Islam richtig kennenlernen (191)
Auch in diesem Teil unserer Sendereihe besprechen wir das Jenseits
Wir setzen erneut in unserer Diskussion um das Jenseits bei der Trennung des Menschen vom Diesseits an. Wie wir im letzten Teil sagten, gehört das Ableben zu den schwierigsten Momenten im Leben. Es ist die Phase, wo der Mensch sich vom Diesseits trennt und ihn die Benommenheit des Todes – in der Terminologie des Korans die Sakarat-ul Maut überkommt. Nichts und niemand können ihn aus dieser Situation retten.
Irgendwann, früher oder später, erwartet jeden der Tod. Bei Herannahen des Todes und kurz vor Betreten des Jenseits, begegnet der Mensch Szenen, die völlig neu sind für ihn. Eine davon ist das Erblicken des Todesengels – Hadhrat-e Azrail. Der Anblick Azrails ist verschieden. Den rechtschaffenen Gläubigen erscheint der Todesengel mit einem schönen Antlitz, aber sein Anblick wird für die Götzenverehrer und die Sünder furchterregend sein.
Ein ernsthaftes Problem während des Ablebens beschwört Satan mit seinen Versuchen herauf, den Menschen in die Irre zu führen. Der Satan unterlässt nichts um im letzten Moment den Glauben des Menschen zu vernichten. Er wendet jede List an, um in dieser Phase dem Menschen die Perle des Glaubens zu entreißen, damit er als Ungläubiger stirbt, und dies ist die größte Gefahr, die beim Ableben dem Menschen droht.
Satan bahnt sich an jeder Stelle, wo die Überzeugung schwach ist, einen Weg ins Herz des Menschen. Aber auch hässliche Eigenschaften wie Geiz, Neid, Hochmütigkeit verschaffen ihm Zugang.
Unser Glauben muss also fest fundiert werden, damit Satan an seinem zerstörerischen Vorhaben gehindert wird. Außerdem muss der Glaube mit rechtschaffenen Taten einhergehen. Nur so wird das Herz vor Satan geschützt.
In den Überlieferungen lesen wir, dass Satan bei der Begeisterung des Menschen für das Diesseits ansetzt, um ihn zu verführen. Wenn jemand etwas Weltliches über alle Maßen liebt, wird Satan in der Todesphase ihm dessen Vernichtung androhen, falls er nicht ungläubig wird.
In den Überlieferungen heißt es auch, dass man beim Ableben nur in Gott Hoffnung setzen darf. Denn Gottes Gnade ist immens und unsere Sünden sind begrenzt. Es wird empfohlen, dass der Sterbende an die endlose Barmherzigkeit Gottes denkt. Der Prophet hat gesagt: „Setzt euch zu den Sterbenden, gebt ihnen die Worte „la ilaha illallah ein“ – es gibt keinen Gott außer dem Einen Gott - und verheißt ihnen das Paradies. Denn selbst die sehr geduldigen Männer und Frauen befinden sich in einem Zustand der Benommenheit und Ratlosigkeit, und Satan kommt während des Sterbens dem Menschen näher als sonst irgendwann.“
Beim Ableben erleben nicht alle dasselbe. Die Rechtschaffenen werden respektvoll behandelt. Sie werden beim Betreten der Zwischenwelt mit dem Friedensgruß und der Verheißung begrüßt, dass Gott ihnen eine großartige Belohnung bereitgestellt hat.
Ihnen wird das Paradies verheißen. Es heißt in Sure 16 (Nahl) Vers 32:
„die die Engel abberufen, während sie rein (von der Götzenanbetung und der Sünde) sind. Sie sagen: „Friede sei auf euch! Geht in den (Paradies)garten ein für das, was ihr zu tun pflegtet.“
Laut diesem Vers nehmen die Todesengel die Seele der Gottesfürchtigen entgegen, während diese rein und geläutert sind von Götzenanbetung, Unrecht und Verdorbenheit. Sie begrüßen sie mit „Friede sei euch“. Dieser Gruß kündigt Sicherheit und Frieden an. Die Engel sagen: „Kehrt in das Paradies ein wegen eurer guten Werke.“
Diese Stelle im Koran weist auf drei wichtige Punkte für das Ableben der geläuterten Menschen hin, nämlich auf ihre Reinheit, auf ihre Sicherheit in jeder Hinsicht und darauf, dass sie ins Paradies geführt werden.
Die großen Vorbilder des Islams haben ebenso den Zustand von gläubigen, geläuterten Menschen während des Ablebens beschrieben. Der Prophet (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) hat gesagt: „Wenn Gläubige die Welt verlassen so ist es wie wenn das Kind den Leib der Mutter verlässt und, aus Dunkelheit und Enge und von Druck befreit, eine helle große Sphäre betritt.“
Imam Sadiq (F) hat gesagt: „Die Entgegennahme der Seele ist für den Gläubigen als würde er den edelsten und herrlichsten Duft einatmen...“ Imam Sadiq erklärt weiter, dass Leid und Schmerz des gläubigen Menschen durch den Tod ein Ende nehmen.
