit Neukaledoniens getroffen.

Der Zweck der oben genannten Wahlrechtsreform bestand darin, die Zahl der Wähler für die Provinzwahlen in Neukaledonien zu erhöhen, ein Schritt, der von der Unabhängigkeitsbewegung verurteilt wurde.

Gegner der Wahlrechtsreform kritisieren, dass durch eine Ausweitung der Wahlberechtigten in Neukaledonien jene Politiker, die sich für den Verbleib bei Frankreich einsetzen, bei Wahlen bevorzugt und die Kandidaten der Kanaken benachteiligt würden.

Für die Jugend des neukaledonischen Archipels gehört der Kolonialismus nicht der Vergangenheit an; sie sehen Frankreich als Ursache für ihre verpassten Chancen. Neukaledonien wurde in den 1860er Jahren eine französische Kolonie; der erste Protest gegen den französischen Kolonialismus fand in diesem Land im Jahr 1878 statt, was den Tod von mindestens 800 Menschen und die Deportation Tausender Kanaken zur Folge hatte; einige einheimische Stämme verschwanden sogar nach diesen Protesten von der Landkarte. Das Versprechen, Neukaledonien Autonomie zu gewähren, war ein Versprechen, das die französischen Verantwortungsträger immer gegeben hatten, aber alle diese Versprechen führten schließlich zur gewaltsamen Unterdrückung von Protesten und Forderungen.

Schließlich unterzeichnete Frankreich 1998 ein Abkommen mit Neukaledonien zur Einführung eines 20-jährigen Dekolonisierungsprozesses, der von der Bevölkerung dieses Landes unterstützt wurde.

Neukaledonien verfügt über 30% der weltweiten Nickelreserven, ein wesentlicher Bestandteil bei der Herstellung von Edelstahl sowie von Batterien für elektronische Geräte.

Laut der Volkszählung von 2019 sind mehr als 41% der Bevölkerung Neukaledoniens Kanaken und 24% davon sind Europäer, wobei die erste Kategorie mit größeren sozioökonomischen Problemen konfrontiert ist, darunter niedrigere Löhne und höhere Armutsraten.

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