Nov 24, 2019 07:03 CET

Wir widmen auch diesen Teil noch einmal dem Leben des zehnten Imams der Schiiten.

 

Im letzten Beitrag haben wir Ausschnitte aus dem Pilgergebet: al Ziyarah al-Dschami´a al- kabira  gebracht, welches die große Bedeutung der Edlen Imame aus dem Hause des Propheten wiederspiegelt.  Imam Hadi (F) hat  uns dieses wertvolle Buch der Audienz hinterlassen. Der Inhalt dieses Pilgergebetes bezeugt, dass nirgendwo und zu keiner Zeit jemand den Rang der wahren Vorsteher des Islams erreichen kann. Diese Ziyara, die für alle Imame aus dem Prophetenhaus gesprochen werden kann, war  den unrechtmäßigen Herrschern der Abbasiden natürlich ein Dorn im Auge. Sie spürten eine Gefahr für ihre Machtposition davon ausgehen.

             

Bevor Imam Hadi (F) die Statthalterschaft des Propheten übernahm, hatte er die beiden Abbasidenkalifen Mamun und seinen Bruder Mutasim erlebt und war mit ihrer durchtriebenen Natur und Politik vertraut geworden. Während seines Imamats wurde die Konfrontation  mit den Abbasiden noch ernsthafter. Seine Zeit als Imam fiel mit der Herrschaft von vier Abbasidenkalifen zusammen. Diese Kalifen scheuten keinerlei Missetat, um  ihre Machtstellung zu festigen. Mutawwakil scheint  dabei der schlimmste Feind des Prophetenhauses aus der Abbasiden-Dynastie gewesen zu sein.  Sein Hass auf die Makellosen Imame gipfelte in der Zerstörung der Ruhestätte des Fürsten der Märtyrer, Husain ibn Ali (Friede sei mit ihm) in Kerbala, worauf wir beim letzten Mal hingewiesen haben). Mutawwakil wollte damit den Pilgerbesuch am Grab Imam Husains (F) unterbinden. Doch das gelang ihm nicht. Die Freunde der Prophetenfamilie sind , wie geschichtlich belegt ist,  trotz aller Drohungen weiter zu dem Ort, wo Imam Husain (F) beigesetzt wurde, gepilgert. 

 

Mutawwakil, der festgestellt hatte, dass er auf keine Weise die Liebe des Volkes zu den Makellosen Imame aus dem Prophetenhaus auslöschen kann, fragte einmal zornig einen seiner Leute im Hofstaat: „Warum scheitern alle unsere Anstrengungen, uns beim Volk beliebt zu machen und  warum erzielen wir keinerlei Resultat bei unseren Versuchen, die Liebe zu der Prophetenfamilie aus den Herzen zu verbannen?“ Da antwortete ihm sein Untertan, während er seine Angst nicht verbergen konnte: „Weil die Ahl-e Bait – die Nachkommen des Propheten – über die Herzen und ihr über die Körper der Menschen herrscht.“

Der Koran hat den Grund für die Liebe zu den Edlen Imamen im Vers 96 der Sure 19 (Maryam) auf schöne Weise wie folgt angeführt: 

Gewiss, denjenigen, die glauben und rechtschaffene Werke tun, wird der Allerbarmer Liebe zukommen lassen.

               

Nachdem Mutawwakil vollkommen klar geworden war, dass trotz aller seiner ausgeklügelten und brachialen Politik die Bevölkerung nicht von den Ahl-e Bait ablässt, sondern der Einfluss und die Beliebtheit des Imams ständig zunimmt, entschloss er sich so vorzugehen wie Mamun mit Imam Resa und Mutasim mit Imam Dschawad (F) vorgegangen war.  Mamun hatte Imam Ridha (F) genötigt von Medina nach Merw umzusiedeln und Mutasim hatte Imamd Dschawad gezwungen nach  Bagdad zu kommen. Mutawwakil zwang Imam Hadi (F) von Medina  nach Sammara umzusiedeln.

Wie seine Vorgänger ließ auch Mutawwakil die Wahrheit außer acht, dass niemand gegen den Willen Gottes ankommt und es war Gottes Wille , dass der Imam beliebt ist. Nicht nur unter der Bevölkerung wuchs die Liebe zu Imam Hadi, sondern die Geschichte berichtet auch von Fällen, wo Imam Hadi (F) ebenso bei mehreren Leuten, die im Dienste des Kalifen standen, Zuneigung erweckte. Einer von ihnen war ibn Sikkit, der bekannte Poet iranischer Herkunft der am Kalifenhofe den  Kindern Mutawwakils Unterricht gab.    

 

Einmal fragte Mutawwakil Ibn Sikkit, indem er auf seine beiden Söhne namens Mu`tazz und Muiyad, zeigte: „Magst du diese beiden lieber oder Hasan und Husain (die Söhne Imam Alis)?“ Ibn Sikkit wollte seine Zuneigung für die Prophetenfamilie nicht verbergen und sagte, obwohl er wusste, dass es ihm das Leben kosten würde: „Ghanbar, der Diener Alis ist mir lieber als du und deine beiden Söhne es sind. ...!“ Mit einer solchen Antwort hatte Mutawwakil nicht gerechnet. Er befahl dass man Ibn Sikkit die Zunge abschneidet. Auf diese Weise fand Ibn Sikkit im Alter von 58 Jahren den Märtyrertod.