Wer das Kapital „Glauben“ und „rechtschaffenes Handeln“ mitbringt, dessen Angst während des Ablebens kann sich also in Frieden und Zuversicht umwandeln.
Wir sagten beim letzten Mal, dass es die schlechten Menschen beim Übergang vom Diesseits ins Jenseits schwer bereuen, ihr Leben sinnlos verbracht zu haben. Die Übergabe ihrer Seele wird sehr schmerzlich verlaufen. Die Todesengel werden ihnen Hiebe versetzen. Wir entnehmen dies den Versen 50 und 51 der Sure 8 (Anfal)
„Und wenn du sehen würdest, wenn die Engel diejenigen abberufen, die ungläubig sind, wobei sie sie ins Gesicht und auf den Rücken schlagen und (sagen): „Kostet die Strafe des Brennens!“
„Dies (geschieht als Strafe) wegen dessen, was eure Hände vorausgeschickt haben, und deshalb, weil Allah keiner ist, der den Menschen Unrecht zufügt.“
Typisch für den Tod ist, dass er unerwartet eintritt. Der Tod kündigt sich nicht vorher an. Und daher verwundert es, dass der Mensch ihn vergisst. Wie oft hat jemand, geblendet von den Freuden des Lebens, große Pläne für die Zukunft geschmiedet und auf lange Sicht Wünsche gehegt, während plötzlich der Pfeil des Todes ihn traf und alle seine Pläne zerstörte. In diesem Moment haben sich alle Freuden und Genüsse des Lebens in bittere Enttäuschung verwandelt und der Mensch kann nichts dagegen unternehmen. Wir sollten uns also schon im Leben auf die bevorstehende Reise nach dem Tod, von der es keine Rückkehr gibt, vorbereiten. Imam Ali (F) empfiehlt seinem Sohn Imam Hasan (F):
„Mein Sohn, erinnere dich viel an den Tod und daran, wohin du plötzlich gehen und wohin du nach dem Tod gelangen wirst, so dass du auf ihn vorbereitet bist, dass du dafür deine Kraft intensiviert hast, so dass er nicht unerwartet zu dir kommt und dich überwältigt.“
Jemand dem die Vergänglichkeit des Diesseits bewusst ist und der an die Härten im Leben nach dem Tod und die Bedeutung seiner Taten für das Jenseits glaubt, der versucht mit vollen Händen aus der Welt zu gehen. Er bereitet vor dem Tode alles darauf vor, dass er in der Ewigkeit eine gute und sichere Bleibe hat.
Wenn der Mensch den Tod im Auge behält und an das Ewige Schicksal im Jenseits denkt, hält es ihn davon ab, Unrecht und Sünde zu begehen. Die Erinnerung an den Tod befreit das Herz von der Unachtsamkeit und hindert den Menschen an hemmungslosen Verlangen nach irdischen Freuden. Im Herzen dessen, der auf die Vergänglichkeit des Lebens in dieser Welt achtet, verblassen Begierde und Neid und Geiz und Raffgier. Eine der wichtigen Wirkungen, die die Erinnerung an den Tod auf den Menschen haben, ist die Zügelung des Egos und die Verhütung seiner Maßlosigkeit. Ali (F) sagt (laut Brief 31 im Nadhsch- ul Balagha:
„Demütige dein Herz mit dem Gedenken an den Tod.“
Für jemanden, der den Tod im Auge behält, ist die diesseitige Welt mit all ihrem Schönen und ihrer Größe klein. Er ist davon überzeugt, dass sich diese Welt überhaupt nicht mit der Ewigkeit vergleichen lässt und die diesseitigen Freuden gegenüber den Genüssen im Jenseits sehr gering und wenig wert sind. Für ihn ist daher der weltliche Genuss nicht das Endziel, und er reduziert seine Liebe zum Weltlichen. Im Koran spricht Gott an einer Stelle des Verses 38, der Sure 9 (Tauba):
„...Seid ihr mit dem diesseitigen Leben mehr zufrieden als mit dem Jenseits? Aber der Genuss des diesseitigen Lebens wird im Jenseits nur gering (erscheinen).“
Der Tod lehrt uns, dass diese Welt nicht die eigentliche Bleibe des Menschen ist. Imam Ali (F) sagt zu seinem Sohn: „Mein Sohn! Wisse, dass du für das Jenseits und nicht für das Diesseits erschaffen worden bist.“
Im Diesseits ist der Mensch, ob er will oder nicht, unterwegs zum Tod und zum Jenseits. Der Zeitraum zwischen Geburt und Tod ist mit viel Auf und Ab verbunden. Wenn er den geraden Weg durchs Leben geht, ist es der Weg, der ihn am besten und mit den wenigsten Gefahren zum Ziel führt. Der Koran nennt diesen Weg Sirat-i mustaqim. Wer diesen geraden Weg geht, der wird einen guten Ausgang finden. Aber wer die gerade Bahn verlässt, gerät auf gefährliche Irrwege und an gefährliche Abhänge heran und wird schließlich in den Abgrund stürzen. Ihn erwarten ein böser Ausgang und der Höllenbrand.