In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (50 – Rumi)
Der iranische Dichter, aus dessen Leben wir heute weiter berichten, wurde in der Welt unter dem Namen Rumi berühmt. Seine Werke wurden in verschiedene Fremdsprachen übersetzt. Rumi hat im siebten Jahrhundert nach der Hidschra gelebt. Das war das 13. Jahrhundert nach Christus.
Sie haben erfahren, dass Dschalal ad din Mohammad Balchi, im Iran als Maulawi und Maulana und in westlichen Kreisen als Rumi bekannt, in der Stadt Balch auf die Welt gekommen ist, die damals zu Groß-Chorasan und damit zu Iran gehörte. Wegen dem Mongoleneinfall war sein Vater, Baha ad dinWalad mit ihm und der Familie von Balch fortgezogen bis sie schließlich in Anatolien , welches in der heutigen Türkei liegt, sesshaft wurden: zuerst in Laranda (heutiges Karaman) und dann in Konya. Der Gouverneur von Laranda begrüßte ihn herzlich. Er war dem seldschukischen Sultan Ala ad din Kai Kobad unterstellt. Er benannte eine der Moschee in dieser schönen Stadt nach dem Vater von Maulawi. In Laranda gab es noch schöne Bauten aus der Zeit des Byzantinischen Reiches und sogar noch aus der griechischen Antike. Dem gealterten Baha ad dinWalad gefiel die friedliche Stimmung in dieser Stadt. Dort konnte er in einer sicheren Umgebung lehren. Es war in dieser Stadt, dass auch Maulawi zum ersten Mal Wissen lehrte und Ansprachen hielt. Sein Vater und dessen Anhänger hatten ihn dazu angespornt. Maulawi hatte sich die Fertigkeit angeeignet, sein Wissen über den Koran, die Überlieferung, Kalaam (Beweislieferung) und Mystik sowie Literatur und Dichtung in seinen theologischen Ansprachen durch Erzählungen und Beispiele nahezubringen. Auf diese Weise gewann er viele Herzen.
Der Rum-Seldschuke Sultan Ala ad din Kai Kobad erfuhr davon, dass Maulawis Vater Baha ad dinWalad in der Gegend von Laranda, Malatya, und Erzincan sehr geschätzt wurde und so bat er beharrlich diesen Gelehrten aus Balch, dass er nach Konya, in seine Hauptstadt, kommt. Damals war Konya wie Balch, Herat, Marw und Neyschabur ein bedeutendes Zentrum für Wissen und Kultur.
In Konya – dem Sitz der Rum-Scheldschuken – wurden Baha ad dinWalad und seine Familie begeistert begrüßt. Der Sultan ging ihm persönlich zum Empfang entgegen und ebenso kamen ihm die Handwerker und die frommen Persönlichkeiten bis weit vor die Stadt entgegen und gaben ihrer Freude darüber, dass der Meister aus Chorasan im Iran zu ihnen gekommen war, Ausdruck. Baha Walad gewann noch mehr Sympathie unter der Bevölkerung und bei allen, als er, statt die Einladung des Sultans und der Notabeln anzunehmen, sich in der Madressah – der theologischen Lehrstätte in dieser Stadt niederließ.
Der seldschukische Hof galt als Treffpunkt von Dichtern, Gelehrten und Autoren der Farsi-Sprache. Farsi- das Neupersische - war Amtssprache. Am Rechnungshof des Sultans und unter den Gelehrten und Sufis, Dichtern und Historikern wurde Farsi gesprochen und die meisten schriftlichen Texte waren auf Persisch. Gleich nach Ankunft in Konya eröffneten Baha ad dinWalad und sein Sohn Dschalal ad din Mohammad Maulawi theologische Seminare. Die Vortragssitzungen des jungen Maulawi füllten sich immer mehr mit Teilnehmern. Sie kamen aus den verschiedenen Bevölkerungsschichten von Konya. Dschalal ad din Mohammad Maulawi war 24, als sein Vater starb. In diesem jungen Alter übernahm er sowohl die Fürsorge für die Familie als auch die Leitung und Ausbildung dessen Anhänger.
