Den Islam richtig kennenlernen (37)
Wir sagten, dass Gott aus verschiedener Hinsicht gerecht ist. Seine Gerechtigkeit ist zum Beispiel in der Schöpfung zu sehen. Bei Besprechung dieser Seite der göttlichen Gerechtigkeit sagten wir, dass die Schöpfung auf der Gerechtigkeit basiert und Gott jedem Ding und Geschöpf entsprechend der Eignung, die es besitzt, Gaben verleiht.
Mit anderen Worten: Die göttliche Gerechtigkeit in der Schöpfung bedeutet, dass die Welt eine ausgeglichene Gesamtheit bildet und bei ihrer Zusammensetzung das Prinzip des Ausgleichs und der Angemessenheit vollständig beachtet und jedes Ding gut erschaffen wurde. Ein weiterer Aspekt der göttlichen Gerechtigkeit (Adl) ist seine Gerechtigkeit in der Gesetzgebung für die Menschheit und der Festlegung dessen, was der Mensch im Leben darf und nicht darf. Diese Seite der Gerechtigkeit Gottes wird Gerechtigkeit in der Gesetzgebung genannt. Eine andere Seite der göttlichen Gerechtigkeit ist die Gerechtigkeit bei der Abrechnung über die Taten der Menschen - die Gerechtigkeit bei der Vergeltung.
Gott hat den Menschen als Wesen, die es würdig sind spirituell und rational die höchsten Stufen zu erreichen, nicht nur bei ihrer Schöpfung sondern auch in Form von Geboten Rechtleitung mitgegeben. Diese beiden Formen der Rechtleitung sind notwendig und ergänzen einander. Mit anderen Worten: Jedes Gesetz das seitens der Religion und des Religionsrechtes (Scharia) zur Rechtleitung der Menschheit aufgestellt wird, ist in Wahrheit eine Ergänzung der Gesetze, die Gott in der Daseinswelt und insbesondere im Menschen selber hat gelten lassen.
Genauso wie die Gesetze in der Schöpfung gerecht und ausgeglichen sind, beruhen auch die Gesetze der religiösen Lehre zur Lenkung des Menschen auf Gerechtigkeit und Ausgleich. Gott hat den Menschen zur Rechtleitung das religiöse Wissen geoffenbart, damit die Bedürfnisse des Menschen erwidert und seine Fähigkeiten entfaltet werden.
Der Herr der Welt und Gesetzgeber der religiösen Gebote handelt immer gerecht. Er hat nur Gesetze aufgestellt, die dem Menschen zur Weiterentwicklung und Vervollkommnung verhelfen und er hat das optimale Konzept für ein glückliches Leben vorgelegt. Die Gerechtigkeit Gottes gebietet, dass er dem Menschen uneingeschränkt das zur Verfügung stellt, was diesem zu seinem Glück und seiner Vervollkommnung dient.
Daher sehen wir, dass im Islam alle Aspekte des menschlichen Lebens beachtet werden und nichts hinsichtlich der Stillung seiner natürlichen und immateriellen Bedürfnisse vergessen wurde.
Ein weiterer Aspekt der göttlichen Gerechtigkeit in der Gesetzgebung besteht darin, dass Gott nicht nur eine gerechte Lehre und gerechte Gesetze vorgelegt hat, sondern dass er niemanden zu etwas verpflichtet, was seine Kräfte übersteigt. Denn Gott ist gütig. Er zieht niemanden für etwas zur Rechenschaft, was er nicht durchführen kann. Dies geht aus mehreren Stellen im Koran hervor. Zum Beispiel aus dem Vers 62 der Sure Muminun (Sure 23): Dort heißt es:
„Und wir verlangen von niemandem mehr, als er (zu leisten) vermag. Und Wir haben ein Buch, (und in dem alle Taten der Menschen eingetragen sind und) das die Wahrheit spricht; und es soll ihnen kein Unrecht geschehen.“
Bei religiösen Geboten und Pflichten wird also die Fähigkeit und die Lage des Einzelnen berücksichtigt und ihre Verpflichtungen übersteigen nicht ihre Kräfte. Dies ist in sich schon ein Beweis dafür, dass die Gesetze Gottes gerecht sind. Zum Beispiel werden schwache und kranke Menschen von einigen Pflichten befreit oder ihre Pflicht wird vermindert. So brauchen Blinde und Kranke zum Beispiel nicht am bewaffneten Dschihad teilzunehmen.
Also hat Gott nicht nur die Schöpfung auf Gerechtigkeit basiert sondern auch den islamischen Gesetzen und dem sozialen, wirtschaftlichen und politischen System Seine Gerechtigkeit zugrunde gelegt.
