Sep 21, 2021 04:19 CET
  • Deswegen “Ewiges Wunder” (26- weise Stilelemente)

Die Erzählungen im Koran dienen höheren Zielen. Wir möchten neben der Moral auch auf ihre ästhetischen Aspekte hinweisen. In der Ästhetik und Ethik der Koran-Geschichten kommt erneut die Unnachahmlichkeit dieses Himmelsbuches zum Ausdruck.


Immer schon standen Religion und Kunst im Verbund miteinander. Vielleicht liegt es daran, dass der Hang zu beiden tief im Wesen des Menschen verwurzelt ist.  Der Koran spiegelt die Gnadenfülle Gottes wieder und die Geschichten in ihm sind sinnvolles Gotteswort und veranschaulichen die wahren Werte. Mit Hilfe dieser Geschichten wird der wissensdurstige Mensch zur Entdeckung des Schönen angeregt.  Das Verlangen danach, das Schöne zu sehen und es anzustreben, ist  im Geist und der Seele des Menschen verankert und lädt ihn auf den Weg der Weiterentwicklung in Richtung seines einmaligen Schöpfers, der die Quelle jeglicher Vollkommenheit und Schönheit ist, ein.

                              

Der Koran lässt den Menschen nicht in der weiten Öde theoretischer Diskussionen alleine, sondern führt ihm die Dinge vor Augen, die wahrhaft schön sind  und fordert ihn zu deren Erreichung auf. Aber es gibt auch Dinge, die nur scheinbar schön sind. In der Sure 15, Sure Hidschr, steht die Geschichte von Iblis, dem Teufel, der schwor er werde Schlechtes ihm schönen Licht erscheinen lassen, um die Menschen auf diese Weise in die Irre zu führen.

   In den Versen 39 und 40 dieser Sure lesen wir:

Er  sagte: „Mein Herr, darum, dass Du mich in Verirrung hast fallen lassen, werde ich ihnen ganz gewiss auf der Erde (das Weltliche und Böse ) ausschmücken und sie ganz gewiss allesamt in Verirrung fallen lassen,

außer Deinen Dienern, den auserlesenen unter ihnen.“

Der Koran soll dem Menschen zur Vervollkommnung und zu Wohl und Glück verhelfen. Aufgrund dieser Absicht verleiht er seinen Geschichten einen besonderen Sinn.  Als Beispiel kann die Geschichte von Ayub dienen. Ayub ist der arabische Name für Hiob. Anhand der Geschichte von seiner Geduld wird dem Menschen veranschaulicht, dass Standhaftigkeit in harten Zeiten eine gute moralische Eigenschaft ist und ein Mensch edel und lobenswert wird, wenn er sich mit dieser Eigenschaft geschmückt hat. In diesem Zusammenhang gibt es noch weitere lesenswerte Geschichten im Koran, die ja alle wahr sind: zum Beispiel die großartige Nachsicht von Prophet Yusuf (Josef) gegenüber dem Neid seiner Brüder, die edle Sittsamkeit und das gewaltige Gottvertrauen Hadhrate Maryams – der Mutter Jesu (F) , und das Hoffen des Propheten Yunus auf die Erhörung seines Gebetes und die Rettung aus dem Bauch des Fisches, welches verdeutlicht, dass der Mensch auch in der schlimmsten Lage nicht die Hoffnung auf Gottes Beistand aufgeben darf.

                                

Der Koran lädt zur Betrachtung eines Lebens, welches mit den Idealen des Ein-Gott-Glaubens geschmückt ist, ein, und ruft den Leser und Zuhörer zu dem Einen Gott herbei.  Im Koran erscheint Asia, die Frau des Pharaos, die dem Einen Gott zuliebe auf das prächtige Palastleben und die soziale Stellung verzichtet  und Hadhrate Abraham tritt mit den im Vers 79 der Sure 6 (Anam) zitierten Worten auf:

“Ich wende mein Gesicht Dem zu, Der die Himmel und die Erde erschaffen hat, als Anhänger des rechten Glaubens, und ich gehöre nicht zu den Götzendienern.

Mal geht das Faszinierende der Geschichten im Koran auf die Erzähltechnik zurück und mal auf die Elemente. Die Personen, Elemente  und Ereignisse, um die es in diesen Geschichten geht, sind alle wahr und gleichzeitig auf wunderbare Weise harmonisch miteinander kombiniert, dem Leser und Hörer in strahlender Klarheit die Wahrheit vor Augen führend.  In diesen Geschichten steckt Leben und das spendet ihnen Aktualität. In der Sure 26 (Schuara) kommen mehrere Erzählungen vor – so die von Moses und dem Pharao, und von den Propheten Abraham, Noah, Hud, Salih, Lot und Schuaib.  Zu Beginn und am Ende jeder Geschichte, bilden in dieser Sure mehrere Verse jeweils eine Art Refrain, der  sich zu Beginn der darauffolgenden Geschichte bzw. an deren Ende wiederholt. Auf diese Weise ist das Gemeinsame zwischen diesen wahren Begebenheiten zu verspüren.