Es war genau in dieser Zeit, dass Seyyed Burhan ad Din MuhaqqiqTirmidhi , ein treuer Schüler von Maulawis Vater und Kindheitslehrer von Maulawi in Konya eintraf. Er spornte den jungen Maulawi zum unablässigen Studium der persönlichen Aufzeichnungen seines Vaters Baha ad din an und entsandte ihn zur Erweiterung seiner Kenntnisse nach Syrien. Maulawi verbrachte sieben Jahre mit seinem Studium und lebte in Enthaltsamkeit. In dieser Zeit dachte er auch viel nach. Er studierte sowohl an den Theologischen Zentren in Halab (Aleppo) und in Damaskus als auch unter Anleitung von Burhan ad dinTirmidhi in Anatolien in Keysari und Konya. Diese sieben Jahre ließen den jungen Dschalal ad Din Mohammad zu einem gelehrigen Mufti und zugleich zu einem Gnostiker werden.
Dschalal ad din Mohammad Balchi war ungefähr 33 Jahre alt, als er endgültig aus Syrien über Keysari nach Konya zurückkehrte. Nun galt er als ein wichtiger Mufti, der zur Herausgabe von islamischen Rechtsgutachten (Fatwa) berechtigt ist. Er beherrschte die offiziellen Wissenschaften derartig gut, dass angesehene Persönlichkeiten wie der Rechtsgelehrte Siradsch ad dinUrmawi und der Hadithologe Sadr ad dinKonyawi ihm Anerkennung zollten. Die Lehrstunden Maulawis über die islamische Rechtsprechung und die Koranexegese nützten nur denen etwas, die sich Theologiewissen aneignen oder reinhören wollten. Sie waren automatisch nicht überfüllt während seine Vorträge über die Religion allgemein von zahlreichen Zuhörern besucht wurden. Sie kamen aus allen Bevölkerungsteilen und sogar die Stadtgouverneure und persischsprachige Türken nahmen daran teil. Maulawi sprach mit Enthusiasmus und temperamentvoll zu der Menschenmenge und untermauerte das Gesagte mit Geschichten und untermalte es mit Reimen. Demgegenüber verloren andere Vortragssitzungen ihre Anziehungskraft.
Die bescheidene und ehrliche sowie freundliche Art von Maulawi hatte eine erstaunliche Wirkung auf seine Schüler und Zuhörer. Er lud sie mit seinen Mahnungen zur Rechtschaffenheit und Gottesehrfurcht ein und erinnerte sie auf eine Weise an ihre schlechten Taten, dass sie Reue überkam und sie manchmal sogar weinten. Nicht nur die allgemeinen Ansprachen, sondern auch die am Theologischen Lehrzentrum fanden besonderes Interesse. Er unterrichtete nicht nur an seiner, sondern auch an anderen Madressah in Konya. Wenn er sich zu einem der anderen Lehrzentren begab, sah man einen Schwarm von Anhängern ihm folgen. Unterwegs auf dem Bazar oder in der Stadt trat jeder an ihn heran, der wissen wollte, was das Religionsrecht über ein bestimmtes Problem sagt, oder wenn er nicht wusste, welche religiöse Sitte er in einer bestimmten Situation zu beachten hat. Manche wandten sich auch an ihn, wenn ihnen ein Unrecht geschehen war, zum Beispiel vonseiten mächtiger Leute. Er half allen mit seinem Rat.
Unter den Anhängern von Maulana waren auch ungebildete Leute. Einer von ihnen war ein Vergolder (Zarkub) aus Konya. Er hieß Salah ad din und war ein Anhänger von Seyyed Burhan ad Din. Maulawi schätzte ihn sehr. Salah ad dinZarkub kam vom Lande. Er hatte zwar keine Schulbildung erfahren, aber er war ein begeisterter Mystiker. Mit seinen Ausrufen während der Ansprache Maulawis verlieh er diesen Versammlungen noch mehr Vitalität. Die Begeisterung dieses alten Mannes ging auch auf Maulawi über.
Es war in dieser Zeit, dass Maulawi seine Gemahlin GoharChatun verlor. Maulawi verspürte Einsamkeit und versuchte sie durch intensiviertes Lesen, Lehren und Debattieren und Predigen zu überbrücken. Seine Tochter und sein Sohn kehrten von ihrem Unterricht in Syrien nach Konya zurück und erforderten mehr Fürsorge. Maulana sah sich gezwungen erneut zu heiraten. Er vermählte sich mit Kira Chatun, einer Frau aus Konya mit iranischer Abstammung, die Persisch sprach. Bald kehrte wieder häusliche Wärme in das still gewordene Heim Maulawis zurück.
Liebe Freunde. Im nächsten Teil werden wir weiter von Maulawi (Rumi) und aus seinem bewegten Leben berichten und sie werden auch über Schams-i Tabrisi und seinen entscheidenden Einfluss auf Maulawi erfahren.