Das bedeutet: Die menschliche Gesellschaft, die einen kleinen Teil dieser gewaltigen Welt bildet, kann sich nicht von dem universalen Gesetz der Gerechtigkeit absondern. Ohne Gerechtigkeit kann sie kein natürliches Leben führen. Jede Über- oder Untertreibung Abweichung und Maßlosigkeit ist ein Verstoß gegen das Prinzip der Gerechtigkeit und die menschliche Gesellschaft ist ohne Berücksichtigung dieses Prinzips der Vernichtung preisgegeben. Allen Angelegenheiten und Gesetzen der Gesellschaft soll daher Gerechtigkeit zugrunde liegen. Beim Islam ist die Verwirklichung der Gerechtigkeit so sehr von Bedeutung, dass Gott sie als eines der Ziele der Propheten bezeichnet. Im Vers 25 der Sure Hadid (57) steht:
„Wir haben doch unsere Gesandten mit den klaren Beweisen geschickt und das (himmlische) Buch und die Waage (-die Unterscheidung des Rechts vom Unrecht-) mit ihnen herabkommen lassen, damit die Menschen für Gerechtigkeit sorgen würden.“
Es ist demnach das Ziel der Propheten, die Herzen der Menschen mit dem Licht des Glaubens zu erhellen , damit sie dank der hohen Lehren der Religion Gottes sich auf eine Weise weiter entfalten, dass sie in ihren Beziehungen in der Familie, Politik und Wirtschaft usw. Gerechtigkeit walten lassen.
Die Herstellung von Gerechtigkeit ist ein Ziel der Propheten . Imam Ali (gegrüßet sei er) sagt über ihre Bedeutung: „Die Gerechtigkeit ist Leben und die Ungerechtigkeit der Tod (für die Gesellschaft).“
Das bedeutet, dass ein Volk, das Ungerechtigkeit herrschen lässt in Wahrheit gestorben ist.
Ein weiterer Aspekt der göttlichen Gerechtigkeit ist die Gerechtigkeit bei der Vergeltung, d.h. die Gerechtigkeit bei der Abrechnung über die Taten der Menschen.
Gott hat seine Propheten mit klaren Beweisen ausgesandt, damit sie Gerechtigkeit herstellen. Einige wählen den Weg der Religion Gottes und andere lehnen die göttliche Rechtleitung ab und wählen den Irrweg. Diejenigen die den Weg Gottes wählen, wehren sich opferbereit und geduldig gegen Lüge und Unrecht. Sie gehen bis zum letzten Atemzug diesen Weg und einige opfern dabei sogar ihr Leben.
Ist es denkbar, dass diese würdigen rechtschaffenen Menschen mit denjenigen auf eine Stufe zu stehen kommen, die in Sünde und Verdorbenheit abgesackt sind, üble Taten begehen und Unheil anrichten?
Es ist selbstverständlich, dass Gott keinem seiner Geschöpfe ein Unrecht antut und es gehört zu den unbestrittenen Merkmalen der Gerechtigkeit unseres Herrn, dass für Ihn die Rechtschaffenen und die Übeltäter nicht auf die gleiche Stufe gestellt werden. Denn es wäre absolute Ungerechtigkeit, beide als gleich zu betrachten. Im Koran spricht Gott im Vers 21 der Sure Dschathiyah (45):
„Meinen die, die Böses verüben, etwa, dass Wir sie wie die behandeln würden, die glauben und gute Werke tun, so dass ihr Leben und ihr Tod gleich sein würden? Wie falsch sie urteilen!“
Die Gerechtigkeit Gottes bei der Vergeltung ist darin zu sehen, dass jedem Menschen entsprechend seiner Taten, ob gut oder schlecht, vergolten wird. Belohnung oder Bestrafung basieren beide auf der Gerechtigkeit. Die Guten werden daher belohnt und die Übeltäter bestraft. Jede Tat des Menschen im Leben, ob gut oder schlecht, wird – so gering sie auch sein mag, verzeichnet und am Jüngsten Tag wird Bilanz gezogen. Im Vers 47 der Sure Anbiya (21) heißt es dazu:
„Und Wir werden Waagen der Gerechtigkeit für den Tag der Auferstehung aufstellen, so dass niemand in irgendeiner Weise Unrecht erleiden wird. Auch wenn es (bei einer guten oder schlechten Tat) um das Gewicht eines Senfkorns geht, bringen wir es hervor. Und Wir genügen als Rechner.“
Gemäß diesem Vers sind die Messwaagen am Jüngsten Tag so genau als wären sie selber die Gerechtigkeit. Daher sagt Gott, dass niemandem auch nur das geringste Unrecht angetan wird. Weder wird etwas von dem Lohn der Guten gestrichen, noch wird etwas der Strafe der Schlechten hinzugefügt. Die Verrechnung am Jüngsten Tag ist so haargenau, dass Gott sagt: selbst wenn jemand mit dem Gewicht eines Senfkorns etwas Gutes oder Schlechtes getan hat, wird es vor das Jüngste Gericht gebracht und bei der Berechnung berücksichtigt.
Dies sind alles Gründe dafür, dass die Verrechnung am Jüngsten Tag absolut präzise erfolgt und keinerlei Unrecht vorkommt.
Gott hat für den Tag der Abrechnung Waagen zur Messung der Taten der Menschen bestimmt. In den Überlieferungen heißt es dass diese Waagen die Propheten, Imame und Reinen sind, deren Akte der Taten einwandfrei ist. Am Tag der Vergeltung werden die Waagen der Gerechtigkeit da sein, damit die göttliche Gerechtigkeit absolut zum Vorschein tritt. Dann wird das Schicksal eines jeden davon abhängen, welche Waagschale schwerer ist: die der guten würdigen Taten oder die der Vergehen und Sünden.