Sep 16, 2021 08:19 CET

Wir betrachten die Verse 6 bis 9 der Sure 49, Sure Hudschurat. Im  Vers 6 heißt es:

(49: 6- 9)  

 

يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا إِن جَاءَكُمْ فَاسِقٌ بِنَبَإٍ فَتَبَيَّنُوا أَن تُصِيبُوا قَوْمًا بِجَهَالَةٍ فَتُصْبِحُوا عَلَىٰ مَا فَعَلْتُمْ نَادِمِينَ                                                

„O, die ihr glaubt, wenn ein Frevler zu euch mit einer (wichtigen) Kunde kommt, dann schafft (darüber) Klarheit, sonst würdet ihr (voreilige Entschlüsse fassen und) aus Unwissenheit  (einigen) Menschen schaden und das, was ihr getan habt, müsstet ihr dann bereuen.“ (49: 6)

 

Die Mitteilungen, die wir von anderen erhalten, sind zweierlei Art: Einige davon handeln von Dingen, die in der Gesellschaft oder in unserer Umgebung eingetreten sind, ohne uns zu betreffen. Andere Nachrichten aber betreffen uns und unser Leben und wir fassen aufgrund dieser Nachrichten Entschlüsse und entscheiden uns, was wir tun und wie wir reagieren sollen.

Der obige Vers bezieht sich auf die zweite Art von Nachrichten und es heißt:  In solchen Fällen sollt ihr - bevor ihr irgendeinen Entschluss fasst oder einen Schritt unternehmt - erst nachforschen, ob derjenige der die Mitteilung überbringt, ehrlich ist oder nicht. Wir sollten uns  fragen: Verfolgt  der Überbringer der Nachricht mit dieser Mitteilung insgeheim eine persönliche und eventuell schlechte Absicht und handelt diese Nachricht überhaupt von etwas, was sich tatsächlich ereignet hat?

Wenn wir nicht sorgfältig mit einer solchen Nachricht, umgehen, kann es sein, dass wir eine Fehlentscheidung treffen, die nicht wieder gut zu machende Schäden verursacht.

                        

Wir können uns verinnerlichen:

Erstens: Zum Glauben an Gott gehört es, vor einer Entscheidung und  einer Handlung  zu zögern  und nachzudenken. Dies soll verhindern, dass der Mensch oberflächlich denkt und eine Sache  überstürzt. Ein gläubiger Mensch forscht erst nach und ist nicht vertrauensselig. Er  urteilt nicht voreingenommen und nur nach dem äußeren Schein.

Zweitens: Mitteilungen die wir von anderen erhalten, sollten wir nicht sofort akzeptieren und auch nicht sofort ablehnen, selbst wenn sie aus dem Munde eines sündigen Menschen kommen, sondern wir sollten sie auf ihren Wahrheitsgehalt untersuchen. Denn manchmal sagen auch sündige Leute die Wahrheit.

Drittens:  Einige Leute und Nachrichtenagenturen, verbreiten Falschmeldungen und unwahre Gerüchte unter der Bevölkerung, um Konflikte in der Gesellschaft zu schüren und ihr zu schaden. Gläubige Menschen müssen  also zur Verhütung solcher sozialen Schäden über das, was sie gehört haben, nachforschen.

Viertens: Unüberlegte Entscheidungen und Schritte haben Reue zur Folge. In vielen Fällen nützt diese Reue jedoch nichts mehr und der entstandene Schaden ist nicht wieder gut zu machen.

          

Es folgen die Verse 7 und 8 der Sure Hudschurat:

 

وَاعْلَمُوا أَنَّ فِيكُمْ رَسُولَ اللَّهِ ۚ لَوْ يُطِيعُكُمْ فِي كَثِيرٍ مِّنَ الْأَمْرِ لَعَنِتُّمْ وَلَٰكِنَّ اللَّهَ حَبَّبَ إِلَيْكُمُ الْإِيمَانَ وَزَيَّنَهُ فِي قُلُوبِكُمْ وَكَرَّهَ إِلَيْكُمُ الْكُفْرَ وَالْفُسُوقَ وَالْعِصْيَانَ ۚ أُولَٰئِكَ هُمُ الرَّاشِدُونَ

„Und wisst, dass Allahs Gesandter unter euch ist. Wenn er euch in vielen Angelegenheiten gehorchte, würdet ihr wahrlich in Bedrängnis kommen. Aber Allah hat euch den Glauben lieb gemacht und in euren Herzen ausgeschmückt, und Er hat euch  den Unglauben, den Frevel und den Ungehorsam verabscheuen lassen. Das sind diejenigen, die besonnen handeln.“ (49: 7)

 

فَضْلًا مِّنَ اللَّهِ وَنِعْمَةً ۚ وَاللَّهُ عَلِيمٌ حَكِيمٌ

„Dies als Huld und Gunst von Allah. Und Allah ist Allwissend und Allweise.“ (49: 8)

 

Diese Stelle in der Sure Hudschurat verweist auf zwei große Gnadengeschenke Gottes:  Das eine ist die Aussendung von Propheten zur Rechtleitung der Menschen und das andere die edle reine Natur, die Gott allen Menschenkindern  mitgegeben hat.  Die Propheten lenken die Menschen mit ihren klaren Verkündungen und weisen ihnen den Weg. Sie sind außerdem mit ihrer Lebensweise ein ideales Vorbild für sie. Daher folgen die gläubigen Menschen ihren Propheten.

