Islam richtig kennenlernen (181 - neues Leben)
So wie der Mensch bei der Geburt den Mutterleib verlässt um das diesseitige Reich zu betreten und dies als Beginn eines neuen Lebens für ihn gilt, ist auch das Verlassen dieser Welt und das Betreten der kommenden eine neue Geburt und der Beginn eines neuen Lebens.
Wir greifen wieder das Thema „Maad“ auf. Beim letzten Mal haben wir gesagt, dass der Mensch vor dem Tod flüchtet, weil er geneigt ist ewig zu leben. Unterdessen ist der Tod gemäß religiösem Denken nicht die Endstation des Menschen und nicht die Vernichtung, sondern der Übergang von der diesseitigen Welt in die jenseitige.
So wie der Mensch bei der Geburt den Mutterleib verlässt, um das diesseitige Reich zu betreten und dies als Beginn eines neuen Lebens für ihn gilt, ist auch das Verlassen dieser Welt und das Betreten der kommenden eine neue Geburt und der Beginn eines neuen Lebens.
Bekanntlich wird das Ungeborene in dem engen Raum des mütterlichen Uterus auf besondere Weise ernährt, nämlich über die Nabelschnur durch den Mutterkuchen. Doch seine Ernährung erfolgt, nachdem es auf die Welt gekommen ist, auf eine andere Weise. Der ungeborene Mensch wird im Mutterleib für das Leben auf der Welt vorbereitet, d. h. sein Atmungs- und sein Verdauungssystem , Augen und Ohren, Hände, Füße und die anderen Bestandteile des Körpers werden in der Gebärmutter geformt, damit der Mensch sie auf der Welt nutzen kann. Mit der diesseitigen und der jenseitigen Welt verhält es sich ähnlich.
Im Diesseits wird der Mensch auf eine größere Welt vorbereitet. Sollten alle körperlichen und geistig-seelischen Kräfte die der Mensch besitzt keinem Ziel dienen und mit dem Tod alles enden, dann ließe sich sagen, dass alle diese Kräfte und dieses Potential sinnlos erschaffen worden sind. In dem Vers 115 der Sure 23 (mumenin) geht der Koran wie folgt auf diese Ansicht ein:
„Meint ihr denn, dass Wir euch zum sinnlosen Spiel erschaffen hätten und dass ihr nicht zu Uns zurückgebracht würdet?“
Die Erschaffung des Menschen war also nicht sinnlos. Er wurde für ein bedeutendes Ziel erschaffen, und zwar soll er sich für den Weg Gottes und für die Gottergebenheit entscheiden, damit er in der kommenden Welt an ewiges Glück gelangt. In der hiesigen Welt werden dem Menschen alle Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, an dieses Ziel zu gelangen und Gott hat ihm verheißen, dass Er immer über seine guten und schlechten Taten im Bilde ist und niemals die Belohnung der Rechtschaffenen vergehen lässt. Alles wird im Jenseits zur Rechenschaft gezogen worden, von den Ohren bis zu den Augen und dem Herzen des Menschen, von seinem Handeln bis zu seinem Denken. Auch hieran sehen wir, dass gemäß dem, was der Koran lehrt, der Tod nicht die Endstation ist, sondern danach ein Weg beginnt, auf dem wir in eine andere Welt gebracht werden. Daher ist die diesseitige Welt trotz all ihrer Größe in Wahrheit nur Vorstufe zu einer viel größeren Welt. Angesichts dieser Wahrheit lässt der Tod also nicht mehr das Leben sinnlos erscheinen, sondern – im Gegenteil – der Tod gibt dem Leben in dieser Welt einen Sinn. Er ist die Pforte, hinter der die letzte und ewige Phase menschlichen Lebens liegt. Jeder Mensch geht durch diese Pforte und wann das geschieht, weiß alleine Gott. So wird es im Vers 2 der Sure 6 (Anam) verheißen:
„Er ist es, der euch aus Ton erschaffen und dann eine Frist beschlossen hat. Und eine bestimmte Frist ist bei Ihm festgesetzt; dennoch zweifelt ihr!“
Gott hat beschlossen, dass das Leben auf der Erde befristet ist. Diese Frist läuft mit dem natürlich Tod ab, der unweigerlich eintritt, auch wenn man sich vor allen Gefahren und Krankheiten in Acht nimmt. Mit der bestimmten Frist, die nur bei Gott ist, ist ein vorzeitiger Tod gemeint. Sie wird auch Adschal mualaq – „suspendierte Frist“ genannt und bedeutet, dass der Mensch aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls u.ä. sein Leben verliert. Oftmals verursacht er diesen Tod durch sein eigenes Verhalten.
Bei dem natürlichen Tod geschieht mit dem Menschen das, was mit einer Frucht geschieht, wenn sie ausgereift ist und von selber vom Baum fällt. Aber im zweiten Falle – bei einer suspendierten Frist – ereilt den Menschen ein frühzeitiger Tod. Es ergeht ihm ähnlich wie es einer unreifen Frucht ergeht, die bei einem heftigen Sturm vom Baum abgerissen wird. Es lässt sich sagen, dass in den meisten Fällen der Tod frühzeitig eintritt. D. h. aufgrund einer Reihe von Faktoren stirbt der Mensch eher als vor dem natürlichen, dem festgesetzten Tod. Zum Beispiel wenn jemand nicht richtig auf seine körperliche Gesundheit und seine Nahrung achtet, wird er krank und sein Leben verkürzt sich. Gibt er jedoch besser auf körperliche Gesundheit Acht, kann er eventuell länger leben.
