Apr 11, 2018 18:36 CET

Einer der Zweige der Religionswissenschaften, der eng mit der spirituellen Gesundheit in Verbindung steht, ist die Gnostik. Darüber mehr in unserer heutigen Folge.

Unter vollständiger Gesundheit versteht man, wie wir bereits sagten, das vollständige körperliche, seelische und soziale Wohl. Gemäß der Definition der Weltgesundheitsorganisation besteht Gesundheit und Wohl nicht nur darin, dass jemand nicht krank ist oder dass jemand keinen körperlichen Mangel aufweist, sondern schließt mit ein, dass der Einzelne psychisch, sozial und wirtschaftlich keinerlei Probleme hat. Über alle diese Faktoren hinaus führt die spirituelle Gesundheit zur Heiterkeit, Hoffnung und Zufriedenheit, sowie zur inneren Zuversicht und Ruhe und zu einem gesunden Herzen ebenso wie  zum Glück im Diesseits und im Jenseits. 

Gesundheit ist gemäß den Islamischen Lehren sowohl ein Ideal als auch die Vorstufe zur Erreichung anderer Vollkommenheiten. Daher sind die Muslime aufgefordert immer und überall Gesundheit und Wohl anzustreben.  Da nun aber der Mensch eine stoffliche und eine nicht-stoffliche Ebene aufweist, wird seine Gesundheit aufgeteilt in materielle und immaterielle.  Die materielle Gesundheit betrifft den Körper und die Äußerlichkeiten und die immaterielle Geist und Seele.  Dies bedeutet daher im Zusammenhang mit den Gefahren für die Gesundheit, dass Geist und Seele des Menschen  genauso von Erkrankungen bedroht sein können wie sein Körper . Die Verhütung und Heilung der Erkrankungen des Menschen auf immaterieller Ebene ist Aufgabe der großen Statthalter Gottes und der spirituell Reinen. 

Einer der Zweige der Religionswissenschaften, der  eng mit der spirituellen Gesundheit in Verbindung steht ist die Gnostik auch Mystik genannt. Aus der Sicht der Islamischen Mystik  besteht die erste Bedingung zur Erreichung von Wohl und Glück im Glauben und bleibt die Erreichung von Glück jemanden, der nicht an Gott und die göttlichen Propheten glaubt, verwehrt.  Nach dem Glauben ist daraufhin auch die Reinigung des Herzens von allem Hässlichen und schlechten Eigenschaften durch Befolgung der Lehren der Propheten und Statthalter Gottes erforderlich.  Die Selbsterkenntnis bildet dabei eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Erreichung von Glück.  Gemäß der mystischen Weltanschauung  kann jemand Gott kennen, der sich selber kennt. Und wenn er Gott erkannt hat, wird sein Leben in jeder Lage mit Heiterkeit und Frohsinn einhergehen und angefüllt sein mit spirituellem Wohl. 

In der Gnostik bzw. Mystik begnügt sich der Mensch nicht nur damit, Gott über die rationale Beweisführung zu erkennen,  sondern darüber hinaus begibt er sich auf eine Art spirituelle Entdeckungsreise, bei der für ihn  die Schleier über verborgene Wahrheiten beiseite weichen. Das nennt sich in der islamisch-iranischen Gnostik Kafsch wa Schuhud. Die erste Erfahrung eines aufrichtigen Mystikers bei seinem Gott-Dienen und Gott-Gehorchen besteht darin, dass die Erkenntnis des Menschen dann wächst, wenn er unangemessene Wünsche seines Herzens außer Acht lässt. Genauer gesagt heißt dies, dass Wahrheiten für ihn enthüllt werden. Das innere Auge öffnet sich für ihn und er gelangt an eine Weisheit und eine erweiterte Sicht, die er vor der Abwendung von Sünde und egoistischen Wünsche nicht besessen hat. 