 

Zudem hat Gott das Wesen des Menschen so erschaffen, dass er die guten Werke liebt und die schlechten verabscheut. So ist sich zum Beispiel auch ein Dieb, der anderen etwas gestohlen hat,  in der Tiefe seiner Seele bewusst, dass Stehlen hässlich und verwerflich ist.

                           

Folgendes lässt sich aus diesen Versen entnehmen:

Erstens: Wenn wir nicht möchten, später etwas schwer bereuen zu müssen, dann sollten wir uns nach den Lehren der göttlichen Gesandten richten. Wir sollten nicht erwarten, dass diese auf unsere  Wünsche eingehen, denn das wäre fehl am Platz.

Zweitens: Die Neigung zur Religion, welche den Menschen innerlich dazu aufruft, das Gute zu tun und das Schlechte zu unterlassen, ist etwas Natürliches und Gott hat sie allen Menschen in die Seele gelegt.

Drittens: Das wahre Wachstum einer Gesellschaft wird durch die  Befolgung der Lehren der Gottgesandten gewährleistet, die den Menschen zu ihrer Vervollkommnung verhelfen. Wahres Wachstum lässt sich durch die Abkehr von den hässlichen Eigenschaften und hässlichem Verhalten erreichen.

Viertens: Die Zierde des Menschen sind nicht äußerliche Dinge wie Kleidung, Wohnung und ein schickes Fahrzeug, sondern sein Glaube und seine spirituelle und moralische Vollkommenheit.

                       

Wir sind bei dem Vers 9 der Sure 49, Hudschurat, angelangt und betrachten seinen Inhalt, nämlich:

        

 وَإِن طَائِفَتَانِ مِنَ الْمُؤْمِنِينَ اقْتَتَلُوا فَأَصْلِحُوا بَيْنَهُمَا ۖ فَإِن بَغَتْ إِحْدَاهُمَا عَلَى الْأُخْرَىٰ فَقَاتِلُوا الَّتِي تَبْغِي حَتَّىٰ تَفِيءَ إِلَىٰ أَمْرِ اللَّهِ ۚ فَإِن فَاءَتْ فَأَصْلِحُوا بَيْنَهُمَا بِالْعَدْلِ وَأَقْسِطُوا ۖ إِنَّ اللَّهَ يُحِبُّ الْمُقْسِطِينَ        

„Und wenn zwei Gruppen von den Gläubigen miteinander kämpfen, so stiftet Frieden zwischen ihnen. Wenn die eine von ihnen gegen die andere widerrechtlich vorgeht, dann kämpft gegen diejenige, die widerrechtlich vorgeht, bis sie zu Allahs Befehl zurückkehrt. Wenn sie zurückkehrt, dann stiftet Frieden zwischen ihnen nach Gerechtigkeit und handelt dabei gerecht. Allah liebt ja die Gerechten.“ (49: 9)

 

Dieser Vers verweist auf eine weitere Schadensgefahr für die muslimische Gesellschaft:  Manchmal kommt es zwischen Personen, Familien  oder ethnischen Gruppen zu einem Streit  und beide Seiten fordern ihre Freunde und Angehörigen auf, ihnen zu helfen. Diesbezüglich mahnt  Koran, dass sich die anderen nicht dem Streit anschließen dürfen, sondern vielmehr beide Seiten zur  Versöhnung aufrufen sollen, um eine Ausdehnung des Konfliktes zu verhüten.

 

Wenn allerdings eine der beiden Streitparteien darauf besteht, die Auseinandersetzung weiterzuführen und nicht bereit ist, einen gerechten Frieden zu akzeptieren, dann sind laut obigem Vers alle Gläubigen verpflichtet, diese aggressive Partei zu bekämpfen , damit die Gesellschaft nicht noch mehr Schäden hinnehmen muss.

                   

Was können uns also klarmachen:

Erstens:  Alle Menschen tragen eine Verantwortung für die Sicherheit in der Gesellschaft. Wenn also ein Streit auftritt, dürfen sie nicht gleichgültig bleiben. Sie müssen  unter den Gläubigen Ruhe und Frieden stiften. Aber wenn eine dieser beiden Parteien weiterhin Aggressionen begeht, so müssen sie diese streitsüchtige Partei zwingen, ihre Aggressionen einzustellen, damit für Sicherheit gesorgt wird.

Zweitens: Es ist nicht erlaubt, gegenüber jemanden Nachsicht zu üben, der die Sicherheit der Gesellschaft stört. Ein solcher Mensch darf, auch wenn er ein Muslim ist, sogar getötet werden.

Drittens: Bei der Herstellung von Frieden zwischen zwei Konfliktparteien muss das Prinzip der Gerechtigkeit eingehalten werden. Das bedeutet, dass das Recht eines Unterdrückten wieder hergestellt werden muss bzw. dass der Friedensschluss keine Verletzung von Rechten beinhalten  darf. Anderenfalls ist solch ein Frieden und eine solche Versöhnung nur eine schmachvolle Erniedrigung.