Vernunft und Ur-Seele des Menschen verlangen nach einer Klärung der Frage über das Jenseits. Wer würde nicht gerne wissen, welche Zukunft vor dem Menschen und der Welt liegt. Worin endet das Leben und was ist das Ergebnis unsere Anstrengungen und das Ziel des Lebens? Die Religionen göttlicher Herkunft geben eine klare Auskunft und spenden Hoffnung in dieser Beziehung. Im Heiligen Koran wird im Vers 42 der Sure 5 (Nadschm) wie folgt verkündet:
وَأَنَّ إِلَىٰ رَبِّکَ الْمُنتَهَىٰ
„(und) dass zu deinem Herrn das Endziel (von allem) sein wird“.
Einer der vorrangigen Aufgaben der Propheten Gottes war die Aufklärung über die Rückkehr zu Gott und das Leben im Jenseits. Dies zeigt, wie bedeutend der Jenseitsglaube für das Wohl des Menschen und sein Leben ist. Der Jenseitsglaube wirkt sich direkt auf sein Handeln und damit auch auf die Gesellschaft aus. Das Wissen über den Zusammenhang zwischen dem Diesseits und dem Jenseits und das Bewusstsein darüber, dass das Diesseits die Vorstufe zu einem anderen Leben ist, verändern die Einstellung und das Verhalten des Menschen. Jemand der weiß, dass er im jenseitigen Leben den Folgen seiner diesseitigen Taten begegnen wird, achtet natürlich mehr auf das, was er tut. Unterdessen prophezeien die materiell orientierten Denkschulen für den Menschen und die Welt eine düstere Zukunft und ihre totale Vernichtung, ohne sich auf wissenschaftliche Beweise und Logik stützen zu können. Darüber sagt der Koran im Vers 24 der Sure 45 (Dschathiya):
„Und sie (diejenigen, die nicht an die Auferstehung von den Toten glauben) sagen: `Es gibt nur unser diesseitiges Leben; wir sterben und leben, und nur die Zeiten vernichten uns.` Sie haben (aber) kein Wissen davon, sie stellen nur Mutmaßungen an.“
Wer die Welt nach dem Tod leugnet, für den wird das Leben immer von Kummer begleitet sein, denn es ist von dem schlimmen Gefühl begleitet, durch den Tod einmal vernichtet zu werden. Ein solcher Mensch denkt, sein ganzes Sein bestehe in dem stofflichen Körper und den flüchtigen Momenten des Lebens. Die Welt verliert für ihn ihren Sinn. Menschen mit dieser Denkweise werden verleitet, Unrecht zu begehen und nur an weltliche Vergnügen zu denken, da schließlich in ihren Augen alles mit dem Tod zu Ende geht. Das ist wirklich eine sehr bedauerliche Lebensweise.
Doch nun wollen wir die Argumente des Islams für die Existenz des Jenseits sprechen. Wir sollten das Thema aus zwei Blickwinkeln betrachten, d.h. erstens die Frage behandeln, ob ein erneutes Leben des Menschen nach dem Tod möglich ist, und zweitens welche Beweise und logischen Gründe es für die Rückkehr des Menschen zu Gott gibt.
Niemand hat bislang einen wissenschaftlichen Beweis dafür vorlegen können, dass es die Auferstehung von den Toten nicht gibt. Diejenigen, die das Maad in Frage stellen, können lediglich sagen: Wie kann es sein, dass der Mensch oder ein anderes Wesen nach dem Tod, wenn alle seine Teilchen zersetzt und verstreut sind, wieder lebendig wird? Ist das nicht ein Ding der Unmöglichkeit? Der Koran und die Vernunft aber sagen: Ja es ist möglich!
Der Koran lädt uns ein über diese Sache nachzudenken. Gott fragt uns im Koran danach, ob denn jemand dessen Schöpfungswerk und Allmacht ihr Tag und Nacht und zu jeder Jahreszeit vor euch habt, nicht zur Auferweckung von den Toten in der Lage sein sollte? Wir erleben Tag und Nacht und jedes Jahr viele Beispiele für neues Leben in der Schöpfungswelt. Diese Beispiele machen uns das neue Leben in einer anderen Welt auf einfache Weise verständlich. Imam Dschawad (F) sagt: „Das Schlafen und Aufwachen ist das beste Beispiel, welches uns das Sterben und Wieder-lebendig-Werden verständlich macht.“
Ein weiteres Beispiel ist der Wandel in der Natur im Herbst und im Frühling, welche uns das Sterben und erneutes Leben verbildlichen.
Im Vers 9 der Sure 35 (Fatir) lesen wir:
„Und Allah ist es, Der die Winde sendet, und da wühlen sie die Wolken auf. Dann treiben Wir sie zu einem toten Land und machen damit dann (nach dem Regen) die Erde nach ihrem Tod wieder lebendig. Ebenso wird es auch mit der Auferstehung sein.“
Auch im Vers 11 der Sure 50 (Qaf) heißt es:
„Und Wir machen damit (mit dem Regen) totes Land wieder lebendig; so wird auch die Auferstehung sein.“
Der Koran hält noch mehr logische Gründe dafür bereit, dass die Auferweckung von den Toten zum Leben kein Ding der Unmöglichkeit ist. Darüber mehr beim nächsten Mal.
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