 

Wer von ganzem Herzen Gott erkannt hat und auf seine Nähe sucht,  der verhält sich so, dass Gott mit ihm zufrieden ist und Gott der Höchsterhabene bringt  ihm im Schlaf und im Wachsein  und im halbwachen Zustand Wahrheiten nahe, so dass sein Glauben und seine Gottesfürchtigkeit und Gottesfurcht wächst . Daher wird er sich von der Sünde fernhalten und keinen Augenblick lang Gott vergessen.  Gott öffnet ihm daraufhin den Ausblick auf weitere Wahrheiten. Der Wanderer auf dem mystischen Wege ist wie  jemand, der in seinem Auto eine größere Strecke zurücklegt und  immer mehr neue Landschaften zu Gesicht bekommt, je weiter er fährt.  Je weiter ein Gottesdiener auf dem Weg zu Gott vorwärts kommt, desto mehr verborgene Wahrheiten werden für ihn entschleiert und gleichzeitig erstarkt auch dementsprechend sein Glaube an Gott.  Ein Beispiel für diese Enthüllung und dieses Schauen finden wir in einem Hadith von Imam Sadiq (Friede sei ihm). Er hat gesagt:  "Der Prophet (Gottes Segen sei auf ihm und seinem Hause) begegnete einem seiner Helfer namens Haritha  und fragte ihn: "Wie geht es dir, Haritha?" Dieser antwortete: "O Prophet Gottes, ich bin wirklich dankbar!"  یا رَسُولَ اللهِ مُوْمِنٌ حَقّا

Da sage der Prophet: "Alles enthält eine Wahrheit und einen Hinweis. Welche Wahrheit und welchen Hinweis  enthält das was du sagst?"  Da antwortete Haritha:   "Der Hinweis ist,  dass ich hinsichtlich des Weltlichen gleichgültig bin, nachts wachbleibe (und bete) und in der  Hitze großen Durst habe (weil ich faste). Mir scheint, dass ich den Thron Gottes sehe, der darauf vorbereitet ist, über die Taten zu richten, und ich scheine die Bewohner des Paradieses zu erblicken, die sich dort treffen und es ist mir, als ob ich  das Jammern und Schreien der Hölleninsassen in der Verdammnis höre."  Da sagte der Prophet (S) zu ihm: " Du hast die Wahrheit gesehen. So bleibe standhaft (auf diesem Weg)." 

    Gnostik und der Gotterkenntnis führen zur  spirituellen Gesundheit.  Ein wahrer Mystiker mit tiefem Glauben an Gott und das Ewige Leben nach dem Tod gelangt an innere Ruhe und Hoffnung, an Fröhlichkeit und Zufriedenheit. Dies sind die wichtigsten Faktoren der spirituellen Gesundheit.  Auch sein persönlicher Umgang mit anderen und seine soziale Mitbeteiligung sind von der Gnostik geprägt. Er verhält sich auf eine Weise, dass auch den anderen der Segen und die Wirkung seiner spirituellen Gesundheit zugute kommt.

                        

Es wird berichtet, dass einige oberflächliche Leute den großen iranischen Mystiker und Dichter des 4. und fünften Jahrhunderts nach der Hidschra - 10. bis 11. Jahrhundert nach Christus -  Scheich Abu Said Abu -l Chair, um Wundertaten baten. Sie sagten: "Scheich! Der und der überquert das Wasser ohne zu ertrinken." Der Scheich sprach: "Das ist einfach, denn die Kröte kann das auch!"  Da sagten sie: " Wir kennen jemanden,  der durch die Luft fliegt." Der Scheich sagte: "Das ist ebenso einfach, denn auch Fliegen und Mücken können das." Ein anderer meinte: "O  Scheich. Ich kenne jemanden, der in einer Sekunde von einer Stadt zur anderen gelangt!"  Da lächelte Abu Said und sagte: "Dies ist noch einfacher als die anderen Dinge, denn Satan geht auch in einer Sekunde von Osten nach Westen. Derartiges ist nichts wert." 

 

Dann stand er auf und sagte laut, so dass alle es hören konnte:  "Ein Mann ist der gewesen , der sich zu seinen Mitmenschen gesellt und mit ihnen verkehrt, der schläft und isst und im Bazaar unter seinen Mitmenschen Handel betreibt, der mit den Menschen gute Beziehungen hat und dessen Herz auch nicht einen Augenblick lang Gott vergisst."

 

 

 

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