                        

Mutawwakil bereitet die Beliebtheit von Imam Hadi (F) großes Missbehagen. Er suchte immer nach einer Möglichkeit, um dem Imam zu schaden. Ibn Dschauzi, ein bekannter sunnitischer Gelehrte des 12. Jahrhunderts schreibt:

„Einmal wurde Mutawwakil mitgeteilt, in der Wohnung von Imam Hadi (F) befänden sich Waffen, ein Brief und brauchbare Gegenstände, die ihm seine Anhänger geschickt hätten, und der Imam plane einen bewaffneten Aufstand gegen die Regierung. Mutawwakil hatte nur auf einen Vorwand gewartet,  um etwas zu unternehmen. Sofort schickte er eine Gruppe von seinen Handlangern aus, damit sie unerwartet in das Haus Imam Hadis eindringen und alles vorhandene Beweismaterial einsammeln und zu ihm herbeibringen. Die Agenten des Kalifen stürmten in der Nacht das Haus des Imams, aber so sehr sie auch überall suchten: Sie konnten nichts Verdächtiges entdecken. Das einzige was sie entdeckten war der  zehnte Imam (F), der in ein Wollgewand gehüllt, alleine in einem der Zimmer auf dem unbedeckten Boden saß und aus dem Koran verlas. Sie brachten den Imam zu Mutawwakil und berichteten: `Wir haben nichts in seinem Haus gefunden. Wir haben nur gesehen, wie er in Gebetsrichtung zu seinem  Herrn betet.`“

           

Mutawwakil fühlte sich in diesem Moment einerseits unterlegen und andererseits war er auch beendruckt von der inneren Größe des Imams und automatisch begann er ihn zu loben. Er bat ihn, dass er sich neben ihn setzen soll. Aber dann hielt er  ihm dreist seinen Krug mit Wein entgegen und bot ihm an, daraus zu trinken. Da schwor Imam Hadi angesichts dieses Affront , dass dieses Getränk seinem Fleisch und sein Blut fremd ist. Der betrunkene Mutawwakil forderte daraufhin, der  Imam müsse ihm ein Gedicht vortragen. Imam Hadi antwortete,  dass er sich nur wenige Gedichte gemerkt hat. Doch Mutawwakil drohte ihm, er müsse ihm gehorchen. Notgedrungen trug Imam Hadi ein Gedicht vor. Es handelte von dem Schicksal der Herrscher und lautete wie folgt:  

 

„Sie waren auf den Gipfeln der Berge von starken Männern bewacht
und dennoch hatten die Gipfel nichts genützt ihnen.
Sie wurden von ihren Festungen nach soviel Stärke hinab gestoßen
und in Gruben wohnhaft gemacht; sehr elend ist die Unterkunft von ihnen.
Ein Rufender hat sie nach ihrem Begräbnis gerufen:
„Wo sind nun die Armbänder, die Kronen und die Juwelen?
Wo sind die Gesichter, die im Wohlstand waren,
für die Vorhänge aufgezogen worden sind und Hüllen.“
Da sprach dann das Grab über sie als es befragte sie:
Diese Gesichter werden (jetzt) umkämpft von Würmern.
Lange Zeit gegessen und getrunken haben sie, und heute werden sie
nachdem sie gegessen haben, (selber) aufgefressen (von Würmern).
Häuser gebaut, um darin zu wohnen, haben sie lange,
dann haben sie sich getrennt von den Häusern und der Familie
und sind (ins Grab) umgezogen.
Eigentum angehäuft und aufgespart haben sie lange,
dann haben sie es auf die Feinde verteilt und sie sind fortgezogen.

Übersetzung entnommen bei eslam.de

                     

Die Wirkung dieses Gedichtes war groß . Mutawwakil und seine Leute waren  von seinem Inhalt völlig ergriffen.  Der Kalif schleuderte den Weinkelch in eine Ecke. Weder er noch einer der anderen hätte gedacht, dass der Imam den unbeschreiblichen Mut besitzt, ihn auf diese Weise herabzusetzen. Sie verspürten angesichts der Größe Imam Hadis, wie klein und geringwertig sie selber sind. Um den äußeren Schein zu wahren, erklärten sie ihre Reue und Mutawwakil ließ den Imam respektvoll nach Hause zurückbringen.

                 

Letztendlich war die Schreckensherrschaft des Mutawwakil zu Ende. Sein Sohn Muntasir  tat sich  mit einer Gruppe von Heeresleuten zusammen und ermordete Mutawwakil und seinen Wesir Fath ibn Chaqan bei einem Trinkgelage. Am nächsten Tag  bestieg Muntasir den Thron. Er hatte erkannt, dass die Politik und Art seines Vaters nur Hass unter der Bevölkerung hervorgerufen hatte und daher wollte er nun nach dem Morden, der Unfreiheit und den Plünderungen, die sein Vater begangen hatte, die Bedingungen lockern. Er erlaubte der Bevölkerung den Pilgerbesuch am Grab Imam Husains. Außerdem ließ er nicht mehr die Nachkommen Imam Alis verfolgen und behandelte sie respektvoll. Aber Muntasir blieb nur sechs Monate an der Macht. Er wurde 862 nach Christus ermordet.

 

Nach Muntasir herrschten noch weitere Abbasiden und sie gingen gegen Imam Hadi (F) und die Anhänger des Prophetenhauses vor, von denen sie einige durch Gift aus dem Weg räumten.  Der letzte der Abbasiden zurzeit Imam Hadis, war Mut´az. Er machte Imam Hadi das Leben immer schwerer, bis er ihn schließlich vergiften ließ. Imam Hadi (F) starb am 3. Radschab im Jahre 254 nach der Hidschra. Sein Leichnam wurde in seinem Haus in Sammara beigesetzt, welches Mut`az von Soldaten hatte umstellen lassen.