   

Die Wiederholung ist ein typisches Stilelement der Geschichten im Koran. Der Leser und Hörer begegnet in ihm einigen Geschichten mehrmals, wie der Geschichte von Nuh (Noah) oder der von Musa (Moses) und ihrem Kampf gegen die arroganten Mächte und Frevler.  Imam Chomeini, der Begründer der Islamischen Republik Iran ist der Ansicht, dass diese Geschichten deshalb im Koran wiederholt werden, weil sie der Rechtleitung und Charakterveredlung der Menschen dienen sollen. Er sagt:

„Der Koran ist kein Geschichtsbuch, sondern ein Buch für Ethik. In einem Buch für Ethik muss Wiederholung stattfinden. Jemand, der die Menschen Moral lehren will, muss Wiederholungen vornehmen, damit es eine Wirkung auf sie hat. Etwas nur ein einziges Mal zu sagen, wird nicht effektiv sein. Wiederholungen sind ein wertvoller Aspekt im Heiligen Koran. Allerdings sind es nicht einfach Wiederholungen, sondern die Methode zur Veredlung der Menschen sieht so aus. Auf jeder Seite, die aufgeschlagen wird, steht ein Aufruf zur Gottesfürchtigkeit.  Jede der Geschichten kommt mehrmals vor, zum Beispiel die von Moses und die von Abraham.  Leute, die nicht mit der Kultur des Korans vertraut sind, sagen: Wär er doch in verschiedene Kapitel eingeteilt und jedes Kapitel einem eigenen Thema gewidmet! (Aber) der Koran wurde herabgesandt um Menschen zu veredeln und wenn etwas nur einmal gesagt wird, lassen sich damit keine Menschen  veredeln.“ 

Bei einer Erzählung wird normalerweise versucht, den Leser mit plötzlichen unvorhergesehenen Ereignissen zu überraschen. Diese Methode wurde auch im Koran eingesetzt. Ein Beispiel ist an der Geschichte von Qarun (Korah) zu sehen.  Korah war ein hochmütiger Mensch, der sich seines Reichtums rühmte und nicht auf die Mahnungen der anderen hörte und seine Pflichten ignorierte. Einige bewunderten seinen gewaltigen Reichtum und wünschten, genauso wohlhabend zu sein.  Aber anderen verlangte es nicht nach den irdischen Gütern sondern nur nach der Belohnung Gottes für gute Werke.  Die Geschichte von Korah im Koran erreicht ihren Höhepunkt,  als plötzlich etwas Seltsames geschieht, mit dem niemand gerechnet hat: Korah  wird von der Erde verschluckt und obwohl er so wohlhabend gewesen war, kann niemand ihm helfen.

                              

Die Geschichten im Koran weisen auf feine  Art auf die Faktoren hin, die zum Auf- und Untergang von Zivilisationen und menschlichen Gemeinschaften führen. Ursache für den Untergang sind Dinge wie die Leugnung der Wahrheit und die Abkehr von dem Aufruf der Propheten, Unheilstiftung, Unrecht und Gewaltherrschaft.  

In Sure 3 (Al-i Imran)  Vers 137 heißt es:

Schon vor euch sind Gesetzmäßigkeiten ergangen (und jedes Volk begegnete gemäß seiner Taten und Eigenschaften einem Schicksal, und bei euch ist es genauso). So reist doch auf der Erde umher und schaut, wie das Ende der Leugner (der Zeichen Gottes)  war.

Aber auch die Faktoren für den Fortschritt und das Wohl der Menschen werden genannt. Dazu gehören die  Befolgung der guten Traditionen, welche zur Festigung der Zivilisationen und Rettung der Menschen führen (wie der Besitz von Wissen und Glauben) die Herstellung von Gerechtigkeit in der Gesellschaft und ein moralisch korrektes Leben sowie Aufrichtigkeit. Am Ende der Geschichte von Hud lesen wir in der nach ihm benannten Sure, im Vers 58:

Als nun Unser Befehl kam, erretteten Wir Hud und diejenigen, die mit ihm glaubten, durch Barmherzigkeit von Uns; und Wir erretteten sie vor harter Strafe.

Der Leser und Hörer des Korans begegnet also in seinen Geschichten lehrreichen Szenen, empfindet Achtung und Anerkennung für  edle Moral und charakterlichen Vorzüglichkeit oder aber   verspürt Abscheu und Ablehnung gegenüber dem Hässlichen und Bösen.  Nach und nach wächst die Ablehnung gegen alle Formen des Hässlichen und Verdorbenen in seinem Herzen, während seine innere Neigung zum Schönen und Charaktervollen Wurzeln schlägt.  Daher hat Imam Chomeini über die Rolle der Geschichten im Koran gesagt:

„Der Koran ist ein Buch der Gnostik und Ethik und der Menschenerziehung. Da aber das Denk- und Begriffsvermögen  nicht bei allen Menschen gleich ist,  wird das hohe Wissen des Korans in Form von Geschichten auf einer Stufe dargebracht, welche der Aufnahmefähigkeit der breiten Volksmassen entspricht, damit diese gemäß ihrer geistigen Kapazität und ihrer Begabung, einen Nutzen aus dem Wissen, das Gott ihnen unterbreitet, ziehen.“

 

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